L 6 Ar 477/84

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 5 Ar 166/82
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 Ar 477/84
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Der Senat respektiert die (negative) Entscheidung des für die Amtsenthebung der ehrenamtlichen Richter zuständigen Senats, daß die zwei verbliebenen ehrenamtlichen Richter nicht des Amtes zu entheben seien, und geht deshalb von einer ordnungsgemäßen Besetzung aus trotz verbliebener Zweifel (Abweichung von BSG z.B. v. 23.01.1957 – 6 RKa 3/55 in BSGE 4, 242).
2. Der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 09.12.1985 (1 BvR 853/85) und das Urteil des Bundessozialgerichts vom 23.01.1986 (1 laRA 46/85) gehen von einem nicht aufgeklärten Sachverhalt aus.
3. Der Gesetzgeber konnte der ausländischen Arbeitslosenhilfe-Bezieherin, die zum Sozialversicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland keine Beiträge geleistet hat, durch Änderung des § 134 AFG durch das AFKG die Leistung zum 01.04.1982 ohne Grundrechtsverstoß entziehen.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 9. Februar 1984 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Es geht in dem Rechtsstreit um die Weitergewährung von Arbeitslosenhilfe über den 31. März 1982 hinaus.

Die 1951 geborene Klägerin war polnische Staatsangehörige. Am 22. Juli 1985 erhielt sie durch Einbürgerung die deutsche Staatsangehörigkeit. Sie war zuletzt vom 2. November 1979 bis zum 30. November 1980 in W. als Sekretariatsleiterin beschäftigt. Am 16. August 1980 heiratete sie den in W. in eigener Praxis tätigen Arzt Dr. E. A ... Am 26. Dezember 1980 übersiedelte die Klägerin in die Bundesrepublik Deutschland. Anfang Januar 1981 suchte die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann das Arbeitsamt Wiesbaden auf. In einer Aktennotiz vom 13. Oktober 1981 führte ein Beschäftigter des Arbeitsamtes an, daß um Vermittlung der Klägerin möglichst in eine Arztpraxis gebeten worden sei. Da der Ehemann der Klägerin sehr in Eile gewesen sei, sei die B/Ank nicht ausgefüllt worden. Nach Rücksprache mit der Vermittlung sei eine Vermittlung momentan nicht möglich gewesen, da die Klägerin nur polnisch gesprochen und keine Ausbildung (z.B. als Arzthelferin) gehabt habe. Der Ehemann der Klägerin sei darauf aufmerksam gemacht worden, daß die Klägerin zwar einen Antrag auf Arbeitslosenhilfe stellen könne, dieser aber wahrscheinlich wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt würde.

Am 1. Oktober 1981 beantragte die Klägerin rückwirkend ab Januar 1981 Arbeitslosenhilfe. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 29. Oktober 1981 ab. Auf den Widerspruch der Klägerin vom 23. November 1981 erließ die Beklagte am 8. April 1982 zwei Bescheide. Mit erstem Bescheid gewährte die Beklagte Arbeitslosenhilfe vom 7. Januar bis 31. August 1981, mit zweitem Bescheid gewährte die Beklagte Arbeitslosenhilfe ab 1. September 1981.

Mit Bescheid vom 15. April 1982 hob die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit ab 1. April 1982 auf. Mit weiterem Bescheid vom 20. April 1982 hob die Beklagte den ursprünglich ablehnenden Bescheid vom 29. Oktober 1981 wieder auf.

Mit Widerspruch vom 27. April 1982 wandte sich die Klägerin u.a. gegen den Aufhebungsbescheid vom 15. April 1982 und beanstandete, daß es bereits an einer ausreichenden Begründung fehle. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 1982 wies die Beklagte den Widersprach zurück und führte u.a. aus, die Klägerin habe nach der durch das AFKG (vom 22. Dezember 1981) geänderten neuen Fassung des § 134 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosenhilfe, da sie innerhalb der Jahresfrist vor Arbeitslosmeldung weder Arbeitslosengeld bezogen, noch die sonstigen Voraussetzungen des § 134 Abs. 1 Nr. 4 b und Abs. 2 und 3 AFG erfülle. Bei der vom 7. Januar 1980 bis 30. November 1981 in Polen ausgeübten Beschäftigung habe es sich nicht um eine die Beitragspflicht zur Beklagten begründende Beschäftigung gehandelt. Eine Gleichstellung nach § 107 AFG scheide aus, da die Klägerin weder Deutsche noch eine Vertriebene sei. Da jedoch im Dezember 1981 alle Anspruchsvoraussetzungen nach altem Recht vorgelegen hätten, sei nach der Übergangsvorschrift des Art. 1 § 2 Nr. 17 AFKG die Leistung bis 31. März 1982 zu bewilligen gewesen. Da bereits im Bewilligungsbescheid vom 8. April 1982 die Arbeitslosenhilfe nur bis 31. März 1982 bewilligt worden sei, habe es aus rechtlichen Gründen des Aufhebungsbescheides vom 15. April 1982 nicht mehr bedurft.

Hiergegen hat die Klägerin am 19. August 1982 Klage erhoben mit dem Ziel der Weitergewährung von Arbeitslosenhilfe über den 31. März 1982 hinaus. Sie hat vorgetragen, sie sei bis zum 31. März 1982 einem deutschen Arbeitslosen gleichgestellt worden. Es sei kein sachlicher Grund vorhanden, warum diese Gleichbehandlung mit dem 31. März 1982 enden solle. Es stelle ebenfalls keinen sachlichen Grund dar, den Ansprach auf Arbeitslosenhilfe davon abhängig zu machen, ob sie in einem polnischen Gebiet gearbeitet habe, das nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 innerhalb oder außerhalb des damaligen Deutschen Reiches gelegen habe.

Mit Urteil vom 9. Februar 1984 hat das Sozialgericht Wiesbaden (S-5/Ar-166/82) die Klage abgewiesen und damit begründet, daß die Klägerin die Voraussetzungen des § 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AFG (i.d.F. des Arbeitsförderungskonsolidierungsgesetzes – AFKG – vom 22. Dezember 1981, BGBl. I S. 1497) nicht erfülle. Sie habe weder Arbeitslosengeld bezogen, noch in einer Beschäftigung gestanden, die zur Erfüllung der Anwartschaft dienen könne. Die Beschäftigung in W. habe nicht der Beitragspflicht zur Beklagten unterlegen. Die Klägerin verkenne, daß nach § 107 Abs. 1 Nr. 3 AFG Zeiten einer Beschäftigung außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes aber innerhalb des Gebietes des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 nur bei einem Deutschen i.S. des Art. 116 Grundgesetz gleichgestellt seien. Bei der Klägerin würden deshalb auch dann keine Beschäftigungszeiten gleichgestellt werden können, wenn sie diese in einem früheren deutschen Gebiet zurückgelegt hätte.

Ein Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz liege nicht vor. Dem Gesetzgeber sei es nicht verwehrt, Ausländer und Deutsche verschieden zu behandeln. Die Staatsangehörigkeit einer Person sei grundsätzlich ein zulässiges Differenzierungskriterium, auch wenn es sich dabei um die Ehefrau eines Deutschen handele. Ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz liege ebenfalls nicht vor, da die Klägerin bei Wegfall der Arbeitslosenhilfe nicht gezwungen sei, sich von ihrem Ehemann zu trennen. Letztlich habe die Klägerin die Möglichkeit, bei Wegfall der Arbeitslosenhilfe Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen.

Gegen das ihr am 16. März 1984 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 2. April 1984 Berufung eingelegt.

Die Klägerin trägt vor, es verstoße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Grundgesetz, daß zwar Arbeitslosenhilfe auch solchen Personen gewährt werde, die außerhalb der Bundesrepublik Deutschland gearbeitet hatten, jedoch mit der Beschränkung, daß das im früheren Gebiet des Deutschen Reiches gewesen sein müsse. Die Begrenzung auf Gebiete, die früher zum Deutschen Reich gehört haben, sei willkürlich. Nun komme hinzu, daß sie überhaupt keine deutsche, sondern polnische Staatsangehörige gewesen sei. Sie müsse jedoch aufgrund ihrer Heirat mit einem deutschen Staatsangehörigen und ihrer endgültigen Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland in Bezug auf Arbeitslosenhilfe einem deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt werden. Die Sache solle deshalb zur Entscheidung dieser Rechtsfrage dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt werden. Inzwischen habe sie ausweislich der vorgelegten Einbürgerungsurkunde die deutsche Staatsangehörigkeit erworben.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 9. Februar 1984 zu ändern und unter Aufhebung des Bescheides vom 15. April 1982 und Änderung des Bescheides vom 8. April 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 1982 die Beklagte zu verurteilen, ihr Arbeitslosenhilfe über den 31. März 1982 hinaus zu gewähren,
hilfsweise,
den Rechtsstreit dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, das angefochtene Urteil sei zutreffend. § 107 Abs. 1 Nr. 3 AFG könne im Falle der Klägerin keine Anwendung finden, da sie weder Deutsche i.S. des Art. 116 GG sei noch im Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 eine Beschäftigung ausgeübt habe. Die Klägerin sei auch keine Vertriebene nach § 107 Abs. 1 Nr. 4 AFG. Es bestehe ferner kein Anlaß, die Sache dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt, § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Ausschließungsgründe nach §§ 144, 147, 149 SGG liegen nicht vor.

Der Senat konnte in der Besetzung mit den ehrenamtlichen Richtern G. und W. entscheiden. Beide ehrenamtliche Richter wurden nach dem 1. April 1985 und nach dem neuen vom Hessischen Sozialminister nunmehr angewandten Verfahren unter Auswahl aus Vorschlagslisten berufen. Auch die Reihenfolge der Zuziehung der ehrenamtlichen Richter ist nicht zu beanstanden, obwohl die zwei im 6. Senat verbliebenen ehrenamtlichen Richter R. und W., die entsprechend dem vor dem 1. April 1985 im Hessischen Sozialministerium üblichen Verfahren berufen worden waren, in diesem Jahr an anderen Sitzungen mitgewirkt und damit die Reihenfolge beeinflußt haben.

Der Senat sah keinen Anlaß mehr, den nach wie vor bestehenden Zweifeln – etwa durch die Einvernahme von Zeugen aus dem Geschäftsbereich des Hessischen Sozialministers – darüber nachzugehen, ob das vor dem 1. April 1985 angewandte Berufungsverfahren der ehrenamtlichen Richter an Mängel gelitten hat, die verfassungsrechtlich und im Hinblick auf § 551 Nr. 1 ZPO relevant sein könnten. Zwar sind diese Bedenken weder durch den Beschluss des Dreierausschusses des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Dezember 1985 (1 BvR 853/85, 1 BvR 1043/85 und 1 BvR 1118/85) noch durch die Entscheidung des 11 a Senats des Bundessozialgerichts vom 23. Januar 1986 (11 RA 46/85) ausgeräumt worden. Denn beide Entscheidungen gehen hinsichtlich der Vorgänge um die Berufung der ehrenamtlichen Richter von einem unaufgeklärten Sachverhalt aus, den der erkennende Senat im Rahmen seiner Entscheidung vom 22. Juli 1985 (L 6/Ar 477/84) nicht zu überprüfen hatte. Auch die knappen Gründe der Beschlüsse des 9. Senats des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. Februar 1986 und vom 17. März 1986 (L 9/S 135/85 und L 9/S 137/85), in denen festgestellt wurde, daß die ehrenamtlichen Richter R. und W. nicht ihres Amtes zu entheben seien, vermochten den Senat nicht davon zu überzeugen, daß außerhalb des verfassungsrechtlichen Fragenbereichs – trotz der bereits feststehenden Verstöße bei der Berufung der ehrenamtlichen Richter gegen § 13 SGG – eine ordnungsgemäße Berufung der ehrenamtlichen Richter erfolgt ist.

Letztlich kann dies jedoch dahinstehen. Denn der Senat ist der Auffassung, daß die Beschlüsse des 9. Senats des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. Februar 1986 und vom 17. März 1986 vom erkennenden Senat zu respektieren sind und diesen damit insoweit binden, als die ordnungsgemäße Besetzung des Senats mit ehrenamtlichen Richtern in Frage steht.

Dabei lehnt der erkennende Senat die vom BSG bereits im Urteil vom 23. Januar 1957 (6 RKa 3/55 in BSGE 4, 242) vertretene Auffassung ab, daß auch bei bereits durchgeführten Amtsenthebungsverfahren mit negativem Ausgang nach §§ 22, 35 SGG eine Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Besetzung erfolgen könne und müsse, da dies zu einem Stillstand der Rechtspflege führen könnte. Für den Fall, daß ein Spruchkörper die Meinung vertritt, daß eine ordnungsgemäße Besetzung mit keinem ehrenamtlichen Richter möglich wäre – etwa, weil das Berufungsverfahren aller ehrenamtlicher Richter als schwerwiegend falsch bewertet wird (vgl. Beschluss vom 22. Juli 1985, s.o.) – und der für die Amtsenthebung nach §§ 22, 35 SGG zuständige Senat beschließt, daß keinen den ehrenamtlichen Richter seines Amtes zu entheben sei, würde ein nicht akzeptablen Stillstand den Rechtspflege eintreten. Diese mögliche Folge muß auch dann zu einer Vorrangigkeit den Entscheidung des für die Amtsenthebung den ehrenamtlichen Richten zuständiges Senats führen, wenn – wie hier – nur (noch) einzelne ehrenamtliche Richten betroffen sind.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 9. Februar 1984 ist in vollem Umfang zu bestätigen.

Zu Recht hat die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden der Klägerin Arbeitslosenhilfe nur bis zum 31. März 1982 gewährt und es abgelehnt, über diesen Zeitpunkt hinaus Arbeitslosenhilfe zu zahlen, bzw. die bewilligte Arbeitslosenhilfe mit Wirkung ab diesem Zeitpunkt wieder aufgehoben.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosenhilfe über den 31. März 1982 hinaus nach §§ 134, 107, 104 AFG i.d.F. des AFKG vom 22. Dezember 1981 (BGBl. I S. 1497). Nach § 134 AFG hat Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, wer arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Arbeitslosenhilfe beantragt hat, keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, weil er die Anwartschaftszeit (§ 104) nicht erfüllt, bedürftig ist und innerhalb eines Jahres vor der Arbeitslosmeldung, die dem Antrag auf Arbeitslosenhilfe vorausgeht, Arbeitslosengeld bezogen hat, ohne daß der Anspruch nach § 119 Abs. 3 erloschen ist, oder mindestens 150 Kalendertage, sofern der letzte Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe nach § 119 Abs. 3 erloschen ist, danach mindestens 240 Kalendertage in einer Beschäftigung gestanden oder eine Zeit zurückgelegt hat, die zur Erfüllung der Anwartschaftszeit dienen können.

Bei der Klägerin fehlt es sowohl an einem Vorbezug von Arbeitslosengeld als auch an einer Beschäftigungszeit von 150 Tagen, die zur Erfüllung der Anwartschaftszeit dienen kann. Die Klägerin hat im Geltungsbereich des AFG überhaupt keine Beschäftigungszeiten zurückgelegt nach § 104 AFG. Bei der Klägerin liegen aber auch keine Zeiten vor, die nach § 107 Abs. 1 Nr. 3 AFG gleichgestellt werden können. Die Klägerin war bis zum 21.07.1985 Nichtdeutsche, so daß Zeiten der Beschäftigung im Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937, aber außerhalb des Geltungsbereiches des AFG, nicht in Betracht kommen, abgesehen davon, daß zusätzlich W. außerhalb dieses Gebietes liegt. Es war deshalb auch nicht näher auf die unrichtige Auffassung der Klägerin einzugehen, daß die Ehefrau eines Deutschen insoweit mit einer Deutschen gleichgestellt werden müsse. Hierzu hat das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt, daß die Nationalität einer Person ein zulässiges Differenzierungskriterium darstellt. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG liegt nach Auffassung des erkennenden Senats nicht vor. Eine Vorlage des Rechtsstreits vor das Bundesverfassungsgericht aus diesem Grunde kam deshalb nicht in Betracht. Die Klägerin hat weder durch Beiträge noch durch andere Leistungen zum Bruttosozialprodukt der Bundesrepublik Deutschland beigetragen. Wenn die Bundesrepublik Deutschland aus besonderer Fürsorgepflicht für alle Deutschen eine Erweiterung der Leistungen der Arbeitslosenhilfe aus Beschäftigungen im Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand 31. Dezember 1937 oder für Vertriebene auch außerhalb dieses Gebietes normiert, ist es nicht sachfremd, diese Leistungen allen Nichtdeutschen bzw. Nichtvertriebenen zu versagen. Von der nach den §§ 108, 109 AFG bestehenden Möglichkeit des Erlasses einer Verordnung hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung bisher keinen Gebrauch gemacht. Zwischenstaatliche Regelungen mit der Volksrepublik Polen, die zu einer Berücksichtigung von polnischen Beschäftigungszeiten führen würden, existieren ebenfalls nicht. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten solche Einbeziehungen jedoch im Zweifelsfalle nur dann erfolgen, wenn auch die Gegenseitigkeit gewährleistet ist, also auch deutsche Arbeitslose in Polen gleiche Rechte erhalten würden. Es ist unerheblich, daß die Klägerin die deutsche Staatsangehörigkeit nachträglich am 22. Juli 1985 erworben hat. Damit ist der zu diesem Zeitpunkt abgeschlossene Vorgang des Entzuges von Arbeitslosenhilfe ab 1. März 1982 nicht mehr abweichend zu beurteilen (vgl. zu § 1 Buchst. b FRG – Urteil des Bayer. LSG vom 27. September 1984 – L-16/Ar-289/84).

Das gewonnene Ergebnis wird nicht dadurch beeinflußt, daß die Klägerin nach der bis zum 31. Dezember 1981 geltenden Fassung des § 134 AFG einen originären Anspruch auf Arbeitslosenhilfe erworben hatte. Bei der damaligen sogenannten kleinen Anwartschaft genügte eine entlohnte Beschäftigung von 70 Tagen, unabhängig ob diese im Inland oder Ausland zurückgelegt worden war. Wie oben bereits gezeigt, erfolgte die Verschlechterung nicht willkürlich, sondern knüpfte in erster Linie an die Zugehörigkeit zur Arbeitnehmerschaft im Bereich des AFG an, mit der eng begrenzten Ausnahme des deutschen Arbeitnehmers im Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937. Die Beschäftigungszeiten eines deutschen Arbeitnehmers außerhalb dieses Gebietes, etwa in W., waren damit nur noch anwartschaftsbegründend, wenn er die Vertriebeneneigenschaft besaß. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht kam deshalb auch zur Klärung dieses Problems nicht in Betracht. Darüber hinaus sieht der Senat die Schlechterstellung der Klägerin durch das AFKG auch nicht als Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG an. Hierzu fehlt es bereits an der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Voraussetzung der nicht unerheblichen Eigenleistung der Versicherten (vgl. BVerfGE 69, S. 272 ff). Die Klägerin hat zum Sozialversicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland weder direkt noch durch ihren Arbeitgeber irgendwelche Beiträge geleistet; damit ist ihre erworbene Rechtsposition durch § 143 AFG a.F. nicht so verfertigt, daß dem Gesetzgeber eine Änderung untersagt gewesen wäre.

Den Besonderheiten des Dauerrechtsverhältnisses des Beziehers von Arbeitslosenhilfe nach dem bisherigen Recht hat der Gesetzgeber in Art. 1 § 2 Nr. 17 AFKG durch eine Übergangsregelung Rechnung getragen. Den Beziehern von Arbeitslosenhilfe, denen nach § 134 AFG a.F. im Dezember 1981 ein Anspruch zustand, die nach § 134 AFG n.F. ab 1. Januar 1982 jedoch keinen Anspruch mehr gehabt hätten, wurde eine übergangsweise Weiterzahlung der Arbeitslosenhilfe bis 31. März 1982 zugestanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird zugelassen, da der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung hat, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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