L 6 Kg 914/91

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 22 Kg 971/89
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 Kg 914/91
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 17. Juni 1991 wird zurückgewiesen. Auf die Klage der Klägerin werden die Bescheide vom 29. Januar 1992, vom 25. September 1992 und vom 3. Dezember 1992 insoweit aufgehoben, als diese die Aufhebung und Ablehnung von Kindergeld betreffen.

II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten auch der Berufungsinstanz zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin Kindergeld auch für Zeiten zusteht, in denen sie nicht allen Zweigen des deutschen Sozialversicherungssystems angehörte. Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Regelungen des NATO-Truppenstatuts stünden für diese Zeiträume einer Kindergeldbewilligung entgegen.

Die 1957 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige. Sie ist seit 1982 mit dem 1955 geborenen US-amerikanischen Staatsbürger A. V. verheiratet. Aus dieser Ehe sind die Kinder B. (geb. , 1986) und B. (geb. 1989) hervorgegangen.

Der Ehemann der Klägerin lebt seit 1977 in der Bundesrepublik Deutschland. Er war zunächst bis September 1982 Berufssoldat bei den in der Bundesrepublik Deutschland stationierten US-Streitkräften. Seit Dezember 1982 ist der Ehemann der Klägerin in unterschiedlichen Positionen bei der "Army & Air Force Exchange Service, Europe (AAFES)” tätig. AAFES ist dem US-Verteidigungsministerium zugeordnet; seine Aufgabe besteht darin, den Bedarf der Mitglieder der US-Army und deren Angehörigen in Europa mit nicht-militärischen Gütern und Bedarfsgegenständen auszustatten. Das Gehalt wird dem Ehemann der Klägerin in US-Dollar gezahlt. Kindergeld oder kindergeldähnliche Leistungen werden dem Ehemann der Klägerin weder von AAFES noch von anderen amerikanischen Stellen gewährt. Der Reisepass des Ehemannes der Klägerin enthält den Stempelaufdruck einer US-Dienststelle, der ihn als Mitglied des zivilen Gefolges der US-Truppe ausweist. Derzeit ist der Ehemann der Klägerin bei AAFES-W. als Lagerleiter tätig.

Die Eheleute V. leben seit dem Ausscheiden des Ehemannes der Klägerin aus den US-Streitkräften außerhalb der US-amerikanischen Housing-aereas. Zunächst lebten sie in einer Mietwohnung in F. Seit März 1991 haben die Eheleute V. eine Doppelhaushälfte in G.-G. angemietet.

In den USA hielten sich die Eheleute V. seit ihrer Heirat insgesamt drei Mal besuchsweise auf. Über Grundeigentum verfügen die Eheleute V. in den USA nicht.

Die Tochter B. der Klägerin besuchte seit 1989 den Kindergarten der evangelischen M. in F. H ... Seit dem Umzug nach G.-G. wurde von B. der städtische Kindergarten "A. A.” in G.-G. besucht. Die Tochter B. der Klägerin geht seit August 1994 ebenfalls in diesen Kindergarten. B. ist seit 1992 Schülerin in der N.-Schule G.-G., einer öffentlichen Grundschule.

Umstritten hinsichtlich der Kindergeldberechtigung ist vorliegend (noch) der Zeitraum von Januar 1989 bis Mai 1989 sowie für die Zeit ab Februar 1991. Im streitbefangenen Zeitraum übte die Klägerin keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus; es bestand auch auf andere Weise keine Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung. Der von der Klägerin für die Zeit ab Beginn des streitbefangenen Zeitraums ursprünglich geltend gemachte Anspruch auf Arbeitslosenhilfe bestand im streitbefangenen Zeitraum wegen fehlender Bedürftigkeit u.a. im Hinblick auf das Einkommen ihres Ehemannes nicht.

Hinsichtlich des streitbefangenen Zeitraums ergingen seitens der Beklagten folgende Bescheide:

1) Bescheid vom 18. Oktober 1988 (Ablehnung des am 28. September 1988 gestellten Antrags auf Gewährung von Kindergeld); Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 1989 (Zurückweisung des gegen den Bescheid vom 18. Oktober 1988 gerichteten Widerspruchs);

2) Bescheid vom 13. September 1989 (Ablehnung des Antrags vom 30. August 1989);

3) Bescheid vom 1. März 1990 (Ablehnung des Antrags vom 31. Januar 1990);

4) Bescheid vom 29. Januar 1992 (Bewilligung vom Kindergeld für B. für die Zeit von Juni 1989 bis Januar 1991; Aufhebung des Bescheides vom 1. März 1990);

5) formlose Mitteilung vom April 1992 über die Zahlung von Kindergeld in Höhe der Sockelbeträge für B. für die Zeit von Oktober 1989 bis Januar 1991;

6) Bescheid vom 25. September 1992 (Aufhebung der Entscheidung über die Bewilligung von Kindergeld vom 29. Januar 1992 gemäß § 45 Abs. 1 und Abs. 2 SGB X mit Wirkung ab Oktober 1992);

7) Bescheid vom 3. Dezember 1992 (Aufhebung der Bewilligung von Kindergeld ab Februar 1991).

Soweit die Beklagte in den ergangenen Bescheiden eine Kindergeldbewilligung ablehnte, berief sie sich auf die Regelungen im NATO-Truppenstatut bzw. auf Art. 13 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut. Sie vertrat die Auffassung, die Klägerin sei Angehörige eines Mitglieds des zivilen Gefolges der, US-amerikanischen Streitkräfte, so daß die deutschen Bestimmungen über soziale Sicherheit keine Anwendung finden könnten. Der Paßeintrag des Ehemannes der Klägerin weise diesen als Angehörigen des zivilen Gefolges nach Art. I Abs. 1b des NATO-Truppenstatuts aus. Diese Eintragung sei grundsätzlich als verbindlich anzusehen. Zwar könne nach Art. 13 Abs. 1 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut dann ein Kindergeldanspruch für Kinder bestehen, die dem Mitglied der NATO-Streitkräfte gegenüber unterhaltsberechtigt seien, wenn der Ehegatte dieses Mitglieds z.B. Leistungen bei Arbeitslosigkeit (Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe) oder Unterhaltsgeld beziehe oder nur wegen des Krankengeldbezuges nicht erhalten könne. Diese Ausnahmeregelung greife jedoch zu Gunsten der Klägerin nicht ein, da während des streitbefangenen Zeitraums ihrem Antrag auf Arbeitslosenhilfe nicht entsprochen worden sei.

Gegen die bis 1990 ergangenen Bescheide erhob die Klägerin Klage, soweit ihr insoweit mit diesen Bescheiden die Zahlung von Kindergeld versagt worden ist. Durch Urteil vom 17. Juni 1991 hat das Sozialgericht Frankfurt am Main die Bescheide vom 18. Oktober 1988, vom 13. September 1989 und vom 1. März 1990 sowie den Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 1989 aufgehoben und den Bescheid vom 1. März 1990 abgeändert. Gleichzeitig hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, der Klägerin für ihre Kinder B. und B. Kindergeld in gesetzlichem Umfang über den Monat Dezember 1988 hinaus zu gewähren. Die Berufung gegen dieses Urteil hat das Sozialgericht zugelassen. Das Sozialgericht hat unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 12. Juli 1988 (4/11a REg 4/87 = SozR 6180 Art. 13 Nr. 5) die Auffassung vertreten, trotz des Ausschlusses der Klägerin vom Bezug von Arbeitslosenhilfe bestünden weiterhin rechtliche Beziehungen zur deutschen Sozialversicherung, aus denen sich Anspruch auf Kindergeld ableiten lasse. Entscheidend hierfür sei, daß die Klägerin allein deshalb keine Arbeitslosenhilfe beziehe, weil ihr Anspruch aufgrund der Unterhaltsanrechnung ihres Vaters und ihres Ehemannes quasi auf Null reduziert sei. Ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe dem Grunde nach bestehe weiterhin, denn die Klägerin habe die geforderten Anwartschaftszeiten erfüllt, insoweit bestünden auch die vom Bundessozialgericht. (a.a.O.) geforderten rechtlichen Beziehungen zum System der Sozialen Sicherheit und Fürsorge in Tier Bundesrepublik Deutschland weiter.

Gegen das der Beklagten am 12. August 1991 zugestellte Urteil richtet sich die am 30. August 1991 eingegangene Berufung. Die Beklagte hält die vom Bundessozialgericht geforderten rechtlichen Beziehungen zum System der Sozialen Sicherheit und Fürsorge in Deutschland nicht für gegeben. Insbesondere sei es nicht nachvollziehbar, wie dem Grunde nach ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe bestehen könne, wenn eine wesentliche Voraussetzung hierfür, also die Bedürftigkeit (§ 134 Abs. 1 Nr. 3 Arbeitsförderungsgesetz – AFG –) nicht erfüllt sei. Auch die nach Erlaß des Urteils ergangenen Bescheide seien demzufolge zutreffend. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Kindergeld nicht zu, da sie als Angehörige eines Mitglieds des zivilen Gefolges der NATO-Streitkräfte nach dem NATO-Truppenstatut bzw. dem Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut nicht den deutschen Bestimmungen über soziale Sicherheit unterliege. Für den Ehemann der Klägerin könne im übrigen auch nicht davon ausgegangen werden, daß er die Zugehörigkeit zum zivilen Gefolge der US-Streitkräfte durch das Vorhandensein eines gewöhnlichen Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland verloren habe.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 17. Juni 1991 insoweit aufzuheben als die Beklagte verurteilt worden ist, Kindergeld für die Zeit von Januar 1989 bis Mai 1989 und für die Zeit ab Februar 1991 zu gewähren und die Klage, auch soweit sie sich gegen die Bescheide vom 29. Januar 1992, vom 25. September 1992 und vom 3. Dezember 1992 richtet, abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung der Bescheide vom 29. Januar 1992, vom 25. September 1992 und vom 3. Dezember 1992 die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hält die sozialgerichtliche Entscheidung im Ergebnis für zutreffend. Sie ist im übrigen der Auffassung, ihr Ehemann sei spätestens seit Beginn des streitbefangenen Zeitraums rechtlich nicht mehr dem zivilen Gefolge der NATO-Streitkräfte zuzuordnen, da er in der Bundesrepublik Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe. Ihre Lebensgestaltung und Lebensplanung sei ganz eindeutig auf ein Verbleiben in der Bundesrepublik Deutschland ausgerichtet.

Im Erörterungstermin vom 7. September 1994 wurde der Ehemann der Klägerin A. V. als zeuge gehört. Auf die darüber gefertigte Sitzungsniederschrift wird ebenso Bezug genommen wie auf den gesamten weiteren Inhalt der Gerichtsakten, die beigezogene Kindergeldakte der Beklagten (KG-Nr. ) und die gleichfalls beigezogene Leistungsakte Alg/Alhi der Klägerin des Arbeitsamtes Frankfurt am Main (St.Nr.: ).

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie kraft Zulassung statthafte Berufung (§§ 151 Sozialgerichtsgesetz a.F. – SGG –, § 27 Abs. 2 BKGG a.F., § 150 Nr. 1 SGG a.F.) ist im Ergebnis unbegründet. Das sozialgerichtliche Urteil ist zu Recht ergangen. Auch die seit dem Erlaß des sozialgerichtlichen Urteils ergangenen Bescheide, waren, soweit sie dem Kindergeldanspruch der Klägerin entgegenstehen, aufzuheben. Denn für die Klägerin besteht im streitbefangenen Zeitraum tatsächlich ein Anspruch auf Kindergeld für ihre Kinder B. und B ... Soweit die ergangenen Bescheide Aufhebungsentscheidungen nach §§ 45 ff. SGB X enthalten, können deshalb auch diese Entscheidungen keinen Bestand haben.

Der Anspruch der Klägerin ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 BKGG. Die Klägerin lebt in der Bundesrepublik Deutschland und hat hier ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt. Ihre Kinder haben das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet. Zwischenstaatliche Kollisionsnormen (§ 30 Abs. 2 Sozialgesetzbuch I – SGB I –) stehen dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch nicht entgegen.

Zwar kann – entgegen der Ansicht des Sozialgerichts – die Nichtanwendbarkeit zwischenstaatlicher Kollisionsnormen nicht daraus abgeleitet werden, weil die Klägerin vor Beginn des streitbefangenen Zeitraums Arbeitslosengeld bezogen, und der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe "lediglich” wegen der fehlenden Bedürftigkeit nicht bestand. Denn mit dem Wegfall des Anspruchs auf Arbeitslosengeld war gleichzeitig die Versicherungspflicht zur Beklagten in Wegfall gekommen, so daß sich aus der nur noch unvollständigen Zugehörigkeit zum System der Sozialen Sicherheit ein eigenständiger Kindergeldanspruch nicht (mehr) begründen läßt (BSG; Urteil vom 15. Dezember 1992 – 10 RKg 22/91).

Die Klägerin ist jedoch für die Zeit ab Beginn des streitbefangenen Zeitraums nicht mehr als Angehörige eines Mitglieds des zivilen Gefolges der US-Streitkräfte i.S.v. Art. I Abs. 1c des NATO-Truppenstatuts anzusehen. Die Ausschlußbestimmung des Art. 13 Abs. 1 Satz 1 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut findet auf die Klägerin deshalb keine Anwendung.

Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut (NATOTrStatzAbk) werden die im Bundesgebiet geltenden Bestimmungen über Soziale Sicherheit und Fürsorge, zu denen auch die Regelungen des Bundeskindergeldgesetzes gehören, auf Mitglieder einer Truppe, eines zivilen Gefolges und deren Angehörige nicht angewendet, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist. Zum "zivilen Gefolge” gehört nach Art. I Abs. 1b NATO-Truppenstatut insbesondere auch das die Truppe einer Vertragspartei begleitende Zivilpersonal, das bei den Streitkräften dieser Vertragspartei beschäftigt ist.

Dies gilt allerdings nur insoweit, als es sich – in der hier allein in Betracht kommenden Alternative – nicht um Personen handelt, die im Stationierungsland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Der Ehemann der Klägerin hat jedoch im streitbefangenen Zeitraum seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet. Er kann deshalb nicht (mehr) dem Personenkreis der US-Streitkräfte zugeordnet werden, für dessen Angehörige kollisionsrechtlich ein Kindergeldanspruch ausgeschlossen ist.

Die Feststellung hierüber kann vom Senat getroffen werden. Bestimmungen des NATO-Truppenstatuts sowie des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut stehen dem nicht entgegen (BSG Urteil vom 22.8.1990 – 10 RKg 5/89 = SozR 3 6180 Art. 13 Nr. 1).

Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts i.S.v. Art. I Abs. 1b NATO-Truppenstatut entspricht der in § 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch I (SGB I) getroffenen Regelung (BSG Urteil vom 08.10.1981 – 7 RAr 30/80 = SozR 6180 Art. 13 Nr. 3; Urteil vom 22.8.1990 a.a.O.). Nach dieser Bestimmung hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Diese Voraussetzungen liegen jedenfalls für die Zeit ab 1989 beim Ehemann der Klägerin vor.

Ob jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat, läßt sich nur im Wege einer vorausschauenden Betrachtung entscheiden (BSG a.a.O.; Urteil vom 23.02.1988 – 10 RKg 17/87 = SozR 5870 § 1 Nr. 14 m.w.N.). Ist nach der Prognose davon auszugehen, daß der Betroffene auf unabsehbare Zeit rechtmäßig im Geltungsbereich des Bundeskindergeldgesetzes bleiben wird, so hat er hier seinen gewöhnlichen Aufenthalt. Dies ist auch dann anzunehmen, wenn die maßgeblichen Umstände hierfür zwar nicht bereits bei Beginn des Aufenthalts eingetreten sind, aber für einen späteren Zeitpunkt angenommen werden können.

Im Falle des Ehemannes der Klägerin spricht für einen gewöhnlichen Aufenthalt bereits die sehr lange Dauer dieses auch rechtlich gesicherten Aufenthalts. Der Ehemann der Klägerin hielt sich zu Beginn des streitbefangenen Zeitraumes bereits mehr als 12 Jahre in der Bundesrepublik Deutschland auf, zwischenzeitlich sind es sogar bereits 18 Jahre geworden, ohne daß in dieser Zeit – etwa vorübergehend – ein anderer dauerhafter Aufenthaltsort außerhalb der Bundesrepublik Deutschland begründet worden wäre. Der Ehemann der Klägerin hat dabei gemeinsam mit der Klägerin seine gegenwärtige Lebensgestaltung und seine zukünftige Lebensplanung unzweifelhaft auf einen dauerhaften Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland ausgerichtet. Dafür spricht bereits die uneingeschränkte Integration der Kinder der Eheleute V. in das deutsche Kindergarten- und Schulsystem, die nur unter erschwerten Bedingungen einen Übergang etwa in das US-amerikanische Schulsystem zulassen würde. Der Ehemann der Klägerin hat im übrigen bei seiner Einvernahme glaubhaft bekundet, daß er im Fall des Wegfalls seiner Arbeitsstelle unter gar keinen Umständen in die USA gehen würde, selbst wenn ihm durch AAFES in den USA eine Arbeitsstelle angeboten werden würde. Seine Entscheidung, in jedem Falle in der Bundesrepublik Deutschland bleiben zu wollen, ist nachvollziehbar. Der Ehemann der Klägerin hat dies insbesondere damit begründet, daß seine gemischtrassige Familie in den USA nur sehr schwer Fuß fassen könnte, während ihm dies hier in der Bundesrepublik Deutschland bereits seit längerer Zeit weitgehend gelungen sei. Deshalb sei auch die Planung der Erziehung seiner Kinder von Anfang an auf diesen Daueraufenthalt ausgerichtet gewesen. Auch dies sieht der Senat als glaubhaft an. Für einen dauerhaften Verbleib spricht im übrigen auch der Umstand, daß die besuchsweisen Aufenthalte der Klägerin und ihres Ehemannes in den USA mit insgesamt drei Besuchen seit ihrer Heirat nur sehr sporadisch stattgefunden haben und nach den glaubhaften Bekundungen des Ehemannes der Klägerin auch ansonsten, sieht man von den familiären Beziehungen ab, keine engeren Kontakte mehr zu den USA bestehen, vielmehr die sozialen Bindungen und insbesondere auch der persönliche Freundeskreis ausschließlich in der Bundesrepublik Deutschland, und zwar ganz überwiegend außerhalb der US-Streitkräfte, aufgebaut worden sind.

Der Senat läßt dahingestellt wie der Status des Ehemannes der Klägerin unmittelbar nach Aufnahme seiner Tätigkeit bei AAFES zu beurteilen war. Seit diesem Zeitpunkt liegen jedoch bis zum Beginn des streitbefangenen Zeitraums bereits mehr als sieben Jahre, die aufgrund der dargelegten Umstände die Annahme zulassen, daß jedenfalls ab diesem Zeitpunkt ein gewöhnlicher Aufenthalt des Ehemannes der Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland vorliegt. Weder der Wortlaut noch der Sinn und Zweck der Regelung in Art. 1 Abs. 1b NATO-Truppenstatut lassen aber darauf schließen, daß für die Frage des gewöhnlichen Aufenthalts maßgeblich auf die zum Zeitpunkt der Einreise bzw. der erstmaligen Aufnahme einer Tätigkeit bei den jeweiligen NATO-Streitkräften abzustellen sei, wie dies in anderen Verfahren, die vor dem Senat anhängig waren, von der Beklagten vorgetragen worden ist. Die im Rahmen des § 30 SGB I anzustellende vorausschauende Betrachtungsweise bei der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts läßt es vielmehr durchaus als möglich erscheinen, daß bei Beginn eines Aufenthalts eine andere Prognose gestellt werden kann, als dies im weiteren Verlauf des Aufenthalts der Fall ist.

Art. 7 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut steht einer solchen Auslegung nicht entgegen. Auch bei einem fortbestehenden Beschäftigungsverhältnis zu den NATO-Streitkräften kann deshalb eine Statusänderung eintreten, ohne daß diese Änderung einen Unterbrechungstatbestand etwa durch eine vorherige Beendigung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses voraussetzen würde, wie der Senat, in dem, durch Rücknahme der Revision durch die Beklagte rechtskräftig gewordenen Urteil vom 25. November 1992 (L-6/Kg-331/92) bereits entschieden hat.

Da vorliegend auch die übrigen Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug des Kindergeldes vorliegen und der Ehemann der Klägerin mit der Zahlung dieses Kindergeldes an die Klägerin einverstanden ist (§ 3 Abs. 3 BKGG) war nach alledem im Ergebnis die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Gleichzeitig waren die der Kindergeldbewilligung entgegenstehenden Bescheide vom 29. Januar 1992, vom 25. September 1992 und vom 3. Dezember 1992 aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision hat der Senat gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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