L 8 RJ 482/02

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 RJ 00183/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 RJ 482/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 8. Januar 2002 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die am 25.02.1947 geborene Klägerin stammt aus T ... Sie hält sich seit 1972 im Bundesgebiet auf. Sie absolvierte nach ihren Angaben in der Zeit von 1964 bis 1967 eine Berufsausbildung zur Näherin. Im Bundesgebiet war die Klägerin von 1978 bis 1993 als Küchenhilfe berufstätig. Sie erlitt im August 1993 einen Arbeitsunfall, bei dem sie sich eine Stichverletzung an der rechten Hohlhand zuzog (Hohlhandphlegmone). Seit dieser Zeit bestand bei der Klägerin Arbeitsunfähigkeit.

Die Klägerin beantragte am 07.03.1995 Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit. Diesem Antrag wurde nach Einholung eines Gutachtens der Ä. D., Dr. E., vom 20.09.1995, eines Gutachtens von Dr. B. vom 25.07.1995 und beigezogener ärztlicher Befundunterlagen und des Gutachtens des Neurologen und Psychiaters Dr. Sch. vom 30.03.1995 an die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten mit Bescheid der Landesversicherungsanstalt Baden vom 16.11.1995 nicht entsprochen.

Hiergegen erhob die Klägerin unter dem 13.12.1995 Widerspruch. Sie berief sich - unter Vorlage ärztlicher Befunde - auf eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes hinsichtlich der rechten Hand. Nach Einholung eines weiteren Gutachtens von Dr. B. vom 25.03.1996 und einer Stellungnahme von Dr. E. vom 02.04.1996 wurde der Widerspruch der Klägerin durch den Widerspruchsausschuss mit Widerspruchsbescheid vom 29.05.1996 zurückgewiesen. Bei der Klägerin bestünden eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der rechten Hand multifaktorieller Genese nach mehrfachen Hohlhandoperationen und narbigen Kontrakturen mit zusätzlicher psychogener Überlagerung des somatischen Befundes, chronisch rezidivierende Hals- und Lendenwirbelsäulen-Beschwerden bei betontem Hohlrundrücken und deutlicher muskulärer Dysbalance, eine rezidivierende Wurzelreizsymptomatik des linken Beines, mäßiges Übergewicht, eine Schwellneigung beider Unterschenkel und der Knöchelregionen sowie eine depressive Verstimmung. Sie sei noch fähig, leichte Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen mit qualitativen Einschränkungen regelmäßig ganztags zu verrichten. Die rechte Hand könne nur leicht unterstützend eingesetzt werden. Sie könne auf alle ungelernten Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden. Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit liege nicht vor.

Hiergegen erhob die Klägerin am 10.06.1996 Klage beim Sozialgericht Mannheim (S 10 J 1250/96).

Das SG hörte die die Klägerin behandelnden Ärzte Dr. G.-Y., Dr. D. und Dr. H. als sachverständige Zeugen. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. teilte in seiner Stellungnahme vom 19.07.1996 mit, die Klägerin könne allenfalls leichte Arbeiten ohne besondere Belastung/Anforderung an die rechte Hand verrichten. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. G.-Y. teilte am 22.07.1996 mit, die Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand der Klägerin sei soweit beeinträchtigt, dass sie nicht mehr in der Lage sei, ihre häuslichen Arbeiten zu erledigen. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht einmal für leichte Arbeiten unter vollschichtig eingesetzt werden. Die Orthopädin Dr. D. teilte in ihrer Stellungnahme vom 10.09.1996 mit, aufgrund der vorliegenden Gesundheitsstörungen sei die Leistungsfähigkeit der Klägerin eingeschränkt. Leichte körperliche Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen könnten - mit qualitativen Einschränkungen - ganztags verrichtet werden, wobei die rechte Hand nur leicht unterstützend gebraucht werden könne.

Das SG holte außerdem das orthopädische Gutachten von Dr. P. vom 25.10.1996 ein. Dieser diagnostizierte eine Kraftminderung und Bewegungseinschränkung der Finger der rechten Hand bei einer Medianusnervenschädigung und ausgeprägter Narbenbildung an der Beugeseite des rechten Unterarmes und der rechten Hohlhand, chronische zervikale und lumbale Beschwerden mit Brachialgien bei ausgeprägter Haltungsschwäche mit Rundrücken sowie eine statische und muskuläre Wirbelsäuleninsuffizienz, eine mäßige statische linkskonvexe Lumbalskoliose, einen Reizerguss im rechten Kniegelenk bei Knorpeldegeneration sowie Plattfüße beiderseits, einen Spreizfuß mit Hallux valgus links und leichte Unterschenkelödeme beiderseits. Er kam zu der Bewertung, die Klägerin könne leichte körperliche Tätigkeiten, welche eine Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand nicht erforderten, ganzschichtig und Tätigkeiten, welche die rechte Hand ständig als Beihand erforderten, vier bis sechs Stunden täglich ausüben. Die wesentliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin beruhe auf den Verletzungsfolgen der rechten Hand, die irreversibel seien.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 20.01.1997 schlossen die Beteiligten vor dem SG einen Vergleich, mit dem die Beklagte der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit vom 01.05.1997 bis 30.04.2000 gewährte.

Am 04.04.2000 beantragte die Klägerin die Weiterzahlung ihrer Rente. Sie machte das Vorliegen eines Fibromyalgie-Syndroms als zusätzliche Gesundheitsstörung geltend. Die Beklagte zog ärztliche Befundberichte bei und veranlasste ein weiteres Gutachten der Ärztlichen Dienststelle, Dr. E. vom 24.05.2000, die eine vollschichtige Leistungsfähigkeit der Klägerin mit qualitativen Einschränkungen für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bejahte. Mit Bescheid vom 19.06.2000 wurde der Antrag der Klägerin auf Weitergewährung der Rente daraufhin abgelehnt.

Hiergegen erhob die Klägerin am 28.06.2000 Widerspruch. Sie trug zur Begründung vor, sie sei wegen ihrer rechten Hand, wegen degenerativer Wirbelsäulenveränderungen, wegen Aufbraucherscheinungen am rechten Hüft- und Kniegelenk, einer Fußdeformität beiderseits, einem psychovegetativen Syndrom, einem Ohrgeräusch, einem Fibromyalgie-Syndrom, einer Sehminderung und wegen Bluthochdrucks mit einem GdB von 50 schwerbehindert. Entgegen der Ansicht von Dr. E. seien ihre Ärzte der Auffassung, dass bei ihr Erwerbsunfähigkeit vorliege. Aufgrund der Funktionseinschränkung der rechten Hand könne sie nicht auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden. Eine konkrete Verweisungstätigkeit müsse benannt werden. Die Beklagte holte den ärztlichen Befundbericht von Dr. G.-Y. vom 12.10.2000 ein, die weitere ärztliche Befundberichte vorlegte. Nach Einholung einer weiteren Stellungnahme von Dr. E. vom 22.11.2000, die an ihrer Leistungsbeschreibung festhielt, wurde der Widerspruch der Klägerin vom Widerspruchsausschuss durch Widerspruchsbescheid vom 27.12.2000 zurückgewiesen. Die Klägerin könne auf ungelernte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden. Bei ihr bestünden eine Minderung der Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand, ein vorrangig myogenes Wirbelsäulensyndrom bei deutlicher Haltungsinsuffizienz, ein Hohl-Rundrücken mit geringer Fehlstatik im Sinne einer linkskonvexen Lumbalausbiegung, funktionell ausreichend kompensiert, Unterschenkelödeme beiderseits, eine bindegewebsschwacher Körperaufbau, eine betonte Genu valga beiderseits bei deutlicher Knick-Senk-Spreizfußdeformität (einlagenkorrigiert), Übergewicht, ein medikamentös eingestellter Bluthochdruck sowie eine beginnende Valgusgonarthrose rechts, funktionell und muskulär bisher kompensiert. Die Klägerin sei fähig, leichte und mittelschwere Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen mit qualitativen Einschränkungen vollschichtig und regelmäßig zu verrichten. Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit liege über den 30.04.2000 hinaus nicht mehr vor.

Hiergegen erhob die Klägerin am 24.01.2001 Klage beim SG (S 10 RJ 183/01). Sie machte geltend, gemeinsam mit ihren behandelnden Ärzten gehe sie davon aus, dass die Beklagte ihre gesundheitlichen Einschränkungen und deren gravierenden Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit nicht ausreichend gewürdigt habe. Die Leiden und deren Wechselwirkung untereinander seien der Gestalt, dass sie eine leichte Arbeit vollschichtig nicht mehr verrichten könne. Auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren werde verwiesen.

Das SG hörte die die Klägerin behandelnden Ärzte Dr. D., Dr. F.-W., Dr. G.-Y. und Dr. M. als sachverständige Zeugen. Dr. G.-Y. teilte in ihrer Stellungnahme vom 23.04.2001 mit, die Klägerin sei insbesondere wegen der halbgelähmten rechten Hand nicht mehr in der Lage, auch leichte Arbeiten unter vollschichtig zu tätigen. Sie legte ärztliche Befundberichte vor. Der Internist und Rheumatologe Dr. M. teilte am 07.05.2001 mit, er habe die Klägerin nur einmal bei einer Untersuchung am 11.01.1999 gesehen. Er legte seinen ärztlichen Befundbericht vom 11.01.1999 vor. Die Augenärztin Dr. F.-W. teilte in ihrer Stellungnahme vom 14.05.2001 mit, bei der Klägerin bestünden zeitweilig und kurzfristig auftretende Erkrankungen, außerdem eine geringe Fehlsichtigkeit, die aber alle keine messbaren Behinderungen mit sich brächten. Die Klägerin sei uneingeschränkt vollschichtig einsetzbar. Dr. D. teilte in ihrer Stellungnahme vom 18.06.2001 mit, ein umfassendes Leistungsbild könne nur im Rahmen einer gutachterlichen Untersuchung erhoben werden.

Das SG holte außerdem das orthopädische Gutachten von Dr. W. vom 27.10.2001 ein. Er kam zusammenfassend zu der Beurteilung, bei der Klägerin lägen eine hochgradige Funktionseinschränkung der rechten Hand mit Bewegungseinschränkung der Finger und Kraftminderung sowie Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenks mit ausgeprägter Narbenbildung an der Beugeseite des rechten Unterarmes und der rechten Hohlhand bei bestehender Medianusschädigung, ein Hohl-Rundrücken mit chronisch muskulärem Cervikal- und Lumbalsyndrom bei muskulärer Insuffizienz, eine geringgradige Kniegelenksarthrose beiderseits, zur Zeit ohne Reizerscheinungen, sowie ein Senk-Spreizfuß beiderseits mit Hallux valgus links betont und ein leichtes Lipödem an den Unterschenkeln und Knöcheln ohne wesentliche Funktionsbehinderung vor. Durch die komplexe Schädigung der rechten Hand sei diese in Beugestellung weitgehend eingesteift und könne nur als Beihand mit geringer Greiffunktion benutzt werden. Eine Muskelminderung am Ober- oder Unterarm oder der Knochenstruktur finde sich nicht. Zur Abstützung und zum Halten würden die rechte Hand und der rechte Unterarm voll eingesetzt. Es bestehe ein ganzschichtiges (ca. acht Stunden täglich) Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen unter Vermeiden von häufigem Bücken und Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und unter Einwirkung von Nässe und Kälte. Akkord- und Fließbandarbeiten schienen ihm ungeeignet. Einschränkungen bestünden für Arbeiten an Schreib- und Büromaschinen. Gegen eine besondere Beanspruchung des Gehörs oder des Sehvermögens sowie gegen Arbeiten mit Publikumsverkehr sei nichts einzuwenden. Es sei davon auszugehen, dass der rechte Arm kräftig mitbenutzt werde. Der Arbeitsplatz müsse so gestaltet sein, dass er mit einer Hand, allenfalls die rechte Hand als Abstützfunktion, ausgeführt werden könne (behindertengerechter Arbeitsplatz). Hinsichtlich der Rumpfmuskulatur und der muskulären Insuffizienz bestehe die Möglichkeit, durch ein geeignetes Körpertraining die Leistungsfähigkeit zu verbessern. Hinsichtlich der Veränderungen an beiden Knie- und Sprunggelenken sowie an beiden Füßen bestünden konservative Behandlungsmöglichkeiten, die die Gehfähigkeit etwas verbesserten. Die Funktionsminderungen hätten jedoch keinen wesentlichen Einfluss auf die Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit.

Die Klägerin trug zum Gutachten vor, es sei nicht ersichtlich, welchen tatsächlichen Arbeitsplatz sie noch wahrnehmen könne. Auch sei es zu keiner Besserung ihres Gesundheitszustandes gekommen. Insofern sei nicht ersichtlich, wieso keine erneute Erwerbsunfähigkeit gegeben sein solle. Es müsse immer noch von einer Erwerbsunfähigkeit ausgegangen werden. Insoweit sei die Entscheidung des Gutachters nicht verständlich. Erwerbsunfähigkeit auf Dauer liege vor.

Die Beklagte trug vor, aus dem Gerichtsgutachten gehe eindeutig hervor, dass die Klägerin über ein vollschichtiges Leistungsvermögen mit Funktionseinschränkungen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verfüge. Es sei auf das Leistungsvermögen abzustellen. Dieses sei bei der Klägerin nicht maßgeblich vermindert. Die behindertengerechte Ausgestaltung des Arbeitsplatzes sei eine Frage, die im Zusammenhang mit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu beantworten sei.

Mit Urteil vom 08.01.2002 hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 19.06.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 27.12.2000 auf und verurteilte die Beklagte, der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer über den 30.04.2000 hinaus zu gewähren. Zur Begründung führte es aus, aufgrund der Ergebnisse der Gutachten von Dr. P. vom 25.10.1996 und Dr. W. vom 27.10.2001 stehe fest, dass die Klägerin körperliche Arbeiten nicht mehr verrichten könne. Die rechte Hand der Klägerin sei gebrauchsunfähig. Allenfalls denkbar wären noch Tätigkeiten, welche nicht körperlicher Art seien, wie z. B. die Tätigkeit einer Pförtnerin, einer Telefonistin oder Museumswärterin. Dieses setzten gute Deutsch-Kenntnisse voraus, die die Klägerin nicht besitze. Dies habe die mündliche Verhandlung in aller Deutlichkeit ergeben. Dem nicht mehr vorhandenen Leistungsvermögen der Klägerin sei durch den gerichtlichen Vergleich vom 20.01.1997 Rechnung getragen worden. Bei der Handschädigung der Klägerin handele es sich um irreversible Veränderungen. Damit stehe fest, dass die Klägerin über den 30.04.2000 hinaus auf Dauer erwerbsunfähig sei.

Am 11.02.2002 hat die Beklagte gegen das ihr am 18.01.2002 zugestellte Urteil Berufung eingelegt. Sie hat unter Vorlage von ärztlichen Stellungnahmen des Orthopäden Dr. K. vom 30.01.2002 und 22.11.2002 zur Begründung vorgetragen, das Sozialgericht stützte seine Entscheidung wesentlich auf die Gutachten von Dr. P. und Dr. W ... Dr. W. attestiere der Klägerin ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen mit qualitativen Einschränkungen. Die Klägerin könne nach den erhobenen Untersuchungsbefunden ihre rechte Hand nicht nur als Beihand, sondern regelmäßig auch mit Greiffunktionen einsetzen. Dr. W. habe ausdrücklich Arbeiten mit Publikumsverkehr für möglich gehalten. Neben Kontrolltätigkeiten würden die Tätigkeiten als Museumsaufseherin und als Pförtnerin an einer Nebenpforte benannt. Soweit das Sozialgericht diese Tätigkeiten wegen fehlender guter deutscher Sprachkenntnisse ausschließe, werde dies lediglich durch den Eindruck in der mündlichen Verhandlung begründet. Unabhängig davon spiele die Frage, ob gute Deutsch-Kenntnisse vorhanden seien oder nicht, im Rahmen der Verweisbarkeit nach der Rechtsprechung keine Rolle. Die Klägerin sei noch in der Lage, die Tätigkeiten einer Pförtnerin, Museumswärterin oder Telefonistin bzw. Tätigkeiten in der Qualitätskontrolle, z.B. von Mehrwegflaschen in der Getränkeindustrie oder in Milchzentralen, bzw. die Funktionskontrolle von Strickmaschinen in der Fadenproduktion vollschichtig auszuüben. Nach der Auskunft von Dr. F.-W. vom 14.05.2001 sei die Klägerin uneingeschränkt vollschichtig einsetzbar. Auch der Sachverständige habe in seinem Gutachten vom 27.10.2001 ausgeführt, dass gegen eine besondere Beanspruchung des Gehörs oder des Sehvermögens nichts einzuwenden sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 8. Januar 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, hilfsweise zur Abklärung der vorhandenen Sehfähigkeit der Klägerin ein augenärztliches Gutachten einzuholen.

Sie hat zur Begründung vorgetragen, soweit die Beklagte behaupte, sie könne ihre rechte Hand nicht nur als Beihand, sondern auch als Greifhand verwenden, sei dies aufgrund der vorhandnen medizinischen Unterlagen nicht nachvollziehbar. Hierzu hat sie einen Arztbericht von Dr. B. vom 10.04.2002 vorgelegt. Entgegen der Auffassung der Beklagten könne sie nicht auf die Tätigkeit einer Museumswärterin verwiesen werden, da es sich um eine meist ausschließlich im Stehen zu verrichtende Tätigkeit handele, zu der auch andere Aufgaben, wie der Transport, das Aufstellen, gegebenenfalls das Auf- und Abhängen oft schwerer Exponate mit Arbeiten auf Leitern gehörten. Solche Tätigkeiten könne sie keinesfalls verrichten. Sie könne auch nicht auf die Tätigkeit einer Pförtnerin, auch nicht an der Nebenpforte, verwiesen werden. Auch wenn die Frage deutscher Sprachkenntnisse nach der Rechtsprechung dabei keine entscheidende Rolle spiele, so lägen bei ihr medizinische Hinderungsgründe vor. Erforderlich sei ein gutes Seh- und Hörvermögen. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass bei ihr eine Sehbehinderung und eine erhebliche Einschränkung des Hörvermögens vorliege. Vom Versorgungsamt Heidelberg sei u.a. ein Ohrgeräusch anerkannt. Die Klägerin hat eine berufskundliche Stellungnahme des Landesarbeitsamtes Baden-Württemberg vom 22.08.2000 zur Tätigkeit des Museumsaufsehers und eines Pförtners vorgelegt. Auch auf die von der Beklagten genannten Kontrolltätigkeiten könne sie nicht zumutbar verwiesen werden. Es handele sich um Tätigkeiten im Stehen oder Gehen. Außerdem lägen hierzu keine berufskundlichen Stellungnahmen vor. Die Berufung der Beklagten sei daher nicht geeignet, das Ergebnis des Urteils des SG zu ändern. Sie beantrage, von Amts wegen ein augenärztliches Gutachten einzuholen. Dieses werde ergeben, dass auch für eine Tätigkeit der Reinigungskontrolle von Mehrwegflaschen sowie der Kontrolle in der Fadenproduktion kein ausreichendes Sehvermögen vorhanden sei.

Wegen Einzelheiten wird auf die Senatsakte, zwei Band Akten des SG (S 10 J 1250/96 und S 10 RJ 183/01) sowie auf einen Band Akten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 144 Abs. 1 SGG). Die Berufung ist auch begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab dem 01.05.2000 nicht zu. Der davon abweichenden Ansicht des SG vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

Gemäß § 300 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) i.d.F. des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827) sind vorliegend für die Zeit bis zum 31. Dezember 2000 noch die Vorschriften des SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.) anzuwenden, für die Zeit ab 1. Januar 2001 dagegen die neuen Vorschriften über die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Nach dem bis 31. Dezember 2000 geltenden Recht steht der Klägerin die begehrte Rente nicht zu.

Nach den §§ 43 Abs. 1 und 44 Abs. 1 SGB VI a.F. hatten Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit, wenn sie berufs- bzw. erwerbsunfähig waren, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hatten und vor Eintritt der Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt hatten.

Berufsunfähig waren gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken war. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen war, umfasste alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprachen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden konnten (Abs. 2 Satz 2). Berufsunfähig war nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben konnte; dabei war die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Abs. 2 Satz.4, angefügt durch Gesetz vom 02.05.1996, BGBl. I S. 659, lediglich klarstellend, vgl. BSG SozR 3 - 2600 § 43 Nr. 13).

Erwerbsunfähig waren gemäß § 44 Abs. 2 SGB VI a.F. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande waren, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich 630 Deutsche Mark überstieg; erwerbsunfähig waren auch Versicherte nach § 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein konnten. Erwerbsunfähig war nicht, wer eine selbständige Tätigkeit ausübte oder eine Tätigkeit vollschichtig ausüben konnte; dabei war die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Abs. 2 Satz 2 angefügt durch Gesetz vom 02.05.1996, BGBl. I S.659, Absatz 2 Satz 1 i.d.F. des Gesetzes vom 24.03.1999).

Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin - jedenfalls ab dem 01.05.2000 - nicht vor. Zur Überzeugung des Senats ist die Klägerin nämlich noch in der Lage, leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen unter Vermeidung von häufigem Bücken und Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und unter Einwirkung von Nässe und Kälte, von Akkord- und Fließbandarbeiten und Arbeiten an Schreib- und Büromaschinen, die jedenfalls mit einer Hand (bei der die rechte Hand der Klägerin allenfalls mit Abstützfunktion eingesetzt werden muss) ausgeführt werden können, noch vollschichtig (acht Stunden täglich) auszuführen.

Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund der Angaben der vom SG als sachverständige Zeugen gehörten Ärzte Dr. G.-Y., Dr. D., Dr. F.-W. und Dr. M., sowie dem fachorthopädischen Gutachten von Dr. W. vom 27.10.2001, des im Verwaltungsverfahren erstatteten Gutachtens von Dr. E. vom 24.05.2000, das der Senat urkundenbeweislich verwertet, sowie der von der Beklagten im vorliegenden Verfahren vorgelegten beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. K. vom 30.01.2002 und 22.11.2002, die der Senat als sachverständiges Parteivorbringen würdigt, sowie der Gutachten von Dr. B. vom 25.07.1995 und 25.03.1996 (Urkundenbeweis).

Danach wird die Leistungsfähigkeit der Klägerin vorrangig durch die Folgen der komplexen Schädigung der rechten Hand, die sie sich bei einem Arbeitsunfall im August 1993 zu gezogen hat, herabgesetzt. Es ist eine Minderung der Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand mit Bewegungseinschränkungen der Finger (6 cm Abstand Fingerkuppen-Hand bei aktiver Bewegung - so Dr. B. am 10.04.2002) und Kraftminderung sowie eine Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenkes mit ausgeprägter Narbenbildung an der Beugeseite des rechten Unterarmes und der rechten Hohlhand bei einer Medianusnervenschädigung verblieben, wie insbesondere Dr. W. in seinem Gutachten vom 27.10.2001 wie auch Dr. E. in ihrem Gutachten vom 24.05.2000 im Wesentlichen übereinstimmend diagnostiziert haben.

Die darüber hinaus bei der Klägerin bestehende muskuläre Insuffizienz der Rumpfmuskulatur, die zu wechselnden Reizerscheinungen im Bereich der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule vor allem bei größeren körperlichen Belastungen führt, bewirkt dagegen, ebenso wie die leichte Kniegelenksarthrose, die Lipödembildung an den Knöcheln und der ausgeprägte Senk- und Spreizfuß mit Hallux valgus keine rentenrechtlich relevante Einschränkungen ihres Leistungsvermögens jedenfalls für leichte Arbeiten. Den daraus resultierenden Beeinträchtigungen kann durch die genannten qualitativen Einschränkungen ausreichend begegnet werden. Nach dem im Gutachten von Dr. W. vom 27.10.2001 dargestellten Untersuchungsergebnissen fanden sich bei der Klägerin bei ihrer Untersuchung (mit Ausnahme der rechten Hand) nämlich keine bedeutsamen Funktionseinschränkungen des Stütz- und Bewegungsapparates der Klägerin. So war das Gangbild zur ebener Erde flott und sicher. Die Halswirbelsäule war in allen Ebenen gut beweglich, ebenso die Schulter, die Ellenbogengelenke und die unteren Extremitäten. Dem entsprechen auch die Röntgenbefunde, wonach die Halswirbelsäule unauffällig war. Abgesehen von geringen degenerativen Veränderungen war auch die Lendenwirbelsäule der Klägerin sonst ihrem Alter entsprechend unauffällig. Auch die beginnende Kniegelenksarthrose hat noch keine relevante Einschränkung der Gehfähigkeit der Klägerin zur Folge. Dem entspricht auch die Angabe der Klägerin, dass die schmerzfreie Gehstrecke eine Stunde betrage. Außerdem lässt sich nach der einleuchtenden Beurteilung des Sachverständigen hinsichtlich der muskulären Insuffizienz sowie der Veränderung bei den Knie- und Sprunggelenken sowie an beiden Füßen durch entsprechende Behandlung die Leistungsfähigkeit der Klägerin verbessern.

Das Vorliegen einer besonderen Schmerzsituation (Fibromyalgie-Syndrom), die eine andere Bewertung rechtfertigen könnte, ist nicht anzunehmen. Zwar hat die Klägerin Schmerzen im Nacken, in der ganzen Wirbelsäule sowie in beiden Kniegelenken und in den Füßen beim Laufen geltend gemacht. Ein besonderes Schmerzsyndrom, welches die Leistungsfähigkeit der Klägerin auf unter vollschichtig herabsetzen könnte, wurde vom Sachverständigen Dr. W. jedoch in seinem Gutachten vom 27.10.2001 nicht diagnostiziert. Dagegen spricht auch, dass die Klägerin nach ihren Angaben bei der Untersuchung durch den Sachverständigen angegeben hat, dass keine Dauerschmerzmedikation erfolgt. Auch sind keine Muskelatrophien bei der Klägerin vorhanden, die auf eine schmerzbedingte Schonhaltung hindeuten. Auch Frau Dr. E. hat Anhaltspunkte für eine Fibromyalgie nicht gefunden. Schmerzhafte Tenderpoints wurden von keinem Arzt erwähnt, auch nicht von Dr. G.-Y., die diese Diagnose aufgebracht hat.

Dass bei der Klägerin auf nervenärztlichem Fachgebiet eine bedeutsame Minderung ihrer Leistungsfähigkeit besteht, ist ebenfalls nicht anzunehmen. Der Neurologe und Psychiater Dr. B. kam in seinen Gutachten 25.07.1995 und 25.03.1996 zu der den Senat überzeugenden Bewertung, dass bei der Klägerin für eine tragende, eigenständig krankheitswertige depressive Symptomatik oder für das Vorliegen einer Psychose aus dem endogenen Formenkreis keine Hinweise bestehen. Diese Bewertung des Sachverständigen ist im Hinblick auf die Angaben der Klägerin, wonach sie den Tag mit Spaziergängen verbringe, zur Krankengymnastik gehe, oft den Nachbar besuche bzw. von anderen Freunden Besuch bekomme, mit denen man zusammen esse, spazieren gehe und sich unterhalte, nachvollziehbar und plausibel. Dass seit den Begutachtungen durch Dr. B. insoweit eine Verschlechterung eingetreten ist, lässt sich den zahlreich vorliegenden ärztlichen Befundberichten nicht entnehmen. Dies ist auch sonst nicht ersichtlich und wird von der Klägerin im übrigen auch nicht geltend gemacht.

Auch der bei der Klägerin auf kardiologischem Fachgebiet diagnostizierte geringe Mitralklappenprolaps mit leichter Mitralklappeninsuffizienz hat keine relevante Minderung der Leistungsfähigkeit der Klägerin zur Folge. Nach dem Befundbericht des Internisten/Kardiologen Loster vom 28.06.2000 fanden sich keine sicheren Zeichen einer Koronar- oder Myokardinsuffizienz. Eine Belastungsangina oder Belastungsdyspnoe wurde von der Klägerin verneint. Auch sonst werden im Befundbericht vom 28.06.2000 keine pathologischen Befunde genannt, die eine relevante Herabsetzung der Leistungsfähigkeit der Klägerin möglich erscheinen lassen. Soweit beim Belastungs-EKG ein vorzeitiger Abbruch nach 2 Minuten bei 50 Watt erfolgte, beruhte dies auf eine Beinermüdung und nicht auf kardialen Beschwerden.

Die Folgen der komplexen Schädigung der rechten Hand der Klägerin hindern diese nicht, leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen mit den oben genannten qualitativen Einschränkungen vollschichtig zu verrichten, jedenfalls sofern die Tätigkeiten so gestaltet sind, dass sie mit einer Hand ausgeführt werden können und die rechte Hand allenfalls mit Abstützfunktion eingesetzt werden muss. Der Senat folgt der überzeugenden Bewertung des Sachverständigen Dr. W. im Gutachten vom 27.10.2001 und der im Wesentlichen übereinstimmenden Bewertung im Gutachten von Dr. E. vom 24.05.2000. Der davon abweichenden Bewertung der sachverständigen Zeugen Dr. G.-Y. in ihrer Stellungnahme an das SG vom 23.04.2001 vermag der Senat dagegen nicht zu folgen. Ihre Ansicht, die Klägerin sei insbesondere wegen der halbgelähmten rechten Hand nicht mehr in der Lage, auch leichte Arbeiten unter vollschichtig zu tätigen, ist nicht plausibel. Auch die zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens durch Dr. P. ist bei Beachtung dieser Tätigkeitsgrenzen für den Senat nicht plausibel.

Der Senat ist vielmehr der Überzeugung, dass die Klägerin mit dem noch vorhandnen Leistungsvermögen in der Lage ist, jedenfalls die Tätigkeit einer Pförtnerin vollschichtig auszuüben. Dabei kommt es nicht relevant darauf an, ob die Klägerin ihre rechte Hand nur als Beihand oder darüber hinaus auch für Greiffunktionen einsetzen kann, wovon die Beklagte ausgeht, was aber von der Klägerin bestritten wird. Immerhin ist jedoch die Auffassung des Sachverständigen Dr. W. im Gutachten vom 27.10.2001, dass aufgrund der Befunde, wonach keine nennenswerte Atrophie der Ober- oder Unterarmmuskulatur rechts besteht und auch die Knochenstruktur ohne Seitendifferenz kräftig ausgebildet ist, davon auszugehen sei, dass der rechte Arm kräftig mitbenutzt wird, plausibel. Dieser Frage braucht jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden. Denn selbst wenn zugunsten der Klägerin davon ausgegangen wird, dass sie ihre rechte Hand nur als Beihand benutzen kann, ist sie gleichwohl in der Lage, mit dem noch vorhandenen Leistungsvermögen die Tätigkeit einer Pförtnerin auszuüben.

Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 17.10.1997 - L 8 J 262/97-, das der Klägerin übersandt worden ist) gibt es auf dem Arbeitsmarkt eine genügende Anzahl von Stellen für die Tätigkeit eines Pförtners. Zwar sind in Industriebetrieben die Arbeitsplätze für Pförtner häufig leistungsgeminderten Betriebsangehörigen vorbehalten und stellen sogenannte Schonarbeitsplätze dar, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen. Andere Betriebe aber, wie z.B. Krankenhäuser, Banken, Versicherungen und Behörden stellen meist Bewerber vom freien Arbeitsmarkt ein, wobei sogar ältere und/oder schwerbehinderte bzw. andere leistungsgeminderte Arbeitnehmer bevorzugt werden. Dabei werden auch oder gar ausschließlich schwerbehinderte oder gleichgestellte Bewerber gesucht. (Eine gleichlautende Auskunft des Landesarbeitsamts Baden-Württemberg vom 22.08.2000 hat auch die Klägerin selbst im Berufungsverfahren vorgelegt.) Entsprechendes gilt auch für die Tätigkeit eines Pförtners an der Nebenpforte. Dieser hat insbesondere bekannte Fahrzeuge der Firma bzw. Mitarbeiter passieren zu lassen (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg Urteil vom 24.01.2001 - L 3 RJ 336/00 - mit weiteren Nachweisen).

Es handelt sich jeweils um eine körperlich leichte Arbeit, die überwiegend im Sitzen, gelegentlich auch im Stehen oder Gehen ausgeübt wird. Ein gutes Sehvermögen ist erforderlich, ebenso ein ausreichendes sprachliches Ausdrucksvermögen, wobei hinsichtlich der Tätigkeit eines Pförtners an der Nebenpforte jedoch keine besonderen sprachlichen Anforderungen an das Kommunikationsvermögen zu stellen sind. Die Klägerin könnte daher in einem Bereich eingesetzt werden, der nicht in erster Linie durch Publikumsverkehr geprägt ist (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.01.2001 a.a.O. mit weiteren Nachweisen). Pförtnertätigkeiten kommen in den unterschiedlichsten Ausprägungen vor. Insbesondere in kleineren Betrieben ist es üblich, dass neben den klassischen Pförtnertätigkeiten (Durchführen von Ausweiskontrollen, Begrüßen und Anmelden von Besuchern, Schlüsselausgabe und -rücknahme, Überwachen des Kfz- und Warenverkehrs) weiter auch Tätigkeiten wie Telefonvermittlung, Anfertigen von Telefonnotizen, Annahme von Postsendungen, Postverteilung im Betrieb, Botendienste u.a. zu übernehmen sind. Weitere Anforderungen sind, Kommunikationsfähigkeit, Zuverlässigkeit und physische wie psychische Belastbarkeit. Ein normales Hörvermögen ist unerlässlich. Dem entspricht auch die von der Klägerin vorgelegte berufskundliche Stellungnahme des Landesarbeitsamtes Baden-Württemberg vom 22.08.2000 zur Tätigkeit eines Pförtners.

Die Klägerin ist mit ihrem oben dargestellten noch vorhandenen Leistungsvermögen körperlich und geistig für eine Tätigkeit als Pförtnerin (auch an einer Nebenpforte) geeignet. Insbesondere können die anfallenden Verrichtungen weitgehend ohne Gebrauch der rechten Hand ausgeführt werden. Selbst wenn der Klägerin nicht jeder Arbeitsplatz zuzumuten ist, ändert dies nichts. Denn für die Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich, dass der jeweils leistungsgeminderte Versicherte auf allen in Betracht kommenden Arbeitsplätzen einsetzbar wäre. Vielmehr genügt die prinzipielle Eignung für eine solche Tätigkeit. Dies ist bei der Klägerin nach der Überzeugung des Senats zu bejahen. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nicht über die für die Tätigkeit als Pförtnerin (auch an der Nebenpforte) notwendige Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit verfügt, sind aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens nicht ersichtlich.

Dagegen kann die Klägerin nicht mit Erfolg einwenden, sie könne die Tätigkeit einer Pförtnerin wegen einer Sehbehinderung bzw. wegen der Einschränkung des Hörvermögens nicht ausüben. Denn solche Einschränkungen liegen nach der Überzeugung des Senats bei der Klägerin nicht vor.

Nach der von SG eingeholten sachverständigen Zeugenaussage der Augenärztin der Klägerin Dr. F.-W. vom 14.05.2001 wurde bei der Klägerin eine Weit-Stab-Alterssichtigkeit, ein Sicca-Syndrom sowie im April 2001 eine bakterielle Bindehautentzündung diagnostiziert. Dabei handelt es sich einerseits um zeitweilig und kurzfristig aufgetretene Erkrankungen, andererseits besteht eine nur geringe Fehlsichtigkeit. All dies bringt keine messbare Behinderung mit sich. Dementsprechend erachtet Dr. F.-W. die Klägerin aus augenärztlicher Sicht uneingeschränkt für vollschichtig einsetzbar. Davon, dass bei der Klägerin eine relevante Sehbehinderung besteht, kann sich der Senat daher nicht überzeugen, zumal auch Dr. W. keine derartigen Einschränkungen bemerkt hat. Die Feststellung einer Sehstörung im Rahmen der Feststellung der Schwerbehinderten-Eigenschaft ist durch die Alterssichtigkeit plausibel, besagt aber ansonsten nichts Weitergehendes. Anhaltspunkte dafür, dass zwischenzeitlich eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten ist, sind nicht ersichtlich. Eine solche wird von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Der Senat sieht daher keinen Anlass zur Einholung eines augenärztlichen Gutachtens von Amts wegen, wie die Klägerin dies beantragt hat, ohne diesen Antrag durch einen nähere Begründung zu unterfüttern.

Entsprechendes gilt auch, soweit sich die Klägerin auf eine Einschränkung ihres Hörvermögens beruft. Nach einem im Verfahren S 10 J 1250/96 dem SG vorgelegten Befundbericht von Dr. H. vom 18.12.1995 klagte die Klägerin - unter anderem - über einen besonders abends sehr ausgeprägten Tinnitus. Eine damit verbundene Herabsetzung ihres Hörvermögens nannte die Klägerin dagegen nicht. Bei ihrer Untersuchung beim Sachverständigen Dr. P. gab die Klägerin an, sie habe ein Rauschen (vergleichbar einem Maschinengeräusch) im Kopf, wobei sie wiederum eine damit verbundene Herabsetzung ihres Hörvermögens nicht vorbrachte. Auch sonst lässt sich den vorliegenden Befundunterlagen und den Sachverständigengutachten nicht entnehmen, dass bei der Klägerin eine bedeutsame Einschränkung des Hörvermögens besteht. Eine Herabsetzung des Hörvermögens der Klägerin ist auch bei ihren Untersuchungen im Rahmen der Begutachtungen nie zu Tage getreten. Vielmehr wird im Gutachten von Dr. W. vom 27.10.2001 ausgeführt, dass gegen eine besondere Beanspruchung des Gehörs oder des Sehvermögens der Klägerin nichts einzuwenden sei.

Entgegen der Ansicht des SG kommt der Frage, ob die Klägerin für die Tätigkeit einer Pförtnerin keine ausreichenden deutschen Sprachkenntnisse hat, keine relevante Bedeutung zu, selbst wenn hiervon ausgegangen würde. Es handelt sich dabei um eine Einschränkung ihrer beruflichen Qualifikation, die für die Frage der Erwerbsunfähigkeit keine Rolle spielt. Maßgeblich sind vielmehr nur gesundheitliche Einschränkungen (vgl. BSG, SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 11; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.10.1997 - L 8 J 262/97 -).

Die Klägerin kann auch auf die Tätigkeit einer Pförtnerin (auch an einer Nebenpforte) verwiesen werden. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Die Klägerin war als ungelernte Arbeiterin (Küchenhilfe) berufstätig. Berufsschutz steht der Klägerin nach der Rechtsprechung des BSG damit nicht zu. Berufsschutz hat die Klägerin im Übrigen auch nicht geltend gemacht. Sie kann daher nach dem Mehrstufenschema des BSG (vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 138, 140) auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden.

Ob die Klägerin auch auf die von der Beklagten außerdem genannten Tätigkeiten verwiesen werden kann, bedarf nach dem Ausgeführten keiner Erörterung.

Ob die Klägerin einen ihr zumutbaren Arbeitsplatz vermittelt erhält, ist rechtlich unerheblich, weil das Risiko der Arbeitslosigkeit, jedenfalls bei vollschichtig einsetzbaren Versicherten wie der Klägerin, nicht zu Lasten der Rentenversicherung geht. Bei diesem Personenkreis ist davon auszugehen, dass es geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Zahl gibt, für die ein funktionierender Arbeitsmarkt vorhanden ist.

Die Klägerin hat auch für die Zeit ab 01.01.2001 keinen Rentenanspruch. Bezüglich des Anspruchs auf Rente wegen Berufsunfähigkeit ergeben sich aus dem neuen Recht keine Änderungen zu Gunsten der Klägerin, vielmehr gilt die alte Regelung für die Klägerin weiter (§ 240 SGB VI n.F.). Für einen Anspruch auf Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit nach § 43 SGB VI n.F. wären von der Klägerin aber engere Voraussetzungen zu erfüllen, nämlich eine Einschränkung des Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden täglich oder weniger. Dies ist bei der Klägerin nach dem oben Ausgeführten jedoch nicht der Fall.

Nach alledem steht der Klägerin, entgegen der Ansicht des SG im angefochtenen Urteil, ab dem 01.05.2000 kein Rentenanspruch gegen die Beklagte zu. Das angefochtene Urteil des SG war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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