L 9 R 4947/04

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 RA 3012/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4947/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 1. Oktober 2004 wird zurückgewiesen. Auf die Klage des Klägers wird der Bescheid der Beklagten vom 8. Juni 2005 aufgehoben, soweit darin Versicherungspflicht und Beiträge für die Zeit vom 1. Dezember 1999 bis zum 31. August 2000 und vom 15. März 2002 bis zum 31. Mai 2002 festgesetzt worden sind.

Im übrigen wird die Klage gegen die Bescheide vom 8. Juni 2005 abgewiesen.

Die Beklagte trägt ein Fünftel der außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist noch streitig, ob der Kläger als selbständig Tätiger in der Zeit vom 01.09.2000 bis zum 14.03.2002 und vom 01.05.2003 bis 30.09.2004 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlag.

Der 1953 geborene Kläger war ausweislich des Kontospiegels vom 01.01.1979 bis 30.11.1999 versicherungspflichtig beschäftigt.

Am 08.02.2002 stellte er bei der Beklagten einen Antrag auf Kontenklärung. Darin gab er an, seit Dezember 1999 als Geschäftsführer/Gesellschafter mit einem Anteil von 100 % bei der R. GmbH tätig zu sein. Im Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Selbstständige teilte der Kläger unter dem 05.05.2002 mit, er sei seit dem 01.12.1999 Gesellschafter/Geschäftsführer der R. GmbH. Er sei Angestellter (Geschäftsführer) dieser Gesellschaft. Diese habe derzeit einen Auftrag (Projekt) eines Software-Hauses, das Software für Kreditinstitute erstelle. Bei diesem Software-Haus liefen verschiedene Großprojekte, an einem Projekt sei er tätig. Der Auftrag reiche vom 01.01.2002 bis 30.06.2002. Er beschäftige im Zusammenhang mit der selbständigen Tätigkeit keinen Arbeitnehmer oder Auszubildenden. In der ergänzenden Erklärung vom 07.05.2002 trug der Kläger vor, im ersten Halbjahr 2000 sei die R. GmbH von verschiedenen Unternehmen in M. beauftragt gewesen. Seit September 2000 sei sie für das Software-Haus A. Systems GmbH in S. tätig. Sie habe bisher drei, jeweils auf sechs Monate befristete Projektaufträge aus verschiedenen Unternehmensbereichen erhalten. Hierbei handle es sich um Großprojekte, die über einen längeren Zeitraum laufen würden. Es sei deshalb nicht möglich, während der Projektarbeit andere Kunden zu bedienen. Es hätten deshalb auch Anfragen von anderen Häusern zur Übernahme von Aufträgen abgelehnt werden müssen. Er erhalte auf Dauer mindestens 5/6 seiner gesamten Einkünfte aus der Tätigkeit für einen Auftraggeber.

Der Kläger legte weiter den Gesellschaftsvertrag vor, auf den Bezug genommen wird. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages ist Gegenstand des Unternehmens die Softwareentwicklung und Organisationsberatung für Kreditinstitute.

Mit Bescheid vom 15.05.2002 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Klägers im Zeitraum vom 01.12.1999 bis 31.08.2000 nicht zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung geführt habe, weil der Kläger nicht auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig gewesen sei.

Mit Schreiben gleichfalls vom 15.05.2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, nach ihren Feststellungen falle er ab 01.09.2000 unter die Versicherungspflicht als Selbständiger mit einem Auftraggeber. Vor Erteilung eines entsprechenden Bescheides werde er auf die Befreiungsmöglichkeiten aufmerksam gemacht. Hierzu müsse ein entsprechender Antrag gestellt werden.

Am 18.06.2002 legte der Kläger das ausgefüllte Formular über den Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Selbstständige mit einem Auftraggeber vor.

Mit Bescheid vom 26.06.2002 wurde der Kläger für den Zeitraum vom 15.03.2002 bis 01.12.2002 von der Versicherungspflicht als Selbständiger mit einem Auftraggeber befreit. Die Befreiung erfolge, weil es sich bei der Aufnahme der jetzigen Tätigkeit um die erste Existenzgründung im Sinne der Befreiungsvorschrift des § 6 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) handle. Für die Zeit vom 01.09.2000 bis 14.03.2002 habe Versicherungspflicht bestanden, weil der Antrag auf Befreiung erst am 15.03.2002 gestellt worden sei und die Befreiung damit erst am 15.03.2002 beginne. Die Befreiung sei befristet und ende spätestens mit Ablauf des dritten Jahres nach dem Tag der Aufnahme der Tätigkeit. Danach trete die Versicherungspflicht wieder ein, sofern deren Voraussetzungen vorlägen. Über die Versicherungspflicht aufgrund der selbständigen Tätigkeit werde ein gesonderter Bescheid erteilt.

Hiergegen legte der Kläger am 09.07.2002 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, er sei nicht selbständig tätig, sondern als Geschäftsführer Angestellter der R. GmbH. Sämtliche Verträge seien stets zwischen dieser und dem jeweiligen Auftraggeber geschlossen worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, da der Kläger alleiniger Gesellschafter der R. GmbH sei und somit maßgebenden Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft ausübe, liege kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor. Da er nur für einen Auftraggeber tätig sei und keine versicherungspflichtigen Angestellten beschäftige, unterliege er nach § 2 Nr. 9 SGB VI der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Gegen den am 15.10.2002 zugegangenen Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 14.11.2002 Klage zum Sozialgericht (SG) Heilbronn. Zur Begründung trug der Kläger vor, die R. GmbH sei einerseits als juristische Person selbst rechtsfähig und als Unternehmer am Markt aufgetreten. Die GmbH könne jedoch nicht rentenversicherungspflichtig sein. Der Kläger als alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter könne auch nicht rentenversicherungspflichtig werden, weil zum einen die persönliche Haftung und damit Inanspruchnahme des Gesellschafters einer GmbH wegen § 13 Abs. 2 GmbH-Gesetz ausscheide, andererseits der Geschäftsführer einer Ein-Mann-GmbH nicht zu dem versicherungspflichtigen Personenkreis des § 1 SGB VI gehöre, da er als alleiniger Geschäftsführer selbständig tätig sei. Es würden in unzulässiger Weise die beiden Rechtssphären vermengt.

In der mündlichen Verhandlung am 01.10.2004 beantragte der Kläger, den Bescheid der Beklagten vom 26.06.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.10.2002 aufzuheben sowie festzustellen, dass der Kläger als alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter der R. GmbH nicht der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI unterliegt.

Mit Urteil vom 01.10.2004 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klage sei im Hinblick auf den Feststellungsantrag unzulässig, da durch die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage seinem Rechtsschutzbedürfnis ausreichend Rechnung getragen werde und für den Feststellungsantrag ein Feststellungsinteresse fehle. Die im Übrigen zulässige Klage sei unbegründet. Die Beklagte habe mit Bescheid vom 26.06.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.10.2002 zu Recht die Versicherungspflicht des Klägers vom 01.09.2000 bis 14.03.2002 festgestellt. Die R. GmbH sei seit September 2000 für das Software-Haus A. S. GmbH tätig und habe bisher drei jeweils auf sechs Monate befristete Projektaufträge aus verschiedenen Unternehmensbereichen erhalten. Während dieser Großprojekte sei die Bedienung anderer Kunden nicht möglich. Da die Befreiung am 01.12.2002 ende, sei der Kläger für die Zeit ab 02.12.2002 wieder versicherungspflichtig.

Gegen das am 21.10.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 02.11.2004 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und unter Vorlage des Arbeitsvertrages mitgeteilt, dass ab dem 01.10.2004 seine Frau C. R. zu einem monatlichen Entgelt in Höhe von 550,00 EUR bei ihm beschäftigt sei. Er hat weiter vorgetragen, der Feststellungsantrag sei zulässig. Er habe ein Rechtsschutzbedürfnis auf Statusfeststellung, dass er in seiner Stellung als Gesellschafter/Geschäftsführer nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliege.

Von September 2000 bis zum 30.09.2004 sei die Software-Haus A. S. GmbH zeitweise alleiniger Auftraggeber gewesen. Dennoch sei er nicht auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig gewesen. Vielmehr sei er nacheinander für verschiedene Auftraggeber tätig geworden. Er könne allein aufgrund der personellen Struktur der R. GmbH nicht gleichzeitig für mehrere Auftraggeber tätig werden. Die Großaufträge erforderten jeweils seine gesamte Arbeitskraft, bis der Auftrag abgeschlossen sei. Die Tatsache, dass er die Aufträge zeitlich nacheinander und nicht parallel ausführe, könne nicht zu der Schlussfolgerung führen, er habe auf Dauer nur einen Auftraggeber. Auch liege das Tatbestandsmerkmal "auf Dauer" nicht vor, da die Aufträge regelmäßig zeitlich begrenzt seien.

Auf Anforderung des Gerichts hat der Kläger Unterlagen über seine Aufträge bei der A. S. vom 01.01.2002 bis 30.06.2002, 01.01.2003 bis 30.06.2003, 01.07.2003 bis 31.08.2003, 01.09.2003 bis 31.10.2003 und 01.04.2004 bis 30.09.2004 vorgelegt.

Der Kläger hat weiter den Dienstleistungsvertrag zwischen der B. Strategie & Anwendung GmbH und der R. GmbH vom 16.03.2000 und den Dienstleistungsvertrag zwischen der R. GmbH und der B. G. K. & Partner vom 10.05.2002 vorgelegt. Danach war die R. GmbH ab Juni 2002 für die B. G. K. & Partner tätig.

Mit Schreiben vom 02.06.2005 anerkannte die Beklagte, dass die R. GmbH in der Zeit vom 01.06.2002 bis 30.04.2003 für mehrere Auftraggeber tätig war und mithin für den Kläger keine Versicherungspflicht bestand. Außerdem ende die Versicherungspflicht wegen der Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers ab 1.10.2004 zum 30.09.2004. Mit Bescheid vom 08.06.2005 stellte die Beklagte fest, dass für den Kläger in der Zeit vom 01.06.2002 bis 30.04.2003 keine Versicherungspflicht bestand. Ab dem 01.05.2003 habe wieder Versicherungspflicht bis zum 30.09.2004 bestanden.

Dieses Teilanerkenntnis der Beklagten nahm der Kläger mit Schriftsatz vom 24.06.2005 an.

Mit weiterem Bescheid vom 08.06.2005 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht des Klägers ab 01.12.1999 nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI fest und setzte die Pflichtbeiträge für die Zeit vom 01.12.1999 bis 31.05.2002 und vom 01.05.2003 bis 30.09.2004 in Höhe von insgesamt 14.568,25 EUR fest.

Nachdem der Senat mit Verfügung vom 28.03.2006 darauf hingewiesen hatte, dass Versicherungspflicht des Klägers in der Zeit vom 01.09.2000 bis zum 14.03.2002 und vom 01.05.2003 bis zum 30.09.2004 vorgelegen haben dürfte, stimmte dem die Beklagte im Schriftsatz vom 19.04.2006 zu, während der Kläger im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 27.06.2006 den Abschluss eines dem entsprechenden Vergleichs ablehnte.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 1. Oktober 2004 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 26. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2002 und des angenommenen Teilanerkenntnisses vom 2. Juni 2005 sowie die Bescheide der Beklagten vom 8. Juni 2006 abzuändern und festzustellen, dass er als alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter der R. GmbH nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Gegenstand des Verfahrens wurden gem. §§ 153 Abs. 1, 96 SGG auch die Bescheide der Beklagten vom 08.06.2005, mit welchen sie die Versicherungspflicht des Klägers für die Zeit vom 01.12.1999 bis zum 31.05.2002 und vom 01.05.2003 bis zum 30.09.2004 feststellte und für die se Zeiträume Pflichtbeiträge in Höhe von insgesamt 14.568,25 EUR festsetzte. Über diese Bescheide entscheidet der Senat kraft Klage.

In dem im erstinstanzlichen Verfahren angefochtenen und vom SG bestätigten Bescheid vom 26.06.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.10.2002 hat die Beklagte die Versicherungspflicht des Klägers für die Zeit vom 01.09.2000 bis zum 14.03.2002 und nach dem 01.12.2002 festgestellt und den Kläger lediglich für die Zeit vom 15.03.2002 bis zum 01.12.2002 von der Versicherungspflicht befreit. Im Berufungsverfahren wurde im Wege des angenommenen Teilanerkenntnisses auch die Versicherungspflicht für die Zeit vom 01.06.2002 bis zum 31.05.2003, insoweit bis zum 01.12.2002 mit dem Befreiungstatbestand überlappend, verneint. In dem damit noch streitigen Umfang ist die Berufung nicht begründet. Die Klage ist insoweit begründet, als der Bescheid vom 08.06.2005 insoweit aufzuheben ist, als darin Versicherungspflicht vom 01.12.1999 bis zum 31.08.2000 festgestellt und auch Beiträge für die Zeit vom 01.12.1999 bis zum 31.08.2000 und vom 15.03.2002 bis zum 31.05.2002 festgesetzt worden sind. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

Die Berufung und die Klage sind unbegründet bzw. unzulässig, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass er als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der R. GmbH nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt. Der Kläger kann über die Anfechtung der genannten noch streitgegenständlichen Bescheide sein Rechtsschutzziel in vollem Umfang erreichen. Der Kläger hat den Feststellungsantrag nicht näher begründet und insbesondere nicht dargelegt, worin ein über die Anfechtungsklagen hinausgehendes Rechtsschutzziel gegeben sein könnte (vgl. Hk-SGG/Castendiek, § 55 Rn. 14; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 55 Rn. 19a).

Der Kläger unterlag auch nach der Überzeugung des Senats in der Zeit vom 01.09.2000 bis 14.03.2002 und vom 01.05.2003 bis 30.09.2004 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gem. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI.

Nach dieser Vorschrift (in der bis zum 30.06.2006 geltenden Fassung) sind versicherungspflichtig selbständig tätige Personen, die a) im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, dessen Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig 400 Euro im Monat übersteigt, und b) auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind Durch das Haushaltbegleitgesetz 2006 vom 29.06.2006 (BGBl I, S. 1402) wurde § 2 Satz 1 Nr. 9 b) ergänzt um den Halbsatz: "bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft."

1. Der Kläger war im noch streitigen Zeitraum selbständig tätig. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit BVerfG Beschluss vom 20.05.1996 - 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG Urteile vom 08.08.1990, 11 RAr 77/89 , SozR 3-2400 § 7 Nr. 4 S. 14 und vom 8. Dezember 1994, 11 RAr 49/94 , SozR 3-4100 § 168 Nr. 18 S. 45). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG Urteile vom 01.12.1977, 12/3/12 RK 39/74, BSGE 45, 199 , 200 ff = SozR 2200 § 1227 Nr. 8; vom 04.06.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 13 S 31 f; vom 10.08.2000, B 12 KR 21/98 R, BSGE 87, 53 , 56 = SozR 3-2400 § 7 N. 15 S 46, jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung, so wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung, so wie sie rechtlich zulässig ist. Auf dieser Grundlage ist auch zu beurteilen, ob der Gesellschafter einer GmbH zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Dies ist grundsätzlich neben seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich. Allerdings schließt ein rechtlich maßgeblicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft auf Grund der Gesellschafterstellung ein Beschäftigungsverhältnis in diesem Sinne aus, wenn der Gesellschafter damit Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte (BSG Urteil vom 08.08.1990, 11 RAr 77/89 , SozR 3-2400 § 7 Nr. 4 S 13; BSG Urteil vom 23.06.1994, 12 RK 72/92, NJW 1994, 2974 = Die Beiträge 1994, 610). Dies ist jedenfalls bei Allein-Gesellschaftern grundsätzlich der Fall (vgl. in diesem Sinne BSG Urteil vom 09.11.1989, 11 RAr 39/89, BSGE 66, 69 , 71 = SozR 4100 § 104 Nr. 19 S. 35 f und BSG Urteil vom 05.02.1998, B 11 AL 71/97 R , SozR 3-4100 § 168 Nr. 22 S. 64). Derartige Gesellschafter haben auf Grund ihrer gesellschaftsrechtlichen Position letztlich auch die Leitungsmacht gegenüber dem Geschäftsführer und unterliegen damit nicht ihrerseits dessen Weisungsrecht (BSG Urteil vom 25.01.2006, B 12 KR 30/04 R - veröffentlicht in JURIS). Unter Zugrundelegung dieser Kriterien ist der Kläger als Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der R. GmbH seit dem 01.09.1999 selbständig tätig.

2. Der Kläger hat im streitigen Zeitraum, d.h. bis zum 30.09.2004, auch keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt, dessen Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig im Monat 400 Euro überstieg. Seit dem 01.10.2004 ist seine Ehefrau mit einem monatlichen Gehalt von 550.- Euro bei der R. GmbH beschäftigt. Dieses Beschäftigungsverhältnis hat die Beklagte dem Kläger zugerechnet und hat dadurch die Versicherungspflicht des Klägers nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI ab diesem Zeitpunkt entfallen lassen.

3. Der Kläger war im streitigen Zeitraum auch auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig.

Das BSG hat zwar im Urteil des BSG vom 24.11.2005 - B 12 RA 1/04 R - die Auffassung vertreten, Auftraggeber eines GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer sei ausschließlich die GmbH und eine Zurechnung der Verhältnisse des Auftraggebers komme nicht in Betracht, was zur Folge hätte, dass alle selbständigen GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer der Rentenversicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI unterlägen unabhängig davon, wie viele Auftraggeber die GmbH hat. Im vorliegenden Fall kann es aber dahingestellt bleiben, ob, wie vom BSG gewollt, dem Kläger nur die GmbH als Auftraggeber zugerechnet wird, oder, wie durch die Änderung des § 2 Satz 1 Nr. 9 b) durch das Haushaltsbegleitgesetz 2006 klarstellend seit dem 01.07.2006 vom Gesetz gewollt und von den Versicherungsträgern seit Jahren praktiziert, ihm die Auftraggeber der GmbH zugerechnet werden. Nach beiden Rechtskonstruktionen steht der Versicherungspflicht des Klägers in den noch streitigen Zeiträumen nichts im Wege, denn auch die R. GmbH war in den streitigen Zeiträumen im wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig und hat keine Angestellten beschäftigt. Im übrigen hat das BSG im Urteil vom 24.11.2005 einen besonderen "Normzweck" des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI, der es gebieten könnte, Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ausnahmsweise von vornherein von dem Eintritt der Versicherungspflicht auszuschließen, ausdrücklich verneint. Unter den im vorliegenden Fall tatsächlich gegebenen Umständen kommt es weder darauf an, ob die Rentenversicherungsträger der Entscheidung des BSG über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht folgen wollen (Pressemitteilung der Beklagten vom 04.04.2006), noch dass der Gesetzgeber durch das Haushaltsbegleitgesetz 2006 vom 29.06.2006 (BGBl. I, S. 1402) § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI mit Wirkung vom 01.07.2006 "klarstellend" dahingehend ergänzt hat, dass bei Gesellschaftern als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft gelten. Mit dieser klarstellenden Ergänzung wollte der Gesetzgeber ausweislich der Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drucks. 16/1369 Seite 2 ) verhindern, dass bis zu einer Million GmbH-Geschäftsführer, deren GmbH verschiedene Auftraggeber hat, im Verfolg des BSG-Urteils als rentenversicherungspflichtig eingestuft worden wären.

Dass auch der Kläger bzw. dessen Bevollmächtigter von der von den Rentenversicherungsträgern seit Jahren praktizierten Sichtweise ausgehen und die Verhältnisse der GmbH dem Kläger zurechnen, legt der Schriftsatz vom 26.04.2005 nahe, in welchem mitgeteilt wird, der Kläger beschäftige Frau C. R., er habe auch Dienstleistungsverträge mit der B. Strategie & Anwendung GmbH und der Fa. B., G. K. & Partner abgeschlossen. Tatsächlich war ausweislich der beigefügten Verträge jedoch nicht der Kläger, sondern die R. GmbH Vertragskontrahent sowohl des Arbeitsvertrages als auch der Dienstleistungsverträge. Die Zurechnung des Arbeitsvertrags und der versicherungspflichtigen Beschäftigung seiner Ehefrau zum Kläger bewirkt im Übrigen auch den Wegfall von dessen Rentenversicherungspflicht.

Schließlich war der Kläger bzw. die GmbH in den noch streitigen Zeiträumen auch auf Dauer nur für einen Auftraggeber, nämlich das Software-Haus A. S. GmbH tätig

Nach dem gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenorganisation der Sozialversicherung zum Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999 (NZA 2000, S. 190f) genügt neben einer vertraglichen Ausschließlichkeitsbindung auch eine faktische Bindung. Von einer Dauerhaftigkeit ist auszugehen, wenn die Tätigkeit im Rahmen eines Dauerauftragsverhältnisses oder eines regelmäßig wiederkehrenden Auftragsverhältnisses erfolgt, wobei neben zeitlichen auch wirtschaftliche Kriterien zu beachten sind. Dies ist dann anzunehmen, wenn der Betroffene mindestens fünf Sechstel seiner gesamten Einkünfte aus den zu beurteilenden Tätigkeiten alleine aus einer dieser Tätigkeiten bezieht. Bei einer im Voraus begrenzten, lediglich vorübergehenden Tätigkeit für einen Auftraggeber (insbesondere Projektarbeiten) wird grundsätzlich keine Dauerhaftigkeit dieser Tätigkeit für nur einen Auftraggeber vorliegen, wenn die Begrenzung innerhalb eines Jahres liegt. Die Bindung an einen Auftraggeber besteht jedoch dann, wenn sich zeitlich begrenzte Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber regelmäßig wiederholen. Beurteilungszeitraum ist grundsätzlich das Kalenderjahr, wobei Einkünfte des Vorjahres sowie die voraussichtlichen Einkünfte in einer wertenden Betrachtung zu berücksichtigen sind (Klattenhoff in: Hauck/Haines, SGB VI, K § 2 Rn. 41h).

Seit September 2000 war der Kläger im Wesentlichen für das Software-Haus A. S. GmbH tätig. Die Einzelaufträge des Klägers waren zwar jeweils auf 6 Monate befristet, diese waren jedoch eingebettet in einen Rahmenvertrag, durch den die Bindung an den im wesentlichen alleinigen Auftraggeber dokumentiert ist. Der Kläger hatte zwar wechselnde Einsatzorte, jedoch erfolgte die Abrechnung immer über die A. S. GmbH.

Auch nach der Befreiung von der Versicherungspflicht und der vorübergehenden Tätigkeit für mehr als einen Auftraggeber war der Kläger bzw. die GmbH seit dem 01.05.2003 wieder im wesentlichen für einen Auftraggeber tätig. Dies kann den Umsatzzahlen der R. GmbH für die Jahre 2002 bis 2004 entnommen werden. Neben einer durchgehenden Tätigkeit für die A. S. GmbH war der Kläger von Juni 2002 bis April 2003 auch für die Fa. B., G. K. & Partner tätig. Ab Mai 2003 war alleiniger Auftraggeber wieder die A. S. GmbH, deren Anteil am Umsatz der R. GmbH im Jahr 2002 60,94 %, im Jahr 2003 96,11% und im Jahr 2004 93,95 % betrug.

Den vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen kann auch entnommen werden, dass ein werbendes Auftreten am Markt und das Akquirieren weiterer Auftraggeber erst ab Oktober 2004 und damit zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, als die Versicherungspflicht wegen der Beschäftigung einer Angestellten bereits nicht mehr bestand.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Beklagte hat zwar im Bescheid vom 08.06.2005 Beiträge für die Zeit vom 01.12.1999 bis zum 31.05.2002 und vom 01.05.2003 bis zum 30.09.2004 in Höhe von 14.568,25 EUR festgesetzt. Sie hat jedoch im Schriftsatz vom 19.04.2006 klargestellt, dass Versicherungspflicht nur für die Zeit vom 01.09.2000 bis zum 14.03.2002 und vom 01.05.2003 bis zum 30.09.2004 bestand. Diese Erklärung stellt im Ergebnis eine Abänderung des Bescheides vom 08.06.2005 dar und ist bei der im Wege des Ermessens erfolgenden Kostenentscheidung zu berücksichtigen.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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