L 2 RJ 1029/97

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 17 J 2524/94
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 RJ 1029/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 26. Juni 1997 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung bzw. Übergangsgeld.

Die 1956 geborene Klägerin, eine italienische Staatsangehörige, ist 1968 in die Bundesrepublik Deutschland zugezogen. Sie hat keinen Beruf erlernt und war als Versandarbeiterin, Metallarbeiterin zuletzt als Küchenhilfe versicherungspflichtig beschäftigt, seit 1. Mai 1987 unbefristet bei der Lufthansa (4 Stunden täglich, 5-Tagewoche). Sie ist seit 6. April 1992 fortlaufend arbeitsunfähig krank.

Am 31. März 1993 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. Dazu wurden Befundberichte des Orthopäden Dr. V. vom 20. April 1993 und der praktischen Ärztin Dr. F. vom 6. Mai 1993 jeweils mit Befundunterlagen vorgelegt bzw. übersandt. Die Beklagte zog die Krankenunterlagen der Klägerin vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Hessen (MDK) bei und veranlagte eine sozialmedizinische Untersuchung der Klägerin durch Dr. W ... In seinem Gutachten vom 15. Juni 1993 diagnostizierte dieser bei der Klägerin ein Carpaltunnelsyndrom linksseitig, Restbeschwerden nach Carpaltunneloperation rechtsseitig, ein HWS- und LWS-Syndrom rechtsseitig ohne Anhalt für Wurzelschädigung und ein psychosomatisches Syndrom. Die Klägerin könne leichte Arbeiten vollschichtig verrichten. Als zusätzliche Funktionseinschränkungen seien zu beachten: ohne Wechselschicht, ohne Nachtschicht, ohne volle Gebrauchsfähigkeit der linken Hand, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne Über-Kopf-Arbeiten, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Klettern oder Steigen und ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastung. Darauf gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22. Juli 1993 den Rentenantrag der Klägerin ab. Diese könne mit dem festgestellten Leistungsvermögen noch leichte Arbeiten mit Einschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig verrichten. Damit liege weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit vor. Die Klägerin erhob dagegen am 19. August 1993 Widerspruch. Unter Vorlage eines Untersuchungsberichts der praktischen Ärztin Dr. C. vom 10. Februar 1994 machte sie geltend, sie sei erwerbsunfähig. Zusätzlich reichte sie Arztbriefe der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. D.-K. vom 9. März 1994, des HNO-Arztes Prof. Dr. W. vom 30. Juni 1994 und des Krankenhauses S. vom 14. Juni 1994 nach. Die Beklagte wertete den Kurentlassungsbericht vom 17. Januar 1994 über eine auf ihre Kosten in der Zeit vom 13. Dezember 1993 bis 17. Januar 1994 in BX. erfolgte medizinische Rena-Maßnahme aus. Danach war die Klägerin nicht mehr in der Lage, ihre sehr rückenbelastende Tätigkeit als Küchenhilfe auszuüben. Sie wurde aber für fähig gehalten, leichte, mit gelegentlich mittelschweren Arbeiten im Sitzen mit Unterbrechungen oder im Wechselrhythmus zwischen Sitzen, Stehen und Gehen, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken und ohne Gefährdung durch Kälte, Zugluft und Nässe vollschichtig auszuüben. Anschließend wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 11. Juli 1994 zurück. Mit dem festgestellten Leistungsvermögen könne die Klägerin als ungelernte Arbeiterin auf dem allgemeinen Arbeitmarkt noch vollschichtig tätig sein. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung sei nicht festgestellt worden, so daß es deswegen auch der konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit nicht bedürfe. Für Versicherte, die vollschichtig einsatzfähig seien, sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der Arbeitsmarkt grundsätzlich als offen anzusehen. Die Vermittlung eines geeigneten Arbeitsplatzes falle in den Zuständigkeitsbereich der Arbeitslosenversicherung. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien zugunsten der Klägerin nicht erfüllt.

Diese erhob dagegen am 26. Juli 1994 beim Sozialgericht Frankfurt am Main Klage. Sie trug vor, ihr Beschäftigungsverhältnis bei der Lufthansa sei mit Einverständnis der Hauptfürsorgestelle inzwischen gekündigt worden, da sie keine Tätigkeiten von wirtschaftlichem Wert mehr verrichten könne. Die Klägerin reichte einen für das Versorgungsamt erstellten HNO-ärztlichen Befundbericht vom 9. Juni 1997 zu den Akten. Die Beklagte verteidigte ihre Verwaltungsentscheidung. Sie legte einen Versicherungsverlauf vom 3. März 1995 und eine Stellungnahme ihres ärztlichen Beraters Dr. H. vom 19. Januar 1996 vor.

Das Sozialgericht zog medizinische Befundunterlagen vom Landeswohlfahrtsverband bei und holte Befundberichte ein von der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. P.-F. vom 27. Februar 1995, dem Internisten Dr. K. vom 27. Februar 1995, dem Urologen Dr. J. vom 6. März 1995, der Frauenärztin Dr. E.-J. vom 14. März 1995, der praktischen Ärztin Dr. C. vom 6. April 1995, dem Orthopäden Dr. V. vom 10. Mai 1995 jeweils mit Befundunterlagen, der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. vom 18. Mai 1995 und dem HNO-Arzt Prof. Dr. W. vom 8. Dezember 1995. Anschließend erhob das Sozialgericht Beweis durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens des Prof. Dr. D. vom 2. Juli 1996. Aus psychiatrischer Sicht wurde den Schmerzen der Klägerin nach beidseitig operiertem Carpaltunnelsyndrom kein eigenständiges Krankheitsbild zugemessen. Eine Behinderung der Leistungsfähigkeit durch Probleme auf psychiatrischem Fachgebiet sei nicht gegeben, sondern lediglich durch die von dem HNO-Arzt Prof. Dr. W. dargelegte Problematik der Stimmbänder. Die abschließende Beurteilung einer dauerhaften Einschränkung der Leistungsfähigkeit könne nur durch ein neurochirurgisches Gutachten erfolgen. Dementsprechend erhob das Sozialgericht Beweis durch Einholung eines neurochirurgischen Fachgutachtens des Dr. U. vom 11. Dezember 1996. Der Sachverständige diagnostizierte bei der Klägerin ein Carpaltunnelsyndrom rechts, den Zustand nach Spaltung des Lig.carpi Transversum im Juni 1992, ein Carpaltunnelsyndrom links, den Zustand nach Spaltung des Lig. carpi transversum im Mai 1994 und Revision linksseitig im Februar 1996, ein hyperreagibles Bronchialsystem (Oktober 1992), abdominelle Verwachsungen (Oktober 1992), eine Psoriasis (Oktober 1992), eine hyperdyname Stimmstörung, den Zustand nach operativer Entfernung eines solitären Stimmbandpolypen und des rechten Stimmbandes (Dezember 1992), eine akute Pyelonephritis rechts (Februar 1993), ein HWS-Syndrom, ein LWS-Syndrom ohne Anhalt für eine Wurzelschädigung (Juni 1993), ein psychosomatisches Syndrom (Juni 1993), Unterleibsbeschwerden und Blutungen sowie den Zustand nach Uterusexstirpation und Revision (März und September 1995). Die bei der Klägerin bestehende gesundheitliche Problematik rühre aus den Fachgebieten Urologie, Gynäkologie, innere Medizin, HNO-Heilkunde, Neurologie, Neurochirurgie, Orthopädie und Psychiatrie, wobei der Schwerpunkt auf neurologisch-neurochirurgischem Gebiet liege. Unter Würdigung aller das neurochirurgische Fachgebiet betreffenden Befunde und bei realistischer Einschätzung des Beschwerdebildes der Klägerin sei sie noch in der Lage, einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Sie könne noch vollschichtig leichte bis mittelschwere Arbeiten ausführen, wobei bis zur Revision des linken Carpaltunnelsyndroms im Februar 1996 sicherlich eine Leistungseinschränkung bestanden habe. Die Einholung eines zusätzlichen Gutachtens sei derzeit nicht erforderlich.

Durch Gerichtsbescheid vom 26. Juni 1997 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung schloß es sich der im Widerspruchsbescheid der Beklagten gegebenen Begründung an. Darüber hinaus bestätige die vorgenommene medizinische Sachaufklärung die Einschätzung der Beklagten, daß die Klägerin nicht rentenrelevant leitungsgemindert und damit weder erwerbsunfähig noch berufsunfähig sei. Dies ergebe sich aus den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. D. der die entgegenstehende Auffassung des behandelnden Orthopäden Dr. V. widerlegt habe, daß die Klägerin aufgrund psychischer Veränderungen nicht mehr erwerbsfähig sei. Auch der Sachverständige Dr. U. habe gutachtlich ausgeführt, daß die Klägerin noch leichte bis mittelschwere Arbeiten ausführen könne. Dieser Sachverständige habe die eingeholten Befundberichte bei seiner Beurteilung berücksichtigt, insbesondere auch den HNO-ärztlichen Bericht des Dr. W ... Soweit der Sachverständige das Leistungsvermögen der Klägerin vor der Revision des linken Carpaltunnelsyndroms im Februar 1996 als eingeschränkt angesehen habe, sei das Gericht mit der Beklagten der Auffassung, daß daraus keine rentenrelevant reduzierte Leistungseinschränkung für die Zeit bis zur operativen Revision angenommen werden könne. Die Klägerin sei trotz eingeschränkter Greiffunktion der linken Hand nicht gehindert gewesen, eine vollschichtige Tätigkeit auszuüben, die keine wesentlichen Anforderungen an die Greiffunktion dieser Hand gestellt habe. Damit sei durchaus noch ein Einsatz im Beruf der Museumsaufseherin möglich gewesen. Ohnehin müsse sich die Klägerin auf der Grundlage ihres bisherigen Berufs als Küchenhilfe auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen, ohne daß es der Benennung von konkreten Verweisungstätigkeiten bedürfe. Das Arbeitsmarktrisiko werde von der Arbeitslosenversicherung und nicht von der Rentenversicherung getragen.

Gegen den ihr am 16. Juli 1997 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die von der Klägerin am 7. August 1997 eingelegte Berufung. Die Klägerin hält die sozialgerichtliche Entscheidung nicht für überzeugend. Die Beurteilung im Gutachten des Prof. Dr. D. im Hinblick auf die Carpaltunnelsymptomatik sei nicht abschließend gewesen. Gleiches gelte für das neurochirurgische Fachgutachten des Dr. U ... Es liege ein zumindest einseitiges Carpaltunnelsyndrom vor, das aufgrund außergewöhnlich ungünstiger Umstände eine Erwerbsunfähigkeit zur Folge habe. Zumindest sei sie aber als Küchenhilfe berufsunfähig, da sie nicht schwer heben und tragen und auch keine Arbeiten in besonders kalten oder verdampften Räumen mit hoher Luftfeuchtigkeit verrichten dürfe. Darüber hinaus sei die Halte- und Greiffunktion der linken Hand beeinträchtigt. Sie könne nicht mehr im Betrieb ihres bisherigen Arbeitgebers eingesetzt werden. Die Vielzahl der Leistungseinschränkungen erfordere die ausdrückliche Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts müsse dahingehend erweitert werden, daß bei erfolglosen Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes ein Rentenanspruch gegeben sei. In Anbetracht ihrer 60 %igen Schwerbehinderung sei sie seit 1. März 1994 nicht mehr fähig, einen Arbeitsplatz auszufüllen bzw. Arbeiten von wirtschaftlichem Wert zu verrichten.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 26. Juni 1997 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 22. Juli 1993 und Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 1994 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. März 1993 bis 12. Dezember 1993 vorgezogenes Übergangsgeld und ab 18. Januar 1994 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit,
hilfsweise,
Rente wegen Berufsunfähigkeit in gesetzlichem Umfang zu gewähren.

Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Gerichtsbescheid und bezieht sich auf eine Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr. H. vom 7. August 1998.

Der Senat hat Akten beigezogen vom Landeswohlfahrtsverband Hessen und vom Arbeitsgericht Frankfurt am Main (Az.: 18 Ca 763/95). Außerdem wurde eine Arbeitgeberauskunft der Lufthansa vom 12. Februar 1998 eingeholt sowie weitere Auskünfte von dem Orthopäden Dr. V. vom 13. Februar 1998 (mit Befundbericht vom 5. Juni 1996) und dem Internisten Dr. K. vom 25. Februar 1998 (mit Lungenfunktionsprüfungsergebnissen). Weiter wurden Befundberichte eingeholt von der Neurologin Dr. R. vom 8. April 1998, dem Urologen Dr. J. mit Befundunterlagen, dem HNO-Arzt Prof. Dr. W. vom 15. Juni 1998 und der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. F. vom 16. März 1998. Letztere hat die Klägerin auch nach Kenntnisnahme der beiden Gutachten des Prof. Dr. D. und des Dr. U. nur für unter 2 Stunden täglich arbeitsfähig angesehen, wobei sich diese Einschätzung auf ihre zuletzt verrichtete Arbeit als Küchenhilfe und alle anderen Tätigkeiten beziehe, die ausschließlich manuell verrichtet werden müßten. Darüber hinaus sei die vorliegende Stimmstörung zu berücksichtigen (Stellungnahme vom 13. September 1998). Schließlich hat der Senat noch eine Stellungnahme des Prof. Dr. D. nach Aktenlage dazu veranlaßt, ob sich gegenüber seinem Gutachten vom 2. Juli 1996 eine abweichende Leistungsbeurteilung ergebe und ob eine erneute Begutachtung der Klägerin erforderlich sei. In seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 1. Dezember 1998 hat der Sachverständige gegenüber seinem Gutachten vom 2. Juli 1996 keine neuen Gesichtspunkte festgestellt, die eine abweichende Leistungsbeurteilung begründen könnten. Die damals noch offene Frage, inwieweit die operierten Carpaltunnelsyndrome aus objektiver Sicht noch Beschwerden machen könnten, seien inzwischen durch das Gerichtsgutachten und einen Befundbericht beantwortet worden. Die Klägerin scheine sich auf Beschwerden in den Handgelenken fixiert zu haben und gehe mit diesen Beschwerden verdeutlichend um. Eine erneute Begutachtung auf neurologischpsychiatrischem Fachgebiet sei nicht erforderlich, auch nicht auf anderen Fachgebieten.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur Ergänzung des Tatbestandes und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und Beklagtenakten sowie der beigezogenen Akten.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz).

Die zulässige Berufung der Klägerin ist sachlich unbegründet. Das Sozialgericht hat mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend entschieden, daß die Klägerin weder berufs- noch erwerbsunfähig ist. Damit besteht auch kein Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit bzw. vorgezogenes Übergangsgeld gem. § 25 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) VI anstelle von Rente.

Nach § 43 Abs. 2 SGB VI sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Dabei umfaßt der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Demgegenüber sind erwerbsunfähig nach § 44 Abs. 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 1/7 der monatlichen Bezugsgröße übersteigt. Diese Voraussetzungen werden von der Klägerin nicht erfüllt.

Ausgangspunkt für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf eines Versicherten, von dessen qualitativem Wert es abhängt, auf welche anderen Tätigkeiten er zumutbar noch verwiesen werden kann. Der bisherige Beruf der Klägerin ist der einer Küchenhilfe, denn als solche war sie zuletzt vor Rentenantragstellung versicherungspflichtig beschäftigt. Auf der Grundlage der vom Senat eingeholten Arbeitgeberauskunft vom 12. Februar 1998 hat es sich dabei um eine ungelernte Tätigkeit gehandelt. Entsprechend der Qualität ihres bisherigen Berufs ist die Klägerin grundsätzlich auf alle Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, die sie nach ihrem Gesundheitszustand und ihren beruflichen Fähigkeiten noch verrichten kann.

Nach den vom Sozialgericht und vom Senat zum Gesundheitszustand der Klägerin getroffenen Feststellungen ist ihr Leistungsvermögen eingeschränkt. Sie ist aber noch in der Lage, einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen und noch leichte bis mittelschwere Arbeiten unter Beachtung zusätzlicher qualitativer Leistungseinschränkungen auszuführen. Die Klägerin sollte nicht in besonders kalten oder verdampften Räumen mit hoher Feuchtigkeit arbeiten. Außerdem sollte eine ohrstimmliche Belastung (wie z.B. an einer Kasse oder im Publikumsverkehr) am Arbeitsplatz vermieden werden. Für diese Beurteilung stützt sich der Senat auf die HNO-ärztlichen Befundberichte des Prof. Dr. W. vom 8. Dezember 1995 und 15. Juni 1998 sowie die Sachverständigengutachten des Prof. Dr. D. vom 2. Juli 1996 und Dr. U. vom 11. Dezember 1996 sowie die weitere Stellungnahme des Prof. Dr. D. nach Aktenlage vom 1. Dezember 1998. Der Sachverstände Prof. Dr. D. hat in seinem Gutachten vom 2. Juli 1996 von selten seines Fachgebietes keine Behinderung der Leistungsfähigkeit der Klägerin vorgefunden. Einschränkungen ergaben sich lediglich durch die Problematik der Stimmbänder, wie von Prof. Dr. W. in seinem Befundbericht dargelegt und bewertet. Die in den Mittelpunkt für eine Leistungsbeurteilung gestellten Beschwerden im Bereich der rechten und linken Hand, verursacht durch Carpaltunnelsyndrome, hat der Sachverständige Dr. U. in seinem neurochirurgischen Gutachten nicht als so schwerwiegend angesehen, daß die Klägerin gehindert wäre, leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig auszuführen. Dabei hat sich durch die Revision des linken Carpaltunnelsyndroms im Februar 1996 eine bis dahin bestehende und vom Sozialgericht in ihren Auswirkungen zutreffend gewürdigte Leistungseinschränkung objektiv verbessert. Zwar ist die Klägerin in der Folgezeit bei zahlreichen Ärzten in Behandlung gewesen, wie die vom Senat beigezogenen Befundberichte und Befundunterlagen bestätigen. Eine wesentliche Änderung im Leistungsvermögen ist aber nicht dokumentiert. Vielmehr hat der Sachverständige Prof. Dr. D. in seiner vom Senat veranlaßten Stellungnahme vom 1. Dezember 1998 zusammenfassend nach Aktenlage keine neuen Gesichtspunkte gegenüber seinem Gutachten vom 2. Juli 1996 festgestellt, die eine abweichende Leistungsbeurteilung begründen könnten. Dies gilt auch für eine mögliche unbewußte Fixierung mit Schonhaltung der Handgelenke als Folge der durchgeführten Operationen. Darüber hinaus hat der Sachverständige auch auf ausdrückliches Befragen durch den Senat keine weitere Begutachtung der Klägerin für erforderlich gehalten. Auf dieser Grundlage hat der Senat den medizinischen Sachverhalt und das Leistungsvermögen der Klägerin als geklärt angesehen.

Ob die Klägerin angesichts des bei ihr noch vorhandenen Leistungsvermögens in ihrer bisherigen Tätigkeit als Küchenhilfe gesundheitlich überfordert ist, wie der Arbeitgeber in seiner Auskunft vom 12. Februar 1998 mitgeteilt hat, bedarf keiner abschließenden Entscheidung durch den Senat. Jedenfalls kommt ein Einsatz in verdampften Räumen mit hoher Feuchtigkeit aus HNO-ärztlicher Sicht nicht mehr in Betracht. Die Klägerin muß sich aber mit dem noch vorhandenen Leistungsvermögen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen, auf dem sie noch tätig sein kann. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist dazu nicht erforderlich, denn die festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen sind weder als spezifisch noch als eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbehinderungen zu bewerten. Davon ist nur auszugehen, wenn die Fähigkeit eines Versicherten, zumindest körperlich leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten, zusätzlich in erheblichem Umfang eingeschränkt ist (vgl. dazu z.B. BSG, Urteil vom 8. Juli 1998, Az.: B 13 RJ 91/97 R m.w.N.). Damit bleibt die Klägerin dem Risiko der Arbeitsvermittlung zugeordnet und nicht dem der Rentenversicherung, denn die Arbeitsvermittlung ist Aufgabe der Arbeitsverwaltung.

Die Berufung der Klägerin konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da es an den Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG fehlt.
Rechtskraft
Aus
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