L 9 R 1569/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 671/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1569/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 22. Februar 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung an Stelle der bisher gewährten Rente wegen Berufsunfähigkeit.

Der 1951 geborene Kläger hat von September 1967 bis Juni 1970 Mechaniker gelernt und später Fortbildungen zum staatlich geprüften Techniker und Wirtschaftsinformatiker absolviert. Zuletzt war der Kläger von Februar 1991 bis Dezember 1993 als PC-Techniker versicherungspflichtig beschäftigt. Von März bis August 1996 übte er eine selbständige Tätigkeit im PC-Service aus und im September 1996 war er zwei Wochen in einem metallverarbeitenden Betrieb geringfügig beschäftigt.

Auf seinen Rentenantrag vom 28.2.1994 gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 7.11.1994 Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer ab 1.3.1994.

Am 22.8.2003 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung an Stelle der gewährten Rente wegen Berufsunfähigkeit.

Nach Beiziehung von Befundberichten der behandelnden Ärzte, des Phlebologen Dr. D. vom 16.10.2003, des Orthopäden Dr. B. vom 16.10.2003 sowie des Arztes für Neurologie und Umweltmedizin Dr. H. vom 22.10.2003 ließ die Beklagte den Kläger auf orthopädischem und neurologisch-psychiatrischem Gebiet begutachten.

Der Orthopäde Dr. E. stellte im Gutachten vom 9.12.2003 beim Kläger folgende Diagnosen: • Lumboischialgie bei flacher Bandscheibenprotrusion L 2/3, Spondylarthrose der caudalen LWS sowie Foramenstenosen L 4 - S 1 • Zervikobrachialgie bei Bandscheibenprotrusion C 5/6 und C 6/7 sowie bilaterale Neuroforamenstenosen C 5/6 und C 6/7 • Medial betonte Gonarthrose beidseits • Postthrombotisches Syndrom. Leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen könne der Kläger sechs Stunden und mehr ausüben. Ungeeignet seien Tätigkeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen, mit häufigem In-die-Hocke gehen oder Hinknien, mit häufigem Treppensteigen, Besteigen von Leitern und Gerüsten sowie in Kälte- und Nässeexposition.

Der Neurologe und Psychiater Dr. T. stellte beim Kläger im Gutachten vom 25.1.2004 auf neurologischem Fachgebiet eine Polyneuropathie sowie eine Läsion des Nervus cutaneus femoris lat. (Meralgia paraesthetica) fest und verneinte Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Gebiet. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne Heben und Tragen von Lasten über 15 kg, ohne häufiges Bücken und ohne Absturzgefahr sechs Stunden und mehr verrichten.

Mit Bescheid vom 26.3.2004 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung ab.

Hiergegen legte der Kläger am 5.4.2004 Widerspruch ein und machte geltend, er sei nicht mehr in der Lage, drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach Beiziehung von Befundberichten des Internisten Dr. H. vom 14.6.2004, des Orthopäden Dr. B. vom 8.7.2004 sowie des Neurologen und Umweltmediziners Dr. H. vom 10.6.2004 ließ die Beklagte den Kläger auf internistischem Gebiet begutachten. Der Internist Dr. S. stellte beim Kläger im Gutachten vom 7.10.2004 ein postthrombotisches Syndrom an beiden Beinen mit Begleitthrombo-phlebitis im Knöchelbereich und Unterschenkelvarikosis nach mehrmaliger Beinvenenthrombose (1989, 1993, 1995) fest. Als Risikofaktoren bestünden beim Kläger eine arterielle Hypertonie, eine Hyperurikämie und eine Adipositas. Der Kläger sei in der Lage, leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung sechs Stunden und mehr zu verrichten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.2.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 15.3.2005 Klage zum Sozialgericht (SG) Ulm, mit der er die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung weiter verfolgte.

Das SG hörte die behandelnden Ärzte des Klägers, den Chirurgen Dr. M., den Internisten Dr. H., den Orthopäden Dr. B. sowie den Neurologen und Umweltmediziner Dr. H. schriftlich als sachverständige Zeugen (Auskünfte vom 4.5., 2.5., 9.5. und 23.8.2005) und holte ein orthopädisches Gutachten ein.

Der Orthopäde Dr. B. stellte beim Kläger im Gutachten vom 8.12.2005 folgende Gesundheitsstörungen fest: • Wiederkehrendes HWS-Syndrom mit Bandscheibenveränderungen HWK 5-7 • Wiederkehrendes LWS-Syndrom mit Lumboischialgie und Fehlstatik • Mittelgradige Coxarthrose beidseits • Gonarthrose rechts ) links • Rezidivierende Thrombosen beider Beine mit chronisch venöser Insuffizienz • Reizmagen • Bluthochdruck (aktuell unbehandelt) • Anamnestisch depressive Störung. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne schweres Heben und Tragen und ohne Zwangshaltungen der Wirbelsäule, ohne Klettern und Steigen, ohne Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten sowie ohne Absturzgefahr, ohne besonderen Zeitdruck, ohne Nacht- und Wechselschicht, ohne Arbeiten an laufenden Maschinen, ohne taktgebundene Arbeiten, ohne Akkord, ohne ungünstige Witterungsbedingungen, ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen sowie die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit sechs Stunden und mehr zu verrichten. Er sei auch in der Lage, 500 Meter mehrmals täglich ohne Hilfsmittel und Pausen zurückzulegen und könne ein Kraftfahrzeug führen.

Mit Urteil vom 22.2.2006 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger sei noch in der Lage, leichte Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Dabei stütze sich das SG auf das Gutachten von Dr. B. vom 8.12.2005 und die im Verwaltungsverfahren erstellten Gutachten. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.

Gegen das am 6.3.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.3.2006 beim SG Ulm Berufung zum Landessozialgericht eingelegt und vorgetragen, seit Mitte Januar 2006 könne er nicht einmal täglich einen Spaziergang mit seinem Hund machen, da die Schmerzen im LWS- und Ischias-Bereich sowie in den Beinen zu stark seien, das linke Bein einschlafe und kraftlos werde. Auch im Sitzen löse eine minimale Bewegung verstärkte Schmerzen im LWS- und Ischias-Bereich aus. Ferner leide er auch unter Rückenschmerzen, seine Beine würden zeitweilig einschlafen. Anfang März 2006 habe Dr. H. bei ihm eine Fibromyalgie diagnostiziert.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 22. Februar 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. März 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Februar 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. August 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung an Stelle von Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, nach den schlüssigen fachärztlichen Gutachten auf orthopädischem, nervenärztlichem und internistischem Gebiet bestätige auch das vom SG eingeholte orthopädische Sachverständigengutachten von Dr. B. ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen.

Der Senat hat die behandelnden Ärzte des Klägers Dr. H., Dr. B. und Dr. H. als sachverständige Zeugen gehört (Auskünfte vom 26.5.2006, 1.6.2006 mit Ergänzung vom 25.7.2006 sowie 10.6.2006) und anschließend ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten eingeholt.

Professor Dr. Dr. W. hat im Gutachten vom 9.1.2007 ausgeführt, auf neurologischem Gebiet bestünden beim Kläger ein chronisches Schmerzsyndrom bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen mit Zervikobrachialgien, Lumboischialgien, eine Claudicatio spinalis sowie eine axonale Polyneuropathie. Auf psychiatrischem Gebiet fänden sich keine Störungen. Es lägen insbesondere keine Hinweise auf eine depressive oder somatoforme Störung vor. An glaubhaften Einschränkungen bestünden eine Verminderung der Gehstrecke sowie eine verminderte Belastbarkeit bei länger dauerndem Stehen, Sitzen oder Gehen. Die Polyneuropathie führe zu der geklagten Schmerzsymptomatik und einer leichtgradigen Unsicherheit bei den erschwerten Standprüfungen. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Sitzen und Gehen wenigstens sechs Stunden täglich auszuführen. Tätigkeiten in gebückter Haltung, auf Leitern und Gerüsten sowie das Heben und Tragen schwerer Lasten sollten vermieden werden.

Mit Verfügung vom 26.1.2007 hat der Senat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen und ihnen die Möglichkeit zu Stellungnahme bis 21.2.2007 gegeben.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, das SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung an Stelle von Rente wegen Berufsunfähigkeit hat.

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 26.1.2007 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Der Kläger, der eine Rente wegen Berufsunfähigkeit bezieht, ist, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Senats nicht - voll - erwerbsgemindert.

Eine Erwerbsminderung des Klägers, das heißt ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Orthopäden Dr. E. vom 9.12.2003, des Neurologen und Psychiaters Dr. T. vom 25.1.2004 und des Internisten Dr. S. vom 7.10.2004, die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden, sowie der gerichtlichen Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. B. vom 8.12.2005 sowie des Neurologen und Psychiaters Professor Dr. Dr. W. vom 9.1.2007.

Danach leidet der Kläger unter folgenden, seine berufliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigenden Gesundheitsstörungen: • Chronisches Schmerzsyndrom bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen mit Zervikobrachialgien und Lumboischialgien • Claudicatio spinalis • Axonale Polyneuropathie • Gonarthrose rechts ) links • Mittelgradige Coxarthrose beidseits • Rezidivierende Thrombosen beider Beine mit chronisch venöser Insuffizienz • Bluthochdruck • Reizmagen.

Diese Gesundheitsstörungen führen zwar zu qualitativen Einschränkungen, schließen aber sechsstündige leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung nicht aus. Vermeiden muss der Kläger das Heben und Tragen schwerer Lasten, häufiges Bücken, Hocken und Knien, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten bzw. mit Absturzgefahr sowie in Kälte und Nässe. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat auf Grund der insoweit übereinstimmenden Beurteilungen von Dr. E., Dr. T., Dr. S., Dr. B. und Professor Dr. Dr. W ...

Soweit der Internist Dr. H. die Auffassung vertritt, der Kläger könne keine sechs Stunden täglich mehr arbeiten, vermag dies den Senat nicht zu überzeugen, zumal auf internistischem Gebiet keine gravierenden Gesundheitsstörungen vorhanden sind, die eine leichte sechsstündige Tätigkeit ausschließen würden. Auf Grund der Marcumartherapie und des Tragens der Kompressionsstrümpfe hat der Kläger nur geringe Knöchelschwellungen, wie er gegenüber dem Sachverständigen Dr. B. angegeben hat. Ulcera cruris liegen bei ihm nicht vor.

Der Senat hält auch die weiteren von Dr. B. genannten qualitativen Einschränkungen (keine Nachtarbeit, keine Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen, an die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit) nicht für gegeben, da die von Dr. B. unterstellte depressive Störung sowohl von Dr. T. als auch von Professor Dr. Dr. W. ausgeschlossen wurde und der Kläger selbst angegeben hat, er sei in Nachtmensch und arbeite häufig bis zum frühen Morgen am PC.

Die Wegefähigkeit ist beim Kläger ebenfalls gegeben. Zwar ist beim Kläger seit Januar 2006 eine Verschlechterung der Gehfähigkeit aufgetreten, sodass nunmehr nicht mehr gewährleistet ist, dass er viermal täglich über 500 Meter in zumutbarer Zeit zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel zu den Hauptverkehrszeiten benutzen kann. Der Kläger ist jedoch im Besitz eines Pkws und eines Führerscheins, sodass er mit dem Auto Arbeitsplätze erreichen kann.

Zusammenfassend ist der Kläger unter Berücksichtigung sämtlicher bei ihm diagnostizierter Gesundheitsstörungen nach alledem noch in der Lage, jedenfalls körperlich leichte Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Der Kläger ist somit nicht - voll - erwerbsgemindert, zumal auch die Zusammenschau der einzelnen Gesundheitsstörungen kein Leistungsvermögen von täglich weniger als sechs Stunden begründet. Insbesondere muss für die Verneinung von Erwerbsminderung bei mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähigen Versicherten - anders als bei Teilzeitkräften - weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden, noch ist die Frage zu prüfen, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für in diesem Umfang leistungsfähige Ungelernte und Angelernte des unteren Bereichs geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996, u.a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch § 43 Abs. 3 SGB VI klargestellt hat, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Dem Kläger ist somit keine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die für ihn zuständige Arbeitsagentur einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten könnte. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m.w.N.). Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder wenn Arbeitskräfte i.S.v. § 43 Abs. 3 SGB VI nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 §§ 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14).

Ausgehend hiervon ist der Kläger noch in der Lage mit dem PKW Arbeitsplätze zu erreichen. Auch benötigt der Kläger keine betriebsunüblichen Pausen. Ebenso gibt es für das Bestehen der übrigen sog. Katalogfälle keine Anhaltspunkte.

Darüber hinaus liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Denn bei den genannten Einschränkungen handelt es sich im Wesentlichen um solche, denen durch die Begrenzung auf leichte körperliche Arbeit hinreichend Rechnung getragen wird. So sind die dem Kläger noch zumutbaren leichten körperlichen Arbeiten nicht mit Heben und Tragen schwerer Lasten, häufigem Bücken, Hocken und Knien, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten (Absturzgefahr) sowie mit Nässe und Kälte verbunden. Die genannten Leistungs- und Funktionsausschlüsse führen zu keiner Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, da die dem Kläger - im Rahmen der begehrten vollen Erwerbsminderungsrente anstelle der gewährten Rente wegen Berufsunfähigkeit - noch zumutbaren Arbeiten (z. B. Verpacken von Kleinteilen, Sortier-, Montier-, Etikettier- und Klebearbeiten) überwiegend in geschlossenen normaltemperierten Räumen zu ebener Erde durchgeführt werden und nicht mit schwerem Heben und Tragen sowie mit gleichförmigen Körperhaltungen bzw. häufigem Bücken, Hocken und Knien verbunden sind. Schließlich liegt auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor.

Nach alledem ist das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved