Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 16 J 2374/93
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 J 161/96
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 4. Dezember 1995 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anrechnung von Beitragszeiten neben einer Zurechnungszeit.
Der 1930 geborene Kläger ist seit Geburt blind. Er begann im April 1944 eine Lehre als Korbmacher auf der Blindenschule in B ... Nach seiner Vertreibung aus B. setzte er im Jahre 1948 seine Ausbildung zum Korbmacher in der Blindenschule F. fort. Von 1951 an war er als Telefonist und Montagearbeiter beschäftigt.
Am 26. Februar 1975 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Versichertenrente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit. Dem entsprach die Beklagte mit Bescheid vom 22. Oktober 1975. Sie bewilligte dem Kläger ab Februar 1975 aufgrund eines Versicherungsfalles vom 15. November 1974 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit unter Berücksichtigung einer Zurechnungszeit vom 1. Dezember 1974 bis 30. Juni 1985.
Von April 1977 an war der Kläger in Heimarbeit für eine Blindenwerkstatt beschäftigt. Für diese Tätigkeit wurden Pflichtbeiträge entrichtet bis Dezember 1992.
Am 23. Oktober 1992 beantragte der Kläger ab 1. Januar 1993 die Umwandlung der Erwerbsunfähigkeitsrente in eine Altersrente für Erwerbsunfähige. Hierauf bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 8. April 1993 Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige ab 1. Januar 1993. Bei der Rentenberechnung wurde die Zeit vom 1. Dezember 1974 bis 30. Juni 1985 als Pflichtbeitragszeit, beitragsgeminderte Zeit, berücksichtigt. Gegen den Rentenbescheid erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er eine Rentenerhöhung durch die Beitragszeiten, die während der Zurechnungszeit geleistet worden sind, begehrte.
Am 29. September 1993 erhob der Kläger beim Sozialgericht Frankfurt am Main Untätigkeitsklage. Er begehrte weiterhin die rentenerhöhende Berücksichtigung der Pflichtbeitragszeiten, die mit der anerkannten Zurechnungszeit zusammenfallen. Der Kläger legte Versicherungsnachweise für die Zeit von 1977 bis 1992 vor.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 7. April 1994 zurück. Sie habe zu Recht die Zeit vom 1. Dezember 1974 bis 30. Juni 1985 als beitragsgeminderte Zeit bewertet. Dies habe zur Folge, daß gem. § 71 Abs. 2 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) für diese beitragsgeminderten Zeiten die Summe der sich aus den Beiträgen ergebenden Entgeltpunkte um einen Zuschlag so erhöht werde, daß mindestens der Wert erreicht werde, den diese Zeiten nach der Vergleichsbewertung hätten. Weil die Beiträge in der Zeit von Dezember 1974 bis Juni 1985 insgesamt eine niedrigere Entgeltpunktzahl erbracht hätten als der sich aus der Vergleichsbewertung ergebende Wert, sei dementsprechend eine Erhöhung erfolgt. Wenn sich auch die gezahlten Pflichtbeiträge bei der Rentenberechnung im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung nicht positiv auf die Rentenhöhe auswirkten, weil der Wert aus der Vergleichsberechnung höher sei, seien die Entgeltpunkte aus den Pflichtbeitragszeiten doch insofern von Bedeutung, als sie die zuerst zu berücksichtigenden Entgeltpunkte darstellten, die lediglich um einen Zuschlag erhöht würden. Daß sie im Ergebnis keine höhere Bewertung erfahren würden als Zeiten, in denen keine Beiträge bezahlt worden seien, sei nach den getroffenen Regelungen vom Gesetzgeber beabsichtigt. Ein Verstoß gegen Art. 3 und 14 des Grundgesetzes (GG) sei insoweit nicht ersichtlich.
Das Sozialgericht holte Auskünfte ein von den P. W. vom 22. Dezember 1993, 11. April 1995 und 15. September 1995, außerdem von der -Betriebskrankenkasse, vom 17. Dezember 1993 sowie vom Sozialamt der Stadt vom 16. Juni 1995 und 7. Juli 1995. Weiterhin zog das Sozialgericht die Gerichtsakte 2 Ca 135/92 vom Arbeitsgericht zum Verfahren bei.
Mit Urteil vom 4. Dezember 1995 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es im wesentlichen aus, die Klage sei unbegründet. Der Widerspruchsbescheid entspreche voll und ganz den gesetzlichen Regelungen des SGB VI. Hiergegen sei vom Kläger nichts eingewendet worden. § 71 Abs. 2 SGB VI über die Behandlung der beitragsgeminderten Zeiten sei nicht verfassungswidrig. Es reiche aus, daß mindestens der Wert als beitragsfreie Zeit erreicht werde und dem Versicherten verbleibe. Für beitragsgeminderte oder beitragsfreie Zeiten sei es geradezu typisch, daß Zeiträume ohne eigene Beitragsleistung als versicherungsrelevant anerkannt seien. So sei die Zurechnungszeit ein Element des sozialen Ausgleichs, um auch bei Frühinvalidität eine angemessene Rente zu sichern; sie werde von der Eigentumsgarantie nicht erfaßt. In gleicher Weise sei aber auch die Sozialversicherungspflicht nach dem Gesetz vom 7. Mai 1975 zu sehen. Hier werde der gleiche Zweck, verfolgt. Es handele sich um eine ungeregelte Überschneidung der Normen. Aus dieser Zweckverdoppelung könne der Kläger keine weiteren Vorteile ziehen. Der Gesetzgeber habe vor den Alternativen gestanden, bei der Bewertung sog. beitragsgeminderter Zeiten entweder die Entgeltpunkte der Beitragszeiten oder die der anderen Zeiten oder eine Addition beider heranzuziehen. Wenn er sich dabei für die Vergleichsbewertung nach den §§ 73, 71 SGB VI entschieden habe, könne dies nicht als falsch bezeichnet werden. Für einen vom Kläger geltend gemachten Eigentumsschutz fehlte es bereits an der nicht unerheblichen Eigenleistung. Nach den Auskünften der P. W. seien die Beiträge vom Kläger nicht erarbeitet, sondern vom überörtlichen Sozialhilfeträger erstattet worden. Das angestrebte Klageziel einer Addition beider Entgeltpunkte (aus Zurechnungszeit und aus Pflichtversicherung als Behinderter) lasse sich auch nicht mit den Erwägungen eines Versicherungsprinzips/Beitragskongruenzprinzips/Meistbegünstigungsprinzips rechtfertigen, da diese Prinzipien weder im SGB VI noch im Grundgesetz ausdrücklich verankert seien.
Mit seiner am 1. Februar 1996 eingelegten Berufung wendet sich der Kläger gegen das ihm am 30. Januar 1996 zugestellte Urteil. Zur Begründung seiner Berufung trägt er vor, die Anwartschaft auf Rente unterliege dem Grundrechtsschutz des Art. 14 GG, und zwar auch insoweit, als es sich um Beitragszeiten nach dem Gesetz über die Sozialversicherung der Behinderten handele. Auch diese Rentenanwartschaften seien beitragsfinanziert und dienten der materiellen Lebensgrundlage. Ebenso eigentumsgeschützt seien die parallel laufenden Zurechnungszeiten, so daß die Entgeltpunkte aus beiden Zeiten addiert werden müßten. Es gehe um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da tausende von Schwerbehinderten in Werkstätten für Behinderte tätig seien und daneben Rente wegen Erwerbsunfähigkeit beziehen würden. In all diesen Fällen würden bei zeitlicher Deckungsgleichheit während einer Zurechnungszeit die tatsächlich gezahlten Beiträge – bezogen auf die Rente – wertlos sein.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 4. Dezember 1995 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 8. April 1993 und Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 7. April 1994 zu verurteilen, die in dem Zeitraum vom 1. Dezember 1974 bis 30. Juni 1985 entrichteten Pflichtbeiträge neben der Zurechnungszeit in vollem Umfang zu berücksichtigen und dementsprechend eine höhere Altersrente zu gewähren,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der Einzelheiten im übrigen wird auf die Gerichts- und Rentenakten, die vorgelegen haben, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem sich die Beteiligten übereinstimmend mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Die Berufung ist zulässig, aber sachlich unbegründet.
Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, daß die Beklagte bei der Rentenberechnung des Klägers rechtmäßig gehandelt hat.
Die Beklagte hat die Pflichtbeitragszeiten des Klägers, die neben einer anrechenbaren Zurechnungszeit geleistet wurden, unter Zugrundelegung der Vorschrift des § 71 Abs. 2 SGB VI bei der Berechnung der Altersrente zutreffend bewertet. Dies wird vom Kläger auch nicht bestritten. Der Kläger vertritt vielmehr die Auffassung, daß die Vorschrift des § 71 Abs. 2 SGB VI verfassungswidrig sei, weil sich die Pflichtbeitragszeiten nicht (ausreichend) rentensteigernd auswirkten. Denn Zeiten, in denen eine anrechenbare Zurechnungszeit mit Pflichtbeitragszeiten zusammenfällt, sind sog. beitragsgeminderte Zeiten (§ 54 Abs. 3 SGB VI). Hier erfolgt die Bewertung dergestalt, daß die Summe der Entgeltpunkte für beitragsgeminderte Zeiten mindestens auf den Wert zu erhöhen ist (Zuschlag an Entgeltpunkten), den die Zeiten als beitragsfreie Zeiten nach der Vergleichsberechnung (§ 73 SGB VI) hätten. Zur Berechnung des Zuschlags erhalten alle Kalendermonate mit beitragsgeminderten Zeiten die Entgeltpunkte, die sie nach den §§ 73, 74 SGB VI erhalten hätten, wenn in diesen Kalendermonaten ausschließlich beitragsfreie Zeiten vorhanden wären. Von der Summe aller in dieser Weise festgestellten Entgeltpunkte werden die Entgeltpunkte aus den Beitragszeiten der betreffenden Kalendermonate abgezogen. Die Differenz ist der Zuschlag an Entgeltpunkten für beitragsgeminderte Zeiten. Durch die Vergleichsberechnung wird sichergestellt, daß beitragsfreie Zeiten den jeweils günstigeren Wert erhalten, nämlich entweder den Durchschnittswert aus allen Beiträgen (einschließlich beitragsgeminderter Zeiten) bei der sog. Grundbewertung oder den Durchschnittswert lediglich aus vollwertigen Beiträgen bei der sog. Vergleichsbewertung. Dadurch wird erreicht, daß Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfrei sind, weil für sie gleichzeitig Beiträge gezahlt worden sind, nicht schlechter bewertet werden als Zeiten ohne diese Beitragsleistung. Diese beitragsgeminderten Zeiten werden durch einen Zuschlag entsprechend angehoben (vgl. Begründung zu § 71 in BT-Drucksache 11/4124, 171). Entgegen der Auffassung des Klägers sieht der Senat in der Regelung des § 71 Abs. 2 SGB VI keinen Verfassungsverstoß. Der Senat bezieht sich insoweit entsprechend § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils. Zu Recht hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, daß eine Zurechnungszeit als beitragsfreie Zeit nicht eigentumsgeschützt ist. Beitragszeiten in Kalendermonaten, die sowohl mit Beitragszeiten als auch mit beitragsfreien Zeiten belegt sind (beitragsgeminderte Zeiten) werden bei der Berechnung des Zuschlags nach § 71 Abs. 2 SGB VI berücksichtigt. Sie entfallen daher nicht ohne Gegenleistung, so daß eine Verletzung von Art. 14 Grundgesetz nicht vorliegt. Ebenso kann in der Regelung des § 71 Abs. 2 SGB VI keine Verletzung von Art. 3 des Grundgesetzes gesehen werden. Die Vorschrift enthält keine sachlich unbegründete Ungleichbehandlung von Pflichtbeitragszeiten gegenüber Pflichtbeitragszeiten während einer Zurechnungszeit. Die Bewertung von Pflichtbeitragszeiten Erwerbsunfähiger, die bereits durch eine Zurechnungszeit eine Begünstigung erfahren haben, als beitragsgeminderte Zeit und nicht als volle Pflichtbeitragszeit, ist nicht evident sachfremd.
Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision aus den Gründen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anrechnung von Beitragszeiten neben einer Zurechnungszeit.
Der 1930 geborene Kläger ist seit Geburt blind. Er begann im April 1944 eine Lehre als Korbmacher auf der Blindenschule in B ... Nach seiner Vertreibung aus B. setzte er im Jahre 1948 seine Ausbildung zum Korbmacher in der Blindenschule F. fort. Von 1951 an war er als Telefonist und Montagearbeiter beschäftigt.
Am 26. Februar 1975 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Versichertenrente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit. Dem entsprach die Beklagte mit Bescheid vom 22. Oktober 1975. Sie bewilligte dem Kläger ab Februar 1975 aufgrund eines Versicherungsfalles vom 15. November 1974 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit unter Berücksichtigung einer Zurechnungszeit vom 1. Dezember 1974 bis 30. Juni 1985.
Von April 1977 an war der Kläger in Heimarbeit für eine Blindenwerkstatt beschäftigt. Für diese Tätigkeit wurden Pflichtbeiträge entrichtet bis Dezember 1992.
Am 23. Oktober 1992 beantragte der Kläger ab 1. Januar 1993 die Umwandlung der Erwerbsunfähigkeitsrente in eine Altersrente für Erwerbsunfähige. Hierauf bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 8. April 1993 Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige ab 1. Januar 1993. Bei der Rentenberechnung wurde die Zeit vom 1. Dezember 1974 bis 30. Juni 1985 als Pflichtbeitragszeit, beitragsgeminderte Zeit, berücksichtigt. Gegen den Rentenbescheid erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er eine Rentenerhöhung durch die Beitragszeiten, die während der Zurechnungszeit geleistet worden sind, begehrte.
Am 29. September 1993 erhob der Kläger beim Sozialgericht Frankfurt am Main Untätigkeitsklage. Er begehrte weiterhin die rentenerhöhende Berücksichtigung der Pflichtbeitragszeiten, die mit der anerkannten Zurechnungszeit zusammenfallen. Der Kläger legte Versicherungsnachweise für die Zeit von 1977 bis 1992 vor.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 7. April 1994 zurück. Sie habe zu Recht die Zeit vom 1. Dezember 1974 bis 30. Juni 1985 als beitragsgeminderte Zeit bewertet. Dies habe zur Folge, daß gem. § 71 Abs. 2 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) für diese beitragsgeminderten Zeiten die Summe der sich aus den Beiträgen ergebenden Entgeltpunkte um einen Zuschlag so erhöht werde, daß mindestens der Wert erreicht werde, den diese Zeiten nach der Vergleichsbewertung hätten. Weil die Beiträge in der Zeit von Dezember 1974 bis Juni 1985 insgesamt eine niedrigere Entgeltpunktzahl erbracht hätten als der sich aus der Vergleichsbewertung ergebende Wert, sei dementsprechend eine Erhöhung erfolgt. Wenn sich auch die gezahlten Pflichtbeiträge bei der Rentenberechnung im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung nicht positiv auf die Rentenhöhe auswirkten, weil der Wert aus der Vergleichsberechnung höher sei, seien die Entgeltpunkte aus den Pflichtbeitragszeiten doch insofern von Bedeutung, als sie die zuerst zu berücksichtigenden Entgeltpunkte darstellten, die lediglich um einen Zuschlag erhöht würden. Daß sie im Ergebnis keine höhere Bewertung erfahren würden als Zeiten, in denen keine Beiträge bezahlt worden seien, sei nach den getroffenen Regelungen vom Gesetzgeber beabsichtigt. Ein Verstoß gegen Art. 3 und 14 des Grundgesetzes (GG) sei insoweit nicht ersichtlich.
Das Sozialgericht holte Auskünfte ein von den P. W. vom 22. Dezember 1993, 11. April 1995 und 15. September 1995, außerdem von der -Betriebskrankenkasse, vom 17. Dezember 1993 sowie vom Sozialamt der Stadt vom 16. Juni 1995 und 7. Juli 1995. Weiterhin zog das Sozialgericht die Gerichtsakte 2 Ca 135/92 vom Arbeitsgericht zum Verfahren bei.
Mit Urteil vom 4. Dezember 1995 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es im wesentlichen aus, die Klage sei unbegründet. Der Widerspruchsbescheid entspreche voll und ganz den gesetzlichen Regelungen des SGB VI. Hiergegen sei vom Kläger nichts eingewendet worden. § 71 Abs. 2 SGB VI über die Behandlung der beitragsgeminderten Zeiten sei nicht verfassungswidrig. Es reiche aus, daß mindestens der Wert als beitragsfreie Zeit erreicht werde und dem Versicherten verbleibe. Für beitragsgeminderte oder beitragsfreie Zeiten sei es geradezu typisch, daß Zeiträume ohne eigene Beitragsleistung als versicherungsrelevant anerkannt seien. So sei die Zurechnungszeit ein Element des sozialen Ausgleichs, um auch bei Frühinvalidität eine angemessene Rente zu sichern; sie werde von der Eigentumsgarantie nicht erfaßt. In gleicher Weise sei aber auch die Sozialversicherungspflicht nach dem Gesetz vom 7. Mai 1975 zu sehen. Hier werde der gleiche Zweck, verfolgt. Es handele sich um eine ungeregelte Überschneidung der Normen. Aus dieser Zweckverdoppelung könne der Kläger keine weiteren Vorteile ziehen. Der Gesetzgeber habe vor den Alternativen gestanden, bei der Bewertung sog. beitragsgeminderter Zeiten entweder die Entgeltpunkte der Beitragszeiten oder die der anderen Zeiten oder eine Addition beider heranzuziehen. Wenn er sich dabei für die Vergleichsbewertung nach den §§ 73, 71 SGB VI entschieden habe, könne dies nicht als falsch bezeichnet werden. Für einen vom Kläger geltend gemachten Eigentumsschutz fehlte es bereits an der nicht unerheblichen Eigenleistung. Nach den Auskünften der P. W. seien die Beiträge vom Kläger nicht erarbeitet, sondern vom überörtlichen Sozialhilfeträger erstattet worden. Das angestrebte Klageziel einer Addition beider Entgeltpunkte (aus Zurechnungszeit und aus Pflichtversicherung als Behinderter) lasse sich auch nicht mit den Erwägungen eines Versicherungsprinzips/Beitragskongruenzprinzips/Meistbegünstigungsprinzips rechtfertigen, da diese Prinzipien weder im SGB VI noch im Grundgesetz ausdrücklich verankert seien.
Mit seiner am 1. Februar 1996 eingelegten Berufung wendet sich der Kläger gegen das ihm am 30. Januar 1996 zugestellte Urteil. Zur Begründung seiner Berufung trägt er vor, die Anwartschaft auf Rente unterliege dem Grundrechtsschutz des Art. 14 GG, und zwar auch insoweit, als es sich um Beitragszeiten nach dem Gesetz über die Sozialversicherung der Behinderten handele. Auch diese Rentenanwartschaften seien beitragsfinanziert und dienten der materiellen Lebensgrundlage. Ebenso eigentumsgeschützt seien die parallel laufenden Zurechnungszeiten, so daß die Entgeltpunkte aus beiden Zeiten addiert werden müßten. Es gehe um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da tausende von Schwerbehinderten in Werkstätten für Behinderte tätig seien und daneben Rente wegen Erwerbsunfähigkeit beziehen würden. In all diesen Fällen würden bei zeitlicher Deckungsgleichheit während einer Zurechnungszeit die tatsächlich gezahlten Beiträge – bezogen auf die Rente – wertlos sein.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 4. Dezember 1995 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 8. April 1993 und Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 7. April 1994 zu verurteilen, die in dem Zeitraum vom 1. Dezember 1974 bis 30. Juni 1985 entrichteten Pflichtbeiträge neben der Zurechnungszeit in vollem Umfang zu berücksichtigen und dementsprechend eine höhere Altersrente zu gewähren,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der Einzelheiten im übrigen wird auf die Gerichts- und Rentenakten, die vorgelegen haben, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem sich die Beteiligten übereinstimmend mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Die Berufung ist zulässig, aber sachlich unbegründet.
Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, daß die Beklagte bei der Rentenberechnung des Klägers rechtmäßig gehandelt hat.
Die Beklagte hat die Pflichtbeitragszeiten des Klägers, die neben einer anrechenbaren Zurechnungszeit geleistet wurden, unter Zugrundelegung der Vorschrift des § 71 Abs. 2 SGB VI bei der Berechnung der Altersrente zutreffend bewertet. Dies wird vom Kläger auch nicht bestritten. Der Kläger vertritt vielmehr die Auffassung, daß die Vorschrift des § 71 Abs. 2 SGB VI verfassungswidrig sei, weil sich die Pflichtbeitragszeiten nicht (ausreichend) rentensteigernd auswirkten. Denn Zeiten, in denen eine anrechenbare Zurechnungszeit mit Pflichtbeitragszeiten zusammenfällt, sind sog. beitragsgeminderte Zeiten (§ 54 Abs. 3 SGB VI). Hier erfolgt die Bewertung dergestalt, daß die Summe der Entgeltpunkte für beitragsgeminderte Zeiten mindestens auf den Wert zu erhöhen ist (Zuschlag an Entgeltpunkten), den die Zeiten als beitragsfreie Zeiten nach der Vergleichsberechnung (§ 73 SGB VI) hätten. Zur Berechnung des Zuschlags erhalten alle Kalendermonate mit beitragsgeminderten Zeiten die Entgeltpunkte, die sie nach den §§ 73, 74 SGB VI erhalten hätten, wenn in diesen Kalendermonaten ausschließlich beitragsfreie Zeiten vorhanden wären. Von der Summe aller in dieser Weise festgestellten Entgeltpunkte werden die Entgeltpunkte aus den Beitragszeiten der betreffenden Kalendermonate abgezogen. Die Differenz ist der Zuschlag an Entgeltpunkten für beitragsgeminderte Zeiten. Durch die Vergleichsberechnung wird sichergestellt, daß beitragsfreie Zeiten den jeweils günstigeren Wert erhalten, nämlich entweder den Durchschnittswert aus allen Beiträgen (einschließlich beitragsgeminderter Zeiten) bei der sog. Grundbewertung oder den Durchschnittswert lediglich aus vollwertigen Beiträgen bei der sog. Vergleichsbewertung. Dadurch wird erreicht, daß Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfrei sind, weil für sie gleichzeitig Beiträge gezahlt worden sind, nicht schlechter bewertet werden als Zeiten ohne diese Beitragsleistung. Diese beitragsgeminderten Zeiten werden durch einen Zuschlag entsprechend angehoben (vgl. Begründung zu § 71 in BT-Drucksache 11/4124, 171). Entgegen der Auffassung des Klägers sieht der Senat in der Regelung des § 71 Abs. 2 SGB VI keinen Verfassungsverstoß. Der Senat bezieht sich insoweit entsprechend § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils. Zu Recht hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, daß eine Zurechnungszeit als beitragsfreie Zeit nicht eigentumsgeschützt ist. Beitragszeiten in Kalendermonaten, die sowohl mit Beitragszeiten als auch mit beitragsfreien Zeiten belegt sind (beitragsgeminderte Zeiten) werden bei der Berechnung des Zuschlags nach § 71 Abs. 2 SGB VI berücksichtigt. Sie entfallen daher nicht ohne Gegenleistung, so daß eine Verletzung von Art. 14 Grundgesetz nicht vorliegt. Ebenso kann in der Regelung des § 71 Abs. 2 SGB VI keine Verletzung von Art. 3 des Grundgesetzes gesehen werden. Die Vorschrift enthält keine sachlich unbegründete Ungleichbehandlung von Pflichtbeitragszeiten gegenüber Pflichtbeitragszeiten während einer Zurechnungszeit. Die Bewertung von Pflichtbeitragszeiten Erwerbsunfähiger, die bereits durch eine Zurechnungszeit eine Begünstigung erfahren haben, als beitragsgeminderte Zeit und nicht als volle Pflichtbeitragszeit, ist nicht evident sachfremd.
Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision aus den Gründen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
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