Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AL 3323/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AL 5626/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld und die Rückerstattung von Leistungen.
Der 1945 geborene Kläger war zuletzt von Juli 2001 bis 15. Juli 2002 als Hausmeister beschäftigt. Am 8. Juli 2002 meldete er sich zum 16. Juli 2002 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Im am 20. Juli 2002 unterschriebenen Antrag auf Arbeitslosengeld verneinte er die Ausübung einer Beschäftigung oder einer Tätigkeit.
Dem Beratungsvermerk des Mitarbeiters der Beklagten G. vom 25. Juli 2002 ist zu entnehmen, dass der Kläger an diesem Tag beraten wurde. Da der Kläger mit 57 Jahren kaum berufliche Wiedereingliederungschancen sehe, überlege er sich selbstständig zu machen. Es sei ihm ein Kurzinfo über das Überbrückungsgeld erteilt worden. Dies werde er sich überlegen und im September Rücksprache halten.
Mit Bescheid vom 25. Juli 2002 gewährte die Beklagte dem Kläger ab 16. Juli 2002 Arbeitslosengeld nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 280 EUR in Höhe von 133,63 EUR (Leistungsgruppe C, Kindermerkmal 0) für 180 Tage.
Am 17. Dezember 2002 beantragte der Kläger die Fortzahlung von Leistungen, wobei er angab, dass er ab 1. Juli 2001 eine selbständige Tätigkeit ausübe, aus der er 310 EUR monatlich erziele. Sein Gewinn habe sich gegenüber den Vorjahren verringert, da er weniger Arbeit habe.
Auf Anforderung der Beklagten legte der Kläger eine Gewerbeanmeldung ab 1. Juli 2001 (angemeldete Tätigkeit: Vertrieb und Montage von Baufertigteilen) vor und machte unter Vorlage von Umsatzsteuer-Voranmeldungen Angaben zum Umsatz im 2. Halbjahr 2001 (DM 24.143,-) und im Jahr 2002 (51.936,- EUR). Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger im Anhörungsschreiben vom 6. März 2003 mit, er habe in der Zeit vom 16. Juli 2002 bis 11. Januar 2003 Arbeitslosengeld in Höhe von 3.435,21 EUR zu Unrecht bezogen. Er habe bei der Antragstellung nicht angegeben, dass er Nebeneinkommen beziehe. Der anzurechnende Betrag habe den Leistungssatz überstiegen.
Mit Bescheid vom 9. Juli 2003 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 16. Juli 2002 bis 31. Dezember 2002 auf und forderte die Erstattung von Arbeitslosengeld in Höhe von 3.226,21 EUR und Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 876,10 EUR, insgesamt in Höhe von 4.102,31 EUR.
Hiergegen legte der Kläger am 30. Juli 2003 Widerspruch ein und machte geltend, ein Nebeneinkommen habe er aus der selbstständigen Tätigkeit nicht erzielt. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2003 zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe eine Nebenbeschäftigung ausgeübt. Da er nicht willens oder in der Lage sei, seine Einkünfte im Jahr 2002 durch Vorlage des Einkommensteuerbescheides nachzuweisen, müsse sich die Beklagte an den Umsatzsteuer-Voranmeldungen orientieren. Danach sei davon auszugehen, dass die Einnahmen und der daraus resultierende Anrechnungsbetrag das zustehende Arbeitslosengeld überstiegen.
Hiergegen erhob der Kläger am 19. November 2003 Klage zum Sozialgericht (SG) Mannheim und machte geltend, vom Umsatz müssten die Ausgaben abgezogen werden. Nach den Umsatzsteuer-Voranmeldungen habe er im dritten und vierten Vierteljahre einen Verlust von 2.741,25 EUR erlitten und keinen Gewinn gemacht.
Das SG hörte den Kläger im Termin vom 31. März 2004 an. Dabei gab er an, seine selbständige Tätigkeit bestehe aus Schlosserarbeiten, Fenstergitter usw. Die Personalkosten beruhten darauf, dass manche Arbeiten für ihn persönlich zu schwer gewesen seien und er deswegen zeitweise Subunternehmer eingesetzt habe. Das Büro habe er in seiner Wohnung. Wenn Aufträge telefonisch eingegangen seien, sei er dorthin gefahren. Es habe sich um eine Tätigkeit von drei Stunden täglich gehandelt, manchmal mehr, manchmal weniger, je nachdem auch am Wochenende, auch samstags.
Mit Schreiben vom 2. Juni 2004 hörte die Beklagte den Kläger dazu an, dass die von ihm nachgewiesenen Einnahmen die Vermutung nahe legten, dass er im Rahmen seiner Selbstständigkeit mehr als kurzzeitig tätig gewesen und deswegen nicht arbeitslos gewesen sei.
Mit Bescheid vom 17. Juni 2004 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 16. Juli 2002 bis 11. Januar 2003 auf und verlangte die Erstattung von 4369,74 EUR.
Der Kläger legte dem SG eine Aufstellung der von ihm im Jahr 2002 getätigten Umsätze (1. Kalendervierteljahr 5 Aufträge 15.257,37 EUR 2. Kalendervierteljahr 7 Aufträge 18.641,50 EUR 3. Kalendervierteljahr 7 Aufträge 16.157,66 EUR 4. Kalendervierteljahr 6 Aufträge 17.077,00 EUR), Kundenrechnungen und eine Aufstellung seiner wöchentlichen Arbeitszeit vor und trug vor, eine Umsatzsteigerung habe nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses ab dem 17. Juli 2002 nicht stattgefunden. Eine wöchentliche Arbeitszeit von 15 Stunden sei nicht überschritten worden (wöchentliche Arbeitszeit zwischen 4 und 14 Stunden).
Mit Urteil vom 28. Oktober 2004 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger sei vom 16. Juli 2002 bis 11. Januar 2003 nicht arbeitslos gewesen. Er sei im streitbefangenen Zeitraum einer Tätigkeit nachgegangen, die nicht von vornherein der Natur der Sache nach auf weniger als 15 Stunden wöchentlich beschränkt gewesen sei. Insbesondere könnten die handschriftlichen Aufzeichnungen des Klägers über den Umfang seiner wöchentlichen Tätigkeit das Gericht nicht davon überzeugen, dass hier tatsächlich die vom Kläger geltend gemachte Arbeitszeit aufgewandt worden sei. Es sei insbesondere nicht klar, wie der Kläger im Nachhinein auf diese Anzahl der Stunden gekommen sei, ohne weitere Unterlagen zu besitzen, die dies auch nur annähernd belegen könnten. Entscheidend sei auch, dass der Kläger bei seiner Darlegung Tätigkeiten wie Kundenakquise, Werbung, Verkaufs- und Beratungsgespräche, Besichtigung und sonstige in einem normalen Geschäftsbetrieb anfallende Tätigkeiten nicht aufgeführt habe. Die vom Kläger dargelegten Arbeitsstunden könnten das Gericht daher nicht überzeugen, mit der Folge, dass der Kläger das Risiko der Beweislast zu tragen habe. Die Beklagte sei nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) X i. V. m. § 330 Abs. 3 SGB III berechtigt und verpflichtet gewesen, die Leistungsbewilligung aufzuheben bzw. zurückzunehmen. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das am 12. November 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13. Dezember 2004 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und vorgetragen, er habe eine wöchentliche Arbeitszeit von 15 Stunden nicht überschritten.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28. Oktober 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. Juli 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2003 sowie den Bescheid vom 17. Juni 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Telefonrechnungen des Klägers die Zeit von Juli 2002 bis Januar 2003 betreffend sowie die Gewerbesteuer-, Umsatzsteuer- und Einkommensteuerakten des Klägers beigezogen.
Mit Verfügung vom 11. November 2005 hat der Senat den Kläger gebeten mitzuteilen, auf Grund welcher Unterlagen er die Angaben zu seiner Arbeitszeit gefertigt habe und Stundenzettel oder Angebote aus der streitigen Zeit vorzulegen, aus denen die jeweiligen Arbeitszeiten zu entnehmen seien, sowie mitzuteilen, wer die in der Rechnung vom 16. September 2002 ausgewiesenen Meister- und Facharbeiterstunden an welchen Tagen geleistet habe, wer die Rechnung geschrieben und welche Arbeitnehmer bzw. Subunternehmer der Kläger an welchen Tagen in welchem Umfang in der streitigen Zeit beschäftigt habe. Hierauf hat der Kläger am 10.9.2006 die bereits dem SG vorgelegte Aufstellung seiner Arbeitsstunden vorgelegt und mitgeteilt, er habe diese anhand seines damaligen Terminkalenders nachvollzogen.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG, des Senats sowie die beigezogenen Gewerbesteuer-, Umsatzsteuer- und Einkommensteuerakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Beklagte zu Recht die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 16.7.2002 bis 11.01. 2003 aufgehoben und die Erstattung der für diesen Zeitraum gezahlten Leistungen sowie des Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeitrages gefordert hat.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld ist § 45 Sozialgesetzbuch (SGB) X. Danach darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, soweit er rechtswidrig ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (Abs. 1). Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Abs. 2 Satz 1 und 2 sowie Satz 3 Nr. 3). Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser gem. § 330 Abs. 2 SGB III auch Mitwirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Mit dem während des Klageverfahrens erlassenen Bescheid vom 2.6.2004 hat die Beklagte ihren Bescheid vom 9.7.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.10.2003 insoweit abgeändert, als sie nicht nur die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 16.7.2002 bis 31.12.2002 aufgehoben hat, sondern bis 11.01. 2003. Darüber hinaus hat sie die Aufhebung und Rückforderung damit begründet, dass der Kläger auf Grund seiner selbstständigen Tätigkeit nicht mehr arbeitslos war und deswegen keinen Anspruch auf Leistungen hat.
Mit dem Bescheid vom 2.6.2004 hat die Beklagte mit zutreffender Begründung die Bewilligung von Arbeitslosengeld aufgehoben, da der Kläger in der Zeit vom 16.7.2002 bis 11.01.2003 nicht arbeitslos war.
Anspruch auf Arbeitslosengeld haben gem. § 117 Abs. 1 SGB III in der hier anwendbaren bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung (aF) Arbeitnehmer, die 1. arbeitslos sind, 2. sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Arbeitslos ist nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 SGB III aF ein Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit) und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht (Beschäftigungssuche), wobei die Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung Beschäftigungslosigkeit nicht ausschließt (§ 118 Abs. 2 Satz 1 SGB III aF). Eine selbständige Tätigkeit und eine Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger stehen einer Beschäftigung gleich (§ 118 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Demnach liegt keine Arbeitslosigkeit bei Ausübung einer Tätigkeit von 15 Wochenstunden und mehr vor. Die Fortführung einer mindestens 15 Stunden wöchentlich, aber weniger als 18 Stunden wöchentlich umfassenden selbständigen Tätigkeit oder Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger, die unmittelbar vor dem Tag der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld innerhalb der letzten zwölf Monate mindestens zehn Monate neben der Beschäftigung, die den Anspruch begründet, ausgeübt worden ist, schließt Beschäftigungslosigkeit nicht aus (§ 118 Abs. 3 Satz 2 SGB III aF).
Die - privilegierende - Regelung des § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB III aF ist auf den Kläger nicht anwendbar. Zwar hat er schon zum 1. Juli 2001 neben der damals verrichteten versicherungspflichtigen Tätigkeit als Hausmeister ein selbständiges Gewerbe angemeldet, er hat aber nach seinen eigenen Angaben (Schriftsatz vom 15.7.2004) während seiner Beschäftigung nicht mindestens 15 Stunden wöchentlich, sondern lediglich für die maximale Dauer von 12 Wochenstunden eine selbständige Tätigkeit ausgeübt.
Die zur Bejahung von Beschäftigungslosigkeit somit zu beachtende Grenze von 15 Wochenstunden hat der Kläger bei seiner selbständigen Tätigkeit zur Überzeugung des Senats schon während der ersten Woche seiner geltend gemachten Arbeitslosigkeit vom 16.7. bis 22.7.2002 überschritten. Abzustellen ist auf die Beschäftigungswoche, wobei zur Arbeitszeit auch Wegezeiten zwischen Betrieb und Arbeitsstätte rechnen (vgl. Steinmeyer in Gagel, SGB III, Arbeitsförderung, Stand Juli 1999 § 118 Rn. 82).
Nach den vom Kläger vorgelegten Unterlagen (Rechnungen vom 16.7.2002 und vom 17.7.2002, Mitteilung der Ladezeit für die Aufträge B. und R. am 15.7.2002 und Umsatzmitteilung für das dritte Kalendervierteljahr 2002 vom 15.7.2004) befand sich der Kläger zur Durchführung von zwei Aufträgen (Neueindeckung bei Fam. B., Überdachung bei Dr. R.) zumindest am 16.7. und 17.7.2002 auf Geschäftsreise in München, wie der Senat den vom Kläger persönlich an diesen Tagen unterzeichneten Quittungen auf den Rechnungen vom 16.7. und 17.7.2002 entnimmt. Auf Grund dieser mindestens 2-tägigen Geschäftsreise hat der Kläger schon die maßgebliche Zeitgrenze von 15 Stunden in dieser ersten Woche überschritten, wobei noch der Zeitaufwand für die Rückreise und für Bürotätigkeiten (Telefonate, Angebote usw.) hinzuzurechnen ist. Damit ist die Arbeitslosigkeit entfallen.
Durch die selbständige Tätigkeit von 15 Wochenstunden und mehr ist gleichzeitig die Wirkung der nach § 122 SGB III erforderlichen und am 8. Juli erfolgten Arbeitslosmeldung erloschen. Die Wirkung der Meldung erlischt mit der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit, wenn der Arbeitslose diese dem Arbeitsamt nicht unverzüglich mitgeteilt hat (§ 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III).
Eine Mitteilung über die Ausübung der selbständigen Tätigkeit ab 16.7.2002 ist durch den Kläger zunächst nicht erfolgt. Er hat in dem von ihm am 20.7.2002 unterschriebenen und am 23.7.2002 bei der Beklagten eingegangenen Antrag die Frage nach der Fortführung einer selbständigen Tätigkeit verneint. Er hat auch am 25.7. 2002 anlässlich des Beratungsgesprächs mit dem Berater G. nur angegeben, sich eine selbständige Tätigkeit zu überlegen. Schließlich enthält auch der Telefonvermerk vom 18.9.2002 keine Meldung der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit, sondern lediglich die Mitteilung, Selbständigkeit werde weiter verfolgt. Kenntnis von der seit 1.7.2001 ausgeübten selbständigen Tätigkeit erhielt die Beklagte erstmals am 17.12.2002 (Antrag auf Fortzahlung von Arbeitslosengeld bzw. auf Arbeitslosenhilfe vom 16.12.2002). Erst zu diesem Zeitpunkt liegt auch wieder eine neue Arbeitslosmeldung des Klägers vor.
Der Arbeitslosengeld bewilligende Bescheid vom 25.7.2002 war rechtswidrig, weil dem Kläger wegen fehlender Arbeitslosigkeit kein Arbeitslosengeld zustand. Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da er zumindest grob fahrlässig unrichtige Angaben gemacht hat, als er im Antrag vom 20.7.2002 die Ausübung einer Beschäftigung oder Tätigkeit verneinte. Den Bescheid vom 25.7.2002 hat die Beklagte mit Bescheid vom 9.7.2003 bzw. den abändernden Bescheid vom 17.6.2004 auch innerhalb von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe (§ 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X) aufgehoben. Dies hat sie auch innerhalb eines Jahres nach Kenntnis der Tatsachen getan, die die Rücknahme des Bescheides vom 25.7.2002 rechtfertigen (§ 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X).
Auch bezüglich der Zeit vom 17.12.2002 (erneute Arbeitslosmeldung) bis 11.01.2003 ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld nicht zu beanstanden. Denn nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens war der Kläger auch in jener Zeit nicht arbeitslos. Nach seinen eigenen Angaben gegenüber dem SG arbeitete der Kläger drei Stunden täglich, mal mehr mal weniger, auch am Wochenende und auch samstags, sodass sich allein daraus eine wöchentliche Arbeitszeit von mindestens 15 bis 18 Stunden ergibt. Darüber hinaus hatte der Kläger gerade in der zweiten Jahreshälfte Aufträge im Raum München, sodass längere Fahrten anfielen, die der Klägerin in seiner Arbeitszeit-Aufstellung nicht vollständig und nachvollziehbar dargelegt hat. Ferner hat der Kläger zahlreiche im Rahmen seines Geschäftsbetriebs anfallende Tätigkeiten - worauf schon das SG zutreffend hingewiesen hat - wie Kundenakquise, Werbung, Verkaufs- und Beratungsgespräche, Besichtigungen, Absprache und Überwachung der Subunternehmer usw. nicht aufgeführt. Auch Zeiten für Bewirtung, die er steuerlich abgesetzt hat, sowie für Werkstattarbeiten hat er bei der Arbeitszeit-Aufstellung nicht berücksichtigt. Der vom Kläger erzielte Umsatz von über 67.000 EUR im Jahr 2002 spricht ebenfalls für das Erreichen bzw. Überschreiten der15-Stunden-Grenze.
Soweit der Kläger darauf abstellt, er habe neben seinem Beschäftigungsverhältnis als Hausmeister für die selbständige Tätigkeit maximal 12 Stunden aufgewendet, ist darauf hinzuweisen, dass sich die Tätigkeit des Klägers in der zweiten Jahreshälfte 2002 insofern geändert hat, als er ab diesem Zeitpunkt überwiegend im Raum M.(9 von 13 Aufträgen) mit den damit verbundenen Reisen tätig war, während er in der ersten Jahreshälfte überwiegend Aufträge im Nahbereich seines Wohnorts ausgeführt hat.
Aus der Aufhebung der Leistungsbewilligung folgt die Verpflichtung, überzahlte Leistungen zurückzuzahlen (§ 50 Abs. 1 SGB X). Die Verpflichtung zur Erstattung der gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung folgt aus § 335 SGB III, dessen Voraussetzungen erfüllt sind.
Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld und die Rückerstattung von Leistungen.
Der 1945 geborene Kläger war zuletzt von Juli 2001 bis 15. Juli 2002 als Hausmeister beschäftigt. Am 8. Juli 2002 meldete er sich zum 16. Juli 2002 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Im am 20. Juli 2002 unterschriebenen Antrag auf Arbeitslosengeld verneinte er die Ausübung einer Beschäftigung oder einer Tätigkeit.
Dem Beratungsvermerk des Mitarbeiters der Beklagten G. vom 25. Juli 2002 ist zu entnehmen, dass der Kläger an diesem Tag beraten wurde. Da der Kläger mit 57 Jahren kaum berufliche Wiedereingliederungschancen sehe, überlege er sich selbstständig zu machen. Es sei ihm ein Kurzinfo über das Überbrückungsgeld erteilt worden. Dies werde er sich überlegen und im September Rücksprache halten.
Mit Bescheid vom 25. Juli 2002 gewährte die Beklagte dem Kläger ab 16. Juli 2002 Arbeitslosengeld nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 280 EUR in Höhe von 133,63 EUR (Leistungsgruppe C, Kindermerkmal 0) für 180 Tage.
Am 17. Dezember 2002 beantragte der Kläger die Fortzahlung von Leistungen, wobei er angab, dass er ab 1. Juli 2001 eine selbständige Tätigkeit ausübe, aus der er 310 EUR monatlich erziele. Sein Gewinn habe sich gegenüber den Vorjahren verringert, da er weniger Arbeit habe.
Auf Anforderung der Beklagten legte der Kläger eine Gewerbeanmeldung ab 1. Juli 2001 (angemeldete Tätigkeit: Vertrieb und Montage von Baufertigteilen) vor und machte unter Vorlage von Umsatzsteuer-Voranmeldungen Angaben zum Umsatz im 2. Halbjahr 2001 (DM 24.143,-) und im Jahr 2002 (51.936,- EUR). Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger im Anhörungsschreiben vom 6. März 2003 mit, er habe in der Zeit vom 16. Juli 2002 bis 11. Januar 2003 Arbeitslosengeld in Höhe von 3.435,21 EUR zu Unrecht bezogen. Er habe bei der Antragstellung nicht angegeben, dass er Nebeneinkommen beziehe. Der anzurechnende Betrag habe den Leistungssatz überstiegen.
Mit Bescheid vom 9. Juli 2003 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 16. Juli 2002 bis 31. Dezember 2002 auf und forderte die Erstattung von Arbeitslosengeld in Höhe von 3.226,21 EUR und Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 876,10 EUR, insgesamt in Höhe von 4.102,31 EUR.
Hiergegen legte der Kläger am 30. Juli 2003 Widerspruch ein und machte geltend, ein Nebeneinkommen habe er aus der selbstständigen Tätigkeit nicht erzielt. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2003 zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe eine Nebenbeschäftigung ausgeübt. Da er nicht willens oder in der Lage sei, seine Einkünfte im Jahr 2002 durch Vorlage des Einkommensteuerbescheides nachzuweisen, müsse sich die Beklagte an den Umsatzsteuer-Voranmeldungen orientieren. Danach sei davon auszugehen, dass die Einnahmen und der daraus resultierende Anrechnungsbetrag das zustehende Arbeitslosengeld überstiegen.
Hiergegen erhob der Kläger am 19. November 2003 Klage zum Sozialgericht (SG) Mannheim und machte geltend, vom Umsatz müssten die Ausgaben abgezogen werden. Nach den Umsatzsteuer-Voranmeldungen habe er im dritten und vierten Vierteljahre einen Verlust von 2.741,25 EUR erlitten und keinen Gewinn gemacht.
Das SG hörte den Kläger im Termin vom 31. März 2004 an. Dabei gab er an, seine selbständige Tätigkeit bestehe aus Schlosserarbeiten, Fenstergitter usw. Die Personalkosten beruhten darauf, dass manche Arbeiten für ihn persönlich zu schwer gewesen seien und er deswegen zeitweise Subunternehmer eingesetzt habe. Das Büro habe er in seiner Wohnung. Wenn Aufträge telefonisch eingegangen seien, sei er dorthin gefahren. Es habe sich um eine Tätigkeit von drei Stunden täglich gehandelt, manchmal mehr, manchmal weniger, je nachdem auch am Wochenende, auch samstags.
Mit Schreiben vom 2. Juni 2004 hörte die Beklagte den Kläger dazu an, dass die von ihm nachgewiesenen Einnahmen die Vermutung nahe legten, dass er im Rahmen seiner Selbstständigkeit mehr als kurzzeitig tätig gewesen und deswegen nicht arbeitslos gewesen sei.
Mit Bescheid vom 17. Juni 2004 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 16. Juli 2002 bis 11. Januar 2003 auf und verlangte die Erstattung von 4369,74 EUR.
Der Kläger legte dem SG eine Aufstellung der von ihm im Jahr 2002 getätigten Umsätze (1. Kalendervierteljahr 5 Aufträge 15.257,37 EUR 2. Kalendervierteljahr 7 Aufträge 18.641,50 EUR 3. Kalendervierteljahr 7 Aufträge 16.157,66 EUR 4. Kalendervierteljahr 6 Aufträge 17.077,00 EUR), Kundenrechnungen und eine Aufstellung seiner wöchentlichen Arbeitszeit vor und trug vor, eine Umsatzsteigerung habe nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses ab dem 17. Juli 2002 nicht stattgefunden. Eine wöchentliche Arbeitszeit von 15 Stunden sei nicht überschritten worden (wöchentliche Arbeitszeit zwischen 4 und 14 Stunden).
Mit Urteil vom 28. Oktober 2004 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger sei vom 16. Juli 2002 bis 11. Januar 2003 nicht arbeitslos gewesen. Er sei im streitbefangenen Zeitraum einer Tätigkeit nachgegangen, die nicht von vornherein der Natur der Sache nach auf weniger als 15 Stunden wöchentlich beschränkt gewesen sei. Insbesondere könnten die handschriftlichen Aufzeichnungen des Klägers über den Umfang seiner wöchentlichen Tätigkeit das Gericht nicht davon überzeugen, dass hier tatsächlich die vom Kläger geltend gemachte Arbeitszeit aufgewandt worden sei. Es sei insbesondere nicht klar, wie der Kläger im Nachhinein auf diese Anzahl der Stunden gekommen sei, ohne weitere Unterlagen zu besitzen, die dies auch nur annähernd belegen könnten. Entscheidend sei auch, dass der Kläger bei seiner Darlegung Tätigkeiten wie Kundenakquise, Werbung, Verkaufs- und Beratungsgespräche, Besichtigung und sonstige in einem normalen Geschäftsbetrieb anfallende Tätigkeiten nicht aufgeführt habe. Die vom Kläger dargelegten Arbeitsstunden könnten das Gericht daher nicht überzeugen, mit der Folge, dass der Kläger das Risiko der Beweislast zu tragen habe. Die Beklagte sei nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) X i. V. m. § 330 Abs. 3 SGB III berechtigt und verpflichtet gewesen, die Leistungsbewilligung aufzuheben bzw. zurückzunehmen. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das am 12. November 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13. Dezember 2004 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und vorgetragen, er habe eine wöchentliche Arbeitszeit von 15 Stunden nicht überschritten.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28. Oktober 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. Juli 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2003 sowie den Bescheid vom 17. Juni 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Telefonrechnungen des Klägers die Zeit von Juli 2002 bis Januar 2003 betreffend sowie die Gewerbesteuer-, Umsatzsteuer- und Einkommensteuerakten des Klägers beigezogen.
Mit Verfügung vom 11. November 2005 hat der Senat den Kläger gebeten mitzuteilen, auf Grund welcher Unterlagen er die Angaben zu seiner Arbeitszeit gefertigt habe und Stundenzettel oder Angebote aus der streitigen Zeit vorzulegen, aus denen die jeweiligen Arbeitszeiten zu entnehmen seien, sowie mitzuteilen, wer die in der Rechnung vom 16. September 2002 ausgewiesenen Meister- und Facharbeiterstunden an welchen Tagen geleistet habe, wer die Rechnung geschrieben und welche Arbeitnehmer bzw. Subunternehmer der Kläger an welchen Tagen in welchem Umfang in der streitigen Zeit beschäftigt habe. Hierauf hat der Kläger am 10.9.2006 die bereits dem SG vorgelegte Aufstellung seiner Arbeitsstunden vorgelegt und mitgeteilt, er habe diese anhand seines damaligen Terminkalenders nachvollzogen.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG, des Senats sowie die beigezogenen Gewerbesteuer-, Umsatzsteuer- und Einkommensteuerakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Beklagte zu Recht die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 16.7.2002 bis 11.01. 2003 aufgehoben und die Erstattung der für diesen Zeitraum gezahlten Leistungen sowie des Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeitrages gefordert hat.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld ist § 45 Sozialgesetzbuch (SGB) X. Danach darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, soweit er rechtswidrig ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (Abs. 1). Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Abs. 2 Satz 1 und 2 sowie Satz 3 Nr. 3). Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser gem. § 330 Abs. 2 SGB III auch Mitwirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Mit dem während des Klageverfahrens erlassenen Bescheid vom 2.6.2004 hat die Beklagte ihren Bescheid vom 9.7.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.10.2003 insoweit abgeändert, als sie nicht nur die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 16.7.2002 bis 31.12.2002 aufgehoben hat, sondern bis 11.01. 2003. Darüber hinaus hat sie die Aufhebung und Rückforderung damit begründet, dass der Kläger auf Grund seiner selbstständigen Tätigkeit nicht mehr arbeitslos war und deswegen keinen Anspruch auf Leistungen hat.
Mit dem Bescheid vom 2.6.2004 hat die Beklagte mit zutreffender Begründung die Bewilligung von Arbeitslosengeld aufgehoben, da der Kläger in der Zeit vom 16.7.2002 bis 11.01.2003 nicht arbeitslos war.
Anspruch auf Arbeitslosengeld haben gem. § 117 Abs. 1 SGB III in der hier anwendbaren bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung (aF) Arbeitnehmer, die 1. arbeitslos sind, 2. sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Arbeitslos ist nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 SGB III aF ein Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit) und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht (Beschäftigungssuche), wobei die Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung Beschäftigungslosigkeit nicht ausschließt (§ 118 Abs. 2 Satz 1 SGB III aF). Eine selbständige Tätigkeit und eine Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger stehen einer Beschäftigung gleich (§ 118 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Demnach liegt keine Arbeitslosigkeit bei Ausübung einer Tätigkeit von 15 Wochenstunden und mehr vor. Die Fortführung einer mindestens 15 Stunden wöchentlich, aber weniger als 18 Stunden wöchentlich umfassenden selbständigen Tätigkeit oder Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger, die unmittelbar vor dem Tag der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld innerhalb der letzten zwölf Monate mindestens zehn Monate neben der Beschäftigung, die den Anspruch begründet, ausgeübt worden ist, schließt Beschäftigungslosigkeit nicht aus (§ 118 Abs. 3 Satz 2 SGB III aF).
Die - privilegierende - Regelung des § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB III aF ist auf den Kläger nicht anwendbar. Zwar hat er schon zum 1. Juli 2001 neben der damals verrichteten versicherungspflichtigen Tätigkeit als Hausmeister ein selbständiges Gewerbe angemeldet, er hat aber nach seinen eigenen Angaben (Schriftsatz vom 15.7.2004) während seiner Beschäftigung nicht mindestens 15 Stunden wöchentlich, sondern lediglich für die maximale Dauer von 12 Wochenstunden eine selbständige Tätigkeit ausgeübt.
Die zur Bejahung von Beschäftigungslosigkeit somit zu beachtende Grenze von 15 Wochenstunden hat der Kläger bei seiner selbständigen Tätigkeit zur Überzeugung des Senats schon während der ersten Woche seiner geltend gemachten Arbeitslosigkeit vom 16.7. bis 22.7.2002 überschritten. Abzustellen ist auf die Beschäftigungswoche, wobei zur Arbeitszeit auch Wegezeiten zwischen Betrieb und Arbeitsstätte rechnen (vgl. Steinmeyer in Gagel, SGB III, Arbeitsförderung, Stand Juli 1999 § 118 Rn. 82).
Nach den vom Kläger vorgelegten Unterlagen (Rechnungen vom 16.7.2002 und vom 17.7.2002, Mitteilung der Ladezeit für die Aufträge B. und R. am 15.7.2002 und Umsatzmitteilung für das dritte Kalendervierteljahr 2002 vom 15.7.2004) befand sich der Kläger zur Durchführung von zwei Aufträgen (Neueindeckung bei Fam. B., Überdachung bei Dr. R.) zumindest am 16.7. und 17.7.2002 auf Geschäftsreise in München, wie der Senat den vom Kläger persönlich an diesen Tagen unterzeichneten Quittungen auf den Rechnungen vom 16.7. und 17.7.2002 entnimmt. Auf Grund dieser mindestens 2-tägigen Geschäftsreise hat der Kläger schon die maßgebliche Zeitgrenze von 15 Stunden in dieser ersten Woche überschritten, wobei noch der Zeitaufwand für die Rückreise und für Bürotätigkeiten (Telefonate, Angebote usw.) hinzuzurechnen ist. Damit ist die Arbeitslosigkeit entfallen.
Durch die selbständige Tätigkeit von 15 Wochenstunden und mehr ist gleichzeitig die Wirkung der nach § 122 SGB III erforderlichen und am 8. Juli erfolgten Arbeitslosmeldung erloschen. Die Wirkung der Meldung erlischt mit der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit, wenn der Arbeitslose diese dem Arbeitsamt nicht unverzüglich mitgeteilt hat (§ 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III).
Eine Mitteilung über die Ausübung der selbständigen Tätigkeit ab 16.7.2002 ist durch den Kläger zunächst nicht erfolgt. Er hat in dem von ihm am 20.7.2002 unterschriebenen und am 23.7.2002 bei der Beklagten eingegangenen Antrag die Frage nach der Fortführung einer selbständigen Tätigkeit verneint. Er hat auch am 25.7. 2002 anlässlich des Beratungsgesprächs mit dem Berater G. nur angegeben, sich eine selbständige Tätigkeit zu überlegen. Schließlich enthält auch der Telefonvermerk vom 18.9.2002 keine Meldung der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit, sondern lediglich die Mitteilung, Selbständigkeit werde weiter verfolgt. Kenntnis von der seit 1.7.2001 ausgeübten selbständigen Tätigkeit erhielt die Beklagte erstmals am 17.12.2002 (Antrag auf Fortzahlung von Arbeitslosengeld bzw. auf Arbeitslosenhilfe vom 16.12.2002). Erst zu diesem Zeitpunkt liegt auch wieder eine neue Arbeitslosmeldung des Klägers vor.
Der Arbeitslosengeld bewilligende Bescheid vom 25.7.2002 war rechtswidrig, weil dem Kläger wegen fehlender Arbeitslosigkeit kein Arbeitslosengeld zustand. Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da er zumindest grob fahrlässig unrichtige Angaben gemacht hat, als er im Antrag vom 20.7.2002 die Ausübung einer Beschäftigung oder Tätigkeit verneinte. Den Bescheid vom 25.7.2002 hat die Beklagte mit Bescheid vom 9.7.2003 bzw. den abändernden Bescheid vom 17.6.2004 auch innerhalb von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe (§ 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X) aufgehoben. Dies hat sie auch innerhalb eines Jahres nach Kenntnis der Tatsachen getan, die die Rücknahme des Bescheides vom 25.7.2002 rechtfertigen (§ 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X).
Auch bezüglich der Zeit vom 17.12.2002 (erneute Arbeitslosmeldung) bis 11.01.2003 ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld nicht zu beanstanden. Denn nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens war der Kläger auch in jener Zeit nicht arbeitslos. Nach seinen eigenen Angaben gegenüber dem SG arbeitete der Kläger drei Stunden täglich, mal mehr mal weniger, auch am Wochenende und auch samstags, sodass sich allein daraus eine wöchentliche Arbeitszeit von mindestens 15 bis 18 Stunden ergibt. Darüber hinaus hatte der Kläger gerade in der zweiten Jahreshälfte Aufträge im Raum München, sodass längere Fahrten anfielen, die der Klägerin in seiner Arbeitszeit-Aufstellung nicht vollständig und nachvollziehbar dargelegt hat. Ferner hat der Kläger zahlreiche im Rahmen seines Geschäftsbetriebs anfallende Tätigkeiten - worauf schon das SG zutreffend hingewiesen hat - wie Kundenakquise, Werbung, Verkaufs- und Beratungsgespräche, Besichtigungen, Absprache und Überwachung der Subunternehmer usw. nicht aufgeführt. Auch Zeiten für Bewirtung, die er steuerlich abgesetzt hat, sowie für Werkstattarbeiten hat er bei der Arbeitszeit-Aufstellung nicht berücksichtigt. Der vom Kläger erzielte Umsatz von über 67.000 EUR im Jahr 2002 spricht ebenfalls für das Erreichen bzw. Überschreiten der15-Stunden-Grenze.
Soweit der Kläger darauf abstellt, er habe neben seinem Beschäftigungsverhältnis als Hausmeister für die selbständige Tätigkeit maximal 12 Stunden aufgewendet, ist darauf hinzuweisen, dass sich die Tätigkeit des Klägers in der zweiten Jahreshälfte 2002 insofern geändert hat, als er ab diesem Zeitpunkt überwiegend im Raum M.(9 von 13 Aufträgen) mit den damit verbundenen Reisen tätig war, während er in der ersten Jahreshälfte überwiegend Aufträge im Nahbereich seines Wohnorts ausgeführt hat.
Aus der Aufhebung der Leistungsbewilligung folgt die Verpflichtung, überzahlte Leistungen zurückzuzahlen (§ 50 Abs. 1 SGB X). Die Verpflichtung zur Erstattung der gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung folgt aus § 335 SGB III, dessen Voraussetzungen erfüllt sind.
Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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