Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 2822/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 3243/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 1. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten eine neue Versicherungsnummer mit geändertem Geburtsdatum.
Der Kläger - ein seit dem 22. September 1994 deutscher Staatsangehöriger türkischer Herkunft - nahm nach seiner Einreise ins Bundesgebiet hier am 13. Dezember 1978 eine versicherungspflichtige Beschäftigung auf. Mit Eintritt in die deutsche Rentenversicherung wurde ihm auf Grund seiner damaligen Angaben die Versicherungsnummer 23 010856 A 064 erteilt.
Am 6. April 1995 legte die Beklagte die bisherige Versicherungsnummer still und erteilte dem Kläger die Versicherungsnummer. Am 9. Oktober 1998 ging bei der Beklagten eine auf den 23. Oktober 1997 datierende Bescheinigung des türkischen Versicherungsträgers "Türk Sosyal Sigorta" ein, in der dem Kläger unter Angabe des Geburtsdatums - 1. August 1956 - und der türkischen Versicherungsnummer Sozialversicherungszeiten in der Türkei für die Zeit zwischen dem 1. Mai 1970 und dem 28. Februar 1976 bescheinigt werden.
Unter dem 10. Januar 2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine Kontenklärung. Dabei machte er zu seinen Zeiten in der Türkei folgende Angaben: - 14. August 1967 bis 30. April 1970 - Viehhüter im Familienbetrieb, - 1. Mai 1970 bis 28. Februar 1976 - Koch in einer Mädchenschule in Istanbul, - 3. März 1976 bis 3. November 1977 - Militärdienst in der Türkei und vom - 4. November 1976 bis zum 12. Dezember 1978 - in der Türkei arbeitslos. Diesen Antrag nahm die Beklagte zum Anlass, das Geburtsdatum des Kläger zu überprüfen und ließ sich dazu die Einbürgerungsurkunde und einen Auszug aus dem türkischen Personenstandsregister (Nüfus) des Klägers vorlegen. Die vom Landratsamt Ludwigburg ausgestellte Einbürgerungsurkunde vom 22. September 1994 wies das Geburtsdatum des Klägers mit 1. August 1956 aus; auch im Nüfus wurde unter dem 12. März 1973 wurde als Geburtsdatum des Klägers der 1. August 1956 festgehalten. Dieses Geburtsdatum war auch in einer unter dem 26. November 1985 ausgestellten Bescheinigung des Sprachverbandes Deutsch für ausländische Arbeitnehmer e.V., Mainz, und in einer nicht datierten Taufurkunde des syrisch-orthodoxen Pfarrers Ö. aus Göppingen-Bartenbach vermerkt. Dagegen wiesen eine Urkunde über die Änderung des Familiennamens des Klägers von Akgül in Adams vom 11. Januar 1995 und eine beglaubigte Abschrift aus dem Familienbuch des Klägers vom 24. Januar 1995 den 14. August 1951 als sein Geburtsdatum aus. Auch in der vom Kläger vorgelegten eidesstattlichen Versicherung seines Bruders vom 5. Dezember 1994 gab dieser als Geburtsdatum des Klägers den 14. August 1951 an.
Unter dem 16. August 2002 teilte die Beklagte dem Kläger sodann mit, ihn nunmehr nur noch unter der Versicherungsnummer 18 010856 A 001 zu führen. Eine Rechtsbehelfsbelehrung lag dem Schreiben nicht bei.
Am 17. September 2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten ihm eine Versicherungsnummer unter Berücksichtigung seines ursprünglich angenommenen Geburtsdatums - 14. August 1951 - zu erteilen. Neben der der Beklagten bereits vorliegenden beglaubigten Abschrift aus dem Familienbuch des Klägers vom 24. Januar 1995 reichte der Kläger eine eigene auf den 22. Dezember 1994 datierende eidesstattliche Versicherung ein, in der er angab, am 14. August 1951 geboren zu sein. Des Weiteren legte er weitere, unter dem 28. Oktober 1994 und 1. März 2004 ausgestellte Taufbescheinigungen des Pfarrers Ö. aus Göppingen vor, in der dieser nunmehr und abweichend von der zunächst der Beklagten übermittelten Taufbescheinigung als Geburtsdatum des Klägers den 14. August 1951 bestätigte. Schließlich überließ der Kläger der Beklagten eine auf den 17. Januar 1977 datierende Bescheinigung des türkischen Verteidigungsministeriums, in der als Geburtstag des Klägers nur "1956" vermerkt war. Unter dem 5. März 2004 erläuterte der Kläger der Beklagten weiter, keine Schule besucht zu haben und deshalb nicht in der Lage zu sein, Schulzeugnisse vorzulegen.
Daraufhin lehnte es die Beklagte mit Bescheid vom 25. März 2004 unter Erläuterung der Gesetzeslage und unter Hinweis auf die vom Kläger selbst vorgelegte Militärdienstbescheinigung (Geburtstag "1956") ab, seine Versicherungsnummer zu ändern. Den dagegen am 22. April 2004 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2004 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus: Eine neue Versicherungsnummer, die sich u.a. aus dem Geburtsdatum des Versicherten zusammensetze, sei nicht zu vergeben. Die Voraussetzungen für eine Änderung des Geburtsdatums lägen nicht vor, weil das in der angegriffenen Versicherungsnummer verwandte Geburtsdatum den ersten Angaben des Klägers gegenüber dem Rentenversicherungsträger aus dem Jahr 1978 entspreche, ein Schreibfehler nicht vorliege und sich aus keiner Urkunde, deren Original vor der Vergabe der Versicherungsnummer im Jahr 1978 ausgestellt worden sei, ein früheres Geburtsdatum ergebe. Insbesondere der Nüfus und die Militärdienstbescheinigung sprächen für das Jahr 1956 als Geburtsjahr des Klägers. Den gegenteiligen eidesstattlichen Versicherungen und der neuen Taufbescheinigung des Pfarrers Ö. vom 1. März 2004 komme unter Berücksichtigung des Vorstehenden nur ein geringerer Beweiswert zu. Die Abänderung der zwischenzeitlich - von 1995 bis 2002 - geführten Versicherungsnummer 23 140851 A 046 sei auch unter Vertrauensschutzaspekten zulässig. Mit dem Inkrafttreten der Vorschrift des § 33a SGB I zum 1. Januar 1998 sei eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse eingetreten, die unter Wahrung des Grundsatzes des Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zur erneuten Vergabe der Versicherungsnummer berechtige. Während bis zum Inkrafttreten von § 33a SGB I das ggf. zu ermittelnde tatsächliche Geburtsdatum für die Vergabe der Versicherungsnummer maßgeblich gewesen sei, habe der Gesetzgeber mit § 33a SGB I die unbedingte Anknüpfung an das tatsächliche Geburtsdatum aufgegeben und das im Geltungsbereich der Sozialversicherung maßgebliche Geburtsdatum eigenständig definiert.
Zur Begründung der dagegen am 13. August 2004 zum Sozialgericht Karlsruhe erhobenen und von dort nach Anhörung der Beteiligten an das örtlich zuständige Sozialgericht Heilbronn - S 11 R 2822/04 - verwiesenen Klage trug der Kläger vor, sein Heimatdorf Arbo sei wegen des ständigen Terrors im Jahre 1988 verlassen und entvölkert worden. Die Terroristen hätten alle wichtigen Dokumente - auch das Kirchenbuch - verbrannt. Deshalb könne er keine alten Urkunden vorlegen. § 33a SGB I widerspreche im Übrigen auch europäischem Recht. Zum Nachweis des Geburtsdatums - 14. August 1951 - legte der Kläger des Weiteren eine weitere vom Pfarrer C., Torbadin/Nusaybin, vom 29. April 2004 auf das Geburtsdatum 14. August 1951 ausgestellte Taufurkunde und eine Erklärung desselben vom 21. April 2005 vor. In der Erklärung des Pfarrers C. hieß es:
"Mein verstorbener Vorgänger Pfr. A. war mit unserem Dorf zusammen auch für das Dorf Arbo zuständig. Folgende u.a. Eintragungen haben wir von seinem persönlichen Taufbuch genommen und genauso übertragen. Das Dorf Arbo wurde wegen des Terrors damals, 1988, ganz verlassen und entvölkert. Die Terroristen haben dann alle wichtigen Bücher und Dokumente, wie z.B. das Kirchentaufbuch, verbrannt."
Schließlich beantragte der Kläger zum Nachweis seines biologischen Alters ein ärztliches Gutachten einzuholen.
Nach Anhörung zum beabsichtigten Entscheidungsverfahren wies das Sozialgericht Heilbronn die Klage durch Gerichtsbescheid vom 1. Juli 2005 als unbegründet ab. Zur Begründung führte das Sozialgericht aus: Ein Schreibfehler sei nicht ersichtlich und auch nicht geltend gemacht worden. Des Weiteren seien die von dem Kläger vorgelegten Urkunden, die sein Geburtsdatum mit dem 14. August 1951 angeben, allesamt nach dem 13. Dezember 1978 und damit nach dem vorliegend gemäß § 33a Abs. 1 SGB I maßgeblichen Datum ausgestellt worden. Nach der Konzeption des vom Europäischen Gerichtshof und vom Bundessozialgericht für rechtens erachteten Gesetzes komme es nicht mehr auf das tatsächliche Geburtsdatum des Klägers an. Daher erübrige sich auch die Einholung eines ärztlichen Gutachtens zur Feststellung des biologischen Alters des Klägers. Der Gerichtsbescheid wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 7. Juli 2005 zugestellt.
Am 5. August 2005 hat der Kläger gegen den Gerichtsbescheid Berufung eingelegt.
Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, das Sozialgericht habe nicht offen lassen dürfen, ob die Vorschrift des § 33a SGB I - wie begehrt - einschränkend auszulegen sei, wenn der Betroffene - wie er - aus einem Terror- und Bürgerkriegsgebiet stamme und es ihm deshalb nicht möglich sei, alte Originaldokumente, die seine Identität und Geburt im Jahre 1951 bezeugten, vorzulegen. Die Militärbescheinigung von 1977, in der sein Geburtsjahr mit 1956 angeben sei, komme angesichts der allzeit bekannten Praxis der Militärs in der Türkei, jüngere Geburtsdaten anzunehmen, kein Beweiswert zu. Zumindest in solchen Fällen seien die in § 33a Abs. 2 SGB I genannten Ausnahmen verfassungskonform zu ergänzen. Dies könne vorliegend durch die Einholung eines ärztlichen Gutachtens zur Feststellung des biologischen Alters geschehen. Schließlich seien die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs erfüllt. Denn er sei zum Zeitpunkt seiner Einreise ins Bundesgebiet und seines Eintritts in die deutsche Sozialversicherung im Dezember 1978 der deutschen Sprache überhaupt nicht mächtig gewesen. Die Beklagte hätte ihn deswegen in seiner Heimatsprache über die Folgen der erstmaligen Nennung des Geburtsdatums belehren müssen. Dies sei unterblieben, so dass er so zu stellen sei, als wäre er anlässlich seiner erstmaligen Aufnahme in die Sozialversicherung ordnungsgemäß aufgeklärt worden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 1. Juli 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine neue Versicherungsnummer unter Berücksichtigung des 14. August 1951 als Geburtsdatum zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung und führt ergänzend aus: Auch im Wege eines Herstellungsanspruchs sei eine Änderung des Geburtsdatums nicht möglich. Eine Pflichtverletzung liege nicht vor. Es sei nicht nachvollziehbar, wie sie den Kläger bei Eintritt in die Versicherung im Jahre 1978 hätte darauf hinweisen können, welche Auswirkungen die Nennung eines falschen Geburtsdatums nach Einfügung des § 33a in das SGB I im Jahre 1998 haben könnte.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, die Akten des Sozialgerichts Heilbronn (S 11 RJ 2822/04) sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 1. Juli 2005 und der Bescheid der Beklagten vom 25. März 2004 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2004 sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergabe einer neuen Versicherungsnummer unter Berücksichtigung des 14. August 1951 als Geburtsdatum.
Nach § 147 Abs. 1 Satz 2 SGB VI hat der Träger der Rentenversicherung einer bei ihm versicherten Person eine Versicherungsnummer zu vergeben. Teil der Versicherungsnummer ist das Geburtsdatum des Versicherten (§ 147 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI). Gemäß § 152 Nr. 3 SGB VI i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Versicherungsnummer, die Kontoführung und den Versicherungsverlauf in der gesetzlichen Rentenversicherung - VKVV - vom 30. März 2001 (BGBl. I S. 475) wird eine Versicherungsnummer nur einmal vergeben und nicht berichtigt. Allerdings werden Versicherungsnummern gesperrt, in denen das Geburtsdatum oder die Seriennummer unrichtig sind oder die aufgrund einer nach § 33a SGB I zu berücksichtigenden Änderung des Geburtsdatums fehlerhaft geworden sind; die Versicherten erhalten in diesem Fall eine neue Versicherungsnummer (§ 3 Abs. 1 Sätze 2 und 3 VKVV).
Die Entscheidung über die von dem Kläger begehrte Vergabe einer neuen Versicherungsnummer infolge fehlerhafter Angabe des Geburtsdatums richtet sich nach der am 1. Januar 1998 in Kraft getretenen Vorschrift des § 33a Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - SGB I - (eingefügt durch Art. 2 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches und anderer Gesetze vom 16. Dezember 1997, BGBl. I S. 2970) über altersabhängige Rechte und Pflichten. Zweifel an der Vereinbarkeit der Vorschrift mit Gemeinschafts- und Verfassungsrecht bestehen zur Überzeugung des Senats insbesondere unter Berücksichtigung der einschlägigen und gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 33a SGB I nicht (vgl. dazu nur Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft - EuGH -, Urteil vom 14. März 2000, C-102/98, - Kocak - SozR 3-6940 Art. 3 Nr. 1 = NSZ 2000, 506 ff. und Bundessozialgericht - BSG -, Urteile vom 19. Oktober 2000, B 8 KN 3/00 R, vom 28. April 2004, B 5 RJ 33/03 R und vom 19. Mai 2004, B 13 RJ 26/03 R jeweils juris-doc. auch unter Bezugnahme auf den Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Oktober 1998, 1 BvR 1227/98 n.v.).
Nach § 33a Abs. 1 SGB I ist für die Feststellung von Rechten und Pflichten, die davon abhängig sind, dass eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder nicht überschritten ist, das Geburtsdatum maßgebend, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten oder seiner Angehörigen gegenüber einem Sozialversicherungsträger ergibt. Zweck der Regelung ist es, einerseits eine missbräuchliche Inanspruchnahme von Sozialleistungen in Fällen zu verhindern, in denen auf Grund einer nachträglichen Änderung von Geburtsdaten ein früherer oder ein längerer Bezug von Sozialleistungen beantragt wird (vgl. BT-Drucksache 13/8994 S. 36, 85; ebenso BSG, Urteil vom 18. Oktober 2000, B 8 KN 3/00 R, juris-dok; LSG Baden-Württemberg, Urteil 22. Juli 1998, L 2 RJ 454/98, juris-dok; Fastabend, in Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch - SGB I, Allgemeiner Teil, Kommentar, Loseblatt, 2003, § 33a Rn. 8; Seewald in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Band 1, 1999, § 33a SGB I Rn 2). Andererseits dient die Vorschrift auch dazu, den Sozialversicherungsträgern die mit der Abklärung der Richtigkeit des Geburtsdatums verbundene verwaltungsintensive Prüfung zu ersparen; dadurch bewirkt sie nicht nur - mögliche - Nachteile für Versicherte, sondern kann sich auch zu deren Vorteil auswirken, etwa wenn fälschlicherweise ein zu frühes Geburtsdatum "festgeschrieben" worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 18. Oktober 2000, B 8 KN 3/00 R, juris-dok; Fastabend, in Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch - SGB I, Allgemeiner Teil, Kommentar, Loseblatt, 2003, § 33a Rn. 8).
Bei seinem Eintritt in die deutsche Rentenversicherung im Jahre 1978 hat der Kläger unstreitig den 1. August 1956 als Geburtsdatum angegeben, welches dementsprechend in die Versicherungsnummer aufgenommen wurde. Von diesem nach § 33a Abs. 1 SGB I maßgebenden Geburtsdatum darf nach § 33a Abs. 2 SGB I nur abgewichen werden, wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass ein Schreibfehler vorliegt oder sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe nach Absatz 1 ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt.
Eine derartige Feststellung hat die Beklagte zu Recht nicht getroffen. Für einen Schreibfehler - § 33a Abs. 2 Nr. 1 SGB I - ist nichts erkennbar und Urkunden, deren Original vor dem Jahr 1991 ausgestellt worden sind und die ein anderes - d.h. früheres - Geburtsdatum der Klägerin ausweisen - § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I - , sind weder vorgelegt worden noch sonst ersichtlich. Auf die zutreffenden Ausführungen im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart wird insoweit ergänzend Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Regelung des § 33 a Abs. 2 SGB I schneidet es dem Versicherten aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und der Absicht, die rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme von Sozialleistungen zu verhindern (vgl. näher Eicher/Hase/Rauschenbach, SGB I, Kommentar, § 33a Rn- 1-3), außerhalb der gesetzlich vorgesehenen Gründe ab, unter Hinweis auf sein "wahres" - von seinen bisherigen Angaben abweichendes - Geburtsdatum eine Änderung seiner Versicherungsnummer zu verlangen. Gründe dafür, die Vorschrift des § 33a SGB I - wie von dem Kläger verlangt - für Bürgerkriegsflüchtlinge oder Versicherte, die aus vom Terrorismus heimgesuchten Gebieten stammen, einschränkend auszulegen, sind - ungeachtet der Bedenken gegen die generelle Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Frage - auch vor dem Hintergrund des konkreten Einzelfalls nicht erkennbar. Denn dagegen, dass sämtliche Urkunden des Klägers mit personenstandsrechtlichen Bezügen bei der Verwüstung des Dorfes Arbo im Jahre 1988 untergegangen sind, spricht für den Senat insbesondere die am 23. Oktober 1997 für den Kläger ausgestellte Bescheinigung der türkischen Sozialversicherung, mit der seine Versicherungszeiten in den Jahren von 1970 bis 1976 dokumentiert werden und die - ebenso wie der zu den Akten der Beklagten gelangte Nüfus vom 12. März 1973 und die Militärbescheinigung vom 17. Januar 1977 - den 1. August 1956 als sein Geburtsdatum ausweist. Im Übrigen widerspräche die von dem Kläger geltend gemachte einschränkende Auslegung des § 33a SGB I nicht nur nachgerade dem vorstehend ausgeführten Gesetzeszweck, sondern auch der § 33a Abs. 2 SGB I zugrunde liegenden Gesetzessystematik. Aus dem gleichen Grund kann es entscheidungserheblich auch nicht darauf ankommen, wann der Kläger tatsächlich geboren ist. Eine Ermittlung des biologischen Alters Klägers durch ärztliches Gutachten ist nach dem von § 33a SGB I intendierten Gesetzeszweck nachgerade ausgeschlossen. § 33a SGB I wahrt die Versichertenrechte unter Ausschluss überschießender, die Voraussetzungen des § 33a Abs. 2 SGB I übersteigender Ermittlungspflichten zum Geburtsdatum des Versicherten.
Schließlich liegen nach dem gesamten Sachverhalt auch keine Anhaltpunkte dafür vor, dass der Kläger nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nachträglich die Vergabe einer neuen Versicherungsnummer unter Berücksichtigung des 14. August 1951 als Geburtsdatum beanspruchen könnte. Abgesehen davon, dass mit einem sozialrechtlicher Herstellungsanspruch nur ein Zustand hergestellt werden kann, der nach Recht und Gesetz und damit nach den Voraussetzungen des § 33a SGB I möglich ist (vgl. zutr. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 31. Januar 2006, L 2 R 225/05, juris-dok.), ist für eine rechtswidrig unterlassene Beratung des Klägers vorliegend auch nichts ersichtlich. Wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat, ist es für die Beklagte zum Zeitpunkt des Eintritts des Klägers in die Rentenversicherung, am 13. Dezember 1978, nicht vorhersehbar gewesen, dass der Gesetzgeber knapp zwanzig Jahre später, zum 1. Januar 1998, mit § 33a SGB I eine Regelung einführt, bei der es auf die Ermittlung des tatsächlichen Geburtsdatums des Versicherten in den Fällen, in denen dieses von demjenigen abweicht, das der Versicherte dem Versicherungsträger bei Eintritt in die Versicherung mitgeteilt hat, nur noch unter den engen Voraussetzungen des § 33a Abs. 2 SGB I Bedeutung ankommt.
Nach alledem ist der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts nicht zu beanstanden und deshalb war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten eine neue Versicherungsnummer mit geändertem Geburtsdatum.
Der Kläger - ein seit dem 22. September 1994 deutscher Staatsangehöriger türkischer Herkunft - nahm nach seiner Einreise ins Bundesgebiet hier am 13. Dezember 1978 eine versicherungspflichtige Beschäftigung auf. Mit Eintritt in die deutsche Rentenversicherung wurde ihm auf Grund seiner damaligen Angaben die Versicherungsnummer 23 010856 A 064 erteilt.
Am 6. April 1995 legte die Beklagte die bisherige Versicherungsnummer still und erteilte dem Kläger die Versicherungsnummer. Am 9. Oktober 1998 ging bei der Beklagten eine auf den 23. Oktober 1997 datierende Bescheinigung des türkischen Versicherungsträgers "Türk Sosyal Sigorta" ein, in der dem Kläger unter Angabe des Geburtsdatums - 1. August 1956 - und der türkischen Versicherungsnummer Sozialversicherungszeiten in der Türkei für die Zeit zwischen dem 1. Mai 1970 und dem 28. Februar 1976 bescheinigt werden.
Unter dem 10. Januar 2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine Kontenklärung. Dabei machte er zu seinen Zeiten in der Türkei folgende Angaben: - 14. August 1967 bis 30. April 1970 - Viehhüter im Familienbetrieb, - 1. Mai 1970 bis 28. Februar 1976 - Koch in einer Mädchenschule in Istanbul, - 3. März 1976 bis 3. November 1977 - Militärdienst in der Türkei und vom - 4. November 1976 bis zum 12. Dezember 1978 - in der Türkei arbeitslos. Diesen Antrag nahm die Beklagte zum Anlass, das Geburtsdatum des Kläger zu überprüfen und ließ sich dazu die Einbürgerungsurkunde und einen Auszug aus dem türkischen Personenstandsregister (Nüfus) des Klägers vorlegen. Die vom Landratsamt Ludwigburg ausgestellte Einbürgerungsurkunde vom 22. September 1994 wies das Geburtsdatum des Klägers mit 1. August 1956 aus; auch im Nüfus wurde unter dem 12. März 1973 wurde als Geburtsdatum des Klägers der 1. August 1956 festgehalten. Dieses Geburtsdatum war auch in einer unter dem 26. November 1985 ausgestellten Bescheinigung des Sprachverbandes Deutsch für ausländische Arbeitnehmer e.V., Mainz, und in einer nicht datierten Taufurkunde des syrisch-orthodoxen Pfarrers Ö. aus Göppingen-Bartenbach vermerkt. Dagegen wiesen eine Urkunde über die Änderung des Familiennamens des Klägers von Akgül in Adams vom 11. Januar 1995 und eine beglaubigte Abschrift aus dem Familienbuch des Klägers vom 24. Januar 1995 den 14. August 1951 als sein Geburtsdatum aus. Auch in der vom Kläger vorgelegten eidesstattlichen Versicherung seines Bruders vom 5. Dezember 1994 gab dieser als Geburtsdatum des Klägers den 14. August 1951 an.
Unter dem 16. August 2002 teilte die Beklagte dem Kläger sodann mit, ihn nunmehr nur noch unter der Versicherungsnummer 18 010856 A 001 zu führen. Eine Rechtsbehelfsbelehrung lag dem Schreiben nicht bei.
Am 17. September 2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten ihm eine Versicherungsnummer unter Berücksichtigung seines ursprünglich angenommenen Geburtsdatums - 14. August 1951 - zu erteilen. Neben der der Beklagten bereits vorliegenden beglaubigten Abschrift aus dem Familienbuch des Klägers vom 24. Januar 1995 reichte der Kläger eine eigene auf den 22. Dezember 1994 datierende eidesstattliche Versicherung ein, in der er angab, am 14. August 1951 geboren zu sein. Des Weiteren legte er weitere, unter dem 28. Oktober 1994 und 1. März 2004 ausgestellte Taufbescheinigungen des Pfarrers Ö. aus Göppingen vor, in der dieser nunmehr und abweichend von der zunächst der Beklagten übermittelten Taufbescheinigung als Geburtsdatum des Klägers den 14. August 1951 bestätigte. Schließlich überließ der Kläger der Beklagten eine auf den 17. Januar 1977 datierende Bescheinigung des türkischen Verteidigungsministeriums, in der als Geburtstag des Klägers nur "1956" vermerkt war. Unter dem 5. März 2004 erläuterte der Kläger der Beklagten weiter, keine Schule besucht zu haben und deshalb nicht in der Lage zu sein, Schulzeugnisse vorzulegen.
Daraufhin lehnte es die Beklagte mit Bescheid vom 25. März 2004 unter Erläuterung der Gesetzeslage und unter Hinweis auf die vom Kläger selbst vorgelegte Militärdienstbescheinigung (Geburtstag "1956") ab, seine Versicherungsnummer zu ändern. Den dagegen am 22. April 2004 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2004 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus: Eine neue Versicherungsnummer, die sich u.a. aus dem Geburtsdatum des Versicherten zusammensetze, sei nicht zu vergeben. Die Voraussetzungen für eine Änderung des Geburtsdatums lägen nicht vor, weil das in der angegriffenen Versicherungsnummer verwandte Geburtsdatum den ersten Angaben des Klägers gegenüber dem Rentenversicherungsträger aus dem Jahr 1978 entspreche, ein Schreibfehler nicht vorliege und sich aus keiner Urkunde, deren Original vor der Vergabe der Versicherungsnummer im Jahr 1978 ausgestellt worden sei, ein früheres Geburtsdatum ergebe. Insbesondere der Nüfus und die Militärdienstbescheinigung sprächen für das Jahr 1956 als Geburtsjahr des Klägers. Den gegenteiligen eidesstattlichen Versicherungen und der neuen Taufbescheinigung des Pfarrers Ö. vom 1. März 2004 komme unter Berücksichtigung des Vorstehenden nur ein geringerer Beweiswert zu. Die Abänderung der zwischenzeitlich - von 1995 bis 2002 - geführten Versicherungsnummer 23 140851 A 046 sei auch unter Vertrauensschutzaspekten zulässig. Mit dem Inkrafttreten der Vorschrift des § 33a SGB I zum 1. Januar 1998 sei eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse eingetreten, die unter Wahrung des Grundsatzes des Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zur erneuten Vergabe der Versicherungsnummer berechtige. Während bis zum Inkrafttreten von § 33a SGB I das ggf. zu ermittelnde tatsächliche Geburtsdatum für die Vergabe der Versicherungsnummer maßgeblich gewesen sei, habe der Gesetzgeber mit § 33a SGB I die unbedingte Anknüpfung an das tatsächliche Geburtsdatum aufgegeben und das im Geltungsbereich der Sozialversicherung maßgebliche Geburtsdatum eigenständig definiert.
Zur Begründung der dagegen am 13. August 2004 zum Sozialgericht Karlsruhe erhobenen und von dort nach Anhörung der Beteiligten an das örtlich zuständige Sozialgericht Heilbronn - S 11 R 2822/04 - verwiesenen Klage trug der Kläger vor, sein Heimatdorf Arbo sei wegen des ständigen Terrors im Jahre 1988 verlassen und entvölkert worden. Die Terroristen hätten alle wichtigen Dokumente - auch das Kirchenbuch - verbrannt. Deshalb könne er keine alten Urkunden vorlegen. § 33a SGB I widerspreche im Übrigen auch europäischem Recht. Zum Nachweis des Geburtsdatums - 14. August 1951 - legte der Kläger des Weiteren eine weitere vom Pfarrer C., Torbadin/Nusaybin, vom 29. April 2004 auf das Geburtsdatum 14. August 1951 ausgestellte Taufurkunde und eine Erklärung desselben vom 21. April 2005 vor. In der Erklärung des Pfarrers C. hieß es:
"Mein verstorbener Vorgänger Pfr. A. war mit unserem Dorf zusammen auch für das Dorf Arbo zuständig. Folgende u.a. Eintragungen haben wir von seinem persönlichen Taufbuch genommen und genauso übertragen. Das Dorf Arbo wurde wegen des Terrors damals, 1988, ganz verlassen und entvölkert. Die Terroristen haben dann alle wichtigen Bücher und Dokumente, wie z.B. das Kirchentaufbuch, verbrannt."
Schließlich beantragte der Kläger zum Nachweis seines biologischen Alters ein ärztliches Gutachten einzuholen.
Nach Anhörung zum beabsichtigten Entscheidungsverfahren wies das Sozialgericht Heilbronn die Klage durch Gerichtsbescheid vom 1. Juli 2005 als unbegründet ab. Zur Begründung führte das Sozialgericht aus: Ein Schreibfehler sei nicht ersichtlich und auch nicht geltend gemacht worden. Des Weiteren seien die von dem Kläger vorgelegten Urkunden, die sein Geburtsdatum mit dem 14. August 1951 angeben, allesamt nach dem 13. Dezember 1978 und damit nach dem vorliegend gemäß § 33a Abs. 1 SGB I maßgeblichen Datum ausgestellt worden. Nach der Konzeption des vom Europäischen Gerichtshof und vom Bundessozialgericht für rechtens erachteten Gesetzes komme es nicht mehr auf das tatsächliche Geburtsdatum des Klägers an. Daher erübrige sich auch die Einholung eines ärztlichen Gutachtens zur Feststellung des biologischen Alters des Klägers. Der Gerichtsbescheid wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 7. Juli 2005 zugestellt.
Am 5. August 2005 hat der Kläger gegen den Gerichtsbescheid Berufung eingelegt.
Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, das Sozialgericht habe nicht offen lassen dürfen, ob die Vorschrift des § 33a SGB I - wie begehrt - einschränkend auszulegen sei, wenn der Betroffene - wie er - aus einem Terror- und Bürgerkriegsgebiet stamme und es ihm deshalb nicht möglich sei, alte Originaldokumente, die seine Identität und Geburt im Jahre 1951 bezeugten, vorzulegen. Die Militärbescheinigung von 1977, in der sein Geburtsjahr mit 1956 angeben sei, komme angesichts der allzeit bekannten Praxis der Militärs in der Türkei, jüngere Geburtsdaten anzunehmen, kein Beweiswert zu. Zumindest in solchen Fällen seien die in § 33a Abs. 2 SGB I genannten Ausnahmen verfassungskonform zu ergänzen. Dies könne vorliegend durch die Einholung eines ärztlichen Gutachtens zur Feststellung des biologischen Alters geschehen. Schließlich seien die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs erfüllt. Denn er sei zum Zeitpunkt seiner Einreise ins Bundesgebiet und seines Eintritts in die deutsche Sozialversicherung im Dezember 1978 der deutschen Sprache überhaupt nicht mächtig gewesen. Die Beklagte hätte ihn deswegen in seiner Heimatsprache über die Folgen der erstmaligen Nennung des Geburtsdatums belehren müssen. Dies sei unterblieben, so dass er so zu stellen sei, als wäre er anlässlich seiner erstmaligen Aufnahme in die Sozialversicherung ordnungsgemäß aufgeklärt worden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 1. Juli 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine neue Versicherungsnummer unter Berücksichtigung des 14. August 1951 als Geburtsdatum zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung und führt ergänzend aus: Auch im Wege eines Herstellungsanspruchs sei eine Änderung des Geburtsdatums nicht möglich. Eine Pflichtverletzung liege nicht vor. Es sei nicht nachvollziehbar, wie sie den Kläger bei Eintritt in die Versicherung im Jahre 1978 hätte darauf hinweisen können, welche Auswirkungen die Nennung eines falschen Geburtsdatums nach Einfügung des § 33a in das SGB I im Jahre 1998 haben könnte.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, die Akten des Sozialgerichts Heilbronn (S 11 RJ 2822/04) sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 1. Juli 2005 und der Bescheid der Beklagten vom 25. März 2004 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2004 sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergabe einer neuen Versicherungsnummer unter Berücksichtigung des 14. August 1951 als Geburtsdatum.
Nach § 147 Abs. 1 Satz 2 SGB VI hat der Träger der Rentenversicherung einer bei ihm versicherten Person eine Versicherungsnummer zu vergeben. Teil der Versicherungsnummer ist das Geburtsdatum des Versicherten (§ 147 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI). Gemäß § 152 Nr. 3 SGB VI i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Versicherungsnummer, die Kontoführung und den Versicherungsverlauf in der gesetzlichen Rentenversicherung - VKVV - vom 30. März 2001 (BGBl. I S. 475) wird eine Versicherungsnummer nur einmal vergeben und nicht berichtigt. Allerdings werden Versicherungsnummern gesperrt, in denen das Geburtsdatum oder die Seriennummer unrichtig sind oder die aufgrund einer nach § 33a SGB I zu berücksichtigenden Änderung des Geburtsdatums fehlerhaft geworden sind; die Versicherten erhalten in diesem Fall eine neue Versicherungsnummer (§ 3 Abs. 1 Sätze 2 und 3 VKVV).
Die Entscheidung über die von dem Kläger begehrte Vergabe einer neuen Versicherungsnummer infolge fehlerhafter Angabe des Geburtsdatums richtet sich nach der am 1. Januar 1998 in Kraft getretenen Vorschrift des § 33a Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - SGB I - (eingefügt durch Art. 2 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches und anderer Gesetze vom 16. Dezember 1997, BGBl. I S. 2970) über altersabhängige Rechte und Pflichten. Zweifel an der Vereinbarkeit der Vorschrift mit Gemeinschafts- und Verfassungsrecht bestehen zur Überzeugung des Senats insbesondere unter Berücksichtigung der einschlägigen und gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 33a SGB I nicht (vgl. dazu nur Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft - EuGH -, Urteil vom 14. März 2000, C-102/98, - Kocak - SozR 3-6940 Art. 3 Nr. 1 = NSZ 2000, 506 ff. und Bundessozialgericht - BSG -, Urteile vom 19. Oktober 2000, B 8 KN 3/00 R, vom 28. April 2004, B 5 RJ 33/03 R und vom 19. Mai 2004, B 13 RJ 26/03 R jeweils juris-doc. auch unter Bezugnahme auf den Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Oktober 1998, 1 BvR 1227/98 n.v.).
Nach § 33a Abs. 1 SGB I ist für die Feststellung von Rechten und Pflichten, die davon abhängig sind, dass eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder nicht überschritten ist, das Geburtsdatum maßgebend, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten oder seiner Angehörigen gegenüber einem Sozialversicherungsträger ergibt. Zweck der Regelung ist es, einerseits eine missbräuchliche Inanspruchnahme von Sozialleistungen in Fällen zu verhindern, in denen auf Grund einer nachträglichen Änderung von Geburtsdaten ein früherer oder ein längerer Bezug von Sozialleistungen beantragt wird (vgl. BT-Drucksache 13/8994 S. 36, 85; ebenso BSG, Urteil vom 18. Oktober 2000, B 8 KN 3/00 R, juris-dok; LSG Baden-Württemberg, Urteil 22. Juli 1998, L 2 RJ 454/98, juris-dok; Fastabend, in Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch - SGB I, Allgemeiner Teil, Kommentar, Loseblatt, 2003, § 33a Rn. 8; Seewald in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Band 1, 1999, § 33a SGB I Rn 2). Andererseits dient die Vorschrift auch dazu, den Sozialversicherungsträgern die mit der Abklärung der Richtigkeit des Geburtsdatums verbundene verwaltungsintensive Prüfung zu ersparen; dadurch bewirkt sie nicht nur - mögliche - Nachteile für Versicherte, sondern kann sich auch zu deren Vorteil auswirken, etwa wenn fälschlicherweise ein zu frühes Geburtsdatum "festgeschrieben" worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 18. Oktober 2000, B 8 KN 3/00 R, juris-dok; Fastabend, in Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch - SGB I, Allgemeiner Teil, Kommentar, Loseblatt, 2003, § 33a Rn. 8).
Bei seinem Eintritt in die deutsche Rentenversicherung im Jahre 1978 hat der Kläger unstreitig den 1. August 1956 als Geburtsdatum angegeben, welches dementsprechend in die Versicherungsnummer aufgenommen wurde. Von diesem nach § 33a Abs. 1 SGB I maßgebenden Geburtsdatum darf nach § 33a Abs. 2 SGB I nur abgewichen werden, wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass ein Schreibfehler vorliegt oder sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe nach Absatz 1 ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt.
Eine derartige Feststellung hat die Beklagte zu Recht nicht getroffen. Für einen Schreibfehler - § 33a Abs. 2 Nr. 1 SGB I - ist nichts erkennbar und Urkunden, deren Original vor dem Jahr 1991 ausgestellt worden sind und die ein anderes - d.h. früheres - Geburtsdatum der Klägerin ausweisen - § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I - , sind weder vorgelegt worden noch sonst ersichtlich. Auf die zutreffenden Ausführungen im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart wird insoweit ergänzend Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Regelung des § 33 a Abs. 2 SGB I schneidet es dem Versicherten aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und der Absicht, die rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme von Sozialleistungen zu verhindern (vgl. näher Eicher/Hase/Rauschenbach, SGB I, Kommentar, § 33a Rn- 1-3), außerhalb der gesetzlich vorgesehenen Gründe ab, unter Hinweis auf sein "wahres" - von seinen bisherigen Angaben abweichendes - Geburtsdatum eine Änderung seiner Versicherungsnummer zu verlangen. Gründe dafür, die Vorschrift des § 33a SGB I - wie von dem Kläger verlangt - für Bürgerkriegsflüchtlinge oder Versicherte, die aus vom Terrorismus heimgesuchten Gebieten stammen, einschränkend auszulegen, sind - ungeachtet der Bedenken gegen die generelle Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Frage - auch vor dem Hintergrund des konkreten Einzelfalls nicht erkennbar. Denn dagegen, dass sämtliche Urkunden des Klägers mit personenstandsrechtlichen Bezügen bei der Verwüstung des Dorfes Arbo im Jahre 1988 untergegangen sind, spricht für den Senat insbesondere die am 23. Oktober 1997 für den Kläger ausgestellte Bescheinigung der türkischen Sozialversicherung, mit der seine Versicherungszeiten in den Jahren von 1970 bis 1976 dokumentiert werden und die - ebenso wie der zu den Akten der Beklagten gelangte Nüfus vom 12. März 1973 und die Militärbescheinigung vom 17. Januar 1977 - den 1. August 1956 als sein Geburtsdatum ausweist. Im Übrigen widerspräche die von dem Kläger geltend gemachte einschränkende Auslegung des § 33a SGB I nicht nur nachgerade dem vorstehend ausgeführten Gesetzeszweck, sondern auch der § 33a Abs. 2 SGB I zugrunde liegenden Gesetzessystematik. Aus dem gleichen Grund kann es entscheidungserheblich auch nicht darauf ankommen, wann der Kläger tatsächlich geboren ist. Eine Ermittlung des biologischen Alters Klägers durch ärztliches Gutachten ist nach dem von § 33a SGB I intendierten Gesetzeszweck nachgerade ausgeschlossen. § 33a SGB I wahrt die Versichertenrechte unter Ausschluss überschießender, die Voraussetzungen des § 33a Abs. 2 SGB I übersteigender Ermittlungspflichten zum Geburtsdatum des Versicherten.
Schließlich liegen nach dem gesamten Sachverhalt auch keine Anhaltpunkte dafür vor, dass der Kläger nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nachträglich die Vergabe einer neuen Versicherungsnummer unter Berücksichtigung des 14. August 1951 als Geburtsdatum beanspruchen könnte. Abgesehen davon, dass mit einem sozialrechtlicher Herstellungsanspruch nur ein Zustand hergestellt werden kann, der nach Recht und Gesetz und damit nach den Voraussetzungen des § 33a SGB I möglich ist (vgl. zutr. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 31. Januar 2006, L 2 R 225/05, juris-dok.), ist für eine rechtswidrig unterlassene Beratung des Klägers vorliegend auch nichts ersichtlich. Wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat, ist es für die Beklagte zum Zeitpunkt des Eintritts des Klägers in die Rentenversicherung, am 13. Dezember 1978, nicht vorhersehbar gewesen, dass der Gesetzgeber knapp zwanzig Jahre später, zum 1. Januar 1998, mit § 33a SGB I eine Regelung einführt, bei der es auf die Ermittlung des tatsächlichen Geburtsdatums des Versicherten in den Fällen, in denen dieses von demjenigen abweicht, das der Versicherte dem Versicherungsträger bei Eintritt in die Versicherung mitgeteilt hat, nur noch unter den engen Voraussetzungen des § 33a Abs. 2 SGB I Bedeutung ankommt.
Nach alledem ist der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts nicht zu beanstanden und deshalb war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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