L 6 Ar 603/89

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 5 Ar 40/88
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 Ar 603/89
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Eine Abfindung oder ähnliche Leistung führt nur dann zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld nach § 117 Abs. 2 AFG, wenn diese wegen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt wird.
2. An einem solchen, die Regelvermutung des § 117 Abs. 2 AFG begründenden Ursachenzusammenhang fehlt es, wenn nach einer fristgerechten Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung das auslaufende Arbeitsverhältnis wegen eines neuen Arbeitsverhältnisses doch noch vorzeitig beendet wird (Abgrenzung zu BSG Urteil vom 29. Oktober 1986 – 7 RAr 48/85 = SozR 4100 § 117 Nr. 17).
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 6. März 1989 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) gemäß § 117 Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) für den Monat September 1987 wegen des Bezugs einer Abfindung aus einem früheren Beschäftigungsverhältnis.

Die 1936 geborene Klägerin war von 1970 bis 30. Juni 1987 bei der Firma V. in G. als Sekretärin bzw. Sachbearbeiterin beschäftigt. Die Kündigungsfrist dieses Arbeitsverhältnisses betrug sechs Monate zum Vierteljahresschluß. Mit Schreiben vom 20. März 1987 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zum 30. September 1987. Nachdem der Betriebsrat der Kündigung widersprochen hatte, kam es noch im März 1987 zu einer vergleichsweisen Einigung mit der Klägerin mit folgendem Inhalt (Schreiben der Firma V. vom 1. April 1987):

1) "Das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis endet auf Grund der angesprochenen arbeitgeberseitigen betriebsbedingten Kündigung zum 30. September 1987.

2) Aus Anlaß des Verlustes des Arbeitsplatzes und zur Vermeidung eines Kündigungsschutzprozesses zahlen wir Ihnen gemäß §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz eine einmalige Abfindung in Höhe von DM 44.820,00. Davon sind auf Grund steuerlicher Vorschriften DM 30.000,00 steuerfrei.

3) Wir sichern Ihnen zu, daß Sie – falls Sie dies wünschen – auch bereits zu einem früheren Zeitpunkt als dem 30. September 1987 Ihr Arbeitsverhältnis beenden können, um ggf. eine neue Arbeitsstelle antreten zu können. Die Höhe der Ihnen zustehenden Abfindung wird durch vorstehenden Tatbestand nicht berührt.”

Von der Befugnis nach Ziffer 3 machte die Klägerin Gebrauch nachdem sie eine neue Arbeitsstelle bei dem Modehaus B. in W. als Assistentin der Geschäftsinhaberin für Verkauf und Empfang ab dem 1. Juli 1987 gefunden hatte. Dieses Arbeitsverhältnis wurde noch während der vereinbarten Probezeit durch Kündigung des Arbeitgebers fristgerecht zum 31. August 1987 beendet, weil die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen die durchweg stehende Tätigkeit nicht ausüben konnte. Daraufhin meldete sich die Klägerin am 27. August 1987 mit Wirkung zum 1. September 1987 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Die Beklagte gewährte der Klägerin erst ab dem 1. Oktober 1987 Alg und stellte mit Bescheid vom 29. September 1987 das Ruhen des Anspruchs der Klägerin auf Alg für die Zeit vom 1. bis 30. September 1987 nach § 117 Abs. 2 AFG wegen der von der Firma V. gewährten Abfindung fest. Den hiergegen am 20. Oktober erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Januar 1988 zurück.

Gegen diese Bescheide hat die Klägerin am 13. Januar 1988 Klage vor dem Sozialgericht Gießen erhoben mit der Begründung, daß ein Ruhen des Alg nach § 117 Abs. 2 AFG nach Sinn und Zweck dieser Regelung nur dann anzunehmen sei, wenn der Arbeitnehmer aus dem letzten Arbeitsverhältnis vor Beginn der Arbeitslosigkeit noch Vergütungsansprüche habe und die gewährte Abfindung zumindest teilweise Arbeitsentgelt enthalte, was vorliegend nicht der Fall sei. Die Vorschrift greife nicht zu Lasten eines Arbeitnehmers ein, der sich durch eigene Anstrengungen bemühe, eine Arbeitslosigkeit und damit finanzielle Belastungen der Versichertengemeinschaft zu vermeiden.

Die Beklagte vertrat demgegenüber die Auffassung, daß nach dem eindeutigen Wortlaut des § 117 Abs. 2 AFG alleine entscheidend sei, daß die Klägerin vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist aus dem Beschäftigungsverhältnis mit der Firma V. ausgeschieden sei und wegen der Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses eine Abfindung erhalten habe.

Durch Urteil vom 6. März 1989 hob das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide auf und verurteilte die Beklagte, der Klägerin für die Zeit vom 1. bis 30. September 1987 Alg in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Nach dem Wortlaut des § 117 Abs. 2 S. 1 AFG komme es zwar nicht darauf an, ob die Abfindung gerade wegen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt worden sei, dies sei jedoch nach Sinn und Zweck der Regelung, den Doppelbezug von Arbeitsentgelt und Arbeitslosengeld zu verhindern, erforderlich. Nur wenn sich der Arbeitnehmer die seinem Schutz dienende Kündigungsfrist mit der Abfindung habe "abkaufen” lassen, sei § 117 Abs. 2 AFG anwendbar. Etwas anderes gelte dann, wenn das Arbeitsverhältnis wegen einer sozialwidrigen ordentlichen Kündigung aufgelöst werde, weil dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten sei. Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses erfolge in diesen Fällen zu dem Zeitpunkt, an dem das Arbeitsverhältnis bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte. Die dem Arbeitnehmer zugesprochene Abfindung enthalte in diesen Fällen folglich keine Arbeitsentgeltanteile, sondern diene voll dem Ausgleich für den Verlust des sozialen Besitzstandes. Könne der Arbeitnehmer unabhängig von der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der (Abfindungs-)leistung rechnen, so komme ein Ruhen des Anspruchs auf Alg nicht in Betracht. So liege der Fall hier. Die Abfindung in Höhe von DM 44.820,– sei für die fristgemäße Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zum 30. September 1987 und unabhängig von der Inanspruchnahme der Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt worden.

Das Sozialgericht hat die Berufung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Gegen das am 21. April 1989 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 22. Mai 1989. Sie führt hierin aus, daß die Klägerin die Abfindung aus Anlaß des Verlustes des Arbeitsplatzes und damit wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten habe, so daß ein Kausalzusammenhang zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Firma V. und der Entstehung des Anspruchs auf die Abfindung gegeben sei. Darüber hinaus sei das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Frist beendet worden. Die Tatsache, daß die Klägerin am 1. Juli 1987 ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen ist, das zum 31. August 1987 aus Gründen endete, die die Klägerin nicht zu vertreten habe, führe zu keiner anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Nach dem eindeutigen Wortlaut von § 117 Abs. 2 Satz 1 AFG seien die Voraussetzungen für das Ruhen des Anspruchs der Klägerin auf Alg erfüllt.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 6. März 1989 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und weist ergänzend darauf hin, daß offenbar in Anwendung von § 10 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KschG) 12 Monatsgehälter in Höhe von DM 3.735,– brutto als Abfindung gezahlt worden seien. Hieraus werde deutlich, daß nur der von der Klägerin erworbene Besitzstand abgelöst worden sei, Lohnbestandteile oder durch das frühere Ausscheiden der Klägerin aus dem Arbeitsverhältnis ersparte Gehaltszahlungen seien in der Abfindung keinesfalls enthalten. Im übrigen begegnete § 117 Abs. 2 AFG in der von der Beklagten vorgetragenen Auslegung unter dem Gesichtspunkt des Eigentumsschutzes von Arbeitslosengeldansprüchen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Sozialgerichtsgesetz –SGG–) ist zulässig, sachlich ist sie jedoch unbegründet.

Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 6. März 1989 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Gegenstand des Rechtsstreites ist der Bescheid vom 29. September 1987 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Januar 1988, in welchem die Beklagte ausgeführt hat, daß ein Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld für den Monat September 1987 als Folge der ihr von der Firma V. wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährten Abfindung ruhe. Das Sozialgericht hat diesen Bescheid zu Recht aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin für den Monat September Alg zu gewähren, denn dieser Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat Anspruch auf Alg auch für den streitbefangenen Monat September 1987.

Die Voraussetzungen für einen Anspruch der Klägerin auf Alg liegen auch für diesen Monat unstreitig vor. Die Klägerin war arbeitslos, stand der Arbeitslosenvermittlung zur Verfügung, erfüllte die Anwartschaftszeit und hatte sich bei dem zuständigen Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Alg beantragt (§ 134 Abs. 1 AFG). Entgegen der Ansicht der Beklagten ist ein Ruhen des Anspruchs nicht eingetreten.

Nach § 117 Abs. 2 Satz 1 AFG in der hier maßgeblichen Fassung des 4. AFG-ÄndG vom 12. Dezember 1977 (BGBl. I 2557) ruht der Anspruch auf Alg vom Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tage, an dem es bei Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden wäre, wenn der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses u.a. eine Abfindung erhalten hat und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist. Für diese Fälle begründet die Vorschrift die typisierte Regelvermutung, daß eine solche Abfindung zumindest teilweise Lohnansprüche für die Zeit zwischen der vereinbarten Beendigung der Beschäftigung und dem Ende der ordentlichen Kündigungsfrist enthält. Nach § 117 Abs. 2 Satz 2 AFG beginnt diese Frist mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen ist.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Das Kündigungsschreiben der Firma V. vom 20. März 1987 war Anlaß für die im März von dieser mit der Klägerin getroffenen Vereinbarung und der Auflösung des Arbeitsverhältnisses zunächst zum 30. September 1987. Da die Kündigungsfrist dieses Arbeitsverhältnisses unstreitig sechs Monate zum Vierteljahresschluß betrug und das Arbeitsverhältnis nach der getroffenen Vereinbarung mit einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Frist zum 30. September 1987 – also nicht vorzeitig – enden sollte, kommt insoweit ein Ruhen des Alg-Anspruches nach § 117 Abs. 2 AFG wegen der vereinbarten Abfindung bereits aus diesem Grunde nicht in Betracht (zur Berechnung des Ruhenszeitraumes vgl. BSG Urteil vom 8. Juni 1989 – 7 RAr 128/87 – = SozR 4100 § 117 Nr. 25).

Entgegen der Ansicht der Beklagten sind die Voraussetzungen des § 117 Abs. 2 AFG auch nicht dadurch erfüllt worden, daß die Klägerin das zum 30. September 1987 auslaufende Arbeitsverhältnis bei der Firma V. anschließend entsprechend ihrer Zusage, bzw. im Einvernehmen mit dieser, doch noch vorzeitig zum 30. Juni 1987 beendete und nach Beendigung der anschließenden Beschäftigung bei dem Modehaus B. bereits am 1. September 1987 arbeitslos wurde. Hierdurch wurde das Arbeitsverhältnis mit der Firma V. zwar vorzeitig beendet, wegen dieser vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat die Klägerin jedoch keine Abfindung oder ähnliche Leistung im Sinne von § 117 Abs. 2 AFG erhalten.

Wegen der Beendigung wird eine Abfindung gewährt, wenn zwischen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Abfindung ein ursächlicher Zusammenhang besteht (BSG Urteil vom 17. Februar 1981 – 7 RAr 94/79 – = SozR 4100 § 177 Nr. 5; Gagel, AFG, Kommentar, § 117 Anm. 112; Schieckel/Grüner/Dalichau, AFG, Kommentar, § 117 Anm. II. 3; Knigge, Ketelsen/Marschall/Wittrock, Kommentar zum AFG, 2. Auflage 1988, § 117 Rdnr. 15). Erforderlich ist ein spezifischer, die oben genannte Regelvermutung begründender Kausalzusammenhang zwischen der Abfindung und der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dies folgt – wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat – aus dem Sinn und Zweck des § 117 AFG. Dieser beruht nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) auf der Erwägung, daß der Arbeitslose nicht der Leistungen der Versichertengemeinschaft bedarf, solange er keinen Lohnausfall hat. Es soll insbesondere ein Doppelbezug von Arbeitsentgelt und Alg vermieden werden (BSG Urteil vom 29. Oktober 1986 – 7 RAr 48/85 – = SozR 4100 § 117 Nr. 17). Daher ruht ein Anspruch auf Alg für die Zeit, für die der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhält oder zu beanspruchen hat (§ 117 Abs. 1 AFG). Dementsprechend regelt § 117 Abs. 2 AFG nach seiner Grundstruktur den Fall, daß sich der Arbeitnehmer unter Verzicht auf seine ihm durch die Vorschriften über Kündigungsfristen eingeräumte Rechtsposition auf eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingelassen und für diesen Verzicht auf den durch die Kündigungsfrist gesicherten Anspruch auf Arbeitsentgelt einen finanziellen Ausgleich erhalten hat. Er ist dann "gegen Zahlung einer Abfindung” ausgeschieden, obgleich für ihn die Möglichkeit bestanden hätte, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen. Weil in solchen Fällen üblicherweise die Abfindung wenigstens so viel an Lohnelementen enthält, wie der Arbeitgeber hätte zahlen müssen, wenn der Arbeitnehmer auf der Einhaltung der Kündigungsfrist bestanden hätte, folgt aus der Lohnersatzfunktion des Alg grundsätzlich als unwiderlegliche Regelvermutung dessen Ruhen für den entsprechenden Zeitraum. Diese Voraussetzung wird durch Abs. 3 Satz 3 dieser Vorschrift bestätigt, wonach der Anspruch auf Alg nicht über den Tag hinaus ruht, an dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte kündigen können. In einem solchen Fall hat der Arbeitnehmer dem Recht des Arbeitgebers auf fristlose Kündigung nichts entgegenzusetzen, auf das er verzichten oder dafür einen finanziellen Ausgleich verlangen könnte, insbesondere nicht den Anspruch auf Weiterbeschäftigung gegen Zahlung von Arbeitsentgelt. Wird dem Arbeitnehmer dann doch (noch) eine Abfindung gezahlt, dann enthält diese – gleichfalls typischerweise – kein Lohnelement (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. September 1988 – L-5/Ar-2473/86 – = SGb 1989, S. 582 ff.).

Vorliegend fehlt es an dieser die Regelvermutung des § 117 Abs. 2 AFG begründenden spezifischen Kausalität zwischen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Abfindung, insbesondere fehlt es an einem freiwilligen Verzicht der Klägerin auf Kündigungsschutz gegen Entgelt. Rechtsgrund für den Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Abfindung war deren Vereinbarung vom März 1987 mit ihrer damaligen Arbeitgeberin, der Firma V., für die fristgemäße Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. September 1987. Diese Abfindung enthält keine Lohnbestandteile, denn die Klägerin hatte hiernach Anspruch auf Weiterbeschäftigung und Fortzahlung des Arbeitsentgelts bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 30. September 1987. In diesem Zusammenhang weist die Klägerin zutreffend auf Ziffer 3 der genannten Vereinbarung und die Höhe der Abfindung von DM 44.820,– hin, die gemäß § 10 Abs. 1 KSchG mit dem zwölffachen Betrag des Monatsgehalts der Klägerin von DM 3.735,– berechnet und zur Abgeltung des sozialen Besitzstandes bezahlt wurde. Die nachfolgende vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 1987 beruhte auf einem neuen selbständigen Willensentschluß der Klägerin zu einem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin bereits einen Rechtsanspruch auf die Abfindung erlangt hatte. Für diesen Verzicht auf den Weiterbeschäftigungs- und Entgeltanspruch für die Monate Juli bis September 1987 hat die Klägerin keine Abfindung oder ähnliche Leistung erhalten. Anhaltspunkte dafür, daß die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der Firma bereits Inhalt der Vereinbarung vom März 1987 war, sind nicht ersichtlich. Das von der Klägerin für den Monat September 1987 begehrte Alg kann somit nicht mit Entgeltansprüchen in Form einer Abfindung zusammentreffen, sondern ersetzt das wegen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mit dem Modehaus B. ausfallende Arbeitsentgelt. Daß sich eine Arbeitnehmerin – wie vorliegend die Klägerin –, die sich in einem gekündigten und in wenigen Monaten auslaufenden Beschäftigungsverhältnis befindet, frühzeitig um eine neue Beschäftigung bemüht und eine solche, wenn sich die Möglichkeit oder Notwendigkeit hierzu ergibt, auch schon vor Ablauf der Kündigungsfrist des alten Arbeitsverhältnisses auch annimmt, um einer u.U. längeren Arbeitslosigkeit zu entgehen, liegt auch im sozialpolitischen Interesse der Versichertengemeinschaft. Das damit verbundene Risiko der Arbeitslosigkeit hat dann auch die Versichertengemeinschaft im Rahmen der allgemeinen Vorschriften, einschließlich der Sperrzeitregelungen zu tragen.

Im Falle der Klägerin kann der angefochtene Bescheid jedoch auch nicht damit gerechtfertigt werden, daß eine Sperrzeit eingetreten sei (vgl. zu dieser Möglichkeit BSG Urteil vom 8. Juni 1989 – 7 RAr 128/87 – = SozR 4100, § 117 Nr. 25), da die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind. Die Klägerin hat das auslaufende Beschäftigungsverhältnis bei der Firma V. im Hinblick auf das neue Beschäftigungsverhältnis mit dem Modehaus vorzeitig gelöst und dieses wurde von Seiten des Arbeitgebers fristgerecht während der Probezeit gekündigt, weil die Klägerin die Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht ausüben konnte. Die Klägerin hatte demnach für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Firma einen wichtigen Grund und die Arbeitslosigkeit ab dem 1. September 1987 weder grobfahrlässig noch vorsätzlich herbeigeführt.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision hat der Senat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen, § 160 Abs. 2 Satz 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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