L 6 Ar 430/84

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 5 Ar 144/82
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 Ar 430/84
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei der Arbeitslosenhilfe ist eine vom früheren Arbeitgeber nach §§ 9, 10 KSchG gezahlte Abfindung auch dann nicht zu berücksichtigen, wenn ein Teil der Abfindung in einem Betrag zur Auszahlung kommt und daneben eine Ratenvereinbarung getroffen wird, wonach der Arbeitgeber 36 Monatsraten zahlt, bei Verzug der gesamte Betrag fällig wird, die Ratenzahlungsverpflichtung jedoch endet mit der Feststellung der Erwerbsunfähigkeit durch den Rentenversicherungsträger. Zwar handelt es sich dabei um Einkommen i.S. § 138 AFG, nach der weitergehenden Vorschrift des § 11 Nr. 1 Arbeitslosenhilfeverordnung entfällt jedoch eine Anrechnung, da es sich um einmalige Einkünfte handelt, die nach Entstehungsgrund, Zweckbestimmung oder Übung nicht dem laufenden Lebensunterhalt dienen.
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 31. Januar 1984 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Es geht in dem Rechtsstreit um die Höhe des Arbeitslosenhilfeanspruchs des Klägers für die Zeit vom 16. Oktober 1981 bis 31. Mai 1983 wegen einer Anrechnung von Einkommen in Höhe von wöchentlich DM 46,90.

Der 1925 geborene Kläger arbeitete von 1952 bis zum 30. September 1980 in der Klischeeanstalt R. in K. für ein Bruttomonatsentgelt von zuletzt DM 2.523,84. Das Arbeitsverhältnis war vom Arbeitgeber des Klägers mit Schreiben vom 27. Juni 1980 zum 30. September 1980 gekündigt worden. Auf die Klage des Klägers wurde vor dem Arbeitsgericht K. (4 Ca 310/78) am 26. September 1980 folgender Vergleich abgeschlossen:

1) "Das Arbeitsverhältnis endet am 30.09.1980 durch ordentliche betriebsbedingte Kündigung der Beklagten.

2) Die Beklagte zahlt dem Kläger als Abfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG am 01.11.1980 DM 9.120,– (i.W.: Neuntausendeinhundertzwanzig Deutsche Mark) netto und ab 01.01.1981 monatliche Raten in Höhe von DM 380,– (i.W.: Dreihundertachtzig Deutsche Mark) netto, fällig bis zum 5. eines jeden Monats, für die Dauer von sechsunddreißig Monaten. Kommt die Beklagte mit mehr als einer Rate in Rückstand, so ist der gesamte noch ausstehende restliche Abfindungsbetrag auf einmal fällig.

3) Der Anspruch des Klägers auf die Ratenabfindung erlischt zu dem Zeitpunkt, zu dem die Erwerbsunfähigkeit des Klägers durch die zuständige Versicherungsanstalt festgestellt ist, rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Feststellung der Erwerbsunfähigkeit.

Der Kläger verpflichtet sich, eine eventuelle Überzahlung der Abfindung insoweit zurückzuzahlen.

Der Anspruch des Klägers auf den anteiligen Einmalbetrag der Abfindung in Höhe von DM 9.120,– bleibt von einer eventuellen Feststellung der Erwerbsunfähigkeit unberührt.

4) Die außergerichtlichen Kosten trägt jede Partei selbst. Die baren Auslagen des Gerichts werden geteilt.

5) Dem Kläger bleibt der Widerruf des Vergleichs vorbehalten, durch schriftliche Anzeige zu den Gerichtsakten bis spätestens Dienstag, dem 11.11.1980.

Das Recht auf Widerruf erlischt, sobald der Einmalbetrag der Abfindung in Höhe von DM 9.120,– gezahlt ist.”

Der Vergleich wurde nicht widerrufen.

Der Kläger erhielt von der Beklagten Arbeitslosengeld für die Zeit vom 17. Oktober 1980 bis zum 15. Oktober 1981. Mit Bescheid vom 12. November 1981 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosenhilfe ab 16. Oktober 1981 nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von DM 600,–. Auf die Leistung rechnete die Beklagte Einkommen des Klägers in Höhe von DM 137,18 an, das sich aus dem monatlichen Abfindungsbetrag von DM 380,– und Unterhaltspflichten der Kinder des Klägers zusammensetzte. Es verblieb dem Kläger ein wöchentlicher Zahlbetrag von DM 90,84.

Auf den Widerspruch des Klägers vom 20. November 1981 verminderte die Beklagte mit Bescheid vom 2. April 1982 den wöchentlichen Anrechnungsbetrag auf DM 46,90, erhöhte den Zahlbetrag auf DM 181,10 und wies mit Widerspruchsbescheid vom 3. Mai 1982 den Widerspruch im Übrigen zurück. In der Begründung wurde u.a. ausgeführt, aus dem Vorbringen des Klägers und den nachgewiesenen Belastungen habe sich ergeben, daß das Einkommen der Kinder nicht mehr zur Anrechnung komme. Bei der monatlichen Zahlung von DM 380,– durch den früheren Arbeitgeber des Klägers handele es sich jedoch um anrechenbares Einkommen, wobei nachgewiesene Versicherungsbeiträge von monatlich DM 176,75 abzusetzen seien, so daß ein wöchentlicher Anrechnungsbetrag von DM 46,90 verbleibe.

Hiergegen hat der Kläger am 26. Mai 1982 Klage erhoben, mit der er die anrechnungsfreie Gewährung von Arbeitslosenhilfe begehrte.

Mit Änderungsbescheid vom 20. Oktober 1982 erhöhte die Beklagte nach erneuter Prüfung ab 1. Oktober 1982 den Anrechnungsbetrag auf DM 85,48. Auf den Widerspruch des Klägers setzte sie mit Bescheid vom 29. November 1982 den Anrechnungsbetrag ab 1. Oktober 1982 wieder auf den ursprünglichen Betrag von DM 46,90 fest.

Mit Bescheid vom 14. September 1983 gewährte die Landesversicherungsanstalt Hessen dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. Juni 1983. Aufgrund eines Ersatzanspruches überwies die Landesversicherungsanstalt Hessen der Beklagten aus der Rentennachzahlung einen Betrag von DM 3.802,40 entsprechend der an den Kläger ausbezahlten Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 1. Juni bis zum 26. September 1983 zuzüglich des Krankenversicherungszuschusses.

Der Kläger hat die Klage u.a. damit begründet, die Anrechnung des ihm von seinem früheren Arbeitgeber monatlich gezahlten Betrages von DM 380,– sei nicht zulässig. Es handele sich um eine einmalige Leistung als Abfindung nach §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) für den Verlust des Arbeitsplatzes. Nur mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Belange seines Arbeitgebers – eines Kleinbetriebes – habe er sich mit der ratenweisen Zahlung des Abfindungsbetrages einverstanden erklärt.

Die Beklagte hat vorgetragen, § 11 Nr. 1 Arbeitslosenhilfe-Verordnung sei nicht einschlägig, da es sich bei dem im Streit stehenden Betrag eindeutig nicht um "einmalige Einkünfte” handele. Dagegen spreche schon die Tatsache, daß dem Kläger für die Dauer von 3 Jahren jeweils monatlich der Betrag in Höhe von DM 380,– ausgezahlt werden sollte.

Das Sozialgericht Kassel hat die Akten des Arbeitsgerichtes Kassel – 4 Ca 310/80 – beigezogen. Mit Urteil vom 31. Januar 1984 (S-5/Ar-144/82) hat das Sozialgericht Kassel den Bescheid vom 2. April 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Mai 1982 sowie die Bescheide vom 20. Oktober 1982 und vom 29. November 1982 geändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 16. Oktober 1981 Arbeitslosenhilfe ohne Anrechnung von Einkommen zuzahlen. In der Begründung hat das Gericht u.a. ausgeführt, nach § 11 Nr. 1 der Arbeitslosenhilfe-Verordnung vom 7. August 1974 gelten einmalige Einkünfte, soweit sie nach Entstehungsgrund, Zweckbestimmung oder Übung nicht dem laufenden Lebensunterhalt dienten, nicht als Einkommen. Die Ratenabfindung gehöre zu diesen einmaligen Einkünften. Sie diene nicht dem laufenden Lebensunterhalt, sondern stelle eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes dar nach §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz. Dies ergebe sich auch aus dem arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 26. September 1980, wonach der gesamte noch ausstehende restliche Abfindungsbetrag fällig werde, wenn der Arbeitgeber mit mehr als einer Rate in Rückstand komme. Daß der Anspruch auf Ratenabfindung im Falle der Feststellung der Erwerbsunfähigkeit des Klägers erlösche, ändere jedoch ebenfalls nichts am Wesen der Abfindung als einer einmaligen Einkunftsart. Das Sozialgericht Kassel hat die Berufung im Urteil zugelassen.

Gegen das ihr am 27. Februar 1984 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23. März 1984 Berufung eingelegt, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie Klageabweisung begehrt.

Die Beklagte trägt vor, zunächst sei darauf hinzuweisen, daß die Arbeitslosenhilfe vom Grundsatz der Subsidiarität beherrscht werde und ein Rechtsanspruch auf Arbeitslosenhilfe nicht bestehe, solange und soweit der Arbeitslose für sich und seine Angehörigen selbst sorgen könne. Zur Bestreitung des Lebensunterhaltes sei danach u.a. das eigene Einkommen (§ 138 Abs. 1 Nr. 1 AFG) heranzuziehen. Dabei enthalte § 138 AFG einen eigenen Einkommensbegriff, der grundsätzlich umfassender sei als der steuerliche Einkommensbegriff. Eine Einschränkung erfolge allerdings durch das in § 138 Abs. 3 AFG erwähnte sogenannte privilegierte Einkommen. Hier müsse zunächst davon ausgegangen werden, daß es sich bei der ratenweise gewährten Abfindung um anzurechnendes Einkommen handele. Es lägen auch nicht die Voraussetzungen des § 11 Nr. 1 Arbeitslosenhilfeverordnung vor, wonach auch einmalige Einkünfte nicht als Einkommen gelten würden, soweit sie nach Entstehungsgrund, Zweckbestimmung oder Übung nicht dem laufenden Lebensunterhalt dienten. Aus der Tatsache, daß der Anspruch auf "Ratenabfindung” mit der Zuerkennung eines Anspruches auf Erwerbsunfähigkeitsrente erlösche und sich der Kläger verpflichtet habe, überzahlte Beträge zurückzuzahlen, sei zu schließen, daß diese Leistung ihrer Zweckbestimmung nach dem laufenden Lebensunterhalt diene. Es sollte damit der Zeitraum zwischen Eintritt der Arbeitslosigkeit und Rentenzuerkennung abgedeckt und Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes bereitgestellt werden.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 31. Januar 1984 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger trägt vor, die Ansicht der Beklagten, bei der "Ratenabfindung” handele es sich nicht um eine solche gemäß § 9, 10 Kündigungsschutzgesetz sondern um eine laufende Beihilfe zum Lebensunterhalt, könne nicht überzeugen. Er sei ca. 28 Jahre bei seinem damaligen Arbeitgeber beschäftigt gewesen. Nach § 10 Kündigungsschutzgesetz hätte er einen Abfindungsanspruch bis zu 15 Monatsverdiensten gehabt. Offensichtlich habe man sich im Vergleichswege bei 12 Monatseinkommen getroffen. Das seien rund DM 24.400,–. Davon sei ein Betrag von 9.120,– DM für die sofortige Auszahlung bestimmt worden, während der Rest von DM 14.280,– in 36 Monatsraten gezahlt werden sollte. Hinsichtlich der Vereinbarung einer Ratenzahlung sei Rücksicht auf die wirtschaftliche Situation des Arbeitgebers genommen worden. Wenn man die Fälligkeitsklausel bei Verzug des Arbeitgebers berücksichtige, werde besonders deutlich, daß es sich um einen Abfindungsbetrag von insgesamt DM 24.400,– gehandelt habe. Dem stehe auch nicht die Vergleichsbestimmung entgegen, daß der Anspruch auf "Ratenabfindung” mit der Zuerkennung der Erwerbsunfähigkeitsrente enden würde, da der Kläger in diesem Fall aus dem Arbeitsleben ausgeschieden wäre und keine Nachteile mehr hinzunehmen gehabt hätte, die sich aus dem vorherigen Arbeitsplatzverlust hätten ergeben können.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten des Arbeitsgerichtes Kassel – 4 Ca 310/80 –, der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt, § 151 SGG.

Die nach § 147 SGG als sogenannter Höhenstreit an sich unzulässige Berufung ist durch ausdrückliche Zulassung im Tenor des angefochtenen Urteils zulässig nach § 150 Nr. 1 SGG.

Der erkennende Senat konnte auch ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hiermit ihr Einverständnis erklärt haben, § 124 Abs. 2 SGG.

Die Berufung ist unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Kassel ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat mit ihren angefochtenen Bescheiden zu Unrecht eine Anrechnung von Einkommen des Klägers auf den Arbeitslosenhilfeanspruch vorgenommen in Höhe von wöchentlich durchgehend DM 46,90. Dabei hatte die Beklagte die zunächst höheren Anrechnungen unter Berücksichtigung von Unterhaltsverpflichtungen der Kinder des Klägers mit Bescheiden vom 12. November 1981 und vom 20. Oktober 1982 mit den nachfolgenden Bescheiden vom 2. April 1982 und vom 29. November 1982 selbst dahingehend abgeändert, daß für den gesamten Zeitraum ab 16. Oktober 1981 nur eine Anrechnung des um Versicherungsbeiträge verminderten monatlichen Betrages von DM 380,– aus dem arbeitsgerichtlichen Vergleich verblieb.

Bei dem monatlich von dem früheren Arbeitgeber des Klägers gezahlten Betrag von DM 380,– handelt es sich zunächst um Einkommen i.S. des § 138 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Dabei ist von der Subsidiarität der Arbeitslosenhilfe auszugehen, § 137 AFG. Ein Rechtsanspruch auf Arbeitslosenhilfe steht dem Arbeitslosen insoweit nicht zu, als er für sich und seine Angehörigen selbst sorgen kann (vgl. Hennig-Kühl-Heuer, Loseblattkommentar zum AFG, Stand Oktober 1984, § 137 Nr. 3). Dem entspricht zunächst der weite Einkommensbegriff des § 138 Abs. 1 und 2 AFG, wonach alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen sind. Dabei ist für den Begriff des Einkommens die Zweckbestimmung der zugeflossenen finanziellen Leistung unerheblich (so Urteil des BSG vom 20. Juni 1978 – 7 RAr-47/77 – in BSGE 46, 271). Um eine Einnahme in Geld handelt es sich bei dem monatlichen Zahlbetrag von DM 380,–. Dieser Betrag ist dem Kläger auch in jedem Monat zugeflossen. Es handelt sich also nicht um eine Umschichtung des Vermögens, wie in dem vom BSG entschiedenen Fall, in dem aus Hausverkäufen monatliche Kaufpreisraten an den Arbeitslosen bezahlt wurden (Urteil vom 20. Juni 1978 s.o.). Von dem Betrag in Höhe von DM 380,– wurden auch zwischen den Beteiligten unstreitige monatliche Versicherungsbeiträge in Höhe von DM 176,75 abgesetzt entsprechend § 138 Abs. 2 Satz 2 AFG.

Es handelt sich bei dem monatlichen Zahlbetrag auch nicht um "Nichteinkommen” i.S. des § 138 Abs. 3 AFG. Zu denken wäre etwa an § 138 Abs. 3 Nr. 6 AFG. Danach gelten nicht als Einkommen Leistungen zum Ausgleich eines Schadens, soweit sie nicht für entgangenes oder entgehendes Einkommen gewährt werden. Die nach §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) zu zahlende Abfindung stellt einen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes dar, der jedoch untrennbar verknüpft ist mit dem Verlust einer Einnahmemöglichkeit, so daß letzten Endes auch ein Ausgleich für entgehendes Einkommen stattfindet.

Zu denken wäre ferner an § 138 Abs. 3 Nr. 7 AFG. Danach gelten nicht als Einkommen Unterstützungen aufgrund eigener Vorsorge für den Fall der Arbeitslosigkeit und Zuwendungen, die die freie Wohlfahrtspflege gewährt oder die ein Dritter zur Ergänzung der Arbeitslosenhilfe gewährt, ohne dazu rechtlich oder sittlich verpflichtet zu sein. Der Abschluß des Vergleichs kann nicht als eigene Vorsorge für den Fall der Arbeitslosigkeit angesehen werden, da dem Begriff der Vorsorge ein Element der Langfristigkeit innewohnt. Unter Vorsorge wäre etwa der Abschluß einer entsprechenden Zusatzversicherung zu verstehen. Der frühere Arbeitgeber des Klägers leistete die Zahlungen auch aufgrund rechtlicher Verpflichtungen aus dem arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 26. September 1980.

Zutreffend hat jedoch das Sozialgericht Kassel festgestellt, daß eine Anrechnung nach der weitergehenden Vorschrift des § 11 Nr. 1 Arbeitslosenhilfeverordnung vom 7. August 1974 entfällt. Die Ermächtigung zum Erlass der Verordnung ergibt sich insoweit aus § 138 Abs. 4 AFG. Bei der monatlichen Zahlung von DM 380,– handelt es sich um einmalige Einkünfte. Der arbeitsgerichtliche Vergleich vom 26. September 1980 spricht in Nr. 2 ausdrücklich von einer Abfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG. Danach sollten am 1. November 1980 ein einmaliger Betrag von DM 9.120,– und ab 1. Januar 1981 monatliche Raten in Höhe von DM 380,– für die Dauer von 36 Monaten gezahlt werden. Entsprechend § 10 KSchG ist als Regel die Abfindung in einem Betrag festzusetzen, der im Falle des Klägers bis zu 15 Monatsverdiensten betragen konnte. Die Vereinbarung einer teilweisen Ratenzahlung des Abfindungsbetrages, die nach Angabe des Klägers mit Rücksicht auf Größe und Leistungskraft des Betriebes erfolgte, ändert an der Einmaligkeit dieser Einkunft nichts. Dies zeigt sich zum einen daran, daß bei Verzug des früheren Arbeitgebers der Restbetrag in einer Summe fällig wurde und zum anderen, daß die Leistung nach oben begrenzt wurde durch maximal 36 Raten. Ein Höchstbetrag stand also von vornherein fest. Dieses Ergebnis wird nicht dadurch beeinflußt, daß bei früherer Feststellung der Erwerbsunfähigkeit des Klägers die Ratenzahlung enden sollte. Die mögliche und dann auch tatsächlich eingetretene Verringerung des Höchstbetrages macht aus einmaligen Einkünften keine zu berücksichtigenden wiederkehrenden Einkünfte. Im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten vertritt der erkennende Senat auch nicht die Meinung, daß die Ratenabfindung ihrer Zweckbestimmung nach dem laufenden Lebensunterhalt des Klägers diente. Vom Entstehungsgrund stellen sowohl der einmalige Betrag von DM 9.120,– als auch die monatlichen Zahlungen eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes dar, wie oben bereits ausgeführt wurde. Die Zweckbestimmung kann hier jedenfalls von dem Entstehungsgrund nicht gelöst werden. Der Zweck der Ratenzahlung liegt in der Erfüllung der schuldrechtlichen Verbindlichkeit aus dem arbeitsgerichtlichen Vergleich. Für die Frage nach dem Zweck ist es unerheblich, daß verschiedene auch entgegengesetzte Motive bei dem Kläger und dem früheren Arbeitgeber zu der schließlich getroffenen Vereinbarung geführt haben können. Ob dies Rücksicht auf die eingeschränkte Leistungskraft des früheren Arbeitgebers, Erzielung eines möglichst hohen Betrages oder auch Überbrückung der finanziellen Durststrecke bis zur Gewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente waren, ist also unbeachtlich. So hat das BSG in seinem Urteil vom 20. Juni 1978 (s.o.) den in Raten an den Arbeitslosen entrichteten Kaufpreis ebenfalls nicht zu dem Einkommen gerechnet, da die Ratenzahlung den Charakter der Leistung (dort Gegenleistung für die Veräußerung von Vermögensbestandteilen) nicht verändert. Gleiches muß auch hier gelten. Die Ratenzahlung einer Abfindung macht aus einer einmaligen Einkunft keine wiederkehrenden Einkünfte. Etwas anderes hätte allenfalls gelten können, wenn die monatlichen Zahlungen durch den früheren Arbeitgeber nicht der Dauer nach von vornherein auf höchstens 36 Monate begrenzt gewesen wären, sondern die Zahlungen etwa in Art einer Betriebsrente geleistet worden wären (vgl. Urteil des BSG vom 20. Juni 1978 s.o.).

Eine Berücksichtigung der Ratenzahlungen als Vermögen kam ebenfalls nicht in Betracht nach § 137 Abs. 2, 3 AFG i.V. § 6 Arbeitslosenhilfe-Verordnung. Seit der Bewilligung der Arbeitslosenhilfe ab 16. Oktober 1981 standen dem Kläger Ratenzahlungen seines früheren Arbeitgebers zu für November 1981 bis Mai 1983 entsprechend einem Gesamtbetrag von DM 7.220,–. Dieser Betrag liegt unterhalb des Vermögensfreibetrages nach § 6 Abs. 1 Arbeitslosenhilfe-Verordnung in Höhe von DM 8.000,–, wobei eine fiktive Abzinsung noch nicht einmal berücksichtigt wurde. Im Antrag vom 21. September 1981 hat der Kläger auch bereits bestätigt, daß er über kein den Freibetrag übersteigendes Vermögen verfügt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war zuzulassen, da der erkennende Senat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zumißt, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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