Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Reutlingen (BWB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 2936/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Ein EU-Bürger, dessen Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, hat jedenfalls nach Ablauf von drei Monaten nach der Einreise keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II, unabhängig davon, ob er sich erstmals in Deutschland aufhält. 2. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ist mit europäischem Recht vereinbar und auch auf EU-Bürger uneingeschränkt anwendbar. 3. Ausländer, die aufgrund von § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben, haben aufgrund von § 21 Satz 1 SGB XII auch keinen Anspruch auf Leistungen nach SGB XII.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt ..., wird abgelehnt.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II.
Der Antragsteller ist am ... geboren und italienischer Staatsbürger.
Der Antragsteller reiste am 23. April 2007 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 11. Juni 2007 beantragte er bei der Antragsgegnerin Leistungen nach dem SGB II. Am 28. Juni 2007 sprach der Antragsteller persönlich bei der Antragsgegnerin vor und teilte mit, dass er die letzten 3½ Jahre in Italien gelebt und gearbeitet habe und nun nach Deutschland gezogen sei, um eine Arbeit aufzunehmen bzw. zu suchen.
Mit Bescheid vom 28. Juni 2007 lehnte die Antragsgegnerin die Gewährung von Leistungen ab. Die Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung seien nicht erfüllt, da der Antragsteller allein zum Zwecke der Arbeitssuche nach Deutschland eingereist sei.
Am 10. Juli 2007 stellte die Stadt Tübingen dem Antragsteller eine Bescheinigung aus, laut der er Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates des Europäischen Union und nach Maßgabe des Freizügigkeitsgesetzes/EU zur Einreise und zum Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland berechtigt sei.
Gegen den ablehnenden Bescheid legte der Antragsteller am 11. Juli 2007 Widerspruch ein. Er trug vor, dass sich sein Aufenthaltsrecht aus dem Freizügigkeitsgesetz ergebe.
Mit Bescheid vom 12. Juli 2007 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für eine Leistungsbewilligung lägen nicht vor, da sich das Aufenthaltsrecht des Antragstellers allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergebe. Aus der Freizügigkeitsbescheinigung ergebe sich nur ein Recht, sich in der Bundesrepublik Deutschland aufzuhalten. Es leite sich daraus aber kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II ab.
Am 23. Juli 2007 hat der Antragsteller Klage gegen den Bescheid vom 28. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2007 erhoben und zugleich um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Er behauptet, seinen Lebensmittelpunkt 13 Jahre lang bis zum Jahr 2003 in der Bundesrepublik Deutschland gehabt zu haben. Er ist der Ansicht, dass er als Bürger der Europäischen Union keine Arbeitserlaubnis benötige. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen nach dem Aufenthaltsgesetz und dem Freizügigkeitsgesetz/EU sowie sonstige Regelungen mit aufenthaltsrechtlichem Inhalt blieben unberührt und gingen den Leistungsbestimmungen des SGB II vor. Er behauptet, die begehrten Leistungen "zum Überleben" zu benötigen. Ihm seien derzeit die Mietkosten gestundet, weil sich sein Vermieter darauf verlassen habe und weiter verlasse, dass er die Leistungen nach dem SGB II erhalten werde. Essen und Trinken erhalte er derzeit von einem Bekannten, aber mit der Verpflichtung zur Vergütung, sobald er entsprechende Leistungen nach dem SGB II erhält.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab dem 23. Juli 2007 bis zur Entscheidung in der Hauptsache Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II in Höhe von 345 EUR als Regelleistung sowie Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 335 EUR monatlich zu zahlen.
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
den Antrag abzulehnen.
Die Antragsgegnerin hält an ihrer Entscheidung fest. Sie trägt vor, dass der Antragsteller zum Zwecke der Arbeitssuche eingereist sei. Er habe seitdem nicht nachgewiesen, dass er in Deutschland sozialversicherungspflichtig gearbeitet habe. Eine Vorbeschäftigung mit Arbeitnehmerstatus, welche den Aufschlussgrund beseitigen würde, liege nicht vor.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akte des Gerichts sowie auf die beigezogene Akte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
1. Der zulässige Antrag ist unbegründet.
a) Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann, wenn – wie hier – ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG nicht vorliegt – das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung).
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsachebehelfes (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) vom Antragsteller glaubhaft zu machen. Die diesbezüglichen Anforderungen sind umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. nur LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.03.2006, Az.: L 8 AS 518/06 ER-B, Juris; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.01.2007, Az.: L 7 SO 5672/06 ER-B, Juris; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 28.03.2007, Az.: L 7 AS 1214/07 ER-B, Juris).
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht isoliert nebeneinander; es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.01.2007, Az.: L 7 SO 5672/06 ER-B, Juris). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist (LSG Hessen, Beschluss vom 29.06.2005, Az.: L 7 AS 1/05 ER u.a., Juris). Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann (LSG Hessen, Beschluss vom 29.06.2005, Az.: L 7 AS 1/05 ER u.a., Juris).
b) Es kann dahinstehen, ob ein Anordnungsgrund vorliegt. Jedenfalls fehlt es am Anordnungsanspruch. Der Antragsteller hat nämlich keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II.
aa) Diesem Anspruch steht § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der seit dem 1. April 2006 geltenden Fassung entgegen. Nach dieser Vorschrift erhalten keine Leistungen nach dem SGB II unter anderem Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt.
(1) Diese Voraussetzungen des Anspruchsausschlusses liegen hier vor, da der Antragsteller sein Aufenthaltsrecht nur auf den Zweck der Arbeitssuche stützen kann. Für nichtdeutsche Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Unionsbürger), wie es beim Antragsteller der Fall ist, besteht ein Aufenthaltsrecht jedenfalls nach Ablauf von drei Monaten – der Antragsteller hat sich am Tag der Antragstellung bei Gericht drei Monate in Deutschland aufgehalten – nur nach Maßgabe von § 2 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU). Danach (siehe dazu auch Hailbronner, JZ 2005, 1138 [1141 ff.]) haben ein Recht auf Einreise und Aufenthalt, - Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer, zur Arbeitssuche oder Berufsausbildung aufhalten wollen, § 2 Abs. 2 Ziffer 1 Freizügigkeitsgesetz/EU, - Unionsbürger, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige), § 2 Abs. 2 Ziffer 2 Freizügigkeitsgesetz/EU, - Unionsbürger, die, ohne sich niederzulassen, als selbständige Erwerbstätige Dienstleistungen im Sinne des Artikel 50 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft erbringen wollen (Erbringer von Dienstleistungen), wenn sie zur Erbringung der Dienstleistung berechtigt sind, § 2 Abs. 2 Ziffer 3 Freizügigkeitsgesetz/EU, - Unionsbürger als Empfänger von Dienstleistungen, § 2 Abs. 2 Ziffer 4 Freizügigkeitsgesetz/EU, - Verbleibeberechtigte im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 1251/70 der Kommission vom 29. Juni 1970 über das Recht der Arbeitnehmer, nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates zu verbleiben (ABl. EG Nr. L 142 S. 24, 1975 Nr. L 324 S. 31) und der Richtlinie 75/34/EWG des Rates vom 17. Dezember 1974 über das Recht der Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates, nach Beendigung der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates zu verbleiben (ABl. EG 1975 Nr. L 14 S. 10), § 2 Abs. 2 Ziffer 5 Freizügigkeitsgesetz/EU, - nicht erwerbstätige Unionsbürger unter den Voraussetzungen des § 4 Freizügigkeitsgesetz/EU, § 2 Abs. 2 Ziffer 6 Freizügigkeitsgesetz/EU, - Familienangehörige unter den Voraussetzungen der §§ 3 und 4 Freizügigkeitgesetz/EU, § 2 Abs. 2 Ziffer 7 Freizügigkeitsgesetz/EU, - Unionsbürger, die sich seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, § 2 Abs. 5 Freizügigkeitsgesetz/EU.
Beim Antragsteller kommt nach seinem eigenen Vortrag lediglich der Aufenthaltstitel "zur Arbeitssuche" gemäß § 2 Abs. 2 Ziffer 1 2. Var. Freizügigkeitsgesetz/EU in Betracht. Etwas anderes lässt sich auch aus der vom Antragsteller vorgelegten Bescheinigung der Stadt Tübingen vom 10. Juli 2007 nicht ableiten. Es handelt sich hierbei um eine (deklaratorische) Bescheinigung im Sinne von § 5 Abs. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU, mit der lediglich das Aufenthaltsrecht bestätigt wird. Weder lässt sich ihr entnehmen, dass sich der Antragsteller auf einen anderen Aufenthaltstitel berufen kann noch stellt die Bescheinigung gar selbst einen solchen Aufenthaltstitel dar.
Ein anderes Aufenthaltsrecht kann der Antragsteller auch nicht unmittelbar aus der europarechtlichen Gewährleistung der Freizügigkeit (Art. 18 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vom 07.02.1992 in der Fassung vom 16.04.2003 [EG]) ableiten. Diese Grundfreiheit ist spezielle Ausprägung des allgemeinen Verbotes der Diskriminierung aus Gründen der Staatangehörigkeit, soll aber nicht ein von den verschiedenen mitgliedstaatlichen Bürgerrechten unabhängiges Recht auf Bewegung und Aufenthalt begründen (Schöbener, in: Tettinger/Stern [Hrsg.], Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 45 Rdnr. 15). Sie steht ausdrücklich unter dem Vorbehalt der in "den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen". Art. 18 Abs. 1 EG nimmt damit auf das die allgemeine Freizügigkeit ausgestaltende und konkretisierende Sekundärrecht Bezug (Bode, EuZW 2003, 552 [553 f.]; Schöbener, in: Tettinger/Stern [Hrsg.], Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 45 Rdnr. 37; Wollenschläger, EuZW 2005, 309 [310]). Einschlägig ist insoweit die Richtlinie 2004/38/EG vom 29. April 2004 (Unionsbürger-Richtlinie). Diese Richtlinie hat der Bundesgesetzgeber jedenfalls für Aufenthalte von länger als drei Monaten europarechtskonform im Freizügigkeitsgesetz/EU in der dargestellten Weise umgesetzt. Er ist dabei sogar insoweit großzügiger gewesen, als er das Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche unbefristet und unabhängig von der Erfolgsaussicht dieser Arbeitssuche gewährt (siehe Strick, NJW 2005, 2182 [2184]).
In diesem Sinne hat auch der Europäische Gerichtshof bereits entschieden, dass das Aufenthaltsrecht aus Art. 18 Abs. 1 EG nicht absolut ist, sondern der aufgesuchte Mitgliedsstaat das Aufenthaltsrecht davon abhängig machen darf, dass der Betroffene über ausreichende Existenzmittel verfügt, durch die sichergestellt ist, dass während des Aufenthaltes die Sozialhilfe – darunter fällt auch das beitragsunabhängige Arbeitslosengeld II (Strick, NJW 2005, 2182 [2184]) – des Aufnahmemitgliedstaats nicht in Anspruch genommen werden muss (EuGH, Urteil vom 07.09.2004, Az.: C-456/02, NZA 2005, 757 [758]).
(2) Vor diesem Hintergrund und angesichts des klaren Wortlauts von § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II besteht für eine Auslegung der Norm dahingehend, dass von der Regelung nur diejenigen Ausländer betroffen sein sollen, die erstmals in die Bundesrepublik Deutschland einreisen und dort unmittelbar mit dem Zuzug Sozialleistungen in Anspruch nehmen (so LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25.07.2007, Az.: L 6 AS 444/07 ER, Juris, im Anschluss an SG Osnabrück, Beschluss vom 27.04.2006, Az.: S 22 AS 263/06 ER, Juris; offen gelassen von SG Speyer, Beschluss vom 13.07.2006, Az.: S 1 ER 211/06 AS, Juris) weder Anlass noch Raum. Selbst wenn man den nicht glaubhaft gemachten Vortrag des Antragstellers, dass er sich vom Jahr 1990 bis zum Jahr 2003 dauerhaft in Deutschland aufgehalten hat, als wahr unterstellt, so stellt doch die Abwesenheit zwischen dem Jahr 2003 und der erneuten Einreise im Jahre 2007 eine derartige Zäsur dar, die eine Ausnahme vom Anspruchsausschluss nicht rechtfertigt.
Abgesehen davon hat der Gesetzgeber den Anspruchsausschluss gerade nicht davon abhängig gemacht, dass der Betroffene erstmals nach Deutschland einreist, sondern allein von der Grundlage seines Aufenthaltsrechtes. Die gegenteilige Auffassung kann sich nicht auf den Willen des Gesetzgebers, der im übrigen dann keinen hinreichenden Niederschlag im Normtext gefunden hätte, berufen (so aber LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25.07.2007, Az.: L 6 AS 444/07 ER, Juris). In der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages heißt es zwar, dass auch die Familienangehörigen eines erstmals in Deutschland arbeitsuchenden EU-Bürgers vom Bezug von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind (Bundestags-Drucksache 16/688, S. 13). Diese Erläuterung ist aber nicht Ausdruck eines den Wortlaut der Norm einschränkenden Willens des Gesetzgebers, sondern ersichtlich (nicht abschließendes) Element der Beschreibung der Rechtswirkungen des neuen Ausschlusstatbestandes. Im Satz zuvor heißt es im übrigen, dass von der Regelung vor allem EU-Bürger, die von ihrem Recht auf Unionsbürgerschaft Gebrauch machen und sich zum Zweck der Arbeitsuche in Deutschland aufhalten, betroffen sind (Bundestags-Drucksache 16/688, S. 13), also ohne jegliche Einschränkung hinsichtlich der Frage, ob es sich um den erstmaligen oder einen späteren Aufenthalt handelt. Eine andere Sichtweise würde angesichts der offenkundigen Mißbrauchsmöglichkeit einer erstmaligen kurzfristigen Ein- und Ausreise vor der mit dem Zweck des Leistungsbezuges erfolgenden zweiten Einreise den Anspruchsausschluss aus § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II auch weitgehend leerlaufen lassen. Im übrigen begründet auch nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU ein früherer Aufenthalt in Deutschland als solcher kein selbständiges Aufenthaltsrecht. Vielmehr sind zusätzliche zeitliche Voraussetzungen zu erfüllen (vgl. § 2 Abs. 2 Ziffer 5, Abs. 5 Freizügigkeitsgesetz/EU).
(3) Entgegen der offenbar vom Antragsteller vertretenen Auffassung kommt es nicht darauf an, dass er für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit keine Arbeitserlaubnis benötigt. Diese Frage wird lediglich im Zusammenhang mit § 8 SGB II relevant. Nach § 8 Abs. 2 SGB II gelten Ausländer nur als erwerbsfähig, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. Diese Voraussetzung der Erwerbsfähigkeit liegt beim Antragsteller – vorbehaltlich gesundheitlicher Einschränkungen, die von den Beteiligten nicht thematisiert sind – vor. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II errichtet aber für Ausländer eine weitere, neben der Erwerbsfähigkeit gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 2 i.V.m. § 8 SGB II stehende Leistungsvoraussetzung.
bb) Der Antragsteller kann sein Begehren auch nicht auf eine andere, den Anspruchsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II verdrängende Grundlage stützen.
(1) Dies gilt zunächst für das europarechtliche Freizügigkeitsrecht selbst. Ihm lässt sich – ebenso wie etwa dem Grundrecht auf Freizügigkeit aus Art. 11 Grundgesetz [GG] – kein Leistungsanspruch gegen die öffentliche Hand entnehmen (siehe zu Art. 18 Abs. 1 EG Bode, EuZW 2003, 552 [556]; siehe zu Art. 11 GG Krüger/Pagenkopf, in: Sachs [Hrsg.], 4. Aufl. 2007, Art. 11 Rdnr. 22). Alleiniger Maßstab für die Frage der Teilhabe von Unionsbürgern an sozialen Vergünstigungen des Aufenthaltsstaates ist Art. 12 EG (Bode, EuZW 2003, 552 [556]; Schöbener, in: Tettinger/Stern [Hrsg.], Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 45 Rdnr. 28). Unionsbürgerschaft und Sozialhilfeberechtigung sind nach dem Willen sowohl der europäischen Legislative als auch der Vertragsparteien zu unterscheiden (dazu m.w.N. Sander, DVBl. 2005, 1014 [1016 f.]).
(2) Auch sieht die Kammer keine Notwendigkeit zu einer von Gemeinschaftsrecht wegen vorzunehmenden Auslegung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II dahingehend, dass der Anspruchsausschluss jedenfalls nicht nach Ablauf eines dreimonatigen Aufenthaltes im Bundesgebiet greift (so aber LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.04.2007, Az.: L 19 B 116/07 AS ER, Juris). Die insofern herangezogene Richtlinie 2004/38/EG gibt hierzu keine Veranlassung. Zwar genießt jeder Unionsbürger, der sich aufgrund dieser Richtlinie im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats aufhält, im Anwendungsbereich des EG-Vertrages die gleiche Behandlung wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedsstaates (Art. 24 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie). Dies gilt aber ausdrücklich nur vorbehaltlich spezifischer und ausdrücklich im EG-Vertrag und im abgeleiteten Recht vorgesehener Bestimmungen. Eine solche Ausnahmebestimmung enthält Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie, nach der abweichend von Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie der Aufnahmemitgliedstaat unter anderem nicht verpflichtet ist, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status verbleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthaltes oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Art. 14 Abs. 4 lit. b der Richtlinie einen Anspruch auf Sozialhilfe zu gewähren. Art. 14 Abs. 4 lit. b der Richtlinie erfasst den Fall, dass der Unionsbürger in das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats eingereist ist, um Arbeit zu suchen. Damit erlaubt die Richtlinie ausdrücklich den Ausschluss von EU-Bürgern vom Leistungsanspruch auf Sozialhilfe über den Zeitraum von drei Monaten hinaus auch dann, wenn der Unionsbürger – wie der Antragsteller – in das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist ist, um Arbeit zu suchen (siehe auch Hailbronner, JZ 2005, 1138 [1142]). Vor diesem Hintergrund entspricht eine Auslegung, die § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II auf Unionsbürger für unanwendbar erachtetet (so LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.04.2007, Az.: L 19 B 116/07 AS ER, Juris) nicht der Richtlinie, sondern widerspricht ihr genauso wie dem Willen des deutschen Gesetzgebers, auch EU-Bürger, die sich lediglich zur Arbeitssuche in Deutschland aufhalten, vom Leistungsanspruch im Sinne des SGB II auszuschließen (siehe die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages, Bundestags-Drucksache 16/688, S. 13). Eine Auslegung der Richtlinie führt vielmehr zu dem Ergebnis, dass die Ansprüche arbeitssuchender EU-Ausländer auf Arbeitslosengeld II (und Sozialhilfe im deutschen Sinne) ausgeschlossen werden können (zutreffend Strick, NJW 2005, 2182 [2184]).
(3) Schließlich lässt sich auch aus Art. 12 EG kein Leistungsanspruch des Antragstellers bzw. die Unanwendbarkeit des Anspruchsausschlusses in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ableiten (a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.04.2007, Az.: L 19 B 116/07 AS ER, Juris).
Der Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 12 EG gilt nicht uneingeschränkt (dazu Sachs, in: Tettinger/Stern [Hrsg.], Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 20 Rdnr. 23, m.w.N.; von Bogdandy, in: Grabitz/Hilf [Hrsg.], Das Recht der Europäischen Union, Art. 12 EGV [2005] Rdnr. 23, m.w.N.), sondern kann durch ausdrücklich vorgesehene Ausnahmen eingeschränkt werden (EuGH, Urteil vom 23.03.2004, Az.: C-138/02, AP Nr. 14 zu Art. 39 EG; Strick, NJW 2005, 2182 [2185]), namentlich aus Gründen des Allgemeinwohls (Schöbener, in: Tettinger/Stern [Hrsg.], Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 45 Rdnr. 35, m.w.N. aus der Rechtsprechung des EuGH), gilt also letztlich nach Maßgabe der sekundärrechtlichen Ausgestaltung (Bode, EuZW 2003, 552 [556]). So sind insbesondere Regelungen zulässig, die der Verhinderung eines Missbrauch des Freizügigkeitsrechts allein zu dem Zweck, in den Genuss der Sozialleistungen des anderen Mitgliedsstaates zu kommen, dienen sollen (Schöbener, in: Tettinger/Stern [Hrsg.], Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 45 Rdnr. 35, m.w.N.).
Eine solche Regelung stellt die Richtlinie 2004/38/EG dar. Diese Richtlinie mit dem oben beschriebenen Inhalt, dass Personen, deren Aufenthaltsrecht nur darauf beruht, dass sie sich auf Arbeitssuche befinden, ohne zeitliche Einschränkung keinen Zugang zu beitragsunabhängigen Sozialleistungen beanspruchen können, steht der Annahme entgegen, dass ein solcher Anspruch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 12 EG deduziert werden könnte. Vielmehr wird der Anwendungsbereich des Diskriminierungsverbotes durch die sekundärrechtlichen Schranken des Aufenthaltsrechts begrenzt (Bode, EuZW 2003, 552 [556], m.w.N.). Dies gilt selbst dann, wenn man insofern keine Einschränkung des Gewährleistungsbereiches erkennen will. Jedenfalls entfaltet die Richtlinie 2004/38/EG insofern Rechtfertigungscharakter für darauf beruhende Ungleichbehandlungen (so auch Strick, NJW 2005, 2182 [2185]). Eine andere Auffassung würde im übrigen die – bislang wohl nicht vertretene (vgl. auch Bode, EuZW 2005, 279 [281]; Hailbronner, JZ 2005, 1138 [1143]) – Annahme voraussetzen, dass die Richtlinie 2004/38/EG ihrerseits mit dem primären Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar ist.
Vor diesem Hintergrund kommt es darauf, dass das gemeinschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgebot ausdrücklich nur im – auch sachlich-thematischen – Anwendungsbereich des Vertrages gilt (siehe auch Bode, EuZW 2003, 552 [556]; Hailbronner, NJW 2004, 2185 [2186]; von Bogdandy, in: Grabitz/Hilf [Hrsg.], Das Recht der Europäischen Union, Art. 12 EGV [2005] Rdnr. 24), gar nicht an. Daher kann dahinstehen, ob europäische Normen in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund des Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung überhaupt im Bereich des Sozialhilferechts (im weiteren Sinne) Geltung beanspruchen können oder nicht vielmehr mangels entsprechender Kompetenzübertragung ("Rechtsanwendungsbefehl") auf die Europäische Union außer Anwendung zu bleiben haben (BVerfGE 89, 155 [188]), soweit sie diesbezüglich Direktiven enthalten bzw. in diesem Sinne ausgelegt werden (in diesem Sinne, nämlich die Gewährung von Sozialhilfe außerhalb des Anwendungsbereiches des EG-Vertrages ansiedelnd Sander, DVBl. 2005, 1014 [1019 f.]; Strick, NJW 2005, 2182 [2184]). Im europäischen System ist Sozialpolitik indes grundsätzlich eine Angelegenheit der Mitgliedstaaten (Sander, DVBl. 2005, 1014 [1019]). Die Gemeinschaft besitzt keine substantiellen Gesetzgebungskompetenzen im Sozialbereich (Hailbronner, JZ 2005, 1138 [1143]). Es spricht erst Recht einiges dafür, dass der deutsche – ebenso wie die anderen nationalen – Gesetzgeber seine Kompetenz, darüber zu entscheiden, wer steuerfinanzierte Sozialleistungen beanspruchen kann, nicht auf die europäische Gemeinschaft übertragen wollte (siehe auch Sander, DVBl. 2005, 1014 [1016 f.]). Dies braucht hier indes nach dem Dargelegten nicht vertieft zu werden.
Soweit der Europäische Gerichtshof durchaus im Widerspruch zu seiner eigenen Rechtsprechung (siehe zur deutlichen Kritik Hailbronner, NJW 2004, 2185 ff.) angenommen hat, dass sich ein nicht wirtschaftlich aktiver Unionsbürger hinsichtlich der Beanspruchung von Sozialleistungen auf Art. 12 EG berufen kann, wenn er sich im Aufnahmemitgliedstaat für eine bestimmte Dauer rechtmäßig aufgehalten hat oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt (EuGH, Urteil vom 07.09.2004, Az.: C-456/03, NZA 2005, 757 [759]), führt dies hier zu keiner anderen Beurteilung. Im dort entschiedenen Fall konnte der Betroffene einen zweijährigen ununterbrochenen Aufenthalt im Aufnahmestaat vorweisen. Daran fehlt es dem Antragsteller, der sich angesichts der vierjährigen Zäsur nicht auf den behaupteten früheren Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland berufen kann. Auch fehlt es ihm an der zweiten Voraussetzung, nämlich einer Aufenthaltserlaubnis. Damit ist nicht der Aufenthaltstitel aufgrund Art. 18 EGV i.V.m. der Unionsbürger-Richtlinie i.V.m. § 2 Freizügigkeitsgesetz/EU gemeint, sondern der davon unabhängige Aufenthaltstitel nach § 7 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).
2. Die Beiladung des zuständigen Trägers der Leistungen nach dem SGB XII kam nicht in Betracht. Zwar soll im Wege einer analogen Anwendung des § 75 Abs. 5 SGG auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Beiladung und Verpflichtung des Trägers der Sozialhilfe möglich sein (vgl. nur LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.08.2006, Az.: L 7 AY 3106/06 ER-B, Juris). Jedoch hat der Antragsteller keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII. Dem steht § 21 Satz 1 SGB XII entgegen, wonach Personen, die nach dem SGB II als Erwerbsfähige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen für den Lebensunterhalt erhalten. Da es für diesen Leistungsausschluss also allein darauf ankommt, dass der Betroffene als Erwerbsfähiger dem Grunde nach Leistungen nach dem SGB II beanspruchen kann, aber nicht darauf, ob er aufgrund individueller Umstände tatsächlich Leistungen bezieht (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03.11.2006, Az.: L 20 B 248/06 AS ER, Juris; siehe zur vergleichbaren Problematik des Leistungsanspruchs nach dem BAföG dem Grunde nach in § 7 Abs. 5 SGB II den Gerichtsbescheid der Kammer vom 19.03.2007, Az.: S 2 AS 4659/06, Juris, m.w.N.), erfasst dieser Leistungsausschluss auch Personen, die zwar erwerbsfähig, aber gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind (so ausdrücklich auch die Beschlussempfehlung und der Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages auf Bundestags-Drucksache 16/688, S. 13; a.A. im Ergebnis LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.09.2006, Az.: L 20 B 73/06 SO ER, Juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03.11.2006, Az.: L 20 B 248/06 AS ER, Juris), also auch den Antragsteller. Auch europäisches Recht führt in diesem Zusammenhang zu keinem anderen Ergebnis. Das europäische Recht unterscheidet nicht zwischen der Sozialhilfe nach dem SGB XII und dem Arbeitslosengeld II nach dem SGB II, so dass auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
4. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers war mangels Erfolgsaussichten abzulehnen (§ 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO).
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II.
Der Antragsteller ist am ... geboren und italienischer Staatsbürger.
Der Antragsteller reiste am 23. April 2007 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 11. Juni 2007 beantragte er bei der Antragsgegnerin Leistungen nach dem SGB II. Am 28. Juni 2007 sprach der Antragsteller persönlich bei der Antragsgegnerin vor und teilte mit, dass er die letzten 3½ Jahre in Italien gelebt und gearbeitet habe und nun nach Deutschland gezogen sei, um eine Arbeit aufzunehmen bzw. zu suchen.
Mit Bescheid vom 28. Juni 2007 lehnte die Antragsgegnerin die Gewährung von Leistungen ab. Die Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung seien nicht erfüllt, da der Antragsteller allein zum Zwecke der Arbeitssuche nach Deutschland eingereist sei.
Am 10. Juli 2007 stellte die Stadt Tübingen dem Antragsteller eine Bescheinigung aus, laut der er Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates des Europäischen Union und nach Maßgabe des Freizügigkeitsgesetzes/EU zur Einreise und zum Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland berechtigt sei.
Gegen den ablehnenden Bescheid legte der Antragsteller am 11. Juli 2007 Widerspruch ein. Er trug vor, dass sich sein Aufenthaltsrecht aus dem Freizügigkeitsgesetz ergebe.
Mit Bescheid vom 12. Juli 2007 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für eine Leistungsbewilligung lägen nicht vor, da sich das Aufenthaltsrecht des Antragstellers allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergebe. Aus der Freizügigkeitsbescheinigung ergebe sich nur ein Recht, sich in der Bundesrepublik Deutschland aufzuhalten. Es leite sich daraus aber kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II ab.
Am 23. Juli 2007 hat der Antragsteller Klage gegen den Bescheid vom 28. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2007 erhoben und zugleich um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Er behauptet, seinen Lebensmittelpunkt 13 Jahre lang bis zum Jahr 2003 in der Bundesrepublik Deutschland gehabt zu haben. Er ist der Ansicht, dass er als Bürger der Europäischen Union keine Arbeitserlaubnis benötige. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen nach dem Aufenthaltsgesetz und dem Freizügigkeitsgesetz/EU sowie sonstige Regelungen mit aufenthaltsrechtlichem Inhalt blieben unberührt und gingen den Leistungsbestimmungen des SGB II vor. Er behauptet, die begehrten Leistungen "zum Überleben" zu benötigen. Ihm seien derzeit die Mietkosten gestundet, weil sich sein Vermieter darauf verlassen habe und weiter verlasse, dass er die Leistungen nach dem SGB II erhalten werde. Essen und Trinken erhalte er derzeit von einem Bekannten, aber mit der Verpflichtung zur Vergütung, sobald er entsprechende Leistungen nach dem SGB II erhält.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab dem 23. Juli 2007 bis zur Entscheidung in der Hauptsache Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II in Höhe von 345 EUR als Regelleistung sowie Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 335 EUR monatlich zu zahlen.
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
den Antrag abzulehnen.
Die Antragsgegnerin hält an ihrer Entscheidung fest. Sie trägt vor, dass der Antragsteller zum Zwecke der Arbeitssuche eingereist sei. Er habe seitdem nicht nachgewiesen, dass er in Deutschland sozialversicherungspflichtig gearbeitet habe. Eine Vorbeschäftigung mit Arbeitnehmerstatus, welche den Aufschlussgrund beseitigen würde, liege nicht vor.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akte des Gerichts sowie auf die beigezogene Akte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
1. Der zulässige Antrag ist unbegründet.
a) Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann, wenn – wie hier – ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG nicht vorliegt – das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung).
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsachebehelfes (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) vom Antragsteller glaubhaft zu machen. Die diesbezüglichen Anforderungen sind umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. nur LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.03.2006, Az.: L 8 AS 518/06 ER-B, Juris; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.01.2007, Az.: L 7 SO 5672/06 ER-B, Juris; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 28.03.2007, Az.: L 7 AS 1214/07 ER-B, Juris).
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht isoliert nebeneinander; es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.01.2007, Az.: L 7 SO 5672/06 ER-B, Juris). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist (LSG Hessen, Beschluss vom 29.06.2005, Az.: L 7 AS 1/05 ER u.a., Juris). Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann (LSG Hessen, Beschluss vom 29.06.2005, Az.: L 7 AS 1/05 ER u.a., Juris).
b) Es kann dahinstehen, ob ein Anordnungsgrund vorliegt. Jedenfalls fehlt es am Anordnungsanspruch. Der Antragsteller hat nämlich keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II.
aa) Diesem Anspruch steht § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der seit dem 1. April 2006 geltenden Fassung entgegen. Nach dieser Vorschrift erhalten keine Leistungen nach dem SGB II unter anderem Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt.
(1) Diese Voraussetzungen des Anspruchsausschlusses liegen hier vor, da der Antragsteller sein Aufenthaltsrecht nur auf den Zweck der Arbeitssuche stützen kann. Für nichtdeutsche Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Unionsbürger), wie es beim Antragsteller der Fall ist, besteht ein Aufenthaltsrecht jedenfalls nach Ablauf von drei Monaten – der Antragsteller hat sich am Tag der Antragstellung bei Gericht drei Monate in Deutschland aufgehalten – nur nach Maßgabe von § 2 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU). Danach (siehe dazu auch Hailbronner, JZ 2005, 1138 [1141 ff.]) haben ein Recht auf Einreise und Aufenthalt, - Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer, zur Arbeitssuche oder Berufsausbildung aufhalten wollen, § 2 Abs. 2 Ziffer 1 Freizügigkeitsgesetz/EU, - Unionsbürger, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige), § 2 Abs. 2 Ziffer 2 Freizügigkeitsgesetz/EU, - Unionsbürger, die, ohne sich niederzulassen, als selbständige Erwerbstätige Dienstleistungen im Sinne des Artikel 50 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft erbringen wollen (Erbringer von Dienstleistungen), wenn sie zur Erbringung der Dienstleistung berechtigt sind, § 2 Abs. 2 Ziffer 3 Freizügigkeitsgesetz/EU, - Unionsbürger als Empfänger von Dienstleistungen, § 2 Abs. 2 Ziffer 4 Freizügigkeitsgesetz/EU, - Verbleibeberechtigte im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 1251/70 der Kommission vom 29. Juni 1970 über das Recht der Arbeitnehmer, nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates zu verbleiben (ABl. EG Nr. L 142 S. 24, 1975 Nr. L 324 S. 31) und der Richtlinie 75/34/EWG des Rates vom 17. Dezember 1974 über das Recht der Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates, nach Beendigung der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates zu verbleiben (ABl. EG 1975 Nr. L 14 S. 10), § 2 Abs. 2 Ziffer 5 Freizügigkeitsgesetz/EU, - nicht erwerbstätige Unionsbürger unter den Voraussetzungen des § 4 Freizügigkeitsgesetz/EU, § 2 Abs. 2 Ziffer 6 Freizügigkeitsgesetz/EU, - Familienangehörige unter den Voraussetzungen der §§ 3 und 4 Freizügigkeitgesetz/EU, § 2 Abs. 2 Ziffer 7 Freizügigkeitsgesetz/EU, - Unionsbürger, die sich seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, § 2 Abs. 5 Freizügigkeitsgesetz/EU.
Beim Antragsteller kommt nach seinem eigenen Vortrag lediglich der Aufenthaltstitel "zur Arbeitssuche" gemäß § 2 Abs. 2 Ziffer 1 2. Var. Freizügigkeitsgesetz/EU in Betracht. Etwas anderes lässt sich auch aus der vom Antragsteller vorgelegten Bescheinigung der Stadt Tübingen vom 10. Juli 2007 nicht ableiten. Es handelt sich hierbei um eine (deklaratorische) Bescheinigung im Sinne von § 5 Abs. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU, mit der lediglich das Aufenthaltsrecht bestätigt wird. Weder lässt sich ihr entnehmen, dass sich der Antragsteller auf einen anderen Aufenthaltstitel berufen kann noch stellt die Bescheinigung gar selbst einen solchen Aufenthaltstitel dar.
Ein anderes Aufenthaltsrecht kann der Antragsteller auch nicht unmittelbar aus der europarechtlichen Gewährleistung der Freizügigkeit (Art. 18 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vom 07.02.1992 in der Fassung vom 16.04.2003 [EG]) ableiten. Diese Grundfreiheit ist spezielle Ausprägung des allgemeinen Verbotes der Diskriminierung aus Gründen der Staatangehörigkeit, soll aber nicht ein von den verschiedenen mitgliedstaatlichen Bürgerrechten unabhängiges Recht auf Bewegung und Aufenthalt begründen (Schöbener, in: Tettinger/Stern [Hrsg.], Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 45 Rdnr. 15). Sie steht ausdrücklich unter dem Vorbehalt der in "den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen". Art. 18 Abs. 1 EG nimmt damit auf das die allgemeine Freizügigkeit ausgestaltende und konkretisierende Sekundärrecht Bezug (Bode, EuZW 2003, 552 [553 f.]; Schöbener, in: Tettinger/Stern [Hrsg.], Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 45 Rdnr. 37; Wollenschläger, EuZW 2005, 309 [310]). Einschlägig ist insoweit die Richtlinie 2004/38/EG vom 29. April 2004 (Unionsbürger-Richtlinie). Diese Richtlinie hat der Bundesgesetzgeber jedenfalls für Aufenthalte von länger als drei Monaten europarechtskonform im Freizügigkeitsgesetz/EU in der dargestellten Weise umgesetzt. Er ist dabei sogar insoweit großzügiger gewesen, als er das Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche unbefristet und unabhängig von der Erfolgsaussicht dieser Arbeitssuche gewährt (siehe Strick, NJW 2005, 2182 [2184]).
In diesem Sinne hat auch der Europäische Gerichtshof bereits entschieden, dass das Aufenthaltsrecht aus Art. 18 Abs. 1 EG nicht absolut ist, sondern der aufgesuchte Mitgliedsstaat das Aufenthaltsrecht davon abhängig machen darf, dass der Betroffene über ausreichende Existenzmittel verfügt, durch die sichergestellt ist, dass während des Aufenthaltes die Sozialhilfe – darunter fällt auch das beitragsunabhängige Arbeitslosengeld II (Strick, NJW 2005, 2182 [2184]) – des Aufnahmemitgliedstaats nicht in Anspruch genommen werden muss (EuGH, Urteil vom 07.09.2004, Az.: C-456/02, NZA 2005, 757 [758]).
(2) Vor diesem Hintergrund und angesichts des klaren Wortlauts von § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II besteht für eine Auslegung der Norm dahingehend, dass von der Regelung nur diejenigen Ausländer betroffen sein sollen, die erstmals in die Bundesrepublik Deutschland einreisen und dort unmittelbar mit dem Zuzug Sozialleistungen in Anspruch nehmen (so LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25.07.2007, Az.: L 6 AS 444/07 ER, Juris, im Anschluss an SG Osnabrück, Beschluss vom 27.04.2006, Az.: S 22 AS 263/06 ER, Juris; offen gelassen von SG Speyer, Beschluss vom 13.07.2006, Az.: S 1 ER 211/06 AS, Juris) weder Anlass noch Raum. Selbst wenn man den nicht glaubhaft gemachten Vortrag des Antragstellers, dass er sich vom Jahr 1990 bis zum Jahr 2003 dauerhaft in Deutschland aufgehalten hat, als wahr unterstellt, so stellt doch die Abwesenheit zwischen dem Jahr 2003 und der erneuten Einreise im Jahre 2007 eine derartige Zäsur dar, die eine Ausnahme vom Anspruchsausschluss nicht rechtfertigt.
Abgesehen davon hat der Gesetzgeber den Anspruchsausschluss gerade nicht davon abhängig gemacht, dass der Betroffene erstmals nach Deutschland einreist, sondern allein von der Grundlage seines Aufenthaltsrechtes. Die gegenteilige Auffassung kann sich nicht auf den Willen des Gesetzgebers, der im übrigen dann keinen hinreichenden Niederschlag im Normtext gefunden hätte, berufen (so aber LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25.07.2007, Az.: L 6 AS 444/07 ER, Juris). In der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages heißt es zwar, dass auch die Familienangehörigen eines erstmals in Deutschland arbeitsuchenden EU-Bürgers vom Bezug von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind (Bundestags-Drucksache 16/688, S. 13). Diese Erläuterung ist aber nicht Ausdruck eines den Wortlaut der Norm einschränkenden Willens des Gesetzgebers, sondern ersichtlich (nicht abschließendes) Element der Beschreibung der Rechtswirkungen des neuen Ausschlusstatbestandes. Im Satz zuvor heißt es im übrigen, dass von der Regelung vor allem EU-Bürger, die von ihrem Recht auf Unionsbürgerschaft Gebrauch machen und sich zum Zweck der Arbeitsuche in Deutschland aufhalten, betroffen sind (Bundestags-Drucksache 16/688, S. 13), also ohne jegliche Einschränkung hinsichtlich der Frage, ob es sich um den erstmaligen oder einen späteren Aufenthalt handelt. Eine andere Sichtweise würde angesichts der offenkundigen Mißbrauchsmöglichkeit einer erstmaligen kurzfristigen Ein- und Ausreise vor der mit dem Zweck des Leistungsbezuges erfolgenden zweiten Einreise den Anspruchsausschluss aus § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II auch weitgehend leerlaufen lassen. Im übrigen begründet auch nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU ein früherer Aufenthalt in Deutschland als solcher kein selbständiges Aufenthaltsrecht. Vielmehr sind zusätzliche zeitliche Voraussetzungen zu erfüllen (vgl. § 2 Abs. 2 Ziffer 5, Abs. 5 Freizügigkeitsgesetz/EU).
(3) Entgegen der offenbar vom Antragsteller vertretenen Auffassung kommt es nicht darauf an, dass er für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit keine Arbeitserlaubnis benötigt. Diese Frage wird lediglich im Zusammenhang mit § 8 SGB II relevant. Nach § 8 Abs. 2 SGB II gelten Ausländer nur als erwerbsfähig, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. Diese Voraussetzung der Erwerbsfähigkeit liegt beim Antragsteller – vorbehaltlich gesundheitlicher Einschränkungen, die von den Beteiligten nicht thematisiert sind – vor. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II errichtet aber für Ausländer eine weitere, neben der Erwerbsfähigkeit gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 2 i.V.m. § 8 SGB II stehende Leistungsvoraussetzung.
bb) Der Antragsteller kann sein Begehren auch nicht auf eine andere, den Anspruchsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II verdrängende Grundlage stützen.
(1) Dies gilt zunächst für das europarechtliche Freizügigkeitsrecht selbst. Ihm lässt sich – ebenso wie etwa dem Grundrecht auf Freizügigkeit aus Art. 11 Grundgesetz [GG] – kein Leistungsanspruch gegen die öffentliche Hand entnehmen (siehe zu Art. 18 Abs. 1 EG Bode, EuZW 2003, 552 [556]; siehe zu Art. 11 GG Krüger/Pagenkopf, in: Sachs [Hrsg.], 4. Aufl. 2007, Art. 11 Rdnr. 22). Alleiniger Maßstab für die Frage der Teilhabe von Unionsbürgern an sozialen Vergünstigungen des Aufenthaltsstaates ist Art. 12 EG (Bode, EuZW 2003, 552 [556]; Schöbener, in: Tettinger/Stern [Hrsg.], Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 45 Rdnr. 28). Unionsbürgerschaft und Sozialhilfeberechtigung sind nach dem Willen sowohl der europäischen Legislative als auch der Vertragsparteien zu unterscheiden (dazu m.w.N. Sander, DVBl. 2005, 1014 [1016 f.]).
(2) Auch sieht die Kammer keine Notwendigkeit zu einer von Gemeinschaftsrecht wegen vorzunehmenden Auslegung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II dahingehend, dass der Anspruchsausschluss jedenfalls nicht nach Ablauf eines dreimonatigen Aufenthaltes im Bundesgebiet greift (so aber LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.04.2007, Az.: L 19 B 116/07 AS ER, Juris). Die insofern herangezogene Richtlinie 2004/38/EG gibt hierzu keine Veranlassung. Zwar genießt jeder Unionsbürger, der sich aufgrund dieser Richtlinie im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats aufhält, im Anwendungsbereich des EG-Vertrages die gleiche Behandlung wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedsstaates (Art. 24 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie). Dies gilt aber ausdrücklich nur vorbehaltlich spezifischer und ausdrücklich im EG-Vertrag und im abgeleiteten Recht vorgesehener Bestimmungen. Eine solche Ausnahmebestimmung enthält Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie, nach der abweichend von Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie der Aufnahmemitgliedstaat unter anderem nicht verpflichtet ist, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status verbleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthaltes oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Art. 14 Abs. 4 lit. b der Richtlinie einen Anspruch auf Sozialhilfe zu gewähren. Art. 14 Abs. 4 lit. b der Richtlinie erfasst den Fall, dass der Unionsbürger in das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats eingereist ist, um Arbeit zu suchen. Damit erlaubt die Richtlinie ausdrücklich den Ausschluss von EU-Bürgern vom Leistungsanspruch auf Sozialhilfe über den Zeitraum von drei Monaten hinaus auch dann, wenn der Unionsbürger – wie der Antragsteller – in das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist ist, um Arbeit zu suchen (siehe auch Hailbronner, JZ 2005, 1138 [1142]). Vor diesem Hintergrund entspricht eine Auslegung, die § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II auf Unionsbürger für unanwendbar erachtetet (so LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.04.2007, Az.: L 19 B 116/07 AS ER, Juris) nicht der Richtlinie, sondern widerspricht ihr genauso wie dem Willen des deutschen Gesetzgebers, auch EU-Bürger, die sich lediglich zur Arbeitssuche in Deutschland aufhalten, vom Leistungsanspruch im Sinne des SGB II auszuschließen (siehe die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages, Bundestags-Drucksache 16/688, S. 13). Eine Auslegung der Richtlinie führt vielmehr zu dem Ergebnis, dass die Ansprüche arbeitssuchender EU-Ausländer auf Arbeitslosengeld II (und Sozialhilfe im deutschen Sinne) ausgeschlossen werden können (zutreffend Strick, NJW 2005, 2182 [2184]).
(3) Schließlich lässt sich auch aus Art. 12 EG kein Leistungsanspruch des Antragstellers bzw. die Unanwendbarkeit des Anspruchsausschlusses in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ableiten (a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.04.2007, Az.: L 19 B 116/07 AS ER, Juris).
Der Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 12 EG gilt nicht uneingeschränkt (dazu Sachs, in: Tettinger/Stern [Hrsg.], Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 20 Rdnr. 23, m.w.N.; von Bogdandy, in: Grabitz/Hilf [Hrsg.], Das Recht der Europäischen Union, Art. 12 EGV [2005] Rdnr. 23, m.w.N.), sondern kann durch ausdrücklich vorgesehene Ausnahmen eingeschränkt werden (EuGH, Urteil vom 23.03.2004, Az.: C-138/02, AP Nr. 14 zu Art. 39 EG; Strick, NJW 2005, 2182 [2185]), namentlich aus Gründen des Allgemeinwohls (Schöbener, in: Tettinger/Stern [Hrsg.], Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 45 Rdnr. 35, m.w.N. aus der Rechtsprechung des EuGH), gilt also letztlich nach Maßgabe der sekundärrechtlichen Ausgestaltung (Bode, EuZW 2003, 552 [556]). So sind insbesondere Regelungen zulässig, die der Verhinderung eines Missbrauch des Freizügigkeitsrechts allein zu dem Zweck, in den Genuss der Sozialleistungen des anderen Mitgliedsstaates zu kommen, dienen sollen (Schöbener, in: Tettinger/Stern [Hrsg.], Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 45 Rdnr. 35, m.w.N.).
Eine solche Regelung stellt die Richtlinie 2004/38/EG dar. Diese Richtlinie mit dem oben beschriebenen Inhalt, dass Personen, deren Aufenthaltsrecht nur darauf beruht, dass sie sich auf Arbeitssuche befinden, ohne zeitliche Einschränkung keinen Zugang zu beitragsunabhängigen Sozialleistungen beanspruchen können, steht der Annahme entgegen, dass ein solcher Anspruch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 12 EG deduziert werden könnte. Vielmehr wird der Anwendungsbereich des Diskriminierungsverbotes durch die sekundärrechtlichen Schranken des Aufenthaltsrechts begrenzt (Bode, EuZW 2003, 552 [556], m.w.N.). Dies gilt selbst dann, wenn man insofern keine Einschränkung des Gewährleistungsbereiches erkennen will. Jedenfalls entfaltet die Richtlinie 2004/38/EG insofern Rechtfertigungscharakter für darauf beruhende Ungleichbehandlungen (so auch Strick, NJW 2005, 2182 [2185]). Eine andere Auffassung würde im übrigen die – bislang wohl nicht vertretene (vgl. auch Bode, EuZW 2005, 279 [281]; Hailbronner, JZ 2005, 1138 [1143]) – Annahme voraussetzen, dass die Richtlinie 2004/38/EG ihrerseits mit dem primären Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar ist.
Vor diesem Hintergrund kommt es darauf, dass das gemeinschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgebot ausdrücklich nur im – auch sachlich-thematischen – Anwendungsbereich des Vertrages gilt (siehe auch Bode, EuZW 2003, 552 [556]; Hailbronner, NJW 2004, 2185 [2186]; von Bogdandy, in: Grabitz/Hilf [Hrsg.], Das Recht der Europäischen Union, Art. 12 EGV [2005] Rdnr. 24), gar nicht an. Daher kann dahinstehen, ob europäische Normen in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund des Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung überhaupt im Bereich des Sozialhilferechts (im weiteren Sinne) Geltung beanspruchen können oder nicht vielmehr mangels entsprechender Kompetenzübertragung ("Rechtsanwendungsbefehl") auf die Europäische Union außer Anwendung zu bleiben haben (BVerfGE 89, 155 [188]), soweit sie diesbezüglich Direktiven enthalten bzw. in diesem Sinne ausgelegt werden (in diesem Sinne, nämlich die Gewährung von Sozialhilfe außerhalb des Anwendungsbereiches des EG-Vertrages ansiedelnd Sander, DVBl. 2005, 1014 [1019 f.]; Strick, NJW 2005, 2182 [2184]). Im europäischen System ist Sozialpolitik indes grundsätzlich eine Angelegenheit der Mitgliedstaaten (Sander, DVBl. 2005, 1014 [1019]). Die Gemeinschaft besitzt keine substantiellen Gesetzgebungskompetenzen im Sozialbereich (Hailbronner, JZ 2005, 1138 [1143]). Es spricht erst Recht einiges dafür, dass der deutsche – ebenso wie die anderen nationalen – Gesetzgeber seine Kompetenz, darüber zu entscheiden, wer steuerfinanzierte Sozialleistungen beanspruchen kann, nicht auf die europäische Gemeinschaft übertragen wollte (siehe auch Sander, DVBl. 2005, 1014 [1016 f.]). Dies braucht hier indes nach dem Dargelegten nicht vertieft zu werden.
Soweit der Europäische Gerichtshof durchaus im Widerspruch zu seiner eigenen Rechtsprechung (siehe zur deutlichen Kritik Hailbronner, NJW 2004, 2185 ff.) angenommen hat, dass sich ein nicht wirtschaftlich aktiver Unionsbürger hinsichtlich der Beanspruchung von Sozialleistungen auf Art. 12 EG berufen kann, wenn er sich im Aufnahmemitgliedstaat für eine bestimmte Dauer rechtmäßig aufgehalten hat oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt (EuGH, Urteil vom 07.09.2004, Az.: C-456/03, NZA 2005, 757 [759]), führt dies hier zu keiner anderen Beurteilung. Im dort entschiedenen Fall konnte der Betroffene einen zweijährigen ununterbrochenen Aufenthalt im Aufnahmestaat vorweisen. Daran fehlt es dem Antragsteller, der sich angesichts der vierjährigen Zäsur nicht auf den behaupteten früheren Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland berufen kann. Auch fehlt es ihm an der zweiten Voraussetzung, nämlich einer Aufenthaltserlaubnis. Damit ist nicht der Aufenthaltstitel aufgrund Art. 18 EGV i.V.m. der Unionsbürger-Richtlinie i.V.m. § 2 Freizügigkeitsgesetz/EU gemeint, sondern der davon unabhängige Aufenthaltstitel nach § 7 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).
2. Die Beiladung des zuständigen Trägers der Leistungen nach dem SGB XII kam nicht in Betracht. Zwar soll im Wege einer analogen Anwendung des § 75 Abs. 5 SGG auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Beiladung und Verpflichtung des Trägers der Sozialhilfe möglich sein (vgl. nur LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.08.2006, Az.: L 7 AY 3106/06 ER-B, Juris). Jedoch hat der Antragsteller keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII. Dem steht § 21 Satz 1 SGB XII entgegen, wonach Personen, die nach dem SGB II als Erwerbsfähige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen für den Lebensunterhalt erhalten. Da es für diesen Leistungsausschluss also allein darauf ankommt, dass der Betroffene als Erwerbsfähiger dem Grunde nach Leistungen nach dem SGB II beanspruchen kann, aber nicht darauf, ob er aufgrund individueller Umstände tatsächlich Leistungen bezieht (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03.11.2006, Az.: L 20 B 248/06 AS ER, Juris; siehe zur vergleichbaren Problematik des Leistungsanspruchs nach dem BAföG dem Grunde nach in § 7 Abs. 5 SGB II den Gerichtsbescheid der Kammer vom 19.03.2007, Az.: S 2 AS 4659/06, Juris, m.w.N.), erfasst dieser Leistungsausschluss auch Personen, die zwar erwerbsfähig, aber gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind (so ausdrücklich auch die Beschlussempfehlung und der Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages auf Bundestags-Drucksache 16/688, S. 13; a.A. im Ergebnis LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.09.2006, Az.: L 20 B 73/06 SO ER, Juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03.11.2006, Az.: L 20 B 248/06 AS ER, Juris), also auch den Antragsteller. Auch europäisches Recht führt in diesem Zusammenhang zu keinem anderen Ergebnis. Das europäische Recht unterscheidet nicht zwischen der Sozialhilfe nach dem SGB XII und dem Arbeitslosengeld II nach dem SGB II, so dass auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
4. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers war mangels Erfolgsaussichten abzulehnen (§ 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO).
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