Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 7 AS 153/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 B 209/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Bemerkung
L 7 B 210/07 AS
Die Beschwerden der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 25.06.2007 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch in den Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Frau Rechtsanwältin K aus F für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens wird abgelehnt.
Gründe:
Zwischen den Beteiligten ist der Leistungsausschluss für Auszubildende gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) streitig.
I.
1.
Die am 00.00.1984 geborene Antragstellerin ist ledig und lebt allein in einer Mietwohnung. Im Juni 2004 schloss sie vor der Industrie- und Handelskammer zu L erfolgreich eine Ausbildung zur Bürokauffrau ab. Auf der Grundlage eines am 29.04.2006 mit der Argentur für Arbeit geschlossenen Berufsausbildungsvertrages begann sie zum 01.09.2006 eine dreijährige Ausbildung zur "Fachangestellten für Arbeitsförderung".
2.
Mit Bescheid vom 12.04.2007 hob die Antragsgegnerin daraufhin ihren Bescheid vom 29.03.2007 auf, mit dem sie der Antragstellerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum vom 01.05.2007 bis zum 31.10.2007 gewährt hatte (monatlich 253,24 Euro). Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, dass der Antragstellerin gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II keine Leistungen zustehen. Denn die von der Antragstellerin begonnene Ausbildung sei dem Grunde nach förderungsfähig nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III).
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin, der das Sozialgericht (SG) mit Beschluss vom 02.08.2007 nicht abgeholfen hat, ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 12.04.2007 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2007) zu Recht abgelehnt.
1.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.
Das Rechtschutzbegehren der Antragstellerin hat das SG zu Recht als solchen Antrag angesehen. Denn mit Verwaltungsakt (Bescheid) vom 29.03.2007 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.05.2007 bis zum 31.10.2007 (monatlich 253,24 Euro). Mit Verwaltungsakt vom 12.04.2007 hob die Antragsgegnerin diesen Verwaltungsakt vom 29.03.2007 vollständig auf. Der Widerspruch der Antragstellerin hiergegen hatte keine aufschiebende Wirkung gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 Nr. 1 SGB II. Die Regelung des § 39 Nr. 1 SGB II erfasst auch Aufhebungsentscheidungen nach den §§ 45 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X; vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31.03.2006, L 19 B 15/06 AS ER; Eicher in: Eicher/Spellbrink, SGB II, § 39 Rn. 12; a.A.: Konradis in: LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 39 Rn. 7). Denn auch die Aufhebung einer Bewilligung ist eine "Entscheidung" über "Leistungen" der Grundsicherung und wird infolgedessen von der Regelung des § 39 Nr. 1 SGB II erfasst.
Bei der Entscheidung gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG hat das Gericht eine Interessenabwägung vorzunehmen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 86b Rn. 12 und 12a). Im Rahmen dieser Abwägung ist darauf abzustellen, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder ob seine Vollziehung eine unbillige, nicht durch überwiegend öffentliches Interesse gebotene Härte zur Folge hätte. Dabei ist (jedenfalls) in den Fällen, in denen wie hier das Gesetz selbst das Entfallen der aufschiebenden Wirkung anordnet, von einem Regel-Ausnahmeverhältnis zwischen sofortiger Vollziehbarkeit einerseits und aufschiebender Wirkung andererseits auszugehen, sodass das Vollzugsinteresse hier in der Regel den Vorrang hat (vgl. Keller, a.a.O., Rn. 12a).
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes vom 12.04.2007 bestehen nicht.
a)
Der Antragstellerin stehen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Form der Regelleistungen nach § 20 SGB II und der Leistung zur Deckung der Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II aufgrund der anspruchsvernichtenden Regelung des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II nicht zu. Denn bei der von der Antragstellerin seit dem 01.09.2006 bei der Agentur für Arbeit absolvierten Ausbildung zur "Fachangestellten für Arbeitsförderung" handelt es sich um eine nach den §§ 60 - 62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung.
Der Senat teilt die Auffassung des SG, dass es im Rahmen des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II nur darauf ankommt, ob die Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) oder der §§ 60 - 62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist. Nicht entscheidend ist es dagegen, ob die Voraussetzung für eine Förderung gerade in der Person des jeweiligen Antragstellers bzw. Antragstellerin erfüllt sind.
Dieses Ergebnis ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II ("dem Grunde nach förderungsfähig"). Ferner stehen die Entstehungsgeschichte dieser Regelung sowie ihr Sinn und Zweck der von der Antragstellerin im Ergebnis begehrten Auslegung entgegen.
Das SG hat zu Recht ausgeführt, dass bei der Auslegung des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II auf die frühere Regelung des § 26 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) zurückgegriffen werden kann. Dies wird durch die Entstehungsgeschichte des § 7 Abs. 5 SGB II belegt. Die ursprüngliche Gesetzesfassung enthielt einen umfassenden Ausschluss für "erwerbsfähige Hilfebedürftige, die sich in Ausbildung an einer Schule oder Hochschule befinden" (§ 7 Abs. 4 SGB II i.d.F. des Gesetzesentwurfes der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen, BT-Drucks. 15/1516, S. 10 und 52). Seine heutige Fassung hat § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II erst auf einen Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit (BT-Drucksache 15/1749) erhalten. Zur Begründung heißt es, dass die Änderung die Regelung des SGB II den Regelungen des SGB XII angleiche. "Damit wird die Zielvorstellung des Gesetzgebers aufgegriffen, mit dem neuen Sozialhilferecht ein Referenzsystem steuerfinanzierter Fürsorgeleistungen einschließlich des Arbeitslosengeldes II zu schaffen" (BT-Drucks. 15/1749, S. 31). § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II sowie § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB XII sind inhaltsgleich mit § 26 BSHG.
Das SG hat zu Recht ausgeführt, dass es für die Frage, ob eine Ausbildung "dem Grunde nach" förderungsfähig ist, entsprechend der zu § 26 BSHG ergangenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nur auf die abstrakte Förderungsfähigkeit ankommt. Denn über die Steuer finanzierte Sozialhilfeleistungen soll Ausbildungsförderung nicht auf einer "zweiten Ebene" gewährt werden (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 13.05.1993, 5 B 82/92, Juris). Auch das Bundessozialgericht (BSG) hat sich dieser verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung mittlerweile im Ergebnis angeschlossen (BSG vom 06.09.2007, B 14/7b AS 36/06 R; vgl. Terminbericht des BSG 43/07 vom 07.07.2007, abrufbar unter www.bundessozialgericht.de).
Das SG hat ferner zu Recht dargelegt, dass die Anwendung des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II auch nicht aufgrund der Regelung des § 7 Abs. 6 SGB II ausgeschlossen ist; der Senat macht sich die Ausführungen des SG insoweit zu eigen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
b)
Bei der Antragstellerin ist auch keine besondere Härte im Sinne des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II zu erkennen. Denn sie hat derzeit erst ein Drittel der gesamten Ausbildungszeit zurückgelegt, sodass noch nicht von einem fortgeschrittenen Ausbildungsstadium oder einer unmittelbar bevorstehenden Beendigung ausgegangen werden kann. Ob eine Entscheidung über eine darlehensweise Bewilligung gemäß § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II einen entsprechenden Antrag der Antragstellerin voraussetzt, der hier offenbar nicht vorliegt, kann dabei dahinstehen.
c)
Die Antragstellerin kann schließlich auch keinen Zuschuss zu ihren Kosten für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II beanspruchen.
Diese Regelung ist durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.03.2006 (BGBl. I S. 1706) mit Wirkung zum 01.01.2007 (Artikel 16 Abs. 4 dieses Gesetzes) in das SGB II eingefügt worden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm liegen bei der Antragstellerin nicht vor. Denn anspruchsberechtigt sind gemäß § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II Auszubildende, die Berufsausbildungsbeihilfe (§§ 59 ff. SGB III), Ausbildungsgeld (§§ 104 ff. SGB III) oder Leistungen nach dem BAföG erhalten. Diese Voraussetzungen erfüllt die Antragstellerin, die eine zweite Ausbildung absolviert, nicht.
Die Aufzählung der Zuschussberechtigten in § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II ist abschließend (Berlit in: LPK - SGB II, 2. Auflage 2007, § 22 Rn. 127). Denn die Gesetzesbegründung verweist Auszubildende, die von § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II nicht erfasst werden, auf die "bisherige(n) Rechtslage(n), nach der in besonderen Härtefällen eine Darlehensgewährung möglich ist" (BT-Drucksache 16/1410, Seite 24, linke Spalte unten), also auf § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II, deren Voraussetzungen aus den dargelegten Gründen bei der Antragstellerin nicht erfüllt sind.
d)
Der Senat konnte sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht davon überzeugen, dass die Regelung des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II im Falle der Antragstellung zu verfassungswidrigen Ergebnissen führt.
aa)
Nach § 6 des mit der Agentur für Arbeit geschlossenen Berufsausbildungsvertrages erhält die Antragstellerin im ersten Ausbildungsjahr eine monatliche Ausbildungsvergütung von 585 Euro. Im zweiten Ausbildungsjahr beträgt diese Vergütung 683 Euro, im dritten Ausbildungsjahr 780 Euro monatlich. Des Weiteren wird das Kindergeld an die Antragstellerin abgezweigt.
bb)
Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II könnte zudem nur den ausbildungsgeprägten Unterhalt erfassen, sodass nicht ausbildungsgeprägter Unterhalt vom Grundsicherungsträger zu gewähren sein könnte (vgl. Brühl/Schoch in: LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 7 Rn. 99 m.w.N. insbesondere zur bisherigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung) und auf diese Weise ggf. verfassungsrechtlichen Härten, sofern diese auftreten sollten, begegnet werden könnte.
cc)
Vor diesem Hintergrund ist auch eine (wesentliche) Schlechterstellung von Auszubildenden gegenüber sonstigen Hilfebedürftigen einstweilen nicht zu erkennen. Es kann deshalb dahinstehen, ob die Besonderheit der Situation, in der sich förderungsbedürftige Auszubildende befinden, einen sachlichen Grund i.S.d. Art 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) darstellt, die Ordnung der Ausbildungsförderung für diesen Personenkreis eigenständig und abweichend gegenüber dem (sonstigen) Sozialhilferecht zu regeln (dies bejahend BVerwG, Beschluss vom 18.07.1994, a.a.O.).
e)
Der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Aufhebungsentscheidung steht auch nicht der Wechsel in der Begründung der Bescheide durch die Antragsgegnerin (von § 48 SGB X auf § 45 SGB X) entgegen. Der Senat verweist auch insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des SG, die er sich zu eigen macht.
Die Antragstellerin hatte auch kein schutzwürdiges Vertrauen i.S.d. § 45 Abs. 2 SGB X auf den Bestand des Verwaltungsaktes vom 29.03.2007. Denn dieser Verwaltungsakt ist zeitlich unmittelbar vor dem Rücknahmebescheid vom 12.04.2007 erlassen worden, so dass ein schutzwürdiges Vertrauen (noch) nicht entstehen konnte. Erbrachte Leistungen hatte die Antragstellerin noch nicht verbrauchen können (§ 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X), weil der Leistungsbeginn erst zum 01.05.2007 vorgesehen war. Andere Gesichtspunkte, die die Schutzwürdigkeit eines Vertrauens begründen könnten, sind nicht zu erkennen.
2.
Da die Rechtsverfolgung der Antragstellerin aus den vorgenannten Gründen keine Aussicht auf Erfolg bietet, ist die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des SG auch insoweit unbegründet, als das SG ihren Antrag auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung ihrer Bevollmächtigten abgelehnt hat (§ 74a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO)).
3.
Da die Rechtsverfolgung der Antragstellerin auch im Beschwerdeverfahren keine Aussicht auf Erfolg bot, war ihr Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ebenfalls abzulehnen (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
4.
Soweit die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde die Ablehnung ihres Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung angegriffen hat, folgt die Kostenentscheidung aus einer entsprechenden Anwendung des §193 SGG. Soweit sich ihre Beschwerde gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Prozesskostenhilfe richtet, werden Kosten im Beschwerdeverfahren nicht erstattet (§ 73a Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
5.
Dieser Beschluss kann mit der Beschwerde nicht angegriffen werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Zwischen den Beteiligten ist der Leistungsausschluss für Auszubildende gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) streitig.
I.
1.
Die am 00.00.1984 geborene Antragstellerin ist ledig und lebt allein in einer Mietwohnung. Im Juni 2004 schloss sie vor der Industrie- und Handelskammer zu L erfolgreich eine Ausbildung zur Bürokauffrau ab. Auf der Grundlage eines am 29.04.2006 mit der Argentur für Arbeit geschlossenen Berufsausbildungsvertrages begann sie zum 01.09.2006 eine dreijährige Ausbildung zur "Fachangestellten für Arbeitsförderung".
2.
Mit Bescheid vom 12.04.2007 hob die Antragsgegnerin daraufhin ihren Bescheid vom 29.03.2007 auf, mit dem sie der Antragstellerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum vom 01.05.2007 bis zum 31.10.2007 gewährt hatte (monatlich 253,24 Euro). Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, dass der Antragstellerin gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II keine Leistungen zustehen. Denn die von der Antragstellerin begonnene Ausbildung sei dem Grunde nach förderungsfähig nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III).
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin, der das Sozialgericht (SG) mit Beschluss vom 02.08.2007 nicht abgeholfen hat, ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 12.04.2007 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2007) zu Recht abgelehnt.
1.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.
Das Rechtschutzbegehren der Antragstellerin hat das SG zu Recht als solchen Antrag angesehen. Denn mit Verwaltungsakt (Bescheid) vom 29.03.2007 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.05.2007 bis zum 31.10.2007 (monatlich 253,24 Euro). Mit Verwaltungsakt vom 12.04.2007 hob die Antragsgegnerin diesen Verwaltungsakt vom 29.03.2007 vollständig auf. Der Widerspruch der Antragstellerin hiergegen hatte keine aufschiebende Wirkung gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 Nr. 1 SGB II. Die Regelung des § 39 Nr. 1 SGB II erfasst auch Aufhebungsentscheidungen nach den §§ 45 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X; vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31.03.2006, L 19 B 15/06 AS ER; Eicher in: Eicher/Spellbrink, SGB II, § 39 Rn. 12; a.A.: Konradis in: LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 39 Rn. 7). Denn auch die Aufhebung einer Bewilligung ist eine "Entscheidung" über "Leistungen" der Grundsicherung und wird infolgedessen von der Regelung des § 39 Nr. 1 SGB II erfasst.
Bei der Entscheidung gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG hat das Gericht eine Interessenabwägung vorzunehmen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 86b Rn. 12 und 12a). Im Rahmen dieser Abwägung ist darauf abzustellen, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder ob seine Vollziehung eine unbillige, nicht durch überwiegend öffentliches Interesse gebotene Härte zur Folge hätte. Dabei ist (jedenfalls) in den Fällen, in denen wie hier das Gesetz selbst das Entfallen der aufschiebenden Wirkung anordnet, von einem Regel-Ausnahmeverhältnis zwischen sofortiger Vollziehbarkeit einerseits und aufschiebender Wirkung andererseits auszugehen, sodass das Vollzugsinteresse hier in der Regel den Vorrang hat (vgl. Keller, a.a.O., Rn. 12a).
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes vom 12.04.2007 bestehen nicht.
a)
Der Antragstellerin stehen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Form der Regelleistungen nach § 20 SGB II und der Leistung zur Deckung der Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II aufgrund der anspruchsvernichtenden Regelung des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II nicht zu. Denn bei der von der Antragstellerin seit dem 01.09.2006 bei der Agentur für Arbeit absolvierten Ausbildung zur "Fachangestellten für Arbeitsförderung" handelt es sich um eine nach den §§ 60 - 62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung.
Der Senat teilt die Auffassung des SG, dass es im Rahmen des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II nur darauf ankommt, ob die Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) oder der §§ 60 - 62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist. Nicht entscheidend ist es dagegen, ob die Voraussetzung für eine Förderung gerade in der Person des jeweiligen Antragstellers bzw. Antragstellerin erfüllt sind.
Dieses Ergebnis ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II ("dem Grunde nach förderungsfähig"). Ferner stehen die Entstehungsgeschichte dieser Regelung sowie ihr Sinn und Zweck der von der Antragstellerin im Ergebnis begehrten Auslegung entgegen.
Das SG hat zu Recht ausgeführt, dass bei der Auslegung des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II auf die frühere Regelung des § 26 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) zurückgegriffen werden kann. Dies wird durch die Entstehungsgeschichte des § 7 Abs. 5 SGB II belegt. Die ursprüngliche Gesetzesfassung enthielt einen umfassenden Ausschluss für "erwerbsfähige Hilfebedürftige, die sich in Ausbildung an einer Schule oder Hochschule befinden" (§ 7 Abs. 4 SGB II i.d.F. des Gesetzesentwurfes der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen, BT-Drucks. 15/1516, S. 10 und 52). Seine heutige Fassung hat § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II erst auf einen Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit (BT-Drucksache 15/1749) erhalten. Zur Begründung heißt es, dass die Änderung die Regelung des SGB II den Regelungen des SGB XII angleiche. "Damit wird die Zielvorstellung des Gesetzgebers aufgegriffen, mit dem neuen Sozialhilferecht ein Referenzsystem steuerfinanzierter Fürsorgeleistungen einschließlich des Arbeitslosengeldes II zu schaffen" (BT-Drucks. 15/1749, S. 31). § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II sowie § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB XII sind inhaltsgleich mit § 26 BSHG.
Das SG hat zu Recht ausgeführt, dass es für die Frage, ob eine Ausbildung "dem Grunde nach" förderungsfähig ist, entsprechend der zu § 26 BSHG ergangenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nur auf die abstrakte Förderungsfähigkeit ankommt. Denn über die Steuer finanzierte Sozialhilfeleistungen soll Ausbildungsförderung nicht auf einer "zweiten Ebene" gewährt werden (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 13.05.1993, 5 B 82/92, Juris). Auch das Bundessozialgericht (BSG) hat sich dieser verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung mittlerweile im Ergebnis angeschlossen (BSG vom 06.09.2007, B 14/7b AS 36/06 R; vgl. Terminbericht des BSG 43/07 vom 07.07.2007, abrufbar unter www.bundessozialgericht.de).
Das SG hat ferner zu Recht dargelegt, dass die Anwendung des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II auch nicht aufgrund der Regelung des § 7 Abs. 6 SGB II ausgeschlossen ist; der Senat macht sich die Ausführungen des SG insoweit zu eigen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
b)
Bei der Antragstellerin ist auch keine besondere Härte im Sinne des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II zu erkennen. Denn sie hat derzeit erst ein Drittel der gesamten Ausbildungszeit zurückgelegt, sodass noch nicht von einem fortgeschrittenen Ausbildungsstadium oder einer unmittelbar bevorstehenden Beendigung ausgegangen werden kann. Ob eine Entscheidung über eine darlehensweise Bewilligung gemäß § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II einen entsprechenden Antrag der Antragstellerin voraussetzt, der hier offenbar nicht vorliegt, kann dabei dahinstehen.
c)
Die Antragstellerin kann schließlich auch keinen Zuschuss zu ihren Kosten für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II beanspruchen.
Diese Regelung ist durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.03.2006 (BGBl. I S. 1706) mit Wirkung zum 01.01.2007 (Artikel 16 Abs. 4 dieses Gesetzes) in das SGB II eingefügt worden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm liegen bei der Antragstellerin nicht vor. Denn anspruchsberechtigt sind gemäß § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II Auszubildende, die Berufsausbildungsbeihilfe (§§ 59 ff. SGB III), Ausbildungsgeld (§§ 104 ff. SGB III) oder Leistungen nach dem BAföG erhalten. Diese Voraussetzungen erfüllt die Antragstellerin, die eine zweite Ausbildung absolviert, nicht.
Die Aufzählung der Zuschussberechtigten in § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II ist abschließend (Berlit in: LPK - SGB II, 2. Auflage 2007, § 22 Rn. 127). Denn die Gesetzesbegründung verweist Auszubildende, die von § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II nicht erfasst werden, auf die "bisherige(n) Rechtslage(n), nach der in besonderen Härtefällen eine Darlehensgewährung möglich ist" (BT-Drucksache 16/1410, Seite 24, linke Spalte unten), also auf § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II, deren Voraussetzungen aus den dargelegten Gründen bei der Antragstellerin nicht erfüllt sind.
d)
Der Senat konnte sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht davon überzeugen, dass die Regelung des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II im Falle der Antragstellung zu verfassungswidrigen Ergebnissen führt.
aa)
Nach § 6 des mit der Agentur für Arbeit geschlossenen Berufsausbildungsvertrages erhält die Antragstellerin im ersten Ausbildungsjahr eine monatliche Ausbildungsvergütung von 585 Euro. Im zweiten Ausbildungsjahr beträgt diese Vergütung 683 Euro, im dritten Ausbildungsjahr 780 Euro monatlich. Des Weiteren wird das Kindergeld an die Antragstellerin abgezweigt.
bb)
Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II könnte zudem nur den ausbildungsgeprägten Unterhalt erfassen, sodass nicht ausbildungsgeprägter Unterhalt vom Grundsicherungsträger zu gewähren sein könnte (vgl. Brühl/Schoch in: LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 7 Rn. 99 m.w.N. insbesondere zur bisherigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung) und auf diese Weise ggf. verfassungsrechtlichen Härten, sofern diese auftreten sollten, begegnet werden könnte.
cc)
Vor diesem Hintergrund ist auch eine (wesentliche) Schlechterstellung von Auszubildenden gegenüber sonstigen Hilfebedürftigen einstweilen nicht zu erkennen. Es kann deshalb dahinstehen, ob die Besonderheit der Situation, in der sich förderungsbedürftige Auszubildende befinden, einen sachlichen Grund i.S.d. Art 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) darstellt, die Ordnung der Ausbildungsförderung für diesen Personenkreis eigenständig und abweichend gegenüber dem (sonstigen) Sozialhilferecht zu regeln (dies bejahend BVerwG, Beschluss vom 18.07.1994, a.a.O.).
e)
Der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Aufhebungsentscheidung steht auch nicht der Wechsel in der Begründung der Bescheide durch die Antragsgegnerin (von § 48 SGB X auf § 45 SGB X) entgegen. Der Senat verweist auch insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des SG, die er sich zu eigen macht.
Die Antragstellerin hatte auch kein schutzwürdiges Vertrauen i.S.d. § 45 Abs. 2 SGB X auf den Bestand des Verwaltungsaktes vom 29.03.2007. Denn dieser Verwaltungsakt ist zeitlich unmittelbar vor dem Rücknahmebescheid vom 12.04.2007 erlassen worden, so dass ein schutzwürdiges Vertrauen (noch) nicht entstehen konnte. Erbrachte Leistungen hatte die Antragstellerin noch nicht verbrauchen können (§ 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X), weil der Leistungsbeginn erst zum 01.05.2007 vorgesehen war. Andere Gesichtspunkte, die die Schutzwürdigkeit eines Vertrauens begründen könnten, sind nicht zu erkennen.
2.
Da die Rechtsverfolgung der Antragstellerin aus den vorgenannten Gründen keine Aussicht auf Erfolg bietet, ist die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des SG auch insoweit unbegründet, als das SG ihren Antrag auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung ihrer Bevollmächtigten abgelehnt hat (§ 74a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO)).
3.
Da die Rechtsverfolgung der Antragstellerin auch im Beschwerdeverfahren keine Aussicht auf Erfolg bot, war ihr Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ebenfalls abzulehnen (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
4.
Soweit die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde die Ablehnung ihres Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung angegriffen hat, folgt die Kostenentscheidung aus einer entsprechenden Anwendung des §193 SGG. Soweit sich ihre Beschwerde gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Prozesskostenhilfe richtet, werden Kosten im Beschwerdeverfahren nicht erstattet (§ 73a Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
5.
Dieser Beschluss kann mit der Beschwerde nicht angegriffen werden (§ 177 SGG).
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