Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
112
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 112 KR 244/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klagen werden abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Die Kläger wenden sich gegen bundesweit festgesetzte Festbeträge für bestimmte Hilfsmittel.
Der Kläger zu 1) nimmt als juristische Person des privaten Rechts die Interessen des Orthopädie-Mechaniker-Handwerks und des Bandagisten-Handwerks auf Bundesebene wahr. Zu seinen satzungsmäßigen Aufgaben gehört es u. a., die angeschlossenen Landesinnungsverbände und Handwerksinnungen zu unterstützen. Die Klägerinnen zu 2) bis 6) sind die im Lande Nordrhein-Westfalen bestehenden fünf Innungen für Orthopädie-Technik.
Am 1. Dezember 2004 beschlossen die beklagten Spitzenverbände der Krankenkassen mit Wirkung ab 1. Januar 2005 die Festsetzung von bundesweiten Festbeträgen u. a. für Einlagen, Inkontinenzhilfen, Hilfsmittel zur Kompressionstherapie und für Stomaartikel. Auf die Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 235a vom 10. Dezember 2004, S. 1 bis 27 wird verwiesen.
Hiergegen haben die Kläger am 10. Januar 2005 Klage erhoben. Sie tragen vor: Die Klage sei zulässig. Die Kläger seien insbesondere klagebefugt. Die Festbetragsfestsetzungen verletzten die zugelassenen Sanitätshäuser, deren Rechte die Kläger in Prozessstandschaft wahrnähmen, in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz. Die angegriffenen Verfügungen seien materiell rechtswidrig. Denn es würden nicht nur Erstattungsobergrenzen im Verhältnis zu den Versicherten festgesetzt, sondern gesetzeswidrig Abgabepreise geregelt und Vertragsbedingungen festgeschrieben. Auf die weiteren Ausführungen in der Klageschrift vom 7. Januar 2005 sowie in den klägerischen Schriftsätzen vom 14. Februar 2006 und 23. Juli 2007 wird verwiesen.
Die Beklagten haben durch Beschlüsse vom 11. Mai 2006 (bekannt gemacht im Bundesanzeiger vom 20. Juni 2006, Nr. 112; berichtigt im Bundesanzeiger vom 4. Juli 2006, Nr. 122) mit Wirkung ab 1. Juli 2006 (höhere) Festbeträge für Hilfsmittel zur Kompressionstherapie und für Einlagen festgesetzt. Die von den Klägern hiergegen beim Sozialgericht (SG) Berlin erhobene Klage ist unter S ... anhängig. Mit Wirkung vom 1. Januar 2007 haben die Beklagten die Festbeträge für Einlagen, Hörhilfen, Inkontinenzhilfen, Hilfsmittel zur Kompressionstherapie, Sehhilfen und für Stomaartikel neu festgesetzt (Beschluss vom 23. Oktober 2006, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 216a vom 17. November 2006). Diesbezüglich ist beim SG Berlin ein Klageverfahren unter S ... anhängig. Weil die am 1. Dezember 2004 beschlossenen Festbeträge mittlerweile nicht mehr gelten, gehen die Kläger davon aus, dass sich die hiesige Hauptsache erledigt hat.
Sie beantragen nunmehr,
festzustellen, dass die Festbetragsfestsetzungen vom 1. Dezember 2004 für Einlagen, Inkontinenzhilfen, Hilfsmittel zur Kompressionstherapie und für Stomaartikel, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 235a vom 10. Dezember 2004, rechtswidrig waren.
Die Beklagten zu 2) und 3) beantragen,
die Klagen abzuweisen.
Sie halten die Klagen wegen fehlender Klagebefugnis für unzulässig.
Die übrigen Beklagten haben sich schriftsätzlich den Ausführungen des federführenden Beklagten zu 2) angeschlossen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens und zur Ergänzung des Sachverhalts wird schließlich Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte. Vorgelegen haben außerdem die Verwaltungsakten des Beklagten zu 2), bestehend aus 21 Bänden Aktenordnern.
Entscheidungsgründe:
Die Klagen sind unzulässig. Die Kläger zu 1) bis 6) sowie die vom Kläger zu 1) vertretenen Landesinnungen bzw. Innungen und Mitgliedsbetriebe und die von den Klägerinnen zu 2) bis 6) vertretenen Leistungserbringer sind durch die angegriffenen Festbetragsfestsetzungen nicht in eigenen Rechten betroffen. Für die ursprünglichen Anfechtungsklagen fehlte es damit an der erforderlichen Klagebefugnis. Mithin sind auch die nunmehr anhängigen Fortsetzungsfeststellungsklagen unzulässig.
Gegenstand des Verfahrens sind nur die Festbetragsfestsetzungen vom 1. Dezember 2004. Hierbei handelt es sich um Allgemeinverfügungen nach § 31 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X). Die Festbetragsfestsetzungen vom 11. Mai 2006 für Hilfsmittel zur Kompressionstherapie und für Einlagen sind nicht gemäß § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des hiesigen Verfahrens geworden. Das gleiche gilt für die Festsetzungen durch Beschluss vom 23. Oktober 2006, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 216a vom 17. November 2006. Dahinstehen kann, ob die Einbeziehung schon an der fehlenden Zulässigkeit der Anfechtungsklage scheitert oder ob es mit der herrschenden Meinung hierauf für die "Klageerhebung" im Sinne von § 96 Abs. 1 SGG nicht ankommt (vgl. zum Streitstand: Leitherer, in: Meyer-Ladewig u. a., SGG, § 96, Rn. 2). Die Festbetragsfestsetzungen vom 1. Dezember 2004 werden durch die späteren Festbetragsfestsetzungen weder geändert noch ersetzt. Eine Ersetzung liegt nicht vor. Dies würde voraussetzen, dass der neue Verwaltungsakt ganz an die Stelle des alten tritt (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig u. a., SGG, § 96, Rn. 4). Das trifft hier schon deswegen nicht zu, weil die zeitliche Geltung der Festsetzungen nicht deckungsgleich ist. Die ursprünglichen bundesweiten Festbeträge galten ab 1. Januar 2005 und hatten (nur) bis Ende Juni 2006 bzw. bis Ende 2006 Bestand. Diesen Zeitraum erfassen die neuen Festsetzungen nicht. Die Allgemeinverfügungen vom 1. Dezember 2004 sind auch nicht im Sinne von § 96 Abs. 1 SGG durch neue abgeändert worden. Bezogen auf den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum Inkrafttreten der späteren Festsetzungen bleiben die alten Festsetzungen vielmehr unabgeändert. Sie sind und bleiben maßgeblich für die in dieser Zeit erbrachten Leistungen. Die späteren Festsetzungen treffen demgegenüber ab Wirksamkeitsbeginn jeweils eigenständige Regelungen. Die Inkongruenz des Regelungsgegenstandes in zeitlicher Hinsicht hindert eine Einbeziehung gemäß § 96 Abs. 1 SGG, die stets voraussetzt, dass der Regelungsgegenstand des neuen Verwaltungsakts mit dem des früheren identisch ist (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig u. a., SGG, § 96, Rn. 4a). Unabhängig davon sind die Regelungsgegenstände der späteren Festsetzungen – jeder einzelne Festbetrag ist eine gesonderte Regelung – auch sachlich nicht vollständig identisch mit den früheren Festsetzungen. So verfügt beispielsweise der Beschluss vom 1. Dezember 2004 betreffend die Hilfsmittel zur Kompressionstherapie keine Festbeträge für die Zusätze Eingriff für Leibteil (Positionsnummer 17.99.99.2018) und Stomaöffnung im Leibteil (Positionsnummer 17.99.99.2020). Insoweit kann der Beschluss vom 11. Juni 2006, durch den diesbezüglich Festbeträge festgesetzt werden, den Beschluss vom 1. Dezember 2004 nicht ändern. Deswegen könnte überhaupt nur eine teilweise Einbeziehung gemäß § 96 Abs. 1 SGG in Betracht kommen, die jedoch einen sorgfältigen Abgleich aller Positionen in den Beschlüssen erfordern würde. In diesem Zusammenhang müsste u. a. auch geklärt werden, ob es sich bei den im Beschluss vom 11. Juni 2006 genannten "Weichpolstereinlagen (3/4-lang)" um das gleiche Hilfsmittel handelt wie die im Beschluss vom 1. Dezember 2004 genannten "Weichpolstereinlagen (4/4-lang)" (Unterstreichung nur hier) und also nur ein Schreibfehler vorliegt, wofür die identische Positionsnummer spricht. Diese Erwägungen zeigen, dass eine Einbeziehung kein Beitrag zur Prozessökonomie wäre und mithin auch aus teleologischen Gründen zu unterbleiben hat. Dieses Ergebnis ist zwar wohl nicht verträglich mit dem Judikat des 3. Senats des BSG vom 31. August 2000 – B 3 KR 11/98 R (BSGE 87, 95 ff = SozR 3-2500 § 35 Nr. 1). Das BSG hat damals bei einer späteren Festbetragsfestsetzung die Voraussetzungen des § 96 Abs. 1 SGG deswegen für gegeben halten, weil die ursprüngliche Festbetragsregelung unbefristet galt. Die Kammer geht jedoch mit den Klägern davon aus, dass das BSG diese Frage heute anders entscheiden würde. Auf deren Schriftsatz vom 23. Juli 2007 wird Bezug genommen.
Die Fortsetzungsfeststellungsklagen sind unzulässig. Nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn er sich durch Zurücknahme oder anders erledigt hat und der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Der Übergang zur Fortsetzungsfeststellungsklage gilt nicht als Klageänderung (BSG, Urteil vom 24. November 2004 – B 3 KR 23/04 R = SozR 4-2500 § 35 Nr. 3). Die ursprünglichen Verwaltungsakte, d. h. die Festbetragsfestsetzungen vom 1. Dezember 2004 haben sich durch die späteren Festbetragsfestsetzungen wegen Zeitablaufs erledigt (vgl. BSG a. a. O.). Die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage setzt die Zulässigkeit der ursprünglichen Anfechtungsklage voraus. Das trifft hier nicht zu. Denn für die ursprünglich auf Kassation der Festbetragsfestsetzungen vom 1. Dezember 2004 für Einlagen, Inkontinenzhilfen, Hilfsmittel zur Kompressionstherapie und für Stomaartikel gerichteten Anfechtungsklagen war eine Klagebefugnis der Kläger nicht gegeben.
Eine Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) ist nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG nur zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt beschwert zu sein. Dies setzt voraus, dass die Verletzung der eigenen Rechte oder der in zulässiger Prozessstandschaft vertretenen Rechte eines Dritten geltend gemacht wird und die Verletzung dieser Rechte danach auch möglich erscheint. Die Klagebefugnis fehlt, wenn nach dem Klagevorbringen eine Verletzung derartiger Rechte nicht in Betracht kommt (stellvertretend: BSGE 43, 134, 141 = SozR 4100 § 34 Nr. 6). Das ist hier der Fall.
An einer möglichen Verletzung der Rechte der Kläger fehlt es vorliegend aus den Gründen der Entscheidung des BSG vom 24. November 2004 – B 3 KR 16/03 R = SozR 4-2500 § 36 Nr. 1. Hierauf wird in entsprechender Anwendung von § 136 Abs. 3 SGG verwiesen. Entgegen der Auffassung der Kläger werden durch die streitbetroffenen Allgemeinverfügungen offensichtlich nicht (gesetzeswidrig) Abgabepreise geregelt und Vertragsbedingungen festgeschrieben. Für die Frage, ob eine Regelung im Sinne von § 31 SGB X getroffen worden ist und für die Frage welchen Regelungsgehalt ein Verwaltungsakt hat, kommt es allein auf den objektiven Wert der schriftlichen Erklärung an (BSG, Urteil vom 10. März 1994 – 7 RAr 22/93 = SozR 3-4100 § 58 Nr. 6). Durch die in Rede stehenden Allgemeinverfügungen werden nach dem eindeutigen objektiven Erklärungsinhalt nur Festbeträge festgesetzt. Die von den Klägern inkriminierten Texte (vgl. Klagebegründung Seite 8 ff.) sind evident keine Regelungen im vorgenannten Sinne. Sie haben allesamt nur erläuternden Charakter. Die Vertragsfreiheit der Leistungserbringer, insbesondere deren Preisgestaltungsfreiheit, wird dadurch nicht eingeschränkt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Tatbestand:
Die Kläger wenden sich gegen bundesweit festgesetzte Festbeträge für bestimmte Hilfsmittel.
Der Kläger zu 1) nimmt als juristische Person des privaten Rechts die Interessen des Orthopädie-Mechaniker-Handwerks und des Bandagisten-Handwerks auf Bundesebene wahr. Zu seinen satzungsmäßigen Aufgaben gehört es u. a., die angeschlossenen Landesinnungsverbände und Handwerksinnungen zu unterstützen. Die Klägerinnen zu 2) bis 6) sind die im Lande Nordrhein-Westfalen bestehenden fünf Innungen für Orthopädie-Technik.
Am 1. Dezember 2004 beschlossen die beklagten Spitzenverbände der Krankenkassen mit Wirkung ab 1. Januar 2005 die Festsetzung von bundesweiten Festbeträgen u. a. für Einlagen, Inkontinenzhilfen, Hilfsmittel zur Kompressionstherapie und für Stomaartikel. Auf die Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 235a vom 10. Dezember 2004, S. 1 bis 27 wird verwiesen.
Hiergegen haben die Kläger am 10. Januar 2005 Klage erhoben. Sie tragen vor: Die Klage sei zulässig. Die Kläger seien insbesondere klagebefugt. Die Festbetragsfestsetzungen verletzten die zugelassenen Sanitätshäuser, deren Rechte die Kläger in Prozessstandschaft wahrnähmen, in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz. Die angegriffenen Verfügungen seien materiell rechtswidrig. Denn es würden nicht nur Erstattungsobergrenzen im Verhältnis zu den Versicherten festgesetzt, sondern gesetzeswidrig Abgabepreise geregelt und Vertragsbedingungen festgeschrieben. Auf die weiteren Ausführungen in der Klageschrift vom 7. Januar 2005 sowie in den klägerischen Schriftsätzen vom 14. Februar 2006 und 23. Juli 2007 wird verwiesen.
Die Beklagten haben durch Beschlüsse vom 11. Mai 2006 (bekannt gemacht im Bundesanzeiger vom 20. Juni 2006, Nr. 112; berichtigt im Bundesanzeiger vom 4. Juli 2006, Nr. 122) mit Wirkung ab 1. Juli 2006 (höhere) Festbeträge für Hilfsmittel zur Kompressionstherapie und für Einlagen festgesetzt. Die von den Klägern hiergegen beim Sozialgericht (SG) Berlin erhobene Klage ist unter S ... anhängig. Mit Wirkung vom 1. Januar 2007 haben die Beklagten die Festbeträge für Einlagen, Hörhilfen, Inkontinenzhilfen, Hilfsmittel zur Kompressionstherapie, Sehhilfen und für Stomaartikel neu festgesetzt (Beschluss vom 23. Oktober 2006, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 216a vom 17. November 2006). Diesbezüglich ist beim SG Berlin ein Klageverfahren unter S ... anhängig. Weil die am 1. Dezember 2004 beschlossenen Festbeträge mittlerweile nicht mehr gelten, gehen die Kläger davon aus, dass sich die hiesige Hauptsache erledigt hat.
Sie beantragen nunmehr,
festzustellen, dass die Festbetragsfestsetzungen vom 1. Dezember 2004 für Einlagen, Inkontinenzhilfen, Hilfsmittel zur Kompressionstherapie und für Stomaartikel, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 235a vom 10. Dezember 2004, rechtswidrig waren.
Die Beklagten zu 2) und 3) beantragen,
die Klagen abzuweisen.
Sie halten die Klagen wegen fehlender Klagebefugnis für unzulässig.
Die übrigen Beklagten haben sich schriftsätzlich den Ausführungen des federführenden Beklagten zu 2) angeschlossen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens und zur Ergänzung des Sachverhalts wird schließlich Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte. Vorgelegen haben außerdem die Verwaltungsakten des Beklagten zu 2), bestehend aus 21 Bänden Aktenordnern.
Entscheidungsgründe:
Die Klagen sind unzulässig. Die Kläger zu 1) bis 6) sowie die vom Kläger zu 1) vertretenen Landesinnungen bzw. Innungen und Mitgliedsbetriebe und die von den Klägerinnen zu 2) bis 6) vertretenen Leistungserbringer sind durch die angegriffenen Festbetragsfestsetzungen nicht in eigenen Rechten betroffen. Für die ursprünglichen Anfechtungsklagen fehlte es damit an der erforderlichen Klagebefugnis. Mithin sind auch die nunmehr anhängigen Fortsetzungsfeststellungsklagen unzulässig.
Gegenstand des Verfahrens sind nur die Festbetragsfestsetzungen vom 1. Dezember 2004. Hierbei handelt es sich um Allgemeinverfügungen nach § 31 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X). Die Festbetragsfestsetzungen vom 11. Mai 2006 für Hilfsmittel zur Kompressionstherapie und für Einlagen sind nicht gemäß § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des hiesigen Verfahrens geworden. Das gleiche gilt für die Festsetzungen durch Beschluss vom 23. Oktober 2006, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 216a vom 17. November 2006. Dahinstehen kann, ob die Einbeziehung schon an der fehlenden Zulässigkeit der Anfechtungsklage scheitert oder ob es mit der herrschenden Meinung hierauf für die "Klageerhebung" im Sinne von § 96 Abs. 1 SGG nicht ankommt (vgl. zum Streitstand: Leitherer, in: Meyer-Ladewig u. a., SGG, § 96, Rn. 2). Die Festbetragsfestsetzungen vom 1. Dezember 2004 werden durch die späteren Festbetragsfestsetzungen weder geändert noch ersetzt. Eine Ersetzung liegt nicht vor. Dies würde voraussetzen, dass der neue Verwaltungsakt ganz an die Stelle des alten tritt (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig u. a., SGG, § 96, Rn. 4). Das trifft hier schon deswegen nicht zu, weil die zeitliche Geltung der Festsetzungen nicht deckungsgleich ist. Die ursprünglichen bundesweiten Festbeträge galten ab 1. Januar 2005 und hatten (nur) bis Ende Juni 2006 bzw. bis Ende 2006 Bestand. Diesen Zeitraum erfassen die neuen Festsetzungen nicht. Die Allgemeinverfügungen vom 1. Dezember 2004 sind auch nicht im Sinne von § 96 Abs. 1 SGG durch neue abgeändert worden. Bezogen auf den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum Inkrafttreten der späteren Festsetzungen bleiben die alten Festsetzungen vielmehr unabgeändert. Sie sind und bleiben maßgeblich für die in dieser Zeit erbrachten Leistungen. Die späteren Festsetzungen treffen demgegenüber ab Wirksamkeitsbeginn jeweils eigenständige Regelungen. Die Inkongruenz des Regelungsgegenstandes in zeitlicher Hinsicht hindert eine Einbeziehung gemäß § 96 Abs. 1 SGG, die stets voraussetzt, dass der Regelungsgegenstand des neuen Verwaltungsakts mit dem des früheren identisch ist (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig u. a., SGG, § 96, Rn. 4a). Unabhängig davon sind die Regelungsgegenstände der späteren Festsetzungen – jeder einzelne Festbetrag ist eine gesonderte Regelung – auch sachlich nicht vollständig identisch mit den früheren Festsetzungen. So verfügt beispielsweise der Beschluss vom 1. Dezember 2004 betreffend die Hilfsmittel zur Kompressionstherapie keine Festbeträge für die Zusätze Eingriff für Leibteil (Positionsnummer 17.99.99.2018) und Stomaöffnung im Leibteil (Positionsnummer 17.99.99.2020). Insoweit kann der Beschluss vom 11. Juni 2006, durch den diesbezüglich Festbeträge festgesetzt werden, den Beschluss vom 1. Dezember 2004 nicht ändern. Deswegen könnte überhaupt nur eine teilweise Einbeziehung gemäß § 96 Abs. 1 SGG in Betracht kommen, die jedoch einen sorgfältigen Abgleich aller Positionen in den Beschlüssen erfordern würde. In diesem Zusammenhang müsste u. a. auch geklärt werden, ob es sich bei den im Beschluss vom 11. Juni 2006 genannten "Weichpolstereinlagen (3/4-lang)" um das gleiche Hilfsmittel handelt wie die im Beschluss vom 1. Dezember 2004 genannten "Weichpolstereinlagen (4/4-lang)" (Unterstreichung nur hier) und also nur ein Schreibfehler vorliegt, wofür die identische Positionsnummer spricht. Diese Erwägungen zeigen, dass eine Einbeziehung kein Beitrag zur Prozessökonomie wäre und mithin auch aus teleologischen Gründen zu unterbleiben hat. Dieses Ergebnis ist zwar wohl nicht verträglich mit dem Judikat des 3. Senats des BSG vom 31. August 2000 – B 3 KR 11/98 R (BSGE 87, 95 ff = SozR 3-2500 § 35 Nr. 1). Das BSG hat damals bei einer späteren Festbetragsfestsetzung die Voraussetzungen des § 96 Abs. 1 SGG deswegen für gegeben halten, weil die ursprüngliche Festbetragsregelung unbefristet galt. Die Kammer geht jedoch mit den Klägern davon aus, dass das BSG diese Frage heute anders entscheiden würde. Auf deren Schriftsatz vom 23. Juli 2007 wird Bezug genommen.
Die Fortsetzungsfeststellungsklagen sind unzulässig. Nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn er sich durch Zurücknahme oder anders erledigt hat und der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Der Übergang zur Fortsetzungsfeststellungsklage gilt nicht als Klageänderung (BSG, Urteil vom 24. November 2004 – B 3 KR 23/04 R = SozR 4-2500 § 35 Nr. 3). Die ursprünglichen Verwaltungsakte, d. h. die Festbetragsfestsetzungen vom 1. Dezember 2004 haben sich durch die späteren Festbetragsfestsetzungen wegen Zeitablaufs erledigt (vgl. BSG a. a. O.). Die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage setzt die Zulässigkeit der ursprünglichen Anfechtungsklage voraus. Das trifft hier nicht zu. Denn für die ursprünglich auf Kassation der Festbetragsfestsetzungen vom 1. Dezember 2004 für Einlagen, Inkontinenzhilfen, Hilfsmittel zur Kompressionstherapie und für Stomaartikel gerichteten Anfechtungsklagen war eine Klagebefugnis der Kläger nicht gegeben.
Eine Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) ist nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG nur zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt beschwert zu sein. Dies setzt voraus, dass die Verletzung der eigenen Rechte oder der in zulässiger Prozessstandschaft vertretenen Rechte eines Dritten geltend gemacht wird und die Verletzung dieser Rechte danach auch möglich erscheint. Die Klagebefugnis fehlt, wenn nach dem Klagevorbringen eine Verletzung derartiger Rechte nicht in Betracht kommt (stellvertretend: BSGE 43, 134, 141 = SozR 4100 § 34 Nr. 6). Das ist hier der Fall.
An einer möglichen Verletzung der Rechte der Kläger fehlt es vorliegend aus den Gründen der Entscheidung des BSG vom 24. November 2004 – B 3 KR 16/03 R = SozR 4-2500 § 36 Nr. 1. Hierauf wird in entsprechender Anwendung von § 136 Abs. 3 SGG verwiesen. Entgegen der Auffassung der Kläger werden durch die streitbetroffenen Allgemeinverfügungen offensichtlich nicht (gesetzeswidrig) Abgabepreise geregelt und Vertragsbedingungen festgeschrieben. Für die Frage, ob eine Regelung im Sinne von § 31 SGB X getroffen worden ist und für die Frage welchen Regelungsgehalt ein Verwaltungsakt hat, kommt es allein auf den objektiven Wert der schriftlichen Erklärung an (BSG, Urteil vom 10. März 1994 – 7 RAr 22/93 = SozR 3-4100 § 58 Nr. 6). Durch die in Rede stehenden Allgemeinverfügungen werden nach dem eindeutigen objektiven Erklärungsinhalt nur Festbeträge festgesetzt. Die von den Klägern inkriminierten Texte (vgl. Klagebegründung Seite 8 ff.) sind evident keine Regelungen im vorgenannten Sinne. Sie haben allesamt nur erläuternden Charakter. Die Vertragsfreiheit der Leistungserbringer, insbesondere deren Preisgestaltungsfreiheit, wird dadurch nicht eingeschränkt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
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