Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 8 J 1522/94
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 RJ 950/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 9. Juli 1997 geändert. Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 16. Mai 1994 und des Widerspruchsbescheides vom 29. November 1994 verurteilt, dem Kläger ab 1. November 1993 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwenigen außergerichtlichen Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens zu 2/3 zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Klägers auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der 1946 geborene Kläger ist gelernter Schreiner. Er war bis 1967 im erlernten Beruf beschäftigt. Von 1968 bis November 1988 arbeitete er als Stockmacher bei der Firma G. S. B. S.-A ... Anschließend war der Kläger arbeitslos. Sein zuletzt im Oktober 1991 gestellter Antrag auf Gewährung von Versichertenrente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit blieb erfolglos (Bescheid der Beklagten vom 9. Juni 1992 und Widerspruchsbescheid vom 2. September 1992).
Am 29. Oktober 1993 beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte veranlaßte daraufhin eine sozialmedizinische Begutachtung des Klägers. Dr. L. von der Ärztlichen Untersuchungsstelle der Beklagten in K. kam in ihrem Gutachten vom 21. April 1994 zu dem Ergebnis, bei dem Kläger bestünden eine Teilsteife der rechten Schulter nach teilweiser Auskugelung, Belastungsbeschwerden in den Beinen nach Unterschenkelvenenthrombose links im Februar 1990 und rechts im Juli 1993, eine Funktionsstörung der HWS mit Nackenschulterbeschwerden nach Bandscheibenoperation mit Verblockung C5/6 im November 1991, zeitweilige Rückenkreuzschmerzen nach Bandscheibenoperation im September 1989, eine Hochdruckneigung, eine Fettstoffwechselstörung, ein Übergewicht, eine beginnende arterielle Verschlußkrankheit der Beingefäße, ein vermehrter Nikotin- und Alkoholkonsum sowie eine Kraftminderung und geringe Funktionsstörungen der linken Hand nach Teilverlust der Finger 2 und 4 links. Zumutbar seien dem Kläger noch im Wechsel von Sitzen und Stehen vollschichtige Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne Über-Kopf-Arbeiten und häufiges Bücken, ohne volle Gebrauchsfähigkeit der linken Hand und ohne besondere Anforderungen an das Farbsehvermögen. Mit Bescheid vom 16. Mai 1994 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Auf den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers, dem dieser einen Befundbericht des Arztes für Radiologie Dr. H. vom 14. Juni 1994 beigefügt hatte, holte die Beklagte eine Auskunft der Firma G.-S. vom 22. Juli 1994 ein. Mit Bescheid vom 29. November 1994 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der Kläger sei weder erwerbsunfähig noch berufsunfähig. Er habe zwar nach eigenen Angaben den Beruf des Schreiners erlernt, sich jedoch von diesem Beruf ohne zwingenden gesundheitlichen Grund und ohne betriebliche Anordnung gelöst. Aufgrund der zuletzt rentenversicherungspflichtig ausgeübten Beschäftigung als Stockmacher sei der Kläger der Gruppe der angelernten Arbeiter zuzuordnen. Als angelernter Arbeiter könne er auf alle Tätigkeiten der Gruppe der angelernten Arbeiter und auch solche ungelernten Arbeiten verwiesen werden, die nicht nur einen ganz geringen qualitativen Wert hätten. Der konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit bedürfe es vorliegend nicht.
Gegen den Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 16. Dezember 1994 Klage vor dem Sozialgericht Kassel. Er vertrat die Ansicht, aufgrund seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Stockmacher sei er der Gruppe der Facharbeiter zuzuordnen. Mit seinem eingeschränkten Leistungsvermögen sei er mindestens berufsunfähig.
Das Sozialgericht holte einen Befundbericht ein von den Internisten Dres. G. vom 5. April 1995, außerdem Auskünfte der Firma G.-S. vom 4. Juli 1996 und 4. September 1996. Außerdem erhob das Sozialgericht Beweis durch die Einholung eines orthopädischen Gutachtens des Dr. T. vom 5. Februar 1996. Dieser diagnostizierte bei dem Kläger eine Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule infolge Versteifung der Segmente C4/5/6 und Spondylarthrosen ohne neurogenes Defizit, eine lumbosacrale Aufbaustörung mit präsacraler Spondylarthrose, geringem funktionellem Defizit ohne neurogene Störungen, den hälftigen Verlust des linken Zeigefingers und vollständige Amputation des linken Ringfingers mit geringer Störung beim Faustschluß, Hinweise auf degenerative Veränderungen der Supraspinatussehne beider Schultern, initiale Verschleißveränderungen der Hüftgelenke ohne wesentliche Funktionsstörung, Zeichen venöser Blutumlaufstörungen am rechten Unterschenkel und Knick-Senk-Füße mit beginnendem Hallux rigidus beiderseits. Zumutbar seien dem Kläger noch Arbeiten in Vollschicht ohne schwere körperliche Arbeit. Mittelschwere Arbeiten seien noch punktuell möglich, sollten aber nicht mit dem Heben und Tragen von Lasten mit mehr als 10 Kilogramm, mit extremer Rumpfbeugehaltung, ausschließlich im Stehen auf einer Stelle oder mit Über-Kopf-Arbeiten verbunden sein. Nicht mehr möglich seien Arbeiten, bei denen eine beidhändige besondere Geschicklichkeit erforderlich sei. Noch möglich seien ansonsten alle leichten Arbeiten im Sitzen oder im Umhergehen. Schließlich holte das Sozialgericht eine Auskunft des Landesarbeitsamtes Hessen vom 3. Februar 1997 ein zu der Frage, welche Tätigkeiten dem Kläger nach seinem beruflichen Werdegang und dem festgestellten Leistungsvermögen noch zumutbar seien. Hierzu hat das Landesarbeitsamt Hessen mitgeteilt, der Kläger sei nicht mehr in der Lage, die bisher ausgeübte Tätigkeit als Stockmacher weiterhin zu verrichten. Berufsnahe Tätigkeiten könne der Kläger ebenfalls nicht mehr ausüben. Unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Einschränkungen sei der Kläger jedoch noch berufsfremd einzusetzen als Büro- oder Verwaltungshilfskraft, als Pförtner und als Telefonist.
Mit Urteil vom 9. Juli 1997 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es im wesentlichen aus, die Klage sei nicht begründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, da er weder erwerbs- noch berufsunfähig sei. Mit dem von Dr. T. festgestellten Leistungsvermögen sei der Kläger nicht berufsunfähig. Der Kläger habe zuletzt als Stockmacher gearbeitet. Nach den Arbeitgeberauskünften basierten die Grundarbeiten beim Herstellen von Stöcken auf vielen speziellen Kenntnissen und Technologien, so daß unbedingt die Wertigkeit einer Facharbeitertätigkeit gegeben sei. Gleichwohl sei der Kläger nicht berufsunfähig, da er sich zumutbar verweisen lassen müsse auf die vom Landesarbeitsamt Hessen benannte Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle einer Behörde oder eines Betriebes. Die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle eines Betriebes oder einer Behörde sei tariflich als Anlerntätigkeit eingestuft. Beispielhaft seien hier die Arbeiten in der Postabfertigung aufgeführt, die nach der Entgeltgruppe 3 des Bundesentgelttarifvertrages für die Chemische Industrie entlohnt würden. Hier seien Arbeitnehmer eingruppiert, die Tätigkeiten verrichteten, für die Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich seien, die durch eine Berufspraxis in der Regel von 6 bis 15 Monaten erworben würden. Das gleiche gelte für Arbeiten in der Postabfertigung, die nach der Gehaltsgruppe K 2a des Gehaltsrahmentarifvertrages für Angestellte in der Metallindustrie entlohnt würden. Danach gehörten hierzu bereits Tätigkeiten, für die Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich seien, die durch eine abgeschlossene Anlernausbildung oder durch eine andere gleichwertige Ausbildung erworben würden. Nach alldem sei der Kläger nicht berufsunfähig. Somit komme die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit erst recht nicht in Betracht.
Gegen das ihm am 14. Juli 1997 zugestellte Urteil richtet sich die am 22. Juli 1997 eingelegte Berufung des Klägers. Der Kläger vertritt die Auffassung, er sei – ausgehend von seiner Tätigkeit als Stockmacher – als Facharbeiter einzustufen. Zumutbare Verweisungstätigkeiten seien ihm vom Landesarbeitsamt Hessen nicht benannt worden. Bei den benannten Tätigkeiten handele es sich um ungelernte Arbeiten, auf die er sich nicht zumutbar verweisen lassen müsse. Der Kläger legt zudem noch eine ärztliche Bescheinigung des Facharztes für Allgemeinmedizin T. P. vom 31. Juli 1997 vor, wonach die funktionellen Wirbelsäulenprobleme durch chirotherapeutische Manipulationen in immer kürzer werdenden Abständen behandelt werden müßten.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 9. Juli 1997 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16. Mai 1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 1994 zu verurteilen, ihm ab 1. November 1993 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit,
hilfsweise,
Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Nach dem vom Senat eingeholten berufskundlichen Gutachten des Sachverständigen R. A. vom 14. April 1998 vertritt die Beklagte nunmehr ebenfalls die Ansicht, der Kläger sei als Facharbeiter einzustufen. Gleichwohl könne er keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit geltend machen, da er sich jedenfalls auf die Tätigkeit eines Mitarbeiters in einer Poststelle eines Betriebes oder einer Behörde sowie auf die eines Telefonisten zumutbar verweisen lassen müsse unter Berücksichtigung der tariflichen Eingruppierung als angelernte Tätigkeit.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung eines berufskundlichen Gutachtens des Sachverständigen R. A. vom 14. April 1998. Dieser ist zu dem Ergebnis gelangt, die vom Kläger verrichteten Arbeiten bei der Firma G. hätten der Tätigkeit eines gelernten S. (Facharbeiter mit mehrjähriger Berufserfahrung) entsprochen. Der Kläger habe im Jahr 1988 über die praktischen und theoretischen Kenntnisse und Fähigkeiten eines gelernten S. verfügt. Außerdem hat der Senat Auskünfte eingeholt vom Verband Großhandel, Außenhandel, Verlag und Dienstleistungen Hessen e.V. vom 1. Juli 1998 sowie von der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen, Landesbezirksleitung Hessen, vom 3. Juli 1998 und 31. August 1998.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 20. Oktober 1998 war der Kläger trotz ordnungsgemäßer Ladung weder erschienen noch vertreten.
Wegen der Einzelheiten im übrigen wird auf die Gerichts- und Rentenakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtsstreit trotz Nichterscheinens des Klägers bzw. seines Prozeßbevollmächtigten zum Termin verhandeln und entscheiden, da mit der Ladung auf diese Möglichkeit, hingewiesen worden ist (§§ 110, 124 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Die Berufung ist zulässig und insoweit sachlich begründet, als der Kläger entgegen der Entscheidung des Sozialgerichts Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hat. Im übrigen ist die Berufung unbegründet.
Nach § 43 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie
1) berufsunfähig sind,
2) in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit 3 Jahre Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3) vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Dabei sind berufsunfähig nach § 43 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Die Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit werden von dem Kläger erfüllt.
Ausgangspunkt für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf des Versicherten, von dessen qualitativem Wert es abhängt, auf welche anderen Tätigkeiten er zumutbar noch verwiesen werden kann. Der bisherige Beruf des Klägers ist der eines Stockmachers, denn als solcher war er zuletzt vor Rentenantragstellung auf Dauer vollwertig rentenversicherungspflichtig beschäftigt. Nicht mehr zugrunde zu legen ist die vom Kläger erlernte Tätigkeit eines Schreiners, da er sich von dieser Tätigkeit bereits 1967 ohne gesundheitlichen Grund gelöst hat. Als Stockmacher ist der Kläger der Gruppe der Facharbeiter zuzuordnen, wie auch von der Beklagten inzwischen anerkannt wird. Nach den Feststellungen des Sachverständigen A. entsprachen die vom Kläger bei der Firma G. verrichteten Tätigkeiten demjenigen eines gelernten Stockmachers. Darüber hinaus verfügte der Kläger im Jahre 1988 bei seiner Berufsaufgabe über die praktischen und theoretischen Kenntnisse und Fähigkeiten eines gelernten Stockmachers. Den bisherigen Beruf des Stockmachers kann der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten.
Nach den vom Senat getroffenen Feststellungen kann der Kläger vollschichtig verrichten nur noch leichte Arbeiten im Sitzen oder im Umhergehen, ohne das Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 Kilogramm, ohne extreme Rumpfbeugehaltung, ohne Arbeiten ausschließlich im Stehen auf einer Stelle oder Über-Kopf-Arbeiten und ohne Arbeiten, bei denen eine beidhändige besondere Geschicklichkeit erforderlich ist. Der Senat stützt seine Überzeugung zum Leistungsvermögen des Klägers auf das im Klageverfahren eingeholte orthopädische Gutachten des Dr. T. vom 5. Februar 1996. Danach leidet der Kläger an einer Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule infolge Versteifung der Segmente C4/5/6 und Spondylarthrose, einer lumbosacralen Aufbaustörung und präsacralen Spondylarthrose bei geringem funktionellem Defizit, einem hälftigen Verlust des linken Zeigefingers und vollständiger Amputation des linken Ringfingers mit geringer Störung beim Faustschluß, an initialen Verschleißerscheinungen der Hüftgelenke sowie Knick-Senk-Füßen mit beginnendem Hallux rigidus beiderseits. Es bestehen außerdem Hinweise auf degenerative Veränderungen der Subraspinatussehne beider Schultern und Zeichen venöser Blutumlaufstörungen am rechten Unterschenkel. Infolge dieser Gesundheitsstörungen hat der Sachverständige das Leistungsvermögen des Klägers eingeschränkt gesehen auf die vollschichtige Verrichtung leichter Tätigkeiten unter den oben angegebenen qualitativen Einschränkungen. Der Senat sieht keine Veranlassung, an der Richtigkeit dieses Gutachtens zu zweifeln. Das Gutachten beruht auf einer umfassenden Untersuchung des Klägers und berücksichtigt die Befundberichte der behandelnden Ärzte sowie die früheren medizinischen Feststellungen. Widersprüche zwischen Befunderhebung und der Beurteilung des Leistungsvermögens sind nicht ersichtlich. Der Senat hält den Gesundheitszustand und das Leistungsvermögen des Klägers damit für geklärt und eine weitere medizinische Begutachtung für nicht erforderlich. Aus der im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Bescheinigung des Facharztes T. P. vom 31. Juli 1997 ergeben sich demgegenüber keine neuen Erkenntnisse.
Mit dem festgestellten Leistungsvermögen kann der Kläger nach der Auskunft des Landesarbeitsamts Hessen vom 3. Februar 1997 seinen bisherigen Beruf oder eine berufsnahe Verweisungstätigkeit nicht mehr ausüben. Vielmehr kommt für den Kläger nur noch die Tätigkeit eines Pförtners, eines Telefonisten oder einer Büro- oder Verwaltungshilfskraft in Betracht, wie das Landesarbeitsamt unter Auswertung der Akten dargelegt hat. Allerdings zählen die vom Landesarbeitsamt benannten Tätigkeiten zu den ungelernten Tätigkeiten, auf die sich der Kläger als Facharbeiter nicht zumutbar verweisen lassen muß. Die Tätigkeit eines Pförtners wird tarifvertraglich nicht als angelernte Tätigkeit eingestuft. Nach dem Bundesangestelltentarifvertrag entspricht die Arbeitsbeschreibung des Landesarbeitsamts zur Tätigkeit des Pförtners den Voraussetzungen der Vergütungsgruppe IX Buchst. b. Hierbei handelt es sich nicht um eine angelernte Tätigkeit, auf die sich der Kläger verweisen lassen muß (vgl. auch BSG, Urteil vom 20.9.1990 Az.: 5 RJ 98/78). Qualifizierte Pförtnertätigkeiten, die einer angelernten Tätigkeit tariflich gleichstehen, sind dagegen regelmäßig Schonarbeitsplätze, die für Berufsfremde nicht offen sind und daher für den Kläger ausscheiden (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 Nr. 139). Ebenso scheidet die Tätigkeit des Telefonisten als Verweisungstätigkeit für den Kläger aus. Die hierzu vom Landesarbeitsamt gegebene Arbeitsplatzbeschreibung entspricht entgegen der Auffassung der Beklagten tarifvertraglich ebenfalls nicht dem qualitativen Wert einer Anlerntätigkeit. Der Senat verweist insoweit auf das Urteil des erkennenden Senats vom 26. Mai 1998 (Az.: L 2 RJ 1300/95), in welchem dargelegt wird, daß sich die Tätigkeit eines Telefonisten im öffentlichen Dienst, die nach den Vergütungsgruppen VII bzw. VIII der Gruppe T1/5A, Vergütungsordnung Bund – TdL Teil II p, Fernmeldedienst entlohnt wird, qualitativ unterscheidet von der Tätigkeit eines Telefonisten, wie sie das Landesarbeitsamt als für den Kläger zumutbar angesehen und dementsprechend nur ungelernten Tätigkeiten zugeordnet hat. Auch aus den im Berufungsverfahren eingeholten Auskünften des Verbandes Großhandel, Außenhandel, Verlag und Dienstleistungen Hessen e.V. und der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen wird deutlich, daß Telefonisten nur dann in die Gehaltsgruppe II des maßgeblichen Tarifvertrages eingestuft werden, wenn sie eine zweijährige kaufmännische oder gleichwertige Berufsausbildung oder eine kaufmännische oder technische Berufstätigkeit von drei Jahren absolviert haben. Da diese Voraussetzungen bei dem Kläger nicht vorliegen, kommt er für eine Telefonistentätigkeit mit dem qualitativen Wert einer Anlerntätigkeit nicht in Betracht. Hier ist auch zu beachten, daß nicht allein von Bedeutung ist, von welcher Tarifgruppe eine bestimmte Berufstätigkeit, etwa die des Telefonisten, erfaßt wird, und ob es sich hierbei nach dem Tarifgefüge des jeweiligen Tarifvertrages um eine Anlerntätigkeit handelt. Vielmehr muß der zu verweisende Versicherte auch in der Lage sein, nach einer Einweisungs- bzw. Einarbeitungszeit von höchstens drei Monaten die jeweilige Tätigkeit vollwertig ausüben zu können (BSG, Urteil vom 22. September 1977, Az.: 5 RJ 84/76). Je höher die tarifliche Einstufung, umso höher ist regelmäßig auch die geforderte Qualifikation. Dies geht exemplarisch aus den Auskünften des Verbandes Großhandel, Außenhandel, Verlag und Dienstleistungen Hessen e.V. und der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen, wie sie vom Senat eingeholt worden sind, hervor. Auch nach den von der Beklagten zitierten Tarifverträgen erfordert die Einstufung des Telefonisten als Anlerntätigkeit jeweils eine höhere Qualifikation. Unter Berücksichtigung dessen hat es der Senat nicht für erforderlich gehalten, weitere Auskünfte von Tarifvertragsparteien zur tariflichen Einstufung von Telefonisten bzw. Mitarbeitern in der Poststelle eines Betriebes oder einer Behörde einzuholen. Auch bedurfte es keiner weiteren Auskunft des Landesarbeitsamtes Hessen zu der Frage, ob der Kläger in der Lage ist, als Telefonist Telefonanlagen mit mehr als drei Amtsanschlüssen zu bedienen, da die Einstufung in die Gehaltsgruppe II des Gehalts- und Lohntarifvertrages für den Groß- und Außenhandel des Landes Hessen ebenfalls eine zweijährige kaufmännische oder gleichwertige Berufsausbildung voraussetzt bzw. eine kaufmännische oder technische Berufstätigkeit von drei Jahren. Weil der Kläger über eine entsprechende Qualifikation nicht verfügt, ist er auch nicht in der Lage, nach einer Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit von höchstens drei Monaten die Tätigkeit eines qualifizierten Telefonisten vollwertig auszuüben. Nicht in Frage kommt für den Kläger schließlich die Tätigkeit einer Büro- oder Verwaltungshilfskraft. Diese Tätigkeit wird ebenfalls tarifvertraglich nicht als angelernte Tätigkeit eingestuft. Nach dem Bundesangestelltentarifvertrag entspricht die Arbeitsbeschreibung des Landesarbeitsamtes den Voraussetzungen der Vergütungsgruppe IX Buchst. b und damit einer ungelernten Tätigkeit. Nach alledem liegt Berufsunfähigkeit zugunsten des Klägers vor, da ihm keine seinem Leistungsvermögen entsprechende zumutbare Verweisungstätigkeit mehr benannt werden kann. Der Kläger erfüllt zudem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Rentengewährung. Das erstinstanzliche Urteil konnte insoweit keinen Bestand haben.
Dagegen hat der Kläger noch keinen Anspruch auf die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, weil er nicht erwerbsunfähig ist. Erwerbsunfähig nach § 44 Abs. 2 SGB VI sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 1/7 der monatlichen Bezugsgröße übersteigt. Diese Voraussetzungen werden von dem Kläger, der noch vollschichtig im Erwerbsleben einsetzbar ist, nicht erfüllt. Eine Beschränkung der Verweisbarkeit auf zumutbare Arbeiten ist in § 44 Abs. 2 SGB VI nicht gegeben. Grundsätzlich kann insoweit jeder Versicherte auf die Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden. Im vorliegenden Fall sind dem Kläger noch die vom Landesarbeitsamt Hessen in der Auskunft vom 3. Februar 1997 benannten berufsfremden Tätigkeiten, die seinem gesundheitlichen Leistungsvermögen entsprechen, zumutbar. Die Berufung konnte daher insoweit keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da es an den Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG fehlt.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwenigen außergerichtlichen Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens zu 2/3 zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Klägers auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der 1946 geborene Kläger ist gelernter Schreiner. Er war bis 1967 im erlernten Beruf beschäftigt. Von 1968 bis November 1988 arbeitete er als Stockmacher bei der Firma G. S. B. S.-A ... Anschließend war der Kläger arbeitslos. Sein zuletzt im Oktober 1991 gestellter Antrag auf Gewährung von Versichertenrente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit blieb erfolglos (Bescheid der Beklagten vom 9. Juni 1992 und Widerspruchsbescheid vom 2. September 1992).
Am 29. Oktober 1993 beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte veranlaßte daraufhin eine sozialmedizinische Begutachtung des Klägers. Dr. L. von der Ärztlichen Untersuchungsstelle der Beklagten in K. kam in ihrem Gutachten vom 21. April 1994 zu dem Ergebnis, bei dem Kläger bestünden eine Teilsteife der rechten Schulter nach teilweiser Auskugelung, Belastungsbeschwerden in den Beinen nach Unterschenkelvenenthrombose links im Februar 1990 und rechts im Juli 1993, eine Funktionsstörung der HWS mit Nackenschulterbeschwerden nach Bandscheibenoperation mit Verblockung C5/6 im November 1991, zeitweilige Rückenkreuzschmerzen nach Bandscheibenoperation im September 1989, eine Hochdruckneigung, eine Fettstoffwechselstörung, ein Übergewicht, eine beginnende arterielle Verschlußkrankheit der Beingefäße, ein vermehrter Nikotin- und Alkoholkonsum sowie eine Kraftminderung und geringe Funktionsstörungen der linken Hand nach Teilverlust der Finger 2 und 4 links. Zumutbar seien dem Kläger noch im Wechsel von Sitzen und Stehen vollschichtige Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne Über-Kopf-Arbeiten und häufiges Bücken, ohne volle Gebrauchsfähigkeit der linken Hand und ohne besondere Anforderungen an das Farbsehvermögen. Mit Bescheid vom 16. Mai 1994 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Auf den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers, dem dieser einen Befundbericht des Arztes für Radiologie Dr. H. vom 14. Juni 1994 beigefügt hatte, holte die Beklagte eine Auskunft der Firma G.-S. vom 22. Juli 1994 ein. Mit Bescheid vom 29. November 1994 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der Kläger sei weder erwerbsunfähig noch berufsunfähig. Er habe zwar nach eigenen Angaben den Beruf des Schreiners erlernt, sich jedoch von diesem Beruf ohne zwingenden gesundheitlichen Grund und ohne betriebliche Anordnung gelöst. Aufgrund der zuletzt rentenversicherungspflichtig ausgeübten Beschäftigung als Stockmacher sei der Kläger der Gruppe der angelernten Arbeiter zuzuordnen. Als angelernter Arbeiter könne er auf alle Tätigkeiten der Gruppe der angelernten Arbeiter und auch solche ungelernten Arbeiten verwiesen werden, die nicht nur einen ganz geringen qualitativen Wert hätten. Der konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit bedürfe es vorliegend nicht.
Gegen den Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 16. Dezember 1994 Klage vor dem Sozialgericht Kassel. Er vertrat die Ansicht, aufgrund seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Stockmacher sei er der Gruppe der Facharbeiter zuzuordnen. Mit seinem eingeschränkten Leistungsvermögen sei er mindestens berufsunfähig.
Das Sozialgericht holte einen Befundbericht ein von den Internisten Dres. G. vom 5. April 1995, außerdem Auskünfte der Firma G.-S. vom 4. Juli 1996 und 4. September 1996. Außerdem erhob das Sozialgericht Beweis durch die Einholung eines orthopädischen Gutachtens des Dr. T. vom 5. Februar 1996. Dieser diagnostizierte bei dem Kläger eine Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule infolge Versteifung der Segmente C4/5/6 und Spondylarthrosen ohne neurogenes Defizit, eine lumbosacrale Aufbaustörung mit präsacraler Spondylarthrose, geringem funktionellem Defizit ohne neurogene Störungen, den hälftigen Verlust des linken Zeigefingers und vollständige Amputation des linken Ringfingers mit geringer Störung beim Faustschluß, Hinweise auf degenerative Veränderungen der Supraspinatussehne beider Schultern, initiale Verschleißveränderungen der Hüftgelenke ohne wesentliche Funktionsstörung, Zeichen venöser Blutumlaufstörungen am rechten Unterschenkel und Knick-Senk-Füße mit beginnendem Hallux rigidus beiderseits. Zumutbar seien dem Kläger noch Arbeiten in Vollschicht ohne schwere körperliche Arbeit. Mittelschwere Arbeiten seien noch punktuell möglich, sollten aber nicht mit dem Heben und Tragen von Lasten mit mehr als 10 Kilogramm, mit extremer Rumpfbeugehaltung, ausschließlich im Stehen auf einer Stelle oder mit Über-Kopf-Arbeiten verbunden sein. Nicht mehr möglich seien Arbeiten, bei denen eine beidhändige besondere Geschicklichkeit erforderlich sei. Noch möglich seien ansonsten alle leichten Arbeiten im Sitzen oder im Umhergehen. Schließlich holte das Sozialgericht eine Auskunft des Landesarbeitsamtes Hessen vom 3. Februar 1997 ein zu der Frage, welche Tätigkeiten dem Kläger nach seinem beruflichen Werdegang und dem festgestellten Leistungsvermögen noch zumutbar seien. Hierzu hat das Landesarbeitsamt Hessen mitgeteilt, der Kläger sei nicht mehr in der Lage, die bisher ausgeübte Tätigkeit als Stockmacher weiterhin zu verrichten. Berufsnahe Tätigkeiten könne der Kläger ebenfalls nicht mehr ausüben. Unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Einschränkungen sei der Kläger jedoch noch berufsfremd einzusetzen als Büro- oder Verwaltungshilfskraft, als Pförtner und als Telefonist.
Mit Urteil vom 9. Juli 1997 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es im wesentlichen aus, die Klage sei nicht begründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, da er weder erwerbs- noch berufsunfähig sei. Mit dem von Dr. T. festgestellten Leistungsvermögen sei der Kläger nicht berufsunfähig. Der Kläger habe zuletzt als Stockmacher gearbeitet. Nach den Arbeitgeberauskünften basierten die Grundarbeiten beim Herstellen von Stöcken auf vielen speziellen Kenntnissen und Technologien, so daß unbedingt die Wertigkeit einer Facharbeitertätigkeit gegeben sei. Gleichwohl sei der Kläger nicht berufsunfähig, da er sich zumutbar verweisen lassen müsse auf die vom Landesarbeitsamt Hessen benannte Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle einer Behörde oder eines Betriebes. Die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle eines Betriebes oder einer Behörde sei tariflich als Anlerntätigkeit eingestuft. Beispielhaft seien hier die Arbeiten in der Postabfertigung aufgeführt, die nach der Entgeltgruppe 3 des Bundesentgelttarifvertrages für die Chemische Industrie entlohnt würden. Hier seien Arbeitnehmer eingruppiert, die Tätigkeiten verrichteten, für die Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich seien, die durch eine Berufspraxis in der Regel von 6 bis 15 Monaten erworben würden. Das gleiche gelte für Arbeiten in der Postabfertigung, die nach der Gehaltsgruppe K 2a des Gehaltsrahmentarifvertrages für Angestellte in der Metallindustrie entlohnt würden. Danach gehörten hierzu bereits Tätigkeiten, für die Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich seien, die durch eine abgeschlossene Anlernausbildung oder durch eine andere gleichwertige Ausbildung erworben würden. Nach alldem sei der Kläger nicht berufsunfähig. Somit komme die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit erst recht nicht in Betracht.
Gegen das ihm am 14. Juli 1997 zugestellte Urteil richtet sich die am 22. Juli 1997 eingelegte Berufung des Klägers. Der Kläger vertritt die Auffassung, er sei – ausgehend von seiner Tätigkeit als Stockmacher – als Facharbeiter einzustufen. Zumutbare Verweisungstätigkeiten seien ihm vom Landesarbeitsamt Hessen nicht benannt worden. Bei den benannten Tätigkeiten handele es sich um ungelernte Arbeiten, auf die er sich nicht zumutbar verweisen lassen müsse. Der Kläger legt zudem noch eine ärztliche Bescheinigung des Facharztes für Allgemeinmedizin T. P. vom 31. Juli 1997 vor, wonach die funktionellen Wirbelsäulenprobleme durch chirotherapeutische Manipulationen in immer kürzer werdenden Abständen behandelt werden müßten.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 9. Juli 1997 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16. Mai 1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 1994 zu verurteilen, ihm ab 1. November 1993 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit,
hilfsweise,
Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Nach dem vom Senat eingeholten berufskundlichen Gutachten des Sachverständigen R. A. vom 14. April 1998 vertritt die Beklagte nunmehr ebenfalls die Ansicht, der Kläger sei als Facharbeiter einzustufen. Gleichwohl könne er keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit geltend machen, da er sich jedenfalls auf die Tätigkeit eines Mitarbeiters in einer Poststelle eines Betriebes oder einer Behörde sowie auf die eines Telefonisten zumutbar verweisen lassen müsse unter Berücksichtigung der tariflichen Eingruppierung als angelernte Tätigkeit.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung eines berufskundlichen Gutachtens des Sachverständigen R. A. vom 14. April 1998. Dieser ist zu dem Ergebnis gelangt, die vom Kläger verrichteten Arbeiten bei der Firma G. hätten der Tätigkeit eines gelernten S. (Facharbeiter mit mehrjähriger Berufserfahrung) entsprochen. Der Kläger habe im Jahr 1988 über die praktischen und theoretischen Kenntnisse und Fähigkeiten eines gelernten S. verfügt. Außerdem hat der Senat Auskünfte eingeholt vom Verband Großhandel, Außenhandel, Verlag und Dienstleistungen Hessen e.V. vom 1. Juli 1998 sowie von der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen, Landesbezirksleitung Hessen, vom 3. Juli 1998 und 31. August 1998.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 20. Oktober 1998 war der Kläger trotz ordnungsgemäßer Ladung weder erschienen noch vertreten.
Wegen der Einzelheiten im übrigen wird auf die Gerichts- und Rentenakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtsstreit trotz Nichterscheinens des Klägers bzw. seines Prozeßbevollmächtigten zum Termin verhandeln und entscheiden, da mit der Ladung auf diese Möglichkeit, hingewiesen worden ist (§§ 110, 124 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Die Berufung ist zulässig und insoweit sachlich begründet, als der Kläger entgegen der Entscheidung des Sozialgerichts Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hat. Im übrigen ist die Berufung unbegründet.
Nach § 43 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie
1) berufsunfähig sind,
2) in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit 3 Jahre Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3) vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Dabei sind berufsunfähig nach § 43 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Die Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit werden von dem Kläger erfüllt.
Ausgangspunkt für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf des Versicherten, von dessen qualitativem Wert es abhängt, auf welche anderen Tätigkeiten er zumutbar noch verwiesen werden kann. Der bisherige Beruf des Klägers ist der eines Stockmachers, denn als solcher war er zuletzt vor Rentenantragstellung auf Dauer vollwertig rentenversicherungspflichtig beschäftigt. Nicht mehr zugrunde zu legen ist die vom Kläger erlernte Tätigkeit eines Schreiners, da er sich von dieser Tätigkeit bereits 1967 ohne gesundheitlichen Grund gelöst hat. Als Stockmacher ist der Kläger der Gruppe der Facharbeiter zuzuordnen, wie auch von der Beklagten inzwischen anerkannt wird. Nach den Feststellungen des Sachverständigen A. entsprachen die vom Kläger bei der Firma G. verrichteten Tätigkeiten demjenigen eines gelernten Stockmachers. Darüber hinaus verfügte der Kläger im Jahre 1988 bei seiner Berufsaufgabe über die praktischen und theoretischen Kenntnisse und Fähigkeiten eines gelernten Stockmachers. Den bisherigen Beruf des Stockmachers kann der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten.
Nach den vom Senat getroffenen Feststellungen kann der Kläger vollschichtig verrichten nur noch leichte Arbeiten im Sitzen oder im Umhergehen, ohne das Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 Kilogramm, ohne extreme Rumpfbeugehaltung, ohne Arbeiten ausschließlich im Stehen auf einer Stelle oder Über-Kopf-Arbeiten und ohne Arbeiten, bei denen eine beidhändige besondere Geschicklichkeit erforderlich ist. Der Senat stützt seine Überzeugung zum Leistungsvermögen des Klägers auf das im Klageverfahren eingeholte orthopädische Gutachten des Dr. T. vom 5. Februar 1996. Danach leidet der Kläger an einer Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule infolge Versteifung der Segmente C4/5/6 und Spondylarthrose, einer lumbosacralen Aufbaustörung und präsacralen Spondylarthrose bei geringem funktionellem Defizit, einem hälftigen Verlust des linken Zeigefingers und vollständiger Amputation des linken Ringfingers mit geringer Störung beim Faustschluß, an initialen Verschleißerscheinungen der Hüftgelenke sowie Knick-Senk-Füßen mit beginnendem Hallux rigidus beiderseits. Es bestehen außerdem Hinweise auf degenerative Veränderungen der Subraspinatussehne beider Schultern und Zeichen venöser Blutumlaufstörungen am rechten Unterschenkel. Infolge dieser Gesundheitsstörungen hat der Sachverständige das Leistungsvermögen des Klägers eingeschränkt gesehen auf die vollschichtige Verrichtung leichter Tätigkeiten unter den oben angegebenen qualitativen Einschränkungen. Der Senat sieht keine Veranlassung, an der Richtigkeit dieses Gutachtens zu zweifeln. Das Gutachten beruht auf einer umfassenden Untersuchung des Klägers und berücksichtigt die Befundberichte der behandelnden Ärzte sowie die früheren medizinischen Feststellungen. Widersprüche zwischen Befunderhebung und der Beurteilung des Leistungsvermögens sind nicht ersichtlich. Der Senat hält den Gesundheitszustand und das Leistungsvermögen des Klägers damit für geklärt und eine weitere medizinische Begutachtung für nicht erforderlich. Aus der im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Bescheinigung des Facharztes T. P. vom 31. Juli 1997 ergeben sich demgegenüber keine neuen Erkenntnisse.
Mit dem festgestellten Leistungsvermögen kann der Kläger nach der Auskunft des Landesarbeitsamts Hessen vom 3. Februar 1997 seinen bisherigen Beruf oder eine berufsnahe Verweisungstätigkeit nicht mehr ausüben. Vielmehr kommt für den Kläger nur noch die Tätigkeit eines Pförtners, eines Telefonisten oder einer Büro- oder Verwaltungshilfskraft in Betracht, wie das Landesarbeitsamt unter Auswertung der Akten dargelegt hat. Allerdings zählen die vom Landesarbeitsamt benannten Tätigkeiten zu den ungelernten Tätigkeiten, auf die sich der Kläger als Facharbeiter nicht zumutbar verweisen lassen muß. Die Tätigkeit eines Pförtners wird tarifvertraglich nicht als angelernte Tätigkeit eingestuft. Nach dem Bundesangestelltentarifvertrag entspricht die Arbeitsbeschreibung des Landesarbeitsamts zur Tätigkeit des Pförtners den Voraussetzungen der Vergütungsgruppe IX Buchst. b. Hierbei handelt es sich nicht um eine angelernte Tätigkeit, auf die sich der Kläger verweisen lassen muß (vgl. auch BSG, Urteil vom 20.9.1990 Az.: 5 RJ 98/78). Qualifizierte Pförtnertätigkeiten, die einer angelernten Tätigkeit tariflich gleichstehen, sind dagegen regelmäßig Schonarbeitsplätze, die für Berufsfremde nicht offen sind und daher für den Kläger ausscheiden (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 Nr. 139). Ebenso scheidet die Tätigkeit des Telefonisten als Verweisungstätigkeit für den Kläger aus. Die hierzu vom Landesarbeitsamt gegebene Arbeitsplatzbeschreibung entspricht entgegen der Auffassung der Beklagten tarifvertraglich ebenfalls nicht dem qualitativen Wert einer Anlerntätigkeit. Der Senat verweist insoweit auf das Urteil des erkennenden Senats vom 26. Mai 1998 (Az.: L 2 RJ 1300/95), in welchem dargelegt wird, daß sich die Tätigkeit eines Telefonisten im öffentlichen Dienst, die nach den Vergütungsgruppen VII bzw. VIII der Gruppe T1/5A, Vergütungsordnung Bund – TdL Teil II p, Fernmeldedienst entlohnt wird, qualitativ unterscheidet von der Tätigkeit eines Telefonisten, wie sie das Landesarbeitsamt als für den Kläger zumutbar angesehen und dementsprechend nur ungelernten Tätigkeiten zugeordnet hat. Auch aus den im Berufungsverfahren eingeholten Auskünften des Verbandes Großhandel, Außenhandel, Verlag und Dienstleistungen Hessen e.V. und der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen wird deutlich, daß Telefonisten nur dann in die Gehaltsgruppe II des maßgeblichen Tarifvertrages eingestuft werden, wenn sie eine zweijährige kaufmännische oder gleichwertige Berufsausbildung oder eine kaufmännische oder technische Berufstätigkeit von drei Jahren absolviert haben. Da diese Voraussetzungen bei dem Kläger nicht vorliegen, kommt er für eine Telefonistentätigkeit mit dem qualitativen Wert einer Anlerntätigkeit nicht in Betracht. Hier ist auch zu beachten, daß nicht allein von Bedeutung ist, von welcher Tarifgruppe eine bestimmte Berufstätigkeit, etwa die des Telefonisten, erfaßt wird, und ob es sich hierbei nach dem Tarifgefüge des jeweiligen Tarifvertrages um eine Anlerntätigkeit handelt. Vielmehr muß der zu verweisende Versicherte auch in der Lage sein, nach einer Einweisungs- bzw. Einarbeitungszeit von höchstens drei Monaten die jeweilige Tätigkeit vollwertig ausüben zu können (BSG, Urteil vom 22. September 1977, Az.: 5 RJ 84/76). Je höher die tarifliche Einstufung, umso höher ist regelmäßig auch die geforderte Qualifikation. Dies geht exemplarisch aus den Auskünften des Verbandes Großhandel, Außenhandel, Verlag und Dienstleistungen Hessen e.V. und der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen, wie sie vom Senat eingeholt worden sind, hervor. Auch nach den von der Beklagten zitierten Tarifverträgen erfordert die Einstufung des Telefonisten als Anlerntätigkeit jeweils eine höhere Qualifikation. Unter Berücksichtigung dessen hat es der Senat nicht für erforderlich gehalten, weitere Auskünfte von Tarifvertragsparteien zur tariflichen Einstufung von Telefonisten bzw. Mitarbeitern in der Poststelle eines Betriebes oder einer Behörde einzuholen. Auch bedurfte es keiner weiteren Auskunft des Landesarbeitsamtes Hessen zu der Frage, ob der Kläger in der Lage ist, als Telefonist Telefonanlagen mit mehr als drei Amtsanschlüssen zu bedienen, da die Einstufung in die Gehaltsgruppe II des Gehalts- und Lohntarifvertrages für den Groß- und Außenhandel des Landes Hessen ebenfalls eine zweijährige kaufmännische oder gleichwertige Berufsausbildung voraussetzt bzw. eine kaufmännische oder technische Berufstätigkeit von drei Jahren. Weil der Kläger über eine entsprechende Qualifikation nicht verfügt, ist er auch nicht in der Lage, nach einer Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit von höchstens drei Monaten die Tätigkeit eines qualifizierten Telefonisten vollwertig auszuüben. Nicht in Frage kommt für den Kläger schließlich die Tätigkeit einer Büro- oder Verwaltungshilfskraft. Diese Tätigkeit wird ebenfalls tarifvertraglich nicht als angelernte Tätigkeit eingestuft. Nach dem Bundesangestelltentarifvertrag entspricht die Arbeitsbeschreibung des Landesarbeitsamtes den Voraussetzungen der Vergütungsgruppe IX Buchst. b und damit einer ungelernten Tätigkeit. Nach alledem liegt Berufsunfähigkeit zugunsten des Klägers vor, da ihm keine seinem Leistungsvermögen entsprechende zumutbare Verweisungstätigkeit mehr benannt werden kann. Der Kläger erfüllt zudem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Rentengewährung. Das erstinstanzliche Urteil konnte insoweit keinen Bestand haben.
Dagegen hat der Kläger noch keinen Anspruch auf die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, weil er nicht erwerbsunfähig ist. Erwerbsunfähig nach § 44 Abs. 2 SGB VI sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 1/7 der monatlichen Bezugsgröße übersteigt. Diese Voraussetzungen werden von dem Kläger, der noch vollschichtig im Erwerbsleben einsetzbar ist, nicht erfüllt. Eine Beschränkung der Verweisbarkeit auf zumutbare Arbeiten ist in § 44 Abs. 2 SGB VI nicht gegeben. Grundsätzlich kann insoweit jeder Versicherte auf die Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden. Im vorliegenden Fall sind dem Kläger noch die vom Landesarbeitsamt Hessen in der Auskunft vom 3. Februar 1997 benannten berufsfremden Tätigkeiten, die seinem gesundheitlichen Leistungsvermögen entsprechen, zumutbar. Die Berufung konnte daher insoweit keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da es an den Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG fehlt.
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved