Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 7 (2) SO 26/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 SO 33/07
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Übernahme ungedeckter Heimpflegekosten in dem Zeitraum von Oktober 2003 bis Februar 2004.
Die Klägerin ist Trägerin einer Einrichtung zur stationären Altenpflege im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Dort befand sich der am 04.11.1912 geborene K.-M. B. vom 23.10.2003 bis zu seinem Tod am 27.02.2004 zur stationären Pflege. Herr B. wurde nach einem stationären Krankenhausaufenthalt im Ev. Johanniter Klinikum D.-Rh. unmittelbar in die von der Klägerin getragenen Einrichtung aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt bestand bei ihm u.a. ein Zustand nach Apoplexie bei cerebrovaskulärer Insuffizienz. Von dem Träger der gesetzlichen Pflegeversicherung wurde er als pflegebedürftig nach der Pflegestufe I beurteilt. Vom Versorgungsamt war ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 sowie das Merkzeichen "G" zuerkannt worden. Herr B. war verheiratet. Aus der Ehe mit seiner vorverstorbenen Ehefrau gingen zwei im Jahre 1937 bzw. 1943 geborene Töchter hervor.
Im Herbst des Jahres 2003 verfügte er über laufende monatliche Einkünfte in Form einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 1.161,95 Euro sowie zusätzlich einer Werksrente in Höhe von 27,32 Euro. Die Pflegekasse zahlte für die Heimunterbringung monatlich 1.023,00 Euro. In dem mit Wirkung ab dem 23.10.2003 zwischen Herrn B. (persönlich) und der Klägerin abgeschlossenen "Wohn- und Dienstleistungsvertrag" verpflichtete sich dieser, den täglichen Pflegesatz in Höhe von 82,90 EUR an die Klägerin zu zahlen. Noch am Tag der Aufnahme bat das Pflegeheim der Klägerin den Beklagten unter Mitteilung der Höhe des täglichen Pflegesatzes um Abgabe einer Kostenübernahmeerklärung.
Nachdem eine Enkelin des Herrn B. zuvor Kontakt mit dem Beklagten aufgenommen hatte, stellte dieser selbst im November 2003 unter Darlegung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse einen Antrag auf Sozialhilfeleistungen bei dem Beklagten, woraufhin dieser Herrn B. Pflegewohngeld in Höhe von 483,88 Euro monatlich bewilligte. Die Übernahme ungedeckter Heimpflegekosten im Rahmen der Hilfe zur Pflege in Einrichtungen lehnte der Beklagte jedoch mit Bescheid vom 27.11.2003 gegenüber Herrn B. mit der Begründung ab, er könne diese durch Einsatz seiner laufenden monatlichen Renteneinkünfte decken. Die mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Entscheidung wurde der Klägerin mit Schreiben vom gleichen Tage mitgeteilt. Im Dezember 2003 wurde auf Veranlassung der Klägerin beim Amtsgericht Duisburg unter dem Az: 15 XVII B 1322 ein Betreuungsverfahren betreffende Herrn B. eingeleitet, welches u.a. die Einrichtung einer Betreuung für die Aufgabenkreise Vermögenssorge sowie Rechts- und Behördenangelegenheiten vorsah. Eine Entscheidung in diesem Verfahren erging aufgrund des zwischenzeitlich eingetretenen Todes des Herrn B. jedoch nicht mehr. Für den Zeitraum seines Aufenthaltes in der Einrichtung der Klägerin wurden außer den Leistungen der Pflegekasse und dem Pflegewohngeld keine Zahlungen an die Klägerin geleistet, weswegen ein offener Betrag in Höhe von 4.676,99 Euro verblieb. Diese Kosten wurden zunächst einer Enkelin des Herrn B., einer Frau A. G., in Rechnung gestellt. Ferner erwirkte die Klägerin im Rahmen eines Mahnverfahrens einen Vollstreckungsbescheid gegen eine der Töchter des Herrn B., Frau E. G., die hiergegen ihre Zahlungsunfähigkeit geltend machte. Eine Vollstreckung aus diesem Titel erfolgte bisher nicht.
Nachdem die Klägerin den Beklagten am 02.03.2004 über den Tod des Herrn B. informiert hatte, beantragte sie am 17.09.2004 unter Hinweis auf die Vorschrift des § 28 Abs 2 des Bundessozialhilfegesetztes (BSHG) unter gleichzeitiger Vorlage eines Inventarverzeichnisses, welches die zweite Tochter des Herrn B., Frau E. H. am 31.08.2004 gemeinsam mit der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Duisburg erstellt hatte, die Übernahme der ungedeckten Heimpflegekosten durch den Beklagten. Hinsichtlich der Einzelheiten des Inventarverzeichnisses wird auf Bl. 43 bis 49 der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Mit Bescheid vom 07.10.2004 lehnte der Beklagte unter Hinweis auf den aus seiner Sicht zwischenzeitlich bestandskräftigen Ablehnungsbescheid vom 27.11.2003 die Übernahme der ungedeckten Heimpflegekosten gegenüber der Klägerin ab. Diese machte mit ihrem Widerspruch dagegen geltend, der Beklagte sei mit dem Tag der Heimaufnahme über den Aufenthalt des Herrn B. informiert gewesen. Er hätte prüfen müssen, ob dessen Einkommen tatsächlich ausgereicht habe, um die Heimkosten zu decken. Dies sei offensichtlich nicht der Fall gewesen, so dass Herrn B. zumindest nach der Vorschrift des § 29 BSHG Leistungen hätten gewährt werden müssen. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.08.2005 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, zur Entscheidung der Frage, ob die noch offenen Heimpflegekosten zu übernehmen seien, sei ausschließlich auf die Regelungen des BSHG abzustellen. Das Recht auf Sozialhilfe sei höchstpersönlicher Art. Es könne daher nur von dem Hilfebedürftigen selbst geltend gemacht werden. Herr B. sei aber zu keiner Zeit Inhaber eines Anspruches auf Pflegeleistungen nach dem BSHG gewesen. Insofern habe es auch nicht zu einem Anspruchsübergang nach § 28 Abs 2 BSHG kommen können. Die Klägerin habe ihre Leistungen auch nicht im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG; FEVS 45, 221) im Vertrauen auf eine spätere Bewilligung der Sozialhilfe für Herrn B. erbracht, da sie von Anfang an Kenntnis von der Leistungsablehnung diesem gegenüber gehabt habe.
Am 20.09.2005 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Duisburg erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt.
Ergänzend zu dem Vorbringen im Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren führt sie zur Begründung aus, die Rechtsprechung - insbesondere das von dem Beklagten im Widerspruchsbescheid benannte Urteil des BVerwG erkenne das Recht auf Kostenersatz insbesondere auch bei bereits abgelaufenen Hilfefällen an. Die Ablehnungsentscheidung gegenüber Herrn Becker vom 27.11.2003 sei im Übrigen nicht wirksam geworden, weil dieser schon zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr "einsichts- und regelungsfähig" gewesen sei. Sie habe unmittelbar beim Amtsgericht Duisburg ein Betreuungsverfahren eingeleitet und damit alles unternommen, um ihre Ansprüche zu realisieren. Sie sei im Übrigen zur Aufnahme des Herrn B. verpflichtet gewesen und habe daher darauf vertrauen können, dass der Beklagte Zahlungen vornehmen werde.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 07.10.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2005 ggfs. unter zusätzlicher Aufhebung des Bescheides vom 27.11.2003 zu verurteilen, ihr einen Betrag in Höhe von 4.676,99 Euro zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich im Wesentlichen auf die Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und den Inhalt der ebenfalls beigezogenen Akten des Amtsgerichts Duisburg mit dem Az: 15 XVII B 1322. Der Inhalt sämtlicher Akten ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid vom 17.10.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2005 ist rechtmäßig und die Klägerin deswegen nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs 2 S 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Grundlage für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sind in diesem Zusammenhang allein die Vorschriften des BSHG, da es sich hier um Ansprüche handelt, die sich aus einem schon vor dem Außerkrafttreten des BSHG mit Ablauf des 31.12.2004 abgeschlossenen Sachverhalt ergeben (vgl. Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 31.10.2006, Az: 16 A 5085/02 Rz. 8 m.w.N.).
Einen originären Zahlungsanspruch aus eigenem Recht auf Grundlage der Vorschriften des BSHG kann die Klägerin nicht geltend machen. In Betracht zu ziehen wäre insoweit allenfalls die Regelung des § 121 BSHG. Deren Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt, weil weder ein Eilfall im Sinne der Vorschrift vorlag, noch eine nicht rechtzeitige Kenntnis des Beklagten von der Hilfebedürftigkeit gegeben war. Ein Anspruch aus eigenem Recht macht die Klägerin daher auch zu Recht nicht geltend.
Näher zu erörtern sind ausschließlich Ansprüche aus nach § 28 Abs 2 BSHG übergegangenem Recht des Herrn B ... Dies setzt voraus, dass dem Betroffenen im Zeitpunkt seines Todes ein entsprechender Leistungsrespektive Zahlungsanspruch gegenüber dem Beklagten zugestanden hätte. Davon ist jedoch weder unter Zugrundelegung der Bestandskraft des Bescheides vom 27.11.2003 (dazu unten 1)) noch bei mangelnder Bestandskraft des Bescheides vom 27.11.2003 (dazu unten 2)) auszugehen.
1) Ein unmittelbarer Leistungsanspruch des Herrn B. lag im Falle einer Bestandskraft des Ablehnungsbescheides vom 27.11.2003 nicht vor. Es würde sich dann nur die Frage stellen, ob sich der Antrag der Klägerin vom 17.09.2004 bei dem Beklagten auf Übernahme der ungedeckten Heimpflegekosten als ein Antrag nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) auf Überprüfung der Ablehnungsentscheidung vom 27.11.2003 darstellt. Selbst wenn man den Antrag so auslegt - und die Klägerin für berechtigt hält, einen solchen Antrag in der vorliegenden Fallkonstellation überhaupt zu stellen - , dürfte die ablehnende Entscheidung des Beklagten im Ergebnis zutreffend sein. Denn nach der Rechtsprechung des BVerwG zum BSHG war die Anwendbarkeit der Regelung des § 44 SGB X in dem vorliegenden Zusammenhang ausgeschlossen (vgl. dazu Rothkegel, Sozialhilferecht, 1. Auflage 2005, Seite 100 Rndz. 11 ff.). Selbst für den Fall der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 44 SGB X auf die vorliegende Fallgestaltung dürften dessen Voraussetzungen aber nicht vorliegen, da die Klägerin keine neuen Tatsachen vorgetragen hat, die eine Änderung der bisherigen Beurteilung rechtfertigen könnte (vgl. zum Erfordernis des Vortrages neuer Tatsachen Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 44 SGB X Rndz. 34).
Es ist im Übrigen fraglich, ob die Bedenken der Klägerin gegen die Bekanntgabe und damit die Wirksamkeit des Bescheides vom 27.11.2003 im Sinne von § 37 SGB X im Ergebnis durchgreifen. Die vorgetragenen Zweifel, die auf dem damaligen Gesundheitszustand des Herrn B. beruhen, können aufgrund des zwischenzeitlich eingetretenen Todes des Herrn B. nicht mehr abschließend geklärt werden. Einerseits bestehen zwar im Hinblick auf das zugrunde liegende Krankheitsbild und die Ausführungen auf Bl. 6 und 7 der Akte des Amtsgerichts Duisburg durchaus Anhaltspunkte für eine nachhaltige Einschränkung insbesondere seiner geistigen Leistungsfähigkeit schon im Zeitpunkt der Übersendung des Bescheides vom 27.11.2003. Andererseits hat Herr B. aber beispielsweise den Leistungsantrag bei dem Beklagten noch persönlich gestellt und auch den Heimvertrag mit der Klägerin persönlich abgeschlossen, was für dessen Handlungsfähigkeit noch im Zeitpunkt der Kenntnisnahme von dem Bescheid spricht. Die Nichterweislichkeit der mangelnden Handlungsfähigkeit des Herrn B. in dem hier fraglichen Zeitpunkt dürfte sich nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Ungunsten der Klägerin auswirken.
2) Im Ergebnis bedürfen die vorstehend aufgeworfenen Fragen jedoch keiner abschließenden Entscheidung, weil ein Anspruch der Klägerin aus nach § 28 Abs 2 BSHG übergegangenem Recht schon aus materiell rechtlichen Gründen nicht gegeben ist. In Betracht kommen insoweit allein Ansprüche nach § 68 ff. BSHG (dazu unten a)) bzw. § 29 BSHG (dazu unten b)).
a) Ein Leistungsanspruch nach den Regelungen der §§ 68 ff. BSHG hatte Herr B. nicht, weil er mit seinem nach den Vorschriften der §§ 76 bis 85 BSHG bereinigten Einkünften objektiv in der Lage war, die ungedeckten Heimpflegekosten aus eigenem Einkommen aufzubringen. Es wird insoweit auf die unstreitige und zutreffende Berechnung (Bl. 20 der Verwaltungsvorgänge) des Beklagten Bezug genommen. Auch aus dem nachträglich vorgelegten Inventarverzeichnis vom 31.08.2004 ergibt sich im Hinblick auf die zugrunde zu legenden Einkommensverhältnisse des Herrn B. nichts anderes. Denn nach den dortigen Angaben verfügte der Betroffene zwar im Zeitpunkt des Todes weder über nennenswerte Vermögensgegenstände. Es waren aber auch keinerlei Nachlassverbindlichkeiten vorhanden. Insofern spricht nichts für die Behauptung der Klägerin, dem Betroffenen hätten seine Renteneinkünfte nicht zur Bestreitung der ungedeckten Heimpflegekosten zur Verfügung gestanden; zumal das Inventarverzeichnis erst über ein halbes Jahr nach dem Tod des Herrn B. erstellt worden ist und sich damit die Frage stellt, ob das Verzeichnis die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Todes des Hernn B. bzw. kurz davor widerspiegelt. Im Übrigen setzt die Argumentation der Klägerin, dem Herrn B. habe ein Anspruch auf erweiterte Hilfe nach § 29 S 1 BSHG zugestanden, denknotwendig voraus, dass ein originärer Leistungsanspruch der früheren Hilfe in besonderen Lebenslagen nach den Regelungen der §§ 68 ff. BSHG gerade nicht bestand.
b) Auch die Voraussetzungen des § 29 S 1 BSHG liegen nicht vor. In tatbestandlicher Hinsicht wäre insoweit zunächst Voraussetzung, dass ein "begründeter Fall" vorläge. Nach der Rechtsprechung (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil vom 10.05.2000, Az: 12 B 96.3755 sowie Beschluss vom 27.07.2000, Az: 12 ZB 00.1685 mwN) handelt sich hierbei um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Voraussetzungen in vollem Umfang der gerichtlichen Überprüfung unterliegen. Die Bestimmung hat sich danach vor allem für diejenigen Fälle als notwendig erwiesen, in denen ein Hilfesuchender in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung aufgenommen werden muss und der Träger der Einrichtung vom Sozialhilfeträger die Übernahme die Kosten in vollem Umfang auch dann fordert, wenn der Hilfesuchende einen Teil der Kosten aus seinem Einkommen oder Vermögen selbst aufbringen kann. Ein "begründeter Fall" kann ferner dann vorliegen, wenn die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Hilfeempfängers zunächst unbekannt sind und es dem Sozialhilfeträger wegen der Kürze der Zeit nicht möglich ist, sich vor der notwendigen Heimaufnahme und der vom Heimträger verlangten Kostenübernahmeerklärung die erforderliche Klarheit zu verschaffen (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil vom 05.10.2005 aaO Rndz. 40 ff. mwN). Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es dem Sozialhilfeträger verwehrt ist, in der Regel einen "begründeten Fall" anzunehmen, um so Rentenansprüche des Hilfeempfängers unmittelbar als Aufwendungsersatz auf sich überzuleiten und etwaige Einkommens- und Vermögenswerte grundsätzlich im Wege des Aufwendungsersatzes zu beanspruchen. § 29 S 1 BSHG setzt vielmehr einen im Einzelfall zu begründenden Ausnahmefall voraus. Der bloße Wunsch des Hilfeempfängers oder des Heimträgers auf Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens genügen hierfür nicht. § 29 S 1 BSHG dient nicht der Interessenwahrung der Heime oder der Sozialhilfeträger, sondern will verhindern, dass eine notwendige Hilfe an der Kostenfrage scheitert. Die Gewährung der erweiterten Hilfe muss sich daher aus der konkreten Situation des Hilfeempfängers heraus rechtfertigen, nicht aber aus den Bedürfnissen des Heims oder Sozialhilfeträgers.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist aus Sicht der Kammer hier ein "begründeter Fall" nicht anzunehmen. Denn nach den Umständen des Falles ist nicht ersichtlich, dass im Zeitpunkt der Entscheidung über den Leistungsanspruch des Betroffenen am 27.11.2003 in irgendeiner Weise in tatsächlicher Hinsicht Unsicherheiten über den Umfang des objektiv einsetzbaren und rechtlich einzusetzenden Einkommens des Betroffenen bestand. Es war auch insofern keine Entscheidung nach § 29 S 1 BSHG durch den Beklagten veranlasst, als die Klägerin sich geweigert hätte, den Betroffenen ohne die entsprechende Übernahmeerklärung des Beklagten bei sich aufzunehmen. Aus Sicht der Kammer käme die Annahme eines "begründeten Falles" in der vorliegenden Fallgestaltung vielmehr einer ungerechtfertigten Bevorzugung der Klägerin im Nachhinein gleich. Denn für sie hat sich lediglich das allgemeine Risiko eines Wirtschaftsunternehmens verwirklicht, dass ein Vertragspartner sich nicht an seine zivilrechtliche Zahlungsverpflichtung gehalten hat. § 29 S 1 BSHG bietet aus Sicht der Kammer keine Handhabe dafür, dass die Klägerin im Ergebnis mit einem Vorgehen gegen die Erben bzw. einer Vollstreckung in den Nachlass des Betroffenen ausgefallen ist. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei § 29 S 1 BSHG ohnehin nur um eine Ermessensvorschrift handelt und der Beklagte insoweit nicht unmittelbar zur Zahlung hätte verurteilt werden können, da jedenfalls für eine Ermessensreduzierung auf 0 keine Anhaltspunkte bestehen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, da nach der Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen in dem Beschluss vom 30.10.2006 (Az: L 20 B 94/06 SO) die Vorschrift des § 197 a SGG iVm den Regelungen des Gerichtskostengesetzes (GKG) nicht zur Anwendung zu bringen waren.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Übernahme ungedeckter Heimpflegekosten in dem Zeitraum von Oktober 2003 bis Februar 2004.
Die Klägerin ist Trägerin einer Einrichtung zur stationären Altenpflege im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Dort befand sich der am 04.11.1912 geborene K.-M. B. vom 23.10.2003 bis zu seinem Tod am 27.02.2004 zur stationären Pflege. Herr B. wurde nach einem stationären Krankenhausaufenthalt im Ev. Johanniter Klinikum D.-Rh. unmittelbar in die von der Klägerin getragenen Einrichtung aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt bestand bei ihm u.a. ein Zustand nach Apoplexie bei cerebrovaskulärer Insuffizienz. Von dem Träger der gesetzlichen Pflegeversicherung wurde er als pflegebedürftig nach der Pflegestufe I beurteilt. Vom Versorgungsamt war ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 sowie das Merkzeichen "G" zuerkannt worden. Herr B. war verheiratet. Aus der Ehe mit seiner vorverstorbenen Ehefrau gingen zwei im Jahre 1937 bzw. 1943 geborene Töchter hervor.
Im Herbst des Jahres 2003 verfügte er über laufende monatliche Einkünfte in Form einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 1.161,95 Euro sowie zusätzlich einer Werksrente in Höhe von 27,32 Euro. Die Pflegekasse zahlte für die Heimunterbringung monatlich 1.023,00 Euro. In dem mit Wirkung ab dem 23.10.2003 zwischen Herrn B. (persönlich) und der Klägerin abgeschlossenen "Wohn- und Dienstleistungsvertrag" verpflichtete sich dieser, den täglichen Pflegesatz in Höhe von 82,90 EUR an die Klägerin zu zahlen. Noch am Tag der Aufnahme bat das Pflegeheim der Klägerin den Beklagten unter Mitteilung der Höhe des täglichen Pflegesatzes um Abgabe einer Kostenübernahmeerklärung.
Nachdem eine Enkelin des Herrn B. zuvor Kontakt mit dem Beklagten aufgenommen hatte, stellte dieser selbst im November 2003 unter Darlegung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse einen Antrag auf Sozialhilfeleistungen bei dem Beklagten, woraufhin dieser Herrn B. Pflegewohngeld in Höhe von 483,88 Euro monatlich bewilligte. Die Übernahme ungedeckter Heimpflegekosten im Rahmen der Hilfe zur Pflege in Einrichtungen lehnte der Beklagte jedoch mit Bescheid vom 27.11.2003 gegenüber Herrn B. mit der Begründung ab, er könne diese durch Einsatz seiner laufenden monatlichen Renteneinkünfte decken. Die mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Entscheidung wurde der Klägerin mit Schreiben vom gleichen Tage mitgeteilt. Im Dezember 2003 wurde auf Veranlassung der Klägerin beim Amtsgericht Duisburg unter dem Az: 15 XVII B 1322 ein Betreuungsverfahren betreffende Herrn B. eingeleitet, welches u.a. die Einrichtung einer Betreuung für die Aufgabenkreise Vermögenssorge sowie Rechts- und Behördenangelegenheiten vorsah. Eine Entscheidung in diesem Verfahren erging aufgrund des zwischenzeitlich eingetretenen Todes des Herrn B. jedoch nicht mehr. Für den Zeitraum seines Aufenthaltes in der Einrichtung der Klägerin wurden außer den Leistungen der Pflegekasse und dem Pflegewohngeld keine Zahlungen an die Klägerin geleistet, weswegen ein offener Betrag in Höhe von 4.676,99 Euro verblieb. Diese Kosten wurden zunächst einer Enkelin des Herrn B., einer Frau A. G., in Rechnung gestellt. Ferner erwirkte die Klägerin im Rahmen eines Mahnverfahrens einen Vollstreckungsbescheid gegen eine der Töchter des Herrn B., Frau E. G., die hiergegen ihre Zahlungsunfähigkeit geltend machte. Eine Vollstreckung aus diesem Titel erfolgte bisher nicht.
Nachdem die Klägerin den Beklagten am 02.03.2004 über den Tod des Herrn B. informiert hatte, beantragte sie am 17.09.2004 unter Hinweis auf die Vorschrift des § 28 Abs 2 des Bundessozialhilfegesetztes (BSHG) unter gleichzeitiger Vorlage eines Inventarverzeichnisses, welches die zweite Tochter des Herrn B., Frau E. H. am 31.08.2004 gemeinsam mit der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Duisburg erstellt hatte, die Übernahme der ungedeckten Heimpflegekosten durch den Beklagten. Hinsichtlich der Einzelheiten des Inventarverzeichnisses wird auf Bl. 43 bis 49 der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Mit Bescheid vom 07.10.2004 lehnte der Beklagte unter Hinweis auf den aus seiner Sicht zwischenzeitlich bestandskräftigen Ablehnungsbescheid vom 27.11.2003 die Übernahme der ungedeckten Heimpflegekosten gegenüber der Klägerin ab. Diese machte mit ihrem Widerspruch dagegen geltend, der Beklagte sei mit dem Tag der Heimaufnahme über den Aufenthalt des Herrn B. informiert gewesen. Er hätte prüfen müssen, ob dessen Einkommen tatsächlich ausgereicht habe, um die Heimkosten zu decken. Dies sei offensichtlich nicht der Fall gewesen, so dass Herrn B. zumindest nach der Vorschrift des § 29 BSHG Leistungen hätten gewährt werden müssen. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.08.2005 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, zur Entscheidung der Frage, ob die noch offenen Heimpflegekosten zu übernehmen seien, sei ausschließlich auf die Regelungen des BSHG abzustellen. Das Recht auf Sozialhilfe sei höchstpersönlicher Art. Es könne daher nur von dem Hilfebedürftigen selbst geltend gemacht werden. Herr B. sei aber zu keiner Zeit Inhaber eines Anspruches auf Pflegeleistungen nach dem BSHG gewesen. Insofern habe es auch nicht zu einem Anspruchsübergang nach § 28 Abs 2 BSHG kommen können. Die Klägerin habe ihre Leistungen auch nicht im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG; FEVS 45, 221) im Vertrauen auf eine spätere Bewilligung der Sozialhilfe für Herrn B. erbracht, da sie von Anfang an Kenntnis von der Leistungsablehnung diesem gegenüber gehabt habe.
Am 20.09.2005 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Duisburg erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt.
Ergänzend zu dem Vorbringen im Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren führt sie zur Begründung aus, die Rechtsprechung - insbesondere das von dem Beklagten im Widerspruchsbescheid benannte Urteil des BVerwG erkenne das Recht auf Kostenersatz insbesondere auch bei bereits abgelaufenen Hilfefällen an. Die Ablehnungsentscheidung gegenüber Herrn Becker vom 27.11.2003 sei im Übrigen nicht wirksam geworden, weil dieser schon zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr "einsichts- und regelungsfähig" gewesen sei. Sie habe unmittelbar beim Amtsgericht Duisburg ein Betreuungsverfahren eingeleitet und damit alles unternommen, um ihre Ansprüche zu realisieren. Sie sei im Übrigen zur Aufnahme des Herrn B. verpflichtet gewesen und habe daher darauf vertrauen können, dass der Beklagte Zahlungen vornehmen werde.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 07.10.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2005 ggfs. unter zusätzlicher Aufhebung des Bescheides vom 27.11.2003 zu verurteilen, ihr einen Betrag in Höhe von 4.676,99 Euro zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich im Wesentlichen auf die Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und den Inhalt der ebenfalls beigezogenen Akten des Amtsgerichts Duisburg mit dem Az: 15 XVII B 1322. Der Inhalt sämtlicher Akten ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid vom 17.10.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2005 ist rechtmäßig und die Klägerin deswegen nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs 2 S 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Grundlage für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sind in diesem Zusammenhang allein die Vorschriften des BSHG, da es sich hier um Ansprüche handelt, die sich aus einem schon vor dem Außerkrafttreten des BSHG mit Ablauf des 31.12.2004 abgeschlossenen Sachverhalt ergeben (vgl. Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 31.10.2006, Az: 16 A 5085/02 Rz. 8 m.w.N.).
Einen originären Zahlungsanspruch aus eigenem Recht auf Grundlage der Vorschriften des BSHG kann die Klägerin nicht geltend machen. In Betracht zu ziehen wäre insoweit allenfalls die Regelung des § 121 BSHG. Deren Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt, weil weder ein Eilfall im Sinne der Vorschrift vorlag, noch eine nicht rechtzeitige Kenntnis des Beklagten von der Hilfebedürftigkeit gegeben war. Ein Anspruch aus eigenem Recht macht die Klägerin daher auch zu Recht nicht geltend.
Näher zu erörtern sind ausschließlich Ansprüche aus nach § 28 Abs 2 BSHG übergegangenem Recht des Herrn B ... Dies setzt voraus, dass dem Betroffenen im Zeitpunkt seines Todes ein entsprechender Leistungsrespektive Zahlungsanspruch gegenüber dem Beklagten zugestanden hätte. Davon ist jedoch weder unter Zugrundelegung der Bestandskraft des Bescheides vom 27.11.2003 (dazu unten 1)) noch bei mangelnder Bestandskraft des Bescheides vom 27.11.2003 (dazu unten 2)) auszugehen.
1) Ein unmittelbarer Leistungsanspruch des Herrn B. lag im Falle einer Bestandskraft des Ablehnungsbescheides vom 27.11.2003 nicht vor. Es würde sich dann nur die Frage stellen, ob sich der Antrag der Klägerin vom 17.09.2004 bei dem Beklagten auf Übernahme der ungedeckten Heimpflegekosten als ein Antrag nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) auf Überprüfung der Ablehnungsentscheidung vom 27.11.2003 darstellt. Selbst wenn man den Antrag so auslegt - und die Klägerin für berechtigt hält, einen solchen Antrag in der vorliegenden Fallkonstellation überhaupt zu stellen - , dürfte die ablehnende Entscheidung des Beklagten im Ergebnis zutreffend sein. Denn nach der Rechtsprechung des BVerwG zum BSHG war die Anwendbarkeit der Regelung des § 44 SGB X in dem vorliegenden Zusammenhang ausgeschlossen (vgl. dazu Rothkegel, Sozialhilferecht, 1. Auflage 2005, Seite 100 Rndz. 11 ff.). Selbst für den Fall der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 44 SGB X auf die vorliegende Fallgestaltung dürften dessen Voraussetzungen aber nicht vorliegen, da die Klägerin keine neuen Tatsachen vorgetragen hat, die eine Änderung der bisherigen Beurteilung rechtfertigen könnte (vgl. zum Erfordernis des Vortrages neuer Tatsachen Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 44 SGB X Rndz. 34).
Es ist im Übrigen fraglich, ob die Bedenken der Klägerin gegen die Bekanntgabe und damit die Wirksamkeit des Bescheides vom 27.11.2003 im Sinne von § 37 SGB X im Ergebnis durchgreifen. Die vorgetragenen Zweifel, die auf dem damaligen Gesundheitszustand des Herrn B. beruhen, können aufgrund des zwischenzeitlich eingetretenen Todes des Herrn B. nicht mehr abschließend geklärt werden. Einerseits bestehen zwar im Hinblick auf das zugrunde liegende Krankheitsbild und die Ausführungen auf Bl. 6 und 7 der Akte des Amtsgerichts Duisburg durchaus Anhaltspunkte für eine nachhaltige Einschränkung insbesondere seiner geistigen Leistungsfähigkeit schon im Zeitpunkt der Übersendung des Bescheides vom 27.11.2003. Andererseits hat Herr B. aber beispielsweise den Leistungsantrag bei dem Beklagten noch persönlich gestellt und auch den Heimvertrag mit der Klägerin persönlich abgeschlossen, was für dessen Handlungsfähigkeit noch im Zeitpunkt der Kenntnisnahme von dem Bescheid spricht. Die Nichterweislichkeit der mangelnden Handlungsfähigkeit des Herrn B. in dem hier fraglichen Zeitpunkt dürfte sich nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Ungunsten der Klägerin auswirken.
2) Im Ergebnis bedürfen die vorstehend aufgeworfenen Fragen jedoch keiner abschließenden Entscheidung, weil ein Anspruch der Klägerin aus nach § 28 Abs 2 BSHG übergegangenem Recht schon aus materiell rechtlichen Gründen nicht gegeben ist. In Betracht kommen insoweit allein Ansprüche nach § 68 ff. BSHG (dazu unten a)) bzw. § 29 BSHG (dazu unten b)).
a) Ein Leistungsanspruch nach den Regelungen der §§ 68 ff. BSHG hatte Herr B. nicht, weil er mit seinem nach den Vorschriften der §§ 76 bis 85 BSHG bereinigten Einkünften objektiv in der Lage war, die ungedeckten Heimpflegekosten aus eigenem Einkommen aufzubringen. Es wird insoweit auf die unstreitige und zutreffende Berechnung (Bl. 20 der Verwaltungsvorgänge) des Beklagten Bezug genommen. Auch aus dem nachträglich vorgelegten Inventarverzeichnis vom 31.08.2004 ergibt sich im Hinblick auf die zugrunde zu legenden Einkommensverhältnisse des Herrn B. nichts anderes. Denn nach den dortigen Angaben verfügte der Betroffene zwar im Zeitpunkt des Todes weder über nennenswerte Vermögensgegenstände. Es waren aber auch keinerlei Nachlassverbindlichkeiten vorhanden. Insofern spricht nichts für die Behauptung der Klägerin, dem Betroffenen hätten seine Renteneinkünfte nicht zur Bestreitung der ungedeckten Heimpflegekosten zur Verfügung gestanden; zumal das Inventarverzeichnis erst über ein halbes Jahr nach dem Tod des Herrn B. erstellt worden ist und sich damit die Frage stellt, ob das Verzeichnis die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Todes des Hernn B. bzw. kurz davor widerspiegelt. Im Übrigen setzt die Argumentation der Klägerin, dem Herrn B. habe ein Anspruch auf erweiterte Hilfe nach § 29 S 1 BSHG zugestanden, denknotwendig voraus, dass ein originärer Leistungsanspruch der früheren Hilfe in besonderen Lebenslagen nach den Regelungen der §§ 68 ff. BSHG gerade nicht bestand.
b) Auch die Voraussetzungen des § 29 S 1 BSHG liegen nicht vor. In tatbestandlicher Hinsicht wäre insoweit zunächst Voraussetzung, dass ein "begründeter Fall" vorläge. Nach der Rechtsprechung (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil vom 10.05.2000, Az: 12 B 96.3755 sowie Beschluss vom 27.07.2000, Az: 12 ZB 00.1685 mwN) handelt sich hierbei um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Voraussetzungen in vollem Umfang der gerichtlichen Überprüfung unterliegen. Die Bestimmung hat sich danach vor allem für diejenigen Fälle als notwendig erwiesen, in denen ein Hilfesuchender in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung aufgenommen werden muss und der Träger der Einrichtung vom Sozialhilfeträger die Übernahme die Kosten in vollem Umfang auch dann fordert, wenn der Hilfesuchende einen Teil der Kosten aus seinem Einkommen oder Vermögen selbst aufbringen kann. Ein "begründeter Fall" kann ferner dann vorliegen, wenn die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Hilfeempfängers zunächst unbekannt sind und es dem Sozialhilfeträger wegen der Kürze der Zeit nicht möglich ist, sich vor der notwendigen Heimaufnahme und der vom Heimträger verlangten Kostenübernahmeerklärung die erforderliche Klarheit zu verschaffen (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil vom 05.10.2005 aaO Rndz. 40 ff. mwN). Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es dem Sozialhilfeträger verwehrt ist, in der Regel einen "begründeten Fall" anzunehmen, um so Rentenansprüche des Hilfeempfängers unmittelbar als Aufwendungsersatz auf sich überzuleiten und etwaige Einkommens- und Vermögenswerte grundsätzlich im Wege des Aufwendungsersatzes zu beanspruchen. § 29 S 1 BSHG setzt vielmehr einen im Einzelfall zu begründenden Ausnahmefall voraus. Der bloße Wunsch des Hilfeempfängers oder des Heimträgers auf Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens genügen hierfür nicht. § 29 S 1 BSHG dient nicht der Interessenwahrung der Heime oder der Sozialhilfeträger, sondern will verhindern, dass eine notwendige Hilfe an der Kostenfrage scheitert. Die Gewährung der erweiterten Hilfe muss sich daher aus der konkreten Situation des Hilfeempfängers heraus rechtfertigen, nicht aber aus den Bedürfnissen des Heims oder Sozialhilfeträgers.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist aus Sicht der Kammer hier ein "begründeter Fall" nicht anzunehmen. Denn nach den Umständen des Falles ist nicht ersichtlich, dass im Zeitpunkt der Entscheidung über den Leistungsanspruch des Betroffenen am 27.11.2003 in irgendeiner Weise in tatsächlicher Hinsicht Unsicherheiten über den Umfang des objektiv einsetzbaren und rechtlich einzusetzenden Einkommens des Betroffenen bestand. Es war auch insofern keine Entscheidung nach § 29 S 1 BSHG durch den Beklagten veranlasst, als die Klägerin sich geweigert hätte, den Betroffenen ohne die entsprechende Übernahmeerklärung des Beklagten bei sich aufzunehmen. Aus Sicht der Kammer käme die Annahme eines "begründeten Falles" in der vorliegenden Fallgestaltung vielmehr einer ungerechtfertigten Bevorzugung der Klägerin im Nachhinein gleich. Denn für sie hat sich lediglich das allgemeine Risiko eines Wirtschaftsunternehmens verwirklicht, dass ein Vertragspartner sich nicht an seine zivilrechtliche Zahlungsverpflichtung gehalten hat. § 29 S 1 BSHG bietet aus Sicht der Kammer keine Handhabe dafür, dass die Klägerin im Ergebnis mit einem Vorgehen gegen die Erben bzw. einer Vollstreckung in den Nachlass des Betroffenen ausgefallen ist. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei § 29 S 1 BSHG ohnehin nur um eine Ermessensvorschrift handelt und der Beklagte insoweit nicht unmittelbar zur Zahlung hätte verurteilt werden können, da jedenfalls für eine Ermessensreduzierung auf 0 keine Anhaltspunkte bestehen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, da nach der Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen in dem Beschluss vom 30.10.2006 (Az: L 20 B 94/06 SO) die Vorschrift des § 197 a SGG iVm den Regelungen des Gerichtskostengesetzes (GKG) nicht zur Anwendung zu bringen waren.
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