L 28 B 1319/07 AS PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 43 AS 12306/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 B 1319/07 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 21. Juni 2007 wird aufgehoben. Der Klägerin wird für das erstinstanzliche Klageverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin S S Mstr. S beigeordnet. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde, der das Sozialgericht (SG) Berlin nicht abgeholfen hat, ist begründet. Der Klägerin ist für das Verfahren vor dem SG Berlin Prozesskostenhilfe (PKH) nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 114 Satz 1, 115, 119 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) zu gewähren.

Wie das SG ausgeführt hat, ist die Gewährung von PKH nach den genannten Vorschriften davon abhängig, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Daher beurteilt das angerufene Gericht die Erfolgsaussicht regelmäßig ohne abschließende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffes. Steht eine höchstrichterliche Klärung von im Hauptsacheverfahren noch entscheidungserheblichen Fragen aus, so läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussicht seines Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten. Denn dadurch würde der unbemittelten Partei im Gegensatz zu der bemittelten die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt im Hauptsacheverfahren darzustellen und von dort aus in die höhere Instanz zu bringen (vgl. etwa Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 14. Juni 2006 - 2 BvR 626/06 -, BvR 656/06, zitiert nach juris, RdNr. 13 mwN).

An diesen Grundsätzen gemessen hat die Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Frage, ob und in welcher Höhe die kostenfreie Verpflegung während eines Krankenhausaufenthalts bzw. während einer stationären Rehabilitation nach § 11 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) als Einkommen in Form einer Sachleistung mit Geldeswert zu berücksichtigen oder ob die Regelleistung (§ 20 Abs. 2 SGB II) aufgrund der Vollverpflegung zu kürzen ist, ist in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur umstritten. Die vom SG vertretene Auffassung ist durch höchstrichterliche Rechtsprechung bislang nicht bestätigt; eine Entscheidung des Bundessozialgerichts ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Rechtsfrage zu erwarten (anhängig ist derzeit das Revisionsverfahren - B 14 AS 22/07 -), steht aber noch aus.

Die begrenzte wirtschaftliche Bedeutung des Rechtsstreits steht der Bewilligung von PKH und der Beiordnung des Prozessbevollmächtigten hier nicht entgegen. Insoweit muss das Gericht erwägen, ob ein Unbemittelter in der Lage des Bemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragen würde (vgl. etwa BVerfG Beschluss vom 20. Juni 2006 - 1 BvR 2673/05 - = info also 2006, 279 ff.). Damit ist es nicht erforderlich, den Unbemittelten in den (dem Bemittelten eröffneten) Stand zu versetzen, einen Anwalt ohne Beachtung der Relation des Wertes der durchzusetzenden Position zum Kostenrisiko zu beauftragen (vgl. BVerfGE 81, 347). Der streitbefangene Betrag liegt mit 273,60 Euro zwar nur in der Größenordnung der Hälfte des Betrages, mit dem die Klägerin bei Erfolglosigkeit des Rechtsstreits als Gebührenschuld belastet wäre (Verfahrensgebühr – Mittelgebühr 250,00 Euro + Terminsgebühr – Mittelgebühr 200,00 Euro + Postpauschale 20,00 EUR + 19 % Umsatzsteuer = 559,30 EUR). Diese Summe ist bei wirtschaftlich beengten Verhältnissen jedoch nicht unerheblich, so dass es ist nicht vernunftwidrig erscheint, den Rechtsstreit unter Inkaufnahme eines erhöhten Kostenrisikos optimal (d. h. anwaltlich vertreten) zu führen, zumal sich - wie oben dargelegt - durchaus komplexe Rechtsfragen stellen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 73 a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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