Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 V 891/69
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1.) Berufsschadensausgleich ist auch dann wenn der Schwerbeschädigte den früheren Beruf nach der Schädigung fortsetzt, in diesem aber einen Einkommensverlust erleidet.
2.) Berufsschadensausgleich kann auch bei nicht buchführungspflichtigen Landwirten nur dann gewährt werden, wenn ein schädigungsbedingter Einkommensverlust festgestellt wird.
3.) Bei der Prüfung des Einkommensverlustes ist zu untersuchen, welche berufliche Entwicklung sich bereits vor der Schädigung abgezeichnet hat. Wenn sich die Aufnahme einer Intensivwirtschaft und die Zupachtung weiterer landwirtschaftlicher Flächen nicht abzeichnete, dann kann nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass ein solcher Geschehensablauf durch die Schädigungsfolgen verhindert wurde.
2.) Berufsschadensausgleich kann auch bei nicht buchführungspflichtigen Landwirten nur dann gewährt werden, wenn ein schädigungsbedingter Einkommensverlust festgestellt wird.
3.) Bei der Prüfung des Einkommensverlustes ist zu untersuchen, welche berufliche Entwicklung sich bereits vor der Schädigung abgezeichnet hat. Wenn sich die Aufnahme einer Intensivwirtschaft und die Zupachtung weiterer landwirtschaftlicher Flächen nicht abzeichnete, dann kann nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass ein solcher Geschehensablauf durch die Schädigungsfolgen verhindert wurde.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Marburg/Lahn vom 7. August 1969 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der 52-jährige Kläger arbeitete nach der Volksschulentlassung im elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb. Am 30. August 1939 wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Am 8. September 1941 erlitt er eine Verletzung durch eine russische Mine, die eine sofortige Amputation des linken Unterschenkels notwendig machte.
Am 7. Juni 1944 übernahm er von seinen Eltern die Landwirtschaft von 12 ha, die er in der Folgezeit weiter betrieb. Mit Umanerkennungsbescheid vom 23. Januar 1952 gewährte der Beklagte eine Rente wegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v.H. wegen Verluste des linken Unterschenkels durch Minenverletzung. Auf die Klage hiergegen erhöhte das Sozialgericht Marburg/L. mit Urteil vom 2. Februar 1967 ab 1. Januar 1964 die MdE des Klägers wegen seines besonderen beruflichen Betroffenseins gemäß § 30 BVG auf 60 v.H. und verurteilte en Beklagten, entsprechende Rente zu zahlen.
Der Kläger hatte am 15. Januar 1965 die Gewährung von Berufsschadensausgleich beantragt. Seit 1. Januar 1966 übt er neben seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit auch noch eine Beschäftigung als Gemeinderechner seiner Heimatgemeinde E. M. aus.
Der Beklagte wies durch Bescheid vom 24. August 1967 diesen Antrag zurück, weil ein wirtschaftlicher Schaden gemäß § 30 Abs. 3 und 4 BVG nicht festgestellt werden könne.
Im Widerspruchsverfahren legte der Kläger eine Bescheinigung des Landwirtschaftsamtes M. vom 6. Oktober 1967 vor, aus der sich ergibt, daß er zwar in der Lage sei, einen Schlepper zu fahren und leichte Hofarbeiten zu verrichten, jedoch solche Arbeiten nicht ausführen könne, die das beschädigte Bein besonders belasten. Er könne nur noch 40 % einer gesunden männlichen Arbeitskraft in der Landwirtschaft verrichten.
Der Beklagte half mit Bescheid vom 21. Februar 1968 dem Widerspruch nicht; ab, da neben dem Kläger auch seine Ehefrau und der 22-jährige Sohn die landwirtschaftlichen Arbeiten mit verrichten könnten, Außerdem habe er noch eine Tätigkeit als Gemeinderechner mit einem Bruttoeinkommen von monatlich 430,– DM aufgenommen.
Im folgenden Klageverfahren legte der Kläger eine weitere Erklärung des Landwirtschaftsamts M. vom 8 März 1968 vor, aus der sich ergibt, daß ein Einkommensverlust deshalb vorliege, will er keine Intensivlandwirtschaft betreiben könne, die einen, gesunden Betriebsführer fordere. Er habe weitere Ländereien nicht hinzupachten können.
Das Sozialgericht Marburg/L. Verurteilte den Beklagten am 7. August 1969 unter Aufhebung der angefochtenen dem Kläger ab Januar 1964 Berufsschadensausgleich unter Einordnung in die Besoldungsgruppe A 7 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) in gesetzlichem Umfange zu gewähren unter Anrechnung eines Wertes an verbliebener Arbeitsleistung in Höhe von 60 v.H. des Wertes der Arbeitsleistung eines gesunden Landwirts. Es sei bei selbständigen Landwirten unmöglich, den Einkommensverlust rechnerisch genau festzustellen, jedoch stehe fest, daß die ausfallende Arbeitsleistung des Landwirts durch andere Hilfskräfte ersetzt werden müsse. Hierin sei der Einkommensverlust zu sehen. Es sei davon auszugehen, daß der Kläger noch 60 v.H. der Arbeitsleistung eines gesunden Landwirts erbringen könne. Auch die Tätigkeit als Gemeinderechner ab 1. Januar 1966 vermindere nicht den Einkommensverlust. Durch diese Tätigkeit werde die Arbeitsleistung des Landwirtes am Tage nicht in Anspruch genommen.
Gegen dieses am 15. August 1969 zugestellte Urteil legte der Beklagte am 25. August 1969 Berufung ein. Eine Einkommenseinbuße im Beruf als selbständiger Landwirt sei nicht bewiesen. In der vom Gericht angenommenen Heranziehung von Hilfskräften für die Verrichtung von Arbeiten, die dem Landwirt selbst zukämen, könne kein Einkommensverlust gesehen werden. Auch müsse das Einkommen als Gemeinderechner in Betracht gezogen werden. Mit seinem aus dieser Tätigkeit erarbeiteten Gehalt könne der Kläger einen Knecht, der ihm die Schwerarbeit abnimmt, bezahlen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg/L. vom 7. August 1969 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verzichtete auf die Reche aus dem Urteil vom 7. August 1969 insoweit, als darin angeordnet ist, daß der Wert an verbliebener Arbeitskraft in Höhe von 60 v.H. anzurechnen sei. Er hält im übrigen das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Behörden- und Gerichtsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist auch statthaft, da ihr Berufungsausschließungsgründe nicht entgegenstehen.
Die Berufung ist auch begründet.
Dem Kläger kann deshalb kein Berufsschadensausgleich gewährt werden, weil nicht festgestellt werden kann, daß eine durch Schädigungsgründe herbeigeführte Minderung des Erwerbseinkommens vorliegt (§ 30 Abs. 3 u. 4 BVG). Eine Ablehnung der Gewährung von Berufsschadensausgleich durch den Beklagten allein deshalb, weil dar Kläger von ihm erstrebten Beruf eines Landwirtes jetzt betreibt, entspricht allerdings nicht dem Gesetz. Denn der Berufsschadensausgleich verlangt einen beruflichen Einkommensverlust durch Schädigungsfolgen, wobei es gleichgültig ist, ob dieser Verlust durch Weiterbetreiben des gleichen Berufes oder Aufnahme eines anderen Berufes entsteht. Ein Wechsel in der Berufsgruppe ist somit nicht Voraussetzung für den Berufsschadensausgleich. Eine solche Einschränkung kann dem Wortlaut des § 30 Abs. 4 BVG nicht entnommen werden (so auch BSG Urteil vom 23.7.1970 – 8 RV 50/70).
Erforderlich ist jedoch entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Marburg/L. die Feststellung eines schädigungsbedingten Einkommensverlustes. Die Auffassung des Sozialgerichts, daß bei nicht buchführungspflichtigen Landwirten ein schädigungsbedingter Einkommensverlust nicht festgestellt werden könne, aber trotzdem Berufsschadensausgleich gewährt werden müßte, steht im Gegensatz zu eindeutigen gesetzlichen Regelungen (vgl. Vorhey-von Nuis, IV. Teil Beschädigtenversorgung Aufl. 1970, S. 54 oben). Konkrete Angaben über den Einkommensverlust mache der Kläger nicht. Es ist also bei der Beurteilung darüber, ob Berufsschadensausgleich zu gewähren ist, zunächst zu untersuchen, welche berufliche Entwicklung sich bereits vor der Schädigung als dem allein maßgeblichen Zeitraum abzeichnete (vgl. BSG in SozR. BVG § 30, Nr. 44; Urteil des BSG, 10 RV 140/70 v. 30.11.71). Nur dann, wenn diese nach den gesamten Lebensumständen sich vor der Einberufung abzeichnende Entwicklung wegen der Schädigungsfolgen ausblieb, kann von einem schädigungsbedingten Einkommensverlust gesprochen werden. Die Aufnahme einer Intensivlandwirtschaft war indessen weder von dem Kläger noch seinem Vater, dessen Hof ersterer erst nach der Schädigung übernommen hatte nicht bereits aufgenommen oder auch nur in der Weise vorgezeichnet, daß sich irgendwelche Anhaltspunkte hierfür ergeben. Auch hat der Vater des Klägers, in keinem Zeitpunkt Anstalten für eine Zupacht weiterer Ländereien getroffen. Daß der Kläger in der folgenden Zeit bei gesunder Rückkehr seinen ländlichen Betrieb durch Zupacht vergrössert hätte, ist zwar möglich. Die vom Gesetz geforderte Wahrscheinlichkeit für einen solchen Geschehensablauf ist jedoch nicht gegeben, da diese weitere Gestaltung des Beruflichen wegen von vielen nicht allein in der Person des Klägers liegenden Tataschen abhängig wäre.
Übrigens wäre auch hierdurch nicht ein unterbliebener Mehrverdienst nachgewiesen, da die durch solche Maßnahmen notwendigen Investitionen den Gewinn für lange Zeit erheblich beeinträchtigen. Wird der Berufsschadensausgleich von nicht buchführungspflichtigen Landwirten begehrt, dann kann auch bei ihnen auf die Feststellung eines Einkommensverlustes nicht verzichtet werden, auch wenn die hierfür durchzuführenden Ermittlungen etwa die Vorlage von Verkaufsrechnungen von Vieh und Landesprodukten, Zeugenvernehmungen, Nachweis von Ausgaben für fremde Arbeitskräfte u.a. schwierig sein können. Eine Feststellung, daß gewisse körperliche Verletzungen eine Einkommenseinbuße mit sich bringen, ist ohne nähere Darlegung von Anhaltspunkten nicht ausreichend.
Die Angaben des Landwirtschaftsamtes M. sind so vage, daß lediglich verminderte Einkommensmöglichkeiten angedeutet werden, der Nachweis eines Einkommensverlustes aber sich hieraus nicht ergibt. Die Gedanken über Intensivlandwirtschaft und Zupacht können oben Ausgeführten zu keiner anderen Betrachtungsweise führen. Bei dieser Sachlage können Ausführungen darüber, ob durch die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit als Gemeinderechner und das hieraus erzielte monatliche Einkommen nicht die landwirtschaftliche Tätigkeit zur Nebenerwerbsquelle und damit für die Beurteilung des Ursachenzusammenhang unwesentlich geworden ist. Jedenfalls mindern diese Einnahmen einen durch nur möglichen durch die Schädigung verursachten Minderverdienst wesentlich.
Das Urteil des Sozialgerichts Marburg/L., war daher unzutreffend und mußte aufgehoben und die Klage gegen die Bescheids vom 21. Februar 1968 und 24. August 1967 abgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, insbesondere, weil der Senat von keiner Entscheidung des Bundessozialgerichts abweicht. Insbesondere steht die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 6. Juli 1971 – 9 RV 514/68 – nicht entgegen, weil sie den Vergleich mit einer anderen Berufsgruppe betraf und nicht verneint hat, daß auch beim Vergleich pauschalierter Beträge die Ursachenzusammenhangsfrage zu prüfen bleibt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der 52-jährige Kläger arbeitete nach der Volksschulentlassung im elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb. Am 30. August 1939 wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Am 8. September 1941 erlitt er eine Verletzung durch eine russische Mine, die eine sofortige Amputation des linken Unterschenkels notwendig machte.
Am 7. Juni 1944 übernahm er von seinen Eltern die Landwirtschaft von 12 ha, die er in der Folgezeit weiter betrieb. Mit Umanerkennungsbescheid vom 23. Januar 1952 gewährte der Beklagte eine Rente wegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v.H. wegen Verluste des linken Unterschenkels durch Minenverletzung. Auf die Klage hiergegen erhöhte das Sozialgericht Marburg/L. mit Urteil vom 2. Februar 1967 ab 1. Januar 1964 die MdE des Klägers wegen seines besonderen beruflichen Betroffenseins gemäß § 30 BVG auf 60 v.H. und verurteilte en Beklagten, entsprechende Rente zu zahlen.
Der Kläger hatte am 15. Januar 1965 die Gewährung von Berufsschadensausgleich beantragt. Seit 1. Januar 1966 übt er neben seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit auch noch eine Beschäftigung als Gemeinderechner seiner Heimatgemeinde E. M. aus.
Der Beklagte wies durch Bescheid vom 24. August 1967 diesen Antrag zurück, weil ein wirtschaftlicher Schaden gemäß § 30 Abs. 3 und 4 BVG nicht festgestellt werden könne.
Im Widerspruchsverfahren legte der Kläger eine Bescheinigung des Landwirtschaftsamtes M. vom 6. Oktober 1967 vor, aus der sich ergibt, daß er zwar in der Lage sei, einen Schlepper zu fahren und leichte Hofarbeiten zu verrichten, jedoch solche Arbeiten nicht ausführen könne, die das beschädigte Bein besonders belasten. Er könne nur noch 40 % einer gesunden männlichen Arbeitskraft in der Landwirtschaft verrichten.
Der Beklagte half mit Bescheid vom 21. Februar 1968 dem Widerspruch nicht; ab, da neben dem Kläger auch seine Ehefrau und der 22-jährige Sohn die landwirtschaftlichen Arbeiten mit verrichten könnten, Außerdem habe er noch eine Tätigkeit als Gemeinderechner mit einem Bruttoeinkommen von monatlich 430,– DM aufgenommen.
Im folgenden Klageverfahren legte der Kläger eine weitere Erklärung des Landwirtschaftsamts M. vom 8 März 1968 vor, aus der sich ergibt, daß ein Einkommensverlust deshalb vorliege, will er keine Intensivlandwirtschaft betreiben könne, die einen, gesunden Betriebsführer fordere. Er habe weitere Ländereien nicht hinzupachten können.
Das Sozialgericht Marburg/L. Verurteilte den Beklagten am 7. August 1969 unter Aufhebung der angefochtenen dem Kläger ab Januar 1964 Berufsschadensausgleich unter Einordnung in die Besoldungsgruppe A 7 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) in gesetzlichem Umfange zu gewähren unter Anrechnung eines Wertes an verbliebener Arbeitsleistung in Höhe von 60 v.H. des Wertes der Arbeitsleistung eines gesunden Landwirts. Es sei bei selbständigen Landwirten unmöglich, den Einkommensverlust rechnerisch genau festzustellen, jedoch stehe fest, daß die ausfallende Arbeitsleistung des Landwirts durch andere Hilfskräfte ersetzt werden müsse. Hierin sei der Einkommensverlust zu sehen. Es sei davon auszugehen, daß der Kläger noch 60 v.H. der Arbeitsleistung eines gesunden Landwirts erbringen könne. Auch die Tätigkeit als Gemeinderechner ab 1. Januar 1966 vermindere nicht den Einkommensverlust. Durch diese Tätigkeit werde die Arbeitsleistung des Landwirtes am Tage nicht in Anspruch genommen.
Gegen dieses am 15. August 1969 zugestellte Urteil legte der Beklagte am 25. August 1969 Berufung ein. Eine Einkommenseinbuße im Beruf als selbständiger Landwirt sei nicht bewiesen. In der vom Gericht angenommenen Heranziehung von Hilfskräften für die Verrichtung von Arbeiten, die dem Landwirt selbst zukämen, könne kein Einkommensverlust gesehen werden. Auch müsse das Einkommen als Gemeinderechner in Betracht gezogen werden. Mit seinem aus dieser Tätigkeit erarbeiteten Gehalt könne der Kläger einen Knecht, der ihm die Schwerarbeit abnimmt, bezahlen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg/L. vom 7. August 1969 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verzichtete auf die Reche aus dem Urteil vom 7. August 1969 insoweit, als darin angeordnet ist, daß der Wert an verbliebener Arbeitskraft in Höhe von 60 v.H. anzurechnen sei. Er hält im übrigen das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Behörden- und Gerichtsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist auch statthaft, da ihr Berufungsausschließungsgründe nicht entgegenstehen.
Die Berufung ist auch begründet.
Dem Kläger kann deshalb kein Berufsschadensausgleich gewährt werden, weil nicht festgestellt werden kann, daß eine durch Schädigungsgründe herbeigeführte Minderung des Erwerbseinkommens vorliegt (§ 30 Abs. 3 u. 4 BVG). Eine Ablehnung der Gewährung von Berufsschadensausgleich durch den Beklagten allein deshalb, weil dar Kläger von ihm erstrebten Beruf eines Landwirtes jetzt betreibt, entspricht allerdings nicht dem Gesetz. Denn der Berufsschadensausgleich verlangt einen beruflichen Einkommensverlust durch Schädigungsfolgen, wobei es gleichgültig ist, ob dieser Verlust durch Weiterbetreiben des gleichen Berufes oder Aufnahme eines anderen Berufes entsteht. Ein Wechsel in der Berufsgruppe ist somit nicht Voraussetzung für den Berufsschadensausgleich. Eine solche Einschränkung kann dem Wortlaut des § 30 Abs. 4 BVG nicht entnommen werden (so auch BSG Urteil vom 23.7.1970 – 8 RV 50/70).
Erforderlich ist jedoch entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Marburg/L. die Feststellung eines schädigungsbedingten Einkommensverlustes. Die Auffassung des Sozialgerichts, daß bei nicht buchführungspflichtigen Landwirten ein schädigungsbedingter Einkommensverlust nicht festgestellt werden könne, aber trotzdem Berufsschadensausgleich gewährt werden müßte, steht im Gegensatz zu eindeutigen gesetzlichen Regelungen (vgl. Vorhey-von Nuis, IV. Teil Beschädigtenversorgung Aufl. 1970, S. 54 oben). Konkrete Angaben über den Einkommensverlust mache der Kläger nicht. Es ist also bei der Beurteilung darüber, ob Berufsschadensausgleich zu gewähren ist, zunächst zu untersuchen, welche berufliche Entwicklung sich bereits vor der Schädigung als dem allein maßgeblichen Zeitraum abzeichnete (vgl. BSG in SozR. BVG § 30, Nr. 44; Urteil des BSG, 10 RV 140/70 v. 30.11.71). Nur dann, wenn diese nach den gesamten Lebensumständen sich vor der Einberufung abzeichnende Entwicklung wegen der Schädigungsfolgen ausblieb, kann von einem schädigungsbedingten Einkommensverlust gesprochen werden. Die Aufnahme einer Intensivlandwirtschaft war indessen weder von dem Kläger noch seinem Vater, dessen Hof ersterer erst nach der Schädigung übernommen hatte nicht bereits aufgenommen oder auch nur in der Weise vorgezeichnet, daß sich irgendwelche Anhaltspunkte hierfür ergeben. Auch hat der Vater des Klägers, in keinem Zeitpunkt Anstalten für eine Zupacht weiterer Ländereien getroffen. Daß der Kläger in der folgenden Zeit bei gesunder Rückkehr seinen ländlichen Betrieb durch Zupacht vergrössert hätte, ist zwar möglich. Die vom Gesetz geforderte Wahrscheinlichkeit für einen solchen Geschehensablauf ist jedoch nicht gegeben, da diese weitere Gestaltung des Beruflichen wegen von vielen nicht allein in der Person des Klägers liegenden Tataschen abhängig wäre.
Übrigens wäre auch hierdurch nicht ein unterbliebener Mehrverdienst nachgewiesen, da die durch solche Maßnahmen notwendigen Investitionen den Gewinn für lange Zeit erheblich beeinträchtigen. Wird der Berufsschadensausgleich von nicht buchführungspflichtigen Landwirten begehrt, dann kann auch bei ihnen auf die Feststellung eines Einkommensverlustes nicht verzichtet werden, auch wenn die hierfür durchzuführenden Ermittlungen etwa die Vorlage von Verkaufsrechnungen von Vieh und Landesprodukten, Zeugenvernehmungen, Nachweis von Ausgaben für fremde Arbeitskräfte u.a. schwierig sein können. Eine Feststellung, daß gewisse körperliche Verletzungen eine Einkommenseinbuße mit sich bringen, ist ohne nähere Darlegung von Anhaltspunkten nicht ausreichend.
Die Angaben des Landwirtschaftsamtes M. sind so vage, daß lediglich verminderte Einkommensmöglichkeiten angedeutet werden, der Nachweis eines Einkommensverlustes aber sich hieraus nicht ergibt. Die Gedanken über Intensivlandwirtschaft und Zupacht können oben Ausgeführten zu keiner anderen Betrachtungsweise führen. Bei dieser Sachlage können Ausführungen darüber, ob durch die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit als Gemeinderechner und das hieraus erzielte monatliche Einkommen nicht die landwirtschaftliche Tätigkeit zur Nebenerwerbsquelle und damit für die Beurteilung des Ursachenzusammenhang unwesentlich geworden ist. Jedenfalls mindern diese Einnahmen einen durch nur möglichen durch die Schädigung verursachten Minderverdienst wesentlich.
Das Urteil des Sozialgerichts Marburg/L., war daher unzutreffend und mußte aufgehoben und die Klage gegen die Bescheids vom 21. Februar 1968 und 24. August 1967 abgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, insbesondere, weil der Senat von keiner Entscheidung des Bundessozialgerichts abweicht. Insbesondere steht die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 6. Juli 1971 – 9 RV 514/68 – nicht entgegen, weil sie den Vergleich mit einer anderen Berufsgruppe betraf und nicht verneint hat, daß auch beim Vergleich pauschalierter Beträge die Ursachenzusammenhangsfrage zu prüfen bleibt.
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