Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AL 1438/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AL 4783/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 28. Juni 2004 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Beklagte zu Recht die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) abgelehnt hat. Dabei geht es zunächst um die Frage, ob die Klägerin die Klage fristgemäß erhoben hat.
Die 1966 geborene Klägerin war vom 8.2.2000 bis 8.2.2002 als Sekretärin bei der T. Deutschland beschäftigt. Vom 9.2.2002 bis 03.2.2003, der Erschöpfung ihres Leistungsanspruchs, bezog die Klägerin Arbeitslosengeld.
Am 10.2.2003 beantragte die Klägerin A., wobei sie angab, dass sie eine Kapitallebensversicherung (Auszahlung bei Rückkauf: 16.034,23 EUR; bisherige Einzahlung: 22.626,35 EUR) und einen Bausparvertrag (Guthaben 5109,60 EUR) habe.
Mit Bescheid vom 10.2.2003 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil die Klägerin über ein Vermögen von 21.143,83 EUR (16.034,23 und 5109,60 EUR) verfüge, dessen Verwertung zumutbar sei. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages von 7.400 EUR verblieben 13.743,83 EUR, die bei der Bedürftigkeit zu berücksichtigen seien.
Hiergegen legte die Klägerin am 3.3.2003 Widerspruch ein mit der Begründung, ihre zur Altersabsicherung abgeschlossene Lebensversicherung sei als nicht verwertbar anzusehen. Auf Anforderung der Beklagten legte sie eine Bescheinigung der Z. Lebensversicherung AG vom 5.2.2003 vor, aus der sich ein Rückkaufswert von 16.034,23 EUR zuzüglich Gewinnanteilen von 5.264,87 EUR in Höhe von insgesamt 21.299,10 EUR zum 1.3.2003 ergab und in der gezahlte Beiträge in Höhe von 17.361,48 EUR zum 28.2.2003 bescheinigt wurden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.4.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, auf Grund der zum 1.1.2002 geänderten Arbeitslosenhilfe-Verordnung sei für die Alterssicherung vorgesehenes Vermögen mit Ausnahme der so genannten "Riesterrente" von der Verwertung grundsätzlich nicht mehr ausgeschlossen. Nach Abzug des Freibetrages von 7.400 EUR (200 EUR x 37 - Lebensjahre der Klägerin am Ende des Bewilligungsabschnitts -) verbleibe ein in zumutbarer Weise verwertbares Vermögen von 13.899,10 EUR. Die Klägerin sei daher nicht bedürftig.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 20.5.2003 am 23.5.2003 Klage zum Sozialgericht (SG) Freiburg, mit der sie vortrug, es sei ihr nicht zuzumuten, ihre private Altersvorsorge, die vom Staat empfohlen werde, aufzulösen, zumal die Versorgung im Alter durch die staatliche Rente immer mehr in Frage gestellt werde. Sie bat, ihre Klage zu berücksichtigen, obwohl sie nicht mehr ganz innerhalb der genannten Frist liege. Die Niederschrift sei ihr auf dem Postwege mit Verspätung zugegangen, sodass sie den Abgabetermin nicht ganz habe einhalten können.
Im Termin vom 3.2.2004 vor dem SG erklärte die Klägerin, sie könne nicht mit Bestimmtheit sagen, an welchem Tag sie den Widerspruchsbescheid vom 10.4.2003 erhalten habe. Sie wisse nur noch, dass er offenbar unwahrscheinlich lange auf dem Postwege unterwegs gewesen sei. Sie habe sich dann an die Rechtsberatungsstelle des SG gewandt. Der Herr habe ihr den Rat gegeben, das so in ihre Klageschrift hinein zuschreiben. Sie sei ein paar Wochen nach Erhalt des Widerspruchsbescheids beim SG gewesen, da sie die ganze Angelegenheit erst einmal habe studieren müssen.
Durch Gerichtsbescheid vom 28.6.2004 wies das SG die Klage wegen Versäumung der Klagefrist als unzulässig ab. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 10.4.2003 sei am selben Tag zur Post gegeben worden. Dies ergebe sich aus der gerichtsbekannten Praxis der Agentur für Arbeit F., nach der Widerspruchsbescheide regelmäßig am Tage ihres Erlasses zur Post gegeben würden und anderenfalls - soweit das Datum des Widerspruchsbescheides und das des Postversands ausnahmsweise voneinander abwichen - dies handschriftlich auf dem Aktenexemplar des Widerspruchsbescheids vermerkt werde. Damit gelte der Widerspruchsbescheid am 13.4.2003 als zugestellt. Die Klagefrist habe am 14.4.2003 begonnen und am 13.5.2003 geendet. Die Klage sei jedoch erst am 23.5.2003 bei Gericht eingegangen. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen den am 29.6.2004 zur Post gegebenen Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 12.7.2004 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt, mit der sie die Gewährung von Alhi weiterverfolgt. Zur Begründung trägt sie vor, es könne nicht rechtmäßig sein, durch Anrechnung der Lebensversicherung, die der privaten Altersvorsorge diene, die Bedürftigkeit auszuschließen. Der Widerspruchsbescheid sei auf normalem Postweg erst ca. 7 Tagen nach dem Ausstellungsdatum bei ihr eingegangen. Sie habe nach Prüfung des Inhalts am 20.5.2003 persönlich beim Mitarbeiter des SG vorgesprochen, den verspäteten Eingang dort angegeben und ihre Klageschrift an diesem Tag dem Mitarbeiter persönlich ausgehändigt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 28. Juni 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. Februar 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. April 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Arbeitslosenhilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend und erwidert, die Klägerin habe zum einen nicht konkret dargelegt und nachgewiesen, an welchem Tag sie den Widerspruchsbescheid vom 10.4.2003 erhalten habe. Vielmehr habe die Klägerin in ihrem Berufungsschriftsatz vom 5.7.2004 unsubstantiiert angegeben, dass sie den Widerspruchsbescheid ca. sieben Tage nach seinem Ausstellungsdatum erhalten habe. Die nachweislich erst am 23.5.2004 beim SG erhobene Klage sei selbst unter Zugrundelegung dieser nicht belegten Angabe als verfristet zu betrachten. Zudem sei zu beachten, dass die Klägerin in ihrer Klageschrift vom 20.5.2003 an das SG bereits eingeräumt habe, dass sie die Klage nicht innerhalb der vorgesehenen Frist eingelegt habe.
Auf Nachfrage hat Richter am SG B. am 13.2.2006 erklärt, dass die Kenntnis des Gerichts über die Praxis der Agentur für Arbeit Freiburg betreffend den handschriftlichen Vermerk über das vom Widerspruchsbescheid-Datum abweichende Absendedatum darauf beruhe, dass verschiedene Mitarbeiter der Widerspruchstelle der Agentur für Arbeit F. diese Handhabung in mehreren Sitzungen und Erörterungsterminen in anderen Verfahren beschrieben hätten. Dabei handle es sich namentlich um die Herren S., Leiter der Widerspruchstelle, sowie M ... Herr S. hat am 13.2.2006 ausgeführt, die Regelung bei der Agentur für Arbeit F. sehe vor, dass bis 14:30 Uhr erlassene Widerspruchsbescheide noch am gleichen Tag der Post zur Beförderung aufgegeben würden. Widerspruchsbescheide, welche ab 14:30 Uhr erlassen würden, würden der Post zur Beförderung erst am nächstfolgenden Arbeitstag übergeben. In diesem Fall werde der Tag der Aufgabe zur Post auf der Aktendurchschrift handschriftlich vermerkt. Herr M., der den Widerspruchsbescheid unterschrieben habe, sei seit vielen Jahren als erfahrener Sachbearbeiter in der Widerspruchstelle tätig. Es sei ausgeschlossen, dass der Widerspruchsbescheid erst zu einem späteren Zeitpunkt der Post zur Beförderung übergeben worden sei.
Die Klägerin hat mitgeteilt, dass sie vom 1.10.2004 bis 31.12.2004 Alhi erhalten habe und seit 1.1.2005 Arbeitslosengeld II erhalte.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet, da das SG die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen hat. Das SG hat die anzuwendenden Rechtsvorschriften sowie die von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätze zutreffend dargelegt. Der Senat hat den Sachverhalt nochmals überprüft und ist dabei zum Ergebnis gelangt, dass der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden ist. Deshalb nimmt der Senat insoweit auf die Gründe des Gerichtsbescheid, die sich als zutreffend erweisen, in vollem Umfang Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist auszuführen, dass auch für den Senat auf Grund der Angaben von Herrn S., dem Leiter der Widerspruchstelle der Beklagten in Freiburg, und den Angaben von Richter am SG B. nachgewiesen ist, dass der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 10.4.2003 am 10.4.2003 zur Post gegeben wurde. Damit gilt er gem. § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X am 13.4.2003 als zugestellt. Diese Fiktion gilt zwar gem. § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB X nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs zu beweisen. Zweifel an der Bekanntgabe schon am dritten Tag müssen nach den darzulegenden Umständen berechtigt sein (Krasney in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Bd. 2, Anm. 6 zu § 37 SGB X). Derartige Umstände hat die Klägerin nicht dargelegt. Sie hat nicht einmal substantiiert vorgetragen, wann ihr der Widerspruchsbescheid vom 10.4.2003 zugegangen ist; darüber hinaus wurden im Laufe der Gerichtsverfahren die Angaben immer genauer, während auf Grund des Zeitablaufs das Gegenteil zu erwarten war. Auf Grund der unsubstantiierten und wechselnden Angaben der Klägerin vermag der Senat keine berechtigten Zweifel am Zugang des Widerspruchs am 13.4.2003 festzustellen. Die Klägerin hat in der Klageschrift vom 20.5.2003, eingegangen beim SG am 23.5.2003, selbst eingeräumt, dass ihre Klage nicht mehr ganz innerhalb der genannten Frist erhoben wurde. Zwar hat sie behauptet, der Widerspruchsbescheid sei bei ihr mit Verspätung eingegangen, ein konkretes Datum hat sie jedoch nicht genannt und auch nicht angegeben, wodurch und weshalb ihr das aufgefallen ist. Auch bei ihrer persönlichen Anhörung am 3.2.2004 vermochte sie keine näheren Angaben zu machen und hat lediglich behauptet, der Widerspruchsbescheid sei offenbar unwahrscheinlich lange auf dem Postweg unterwegs gewesen. Ferner hat sie dabei eingeräumt, dass sie erst "ein paar" Wochen später auf dem SG war, wo ihr der Rat gegeben worden sei, die Verspätung im Zugang in der Klageschrift zu erwähnen. Sollte die Klägerin tatsächlich festgestellt haben, dass der Widerspruchsbescheid vom 10.4.2003 unwahrscheinlich lange unterwegs war, ist nicht verständlich, warum sie sich nicht das Datum des Zugangs notiert hat, zumal sich aus der Rechtsbehelfsbelehrung der Beklagten ergibt, dass der Brief mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bewirkt gilt, es sei denn, dass die Entscheidung nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Da die Klägerin jedoch in der Klageschrift selbst davon ausgeht, dass sie die Klagefrist nicht eingehalten hat, wertet der Senat die behauptete Verspätung als Schutzbehauptung der Klägerin, um eine Überprüfung im Klageverfahren zu erreichen. Gegen die Glaubwürdigkeit der Klägerin spricht auch, dass sie im Berufungsverfahren erstmals vorgetragen hat, der Widerspruchsbescheid sei ca. sieben Tage nach dem Ausstellungsdatum bei ihr eingegangen. Wenn dies so gewesen wäre, ist nicht verständlich, warum die Klägerin dies nicht bei Klageerhebung und während des gesamten Klageverfahrens vorgetragen hat. Im Übrigen irrt sich die Klägerin auch in anderer Hinsicht. So hat sie vorgetragen, dass sie am 20.5.2003 persönlich beim Mitarbeiter des SG vorgesprochen und an diesem Tag auch persönlich ihre Klageschrift abgegeben habe. Hiergegen spricht jedoch, dass der Klageschriftsatz der Klägerin vom 20.5.2003 den Eingangsstempel des SG vom 23.5.2003 trägt. Da die Klägerin die Klage nicht innerhalb der vom 14.4. bis 13.5.2003 laufenden Klagefrist (§ 87 SGG) erhoben hat, hat das SG die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Zutreffend hat die Beklagte auch darauf hingewiesen, dass selbst dann, wenn der Widerspruchsbescheid der Klägerin erst am 17.4.2003 zugegangen wäre, die Klagefrist bei Einlegung der Klage am 23.5.2003 versäumt gewesen wäre. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 67 SGG) wurden weder vorgetragen noch sind solche ersichtlich.
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Beklagte zu Recht die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) abgelehnt hat. Dabei geht es zunächst um die Frage, ob die Klägerin die Klage fristgemäß erhoben hat.
Die 1966 geborene Klägerin war vom 8.2.2000 bis 8.2.2002 als Sekretärin bei der T. Deutschland beschäftigt. Vom 9.2.2002 bis 03.2.2003, der Erschöpfung ihres Leistungsanspruchs, bezog die Klägerin Arbeitslosengeld.
Am 10.2.2003 beantragte die Klägerin A., wobei sie angab, dass sie eine Kapitallebensversicherung (Auszahlung bei Rückkauf: 16.034,23 EUR; bisherige Einzahlung: 22.626,35 EUR) und einen Bausparvertrag (Guthaben 5109,60 EUR) habe.
Mit Bescheid vom 10.2.2003 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil die Klägerin über ein Vermögen von 21.143,83 EUR (16.034,23 und 5109,60 EUR) verfüge, dessen Verwertung zumutbar sei. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages von 7.400 EUR verblieben 13.743,83 EUR, die bei der Bedürftigkeit zu berücksichtigen seien.
Hiergegen legte die Klägerin am 3.3.2003 Widerspruch ein mit der Begründung, ihre zur Altersabsicherung abgeschlossene Lebensversicherung sei als nicht verwertbar anzusehen. Auf Anforderung der Beklagten legte sie eine Bescheinigung der Z. Lebensversicherung AG vom 5.2.2003 vor, aus der sich ein Rückkaufswert von 16.034,23 EUR zuzüglich Gewinnanteilen von 5.264,87 EUR in Höhe von insgesamt 21.299,10 EUR zum 1.3.2003 ergab und in der gezahlte Beiträge in Höhe von 17.361,48 EUR zum 28.2.2003 bescheinigt wurden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.4.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, auf Grund der zum 1.1.2002 geänderten Arbeitslosenhilfe-Verordnung sei für die Alterssicherung vorgesehenes Vermögen mit Ausnahme der so genannten "Riesterrente" von der Verwertung grundsätzlich nicht mehr ausgeschlossen. Nach Abzug des Freibetrages von 7.400 EUR (200 EUR x 37 - Lebensjahre der Klägerin am Ende des Bewilligungsabschnitts -) verbleibe ein in zumutbarer Weise verwertbares Vermögen von 13.899,10 EUR. Die Klägerin sei daher nicht bedürftig.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 20.5.2003 am 23.5.2003 Klage zum Sozialgericht (SG) Freiburg, mit der sie vortrug, es sei ihr nicht zuzumuten, ihre private Altersvorsorge, die vom Staat empfohlen werde, aufzulösen, zumal die Versorgung im Alter durch die staatliche Rente immer mehr in Frage gestellt werde. Sie bat, ihre Klage zu berücksichtigen, obwohl sie nicht mehr ganz innerhalb der genannten Frist liege. Die Niederschrift sei ihr auf dem Postwege mit Verspätung zugegangen, sodass sie den Abgabetermin nicht ganz habe einhalten können.
Im Termin vom 3.2.2004 vor dem SG erklärte die Klägerin, sie könne nicht mit Bestimmtheit sagen, an welchem Tag sie den Widerspruchsbescheid vom 10.4.2003 erhalten habe. Sie wisse nur noch, dass er offenbar unwahrscheinlich lange auf dem Postwege unterwegs gewesen sei. Sie habe sich dann an die Rechtsberatungsstelle des SG gewandt. Der Herr habe ihr den Rat gegeben, das so in ihre Klageschrift hinein zuschreiben. Sie sei ein paar Wochen nach Erhalt des Widerspruchsbescheids beim SG gewesen, da sie die ganze Angelegenheit erst einmal habe studieren müssen.
Durch Gerichtsbescheid vom 28.6.2004 wies das SG die Klage wegen Versäumung der Klagefrist als unzulässig ab. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 10.4.2003 sei am selben Tag zur Post gegeben worden. Dies ergebe sich aus der gerichtsbekannten Praxis der Agentur für Arbeit F., nach der Widerspruchsbescheide regelmäßig am Tage ihres Erlasses zur Post gegeben würden und anderenfalls - soweit das Datum des Widerspruchsbescheides und das des Postversands ausnahmsweise voneinander abwichen - dies handschriftlich auf dem Aktenexemplar des Widerspruchsbescheids vermerkt werde. Damit gelte der Widerspruchsbescheid am 13.4.2003 als zugestellt. Die Klagefrist habe am 14.4.2003 begonnen und am 13.5.2003 geendet. Die Klage sei jedoch erst am 23.5.2003 bei Gericht eingegangen. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen den am 29.6.2004 zur Post gegebenen Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 12.7.2004 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt, mit der sie die Gewährung von Alhi weiterverfolgt. Zur Begründung trägt sie vor, es könne nicht rechtmäßig sein, durch Anrechnung der Lebensversicherung, die der privaten Altersvorsorge diene, die Bedürftigkeit auszuschließen. Der Widerspruchsbescheid sei auf normalem Postweg erst ca. 7 Tagen nach dem Ausstellungsdatum bei ihr eingegangen. Sie habe nach Prüfung des Inhalts am 20.5.2003 persönlich beim Mitarbeiter des SG vorgesprochen, den verspäteten Eingang dort angegeben und ihre Klageschrift an diesem Tag dem Mitarbeiter persönlich ausgehändigt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 28. Juni 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. Februar 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. April 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Arbeitslosenhilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend und erwidert, die Klägerin habe zum einen nicht konkret dargelegt und nachgewiesen, an welchem Tag sie den Widerspruchsbescheid vom 10.4.2003 erhalten habe. Vielmehr habe die Klägerin in ihrem Berufungsschriftsatz vom 5.7.2004 unsubstantiiert angegeben, dass sie den Widerspruchsbescheid ca. sieben Tage nach seinem Ausstellungsdatum erhalten habe. Die nachweislich erst am 23.5.2004 beim SG erhobene Klage sei selbst unter Zugrundelegung dieser nicht belegten Angabe als verfristet zu betrachten. Zudem sei zu beachten, dass die Klägerin in ihrer Klageschrift vom 20.5.2003 an das SG bereits eingeräumt habe, dass sie die Klage nicht innerhalb der vorgesehenen Frist eingelegt habe.
Auf Nachfrage hat Richter am SG B. am 13.2.2006 erklärt, dass die Kenntnis des Gerichts über die Praxis der Agentur für Arbeit Freiburg betreffend den handschriftlichen Vermerk über das vom Widerspruchsbescheid-Datum abweichende Absendedatum darauf beruhe, dass verschiedene Mitarbeiter der Widerspruchstelle der Agentur für Arbeit F. diese Handhabung in mehreren Sitzungen und Erörterungsterminen in anderen Verfahren beschrieben hätten. Dabei handle es sich namentlich um die Herren S., Leiter der Widerspruchstelle, sowie M ... Herr S. hat am 13.2.2006 ausgeführt, die Regelung bei der Agentur für Arbeit F. sehe vor, dass bis 14:30 Uhr erlassene Widerspruchsbescheide noch am gleichen Tag der Post zur Beförderung aufgegeben würden. Widerspruchsbescheide, welche ab 14:30 Uhr erlassen würden, würden der Post zur Beförderung erst am nächstfolgenden Arbeitstag übergeben. In diesem Fall werde der Tag der Aufgabe zur Post auf der Aktendurchschrift handschriftlich vermerkt. Herr M., der den Widerspruchsbescheid unterschrieben habe, sei seit vielen Jahren als erfahrener Sachbearbeiter in der Widerspruchstelle tätig. Es sei ausgeschlossen, dass der Widerspruchsbescheid erst zu einem späteren Zeitpunkt der Post zur Beförderung übergeben worden sei.
Die Klägerin hat mitgeteilt, dass sie vom 1.10.2004 bis 31.12.2004 Alhi erhalten habe und seit 1.1.2005 Arbeitslosengeld II erhalte.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet, da das SG die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen hat. Das SG hat die anzuwendenden Rechtsvorschriften sowie die von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätze zutreffend dargelegt. Der Senat hat den Sachverhalt nochmals überprüft und ist dabei zum Ergebnis gelangt, dass der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden ist. Deshalb nimmt der Senat insoweit auf die Gründe des Gerichtsbescheid, die sich als zutreffend erweisen, in vollem Umfang Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist auszuführen, dass auch für den Senat auf Grund der Angaben von Herrn S., dem Leiter der Widerspruchstelle der Beklagten in Freiburg, und den Angaben von Richter am SG B. nachgewiesen ist, dass der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 10.4.2003 am 10.4.2003 zur Post gegeben wurde. Damit gilt er gem. § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X am 13.4.2003 als zugestellt. Diese Fiktion gilt zwar gem. § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB X nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs zu beweisen. Zweifel an der Bekanntgabe schon am dritten Tag müssen nach den darzulegenden Umständen berechtigt sein (Krasney in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Bd. 2, Anm. 6 zu § 37 SGB X). Derartige Umstände hat die Klägerin nicht dargelegt. Sie hat nicht einmal substantiiert vorgetragen, wann ihr der Widerspruchsbescheid vom 10.4.2003 zugegangen ist; darüber hinaus wurden im Laufe der Gerichtsverfahren die Angaben immer genauer, während auf Grund des Zeitablaufs das Gegenteil zu erwarten war. Auf Grund der unsubstantiierten und wechselnden Angaben der Klägerin vermag der Senat keine berechtigten Zweifel am Zugang des Widerspruchs am 13.4.2003 festzustellen. Die Klägerin hat in der Klageschrift vom 20.5.2003, eingegangen beim SG am 23.5.2003, selbst eingeräumt, dass ihre Klage nicht mehr ganz innerhalb der genannten Frist erhoben wurde. Zwar hat sie behauptet, der Widerspruchsbescheid sei bei ihr mit Verspätung eingegangen, ein konkretes Datum hat sie jedoch nicht genannt und auch nicht angegeben, wodurch und weshalb ihr das aufgefallen ist. Auch bei ihrer persönlichen Anhörung am 3.2.2004 vermochte sie keine näheren Angaben zu machen und hat lediglich behauptet, der Widerspruchsbescheid sei offenbar unwahrscheinlich lange auf dem Postweg unterwegs gewesen. Ferner hat sie dabei eingeräumt, dass sie erst "ein paar" Wochen später auf dem SG war, wo ihr der Rat gegeben worden sei, die Verspätung im Zugang in der Klageschrift zu erwähnen. Sollte die Klägerin tatsächlich festgestellt haben, dass der Widerspruchsbescheid vom 10.4.2003 unwahrscheinlich lange unterwegs war, ist nicht verständlich, warum sie sich nicht das Datum des Zugangs notiert hat, zumal sich aus der Rechtsbehelfsbelehrung der Beklagten ergibt, dass der Brief mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bewirkt gilt, es sei denn, dass die Entscheidung nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Da die Klägerin jedoch in der Klageschrift selbst davon ausgeht, dass sie die Klagefrist nicht eingehalten hat, wertet der Senat die behauptete Verspätung als Schutzbehauptung der Klägerin, um eine Überprüfung im Klageverfahren zu erreichen. Gegen die Glaubwürdigkeit der Klägerin spricht auch, dass sie im Berufungsverfahren erstmals vorgetragen hat, der Widerspruchsbescheid sei ca. sieben Tage nach dem Ausstellungsdatum bei ihr eingegangen. Wenn dies so gewesen wäre, ist nicht verständlich, warum die Klägerin dies nicht bei Klageerhebung und während des gesamten Klageverfahrens vorgetragen hat. Im Übrigen irrt sich die Klägerin auch in anderer Hinsicht. So hat sie vorgetragen, dass sie am 20.5.2003 persönlich beim Mitarbeiter des SG vorgesprochen und an diesem Tag auch persönlich ihre Klageschrift abgegeben habe. Hiergegen spricht jedoch, dass der Klageschriftsatz der Klägerin vom 20.5.2003 den Eingangsstempel des SG vom 23.5.2003 trägt. Da die Klägerin die Klage nicht innerhalb der vom 14.4. bis 13.5.2003 laufenden Klagefrist (§ 87 SGG) erhoben hat, hat das SG die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Zutreffend hat die Beklagte auch darauf hingewiesen, dass selbst dann, wenn der Widerspruchsbescheid der Klägerin erst am 17.4.2003 zugegangen wäre, die Klagefrist bei Einlegung der Klage am 23.5.2003 versäumt gewesen wäre. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 67 SGG) wurden weder vorgetragen noch sind solche ersichtlich.
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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