Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 26 R 246/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 247/07
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1.Die Klage wird abgewiesen. 2.Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Altersrente unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG).
Die am 00.00.1919 in L in Polen geborene Klägerin ist Jüdin und Verfolgte des Nazi-Regimes und lebt seit 1950 in Israel mit der dortigen Staatsangehörigkeit. Sie beantragte am 14.10.2002 bei der israelischen Sozialversicherungsanstalt die Gewährung einer Regelaltersrente aus der deutschen Rentenversicherung, unter Berücksichtigung von Zeiten nach dem ZRBG. Der Rentenantrag wurde zuständigkeitshalber an die Beklagte weitergeleitet. Im Rentenantrag gab die Klägerin an, sie habe von Anfang 1941 bis März 1943 während ihres Aufenthaltes im Ghetto von Warschau dort außerhalb Tätigkeiten als Arbeiterin verrichtet. Sie habe bei der Anfertigung von Bürsten geholfen. Sie habe 8 bis 10 Stunden täglich gearbeitet. Die Arbeit sei durch den Judenrat vermittelt worden, und auch durch eigene Bemühungen freiwillig zustande gekommen. Bekommen habe sie dafür Essen, und Sonderrationen von Lebensmitteln für zu Hause. Zeugen habe sie keine mehr.
Die Beklagte zog die Entschädigungsvorgänge nach dem BEG bei, und die der Claims Conference, mit den früheren Angaben zu dem Aufenthalt im Ghetto Warschau. In dem Entschädigungsverfahren nach dem BEG hatte die Klägerin 1957 angegeben: "Ab September 1939 in Warschau Zwangsarbeit. Verschiedene Zwangsarbeiten unter haftähnlichen Bedingungen, unter Bewachung und ohne Entgelt, 8-10 Stunden täglich ... Ab November 1940 in Warschau Ghetto. Zwangsaufenthalt und Zwangsarbeit ..." (Bl. 25 Rückseite der Verwaltungsakte). Eine Zeugin S gab 1957 an: "Ich weiß, dass Frau H im Ghetto Warschau Zwangsarbeiten leisten musste und wir arbeiteten in der Bürstenfabrik ... Ich sah Frau H sowohl im Ghetto Warschau selbst als auch auf dem Wege von und zu unserer Zwangsarbeit bis zum März 1943 ..." (Bl. 36 Rückseite der Verwaltungsakte). Gegenüber der Claims Conference gab die Klägerin 1997 an: "Als im November 1940 in Warschau das Ghetto errichtet wurde, wurde ich gleich anderen Juden in dieses Ghetto eingewiesen. Im Ghetto verblieben wir in unmeschlichen Bedingungen, mussten schwere Zwangsarbeit leisten ..." (Bl. 11 der Verwaltungsakte). Im März 1943 sei sie geflüchtet und habe sich dann versteckt und in der Illegalität gelebt bis zur Befreiung durch die Russen im Januar 1945. Seit Februar 1950 lebe sie in Israel.
Mit Bescheid vom 30.06.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Zur Begründung führte sie aus, vom für eine Rente notwendigen Vorliegen einer entgeltlichen aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen freiwilligen Beschäftigung habe sich die Beklagte nicht überzeugen können. Eine solche Beschäftigung sei nicht glaubhaft gemacht. Im Einzelnen heißt es dort, es fehle schon an der Zahlung eines Barlohnes, die Sachleistungen in Form von Essen und zusätzlichen Lebensmitteln hätten nur der weiteren Erhaltung der Arbeitskraft gedient und nicht eine Entlohnung für geleistete Arbeit dargestellt. Vor allem aber sprächen die Angaben in der Entschädigungsakte nicht für ein frei gewähltes Beschäftigungsverhältnis im Sinne des ZRBG. Außerdem komme eine Berücksichtigung von Arbeitszeiten im Ghetto ohnehin allenfalls bis zum 14.09.1942 in Betracht, weil danach die alleinige Verantwortung von jüdischem Arbeitseinsatz in den Polizeiapparat übergangen sei bei Errichtung eines Arbeitslagers im Ghetto.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 11.07.2005 Widerspruch ein unter Beifügung einer schriftlichen Erklärung. Danach habe sie den Judenrat im Ghetto um Arbeit gebeten und Arbeit in der Bürstenfabrik erhalten. Sie habe für ihre freiwillige Arbeit von der Fabrikverwaltung Mittagessen jeden Tag bekommen, und zusätzliche Lebensmittel für zu Hause wie Brot, Kartoffeln, Mehl, Zucker, Salz, Öl und anderes. Dies sei wirklich Entlohnung für geleistete Arbeit gewesen, denn die Lebensmittel hätten zum Überleben geholfen. Heizmaterial habe sie auch bekommen. Zur Zwangsarbeit habe man sie auch genommen, aber das sei nur selten nach Bedarf geschehen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.09.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und gab zur Begründung ihre bisherige Begründung ausführlicher wieder. Ergänzend führte sie noch aus, dass für die Tätigkeiten im Ghetto allenfalls geringfügiges Entgelt gewährt worden sei, das allenfalls zur Unterhaltssicherung gedient haben könne, nicht aber Zahlung eines ausreichenden Entgelts im eigentlichen Sinne darstelle.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 26.09.2005 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben.
Zur Begründung nimmt die Klägerin sinngemäß Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen und vertieft dieses. Ergänzend macht sie geltend, für ihre Tätigkeit habe sie Lohn in Form von Sachbezügen bekommen wie alle anderen jüdischen Arbeiter. Vom ausgeschütteten Lohn habe der Judenrat auch Lebensmittel gekauft und so das Ghetto versorgt. Außerdem habe sie einen Anspruch auf nicht nur geringfügigen Lohn gehabt, der nach der Rechtsanspruchstheorie ein Entgelt bzw. eine Beitragsleistung zur Rentenversicherung fingiere. Letztlich sei die Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss aufgenommen worden, denn die Entscheidung eine Arbeit aufzunehmen sei die vernünftige Reaktion auf die schweren Verhältnisse für Juden im Ghetto gewesen. Zwangsarbeit habe sie nur gelegentlich und nur tageweise verrichtet, das stehe einem Beschäftigungsverhältnis nicht entgegen. In einer schriftlichen Erklärung vom 06.11.2006 trägt die Klägerin noch vor, Arbeit wie in der Bürstenfabrik habe keine Zwangsarbeit sein können. Eigentliche Zwangsarbeiten habe sie vor dem Aufenthalt im Ghetto erfüllt. Man habe jedoch früher generell nur über Zwangsarbeit geschrieben und nach ihrer Kenntnis seien früher solche Arbeiten nie als freiwillige genannt worden. Sie fühle sich auch durch neuere Urteile des Bundessozialgerichts und des Landessozialgerichts NRW in ihrer Auffassung bestätigt, entsprechend ihrem Schriftsatz vom 13.08.2007.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2005 zu verurteilen, ihr unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem ZRBG - für die von ihr anlässlich des Aufenthalts im Ghetto von Warschau von Januar 1941 bis September 1942 zurückgelegten Zeiten einer Beschäftigung als Arbeiterin in einer Bürstenfabrik - und unter Berücksichtigung von wegen Verfolgung anzuerkennenden Ersatzzeiten nach Entrichtung ggf. noch erforderlicher freiwilliger Beiträge eine Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen seit dem 01.07.1997 zu zahlen, hilfsweise ein historisch-wissenschaftliches Gutachten zu den Verhältnissen im Ghetto Warschau einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte nimmt Bezug auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Ergänzend macht sie geltend, ein historisches Gutachten könne nicht individuell die konkreten Anspruchsvoraussetzungen glaubhaft machen, es könne allenfalls allgemeine Aussagen treffen.
Das Gericht hat die Entschädigungsvorgänge der Claims Conference nochmals beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Gericht konnte in dieser Streitsache in Abwesenheit des Bevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil dieser in der ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung auf diese Verfahrensmöglichkeit hingewiesen worden ist, die sich aus §§ 124 Abs. 1, 126 und 127 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ergibt.
Die Klage ist zwar zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht erhoben.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn die angefochtenen Verwaltungsakte der Beklagten, nämlich der Bescheid vom 30.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2005, sind nicht rechtswidrig und beschweren die Klägerin nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), weil die Beklagte mit diesen Bescheiden zu Recht die Gewährung einer Altersrente abgelehnt hat. Der dahingehenden begehrten Verpflichtung der Beklagten (§ 54 Abs. 4 SGG) war somit nicht zu entsprechen, weil Beitragszeiten nach dem ZRBG hier nicht vorliegen bzw. nicht hinreichend glaubhaft gemacht sind und weil allein Ersatzzeiten wegen Verfolgung nicht ausreichen, einen Rentenanspruch zu begründen.
Zur Meidung unnötiger Wiederholungen nimmt das Sozialgericht Düsseldorf gemäß § 136 Abs. 3 SGG Bezug auf die Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden und erklärt sie für richtig und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Insbesondere hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 30.06.2005 auch die Vorschrift des § 1 Abs. 1 ZRBG mit den dortigen wesentlichen Voraussetzungen wiedergegeben.
Ergänzend führt das Gericht noch folgendes aus: Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass ihr eine Regelaltersrente gezahlt wird. Dies setzt nämlich gemäß §§ 35 Abs. 1 Nr. 2, 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI die Zurücklegung der allgemeinen Wartezeit (Mindestversicherungszeit) von 5 Jahren voraus, und diese Wartezeit ist hier nicht erfüllt, weil im Fall der Klägerin keinerlei Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung anrechenbar sind. Neben auf die Wartezeit anrechenbaren etwaigen Ersatzzeiten und grundsätzlich zahlbaren freiwilligen Beiträgen müsste aber zumindest ein Monat mit einer echten Versicherungszeit vorliegen, wofür hier allein Ghetto-Beitragszeiten nach §§ 1, 2 ZRBG in Betracht kämen. Beitragszeiten im Sinne von §§ 1, 2 ZRBG sind aber zur Überzeugung der Kammer hier nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Es fehlt nämlich an einem wirklich schlüssigen Vortrag für solche Zeiten nach §§ 1, 2 ZRBG, also für die Annahme einer regelmäßigen und auch regelmäßig entgeltlichen Tätigkeit, die aus freiem Willensentschluss aufgenommen wurde und infolge dessen freiwillig ausgeübt wurde. Gleich ob man zur Prüfung nach §§ 1, 2 ZRBG das Urteil des Bundessozialgerichts vom 07.10.2004 (B 13 RJ 59/03 R) heranzieht oder das in weiten Teilen im Widerspruch dazu stehende Urteil des 4. Senats des Bundessozialgerichts vom 14.12.2006 (B 4 R 29/06 R) oder aber das neuerliche Urteil des 13. Senats vom 26.07.2007 (B 13 R 28/06 R), mit welchen Urteilen das Bundessozialgericht immer wieder entschieden hat, ohne bisher zu einer einheitlichen senatsübergreifenden Rechtsmeinung zu kommen, ist hier davon auszugehen, dass die Klägerin nicht ausreichend die Merkmale einer entgeltlichen auch aus freiem Willensentschluss aufgenommenen Beschäftigung erfüllt. Die Klägerin hat nämlich wie auch ihre damalige Zeugin S früher in den 50er Jahren und auch noch in 1997 gegenüber der Claims Conference wesentlich zeitnäher als heute immer wieder die Angabe gemacht, dass im Ghetto "Zwangsarbeit" verrichtet worden sei, was dem ersten Anschein nach gegen ein aus eigenem Willensentschluss aufgenommenes Beschäftigungsverhältnis spricht. 1997 wurde noch einmal betont, dass die Zwangsarbeit (ZA) auch schwer gewesen sei. Die früheren Darstellungen der Klägerin sind mithin nicht weniger wahrscheinlich als die heutigen Angaben, die unter dem Eindruck ganz anderer gesetzlicher Vorschriften gemacht worden sind. Soweit jetzt behauptet wird, es habe neben der Beschäftigung in der Bürstenfabrik auch immer wieder Zwangsarbeit gegeben, aber nicht nur Zwangsarbeit, ist dies viel zu pauschal behauptet als dass daraus ausreichende Schlüsse gezogen werden könnten, die mehr für ein freiwillig aufgenommenes Beschäftigungsverhältnis auch entgeltlicher Art sprechen würden als dagegen. Beweisangebote tauglicher Art, zur Klärung der Widersprüche zu früheren Angaben, hat die Klägerin nicht gemacht. Zeugen hat sie nach ihren Angaben in dem Rentenfragebogen nicht. Die angeregte Einholung eines historischen Gutachtens kann hier nicht dazu dienen, einen zuvor nötigen individuellen Tatsachen-Vortrag überflüssig zu machen und die Klage erst schlüssig zu machen. Regelmäßig können Historiker nämlich nur allgemeine Umstände - z. B. zur rechtlichen Zuordnung von Transnistrien zu einem bestimmten Staat - darlegen und allgemeine Umstände zu Fabriken und Beschäftigungen; dies ersetzt aber nicht die individuell erst zu erbringende Glaubhaftmachung, jedenfalls dann nicht, wenn abweichend vom heutigen Vortrag früher die Arbeit generell als Zwangsarbeit dargestellt wurde. Ferner kann aber der Auffassung des 4. Senats des Bundessozialgerichts zumindest insoweit nicht gefolgt werden, als Zwangsarbeit nur solche sein könnte, die unter Anwendung von vis absoluta erfolgte, also unmittelbarem Zwang im Sinne einer unmittelbaren Einwirkung auf den Betroffenen. Denn die im erwähnten Urteil des Bundessozialgerichts vom 14.12.2006 zum Ausdruck gebrachte einengende Definition der Zwangsarbeit trifft weder den vom Gesetzgeber des ZRBG in Fortführung der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 14.07.1999 (B 13 RJ 71/98 R) dem ZRBG zugrunde gelegten Begriff der Zwangsarbeit, noch wird sie überhaupt den Begriff der Zwangsarbeit, wie er sich typischerweise nach der Lebenswirklichkeit darstellt, gerecht. Denn typischerweise und im Regelfalle wird die Ausführung der Zwangsarbeit in der Weise erzwungen, dass die Person, von der Zwangsarbeit verlangt wird, durch Drohung mit vis compulsiva (oder auch vis absoluta) oder durch Anwendung von vis compulsiva dazu genötigt wird, sich unterzuordnen und die verlangte Arbeit - unter Hintanstellung des anders lautenden eigenen Willens - zu leisten. Demgegenüber spielt nämlich die Anwendung von vis absoluta zur unmittelbaren Durchsetzung der aktuell geforderten Zwangsarbeit selbst so gut wie keine Rolle; stellt doch die überwältigende Gewalt, die den Willen der beeinflussten Person völlig ausschaltet (vgl. Tröndle/Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 53. Auflage, 2006, § 240 StGB Anmerkung 27), bzw. das unmittelbare Erzwingen eines Verhaltens in aller Regel kein geeignetes Mittel dar, die genötigte Person direkt zu der aktuell geforderten Arbeitsleistung zu veranlassen, da diese Arbeitsleistung in der Regel den durch Zwang oder Drohung mit Zwangseinwirkung gebeugten, zwangsweise in eine bestimmte Richtung, nämlich der verlangten Arbeitsleistung gelenkten Willen, nicht aber den ausgeschalteten Willen der genötigten Person voraussetzt (vgl. auch Urteil des des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26.07.2007 - S 15 R 259/05). Ist also wie hier früher in den Entschädigungsverfahren wesentlich zeitnäher immer wieder von Zwangsarbeit gesprochen worden, kann eine so als Zwangsarbeit bezeichnete Arbeit auch durchaus so im tatsächlichen bzw. juristischen Sinne angenommen werden (vgl. LSG NRW Urteil vom 18.07.2005 - L 3 RJ 101/04), wenn das Gegenteil dies nicht individuell und auch substanziiert heute derart glaubhaft gemacht wird, dass allein die heutige Darstellung wahrscheinlicher erscheint als die frühere.
Die Klage hat auch keinen Erfolg unter dem Gesichtspunkt, dass der Klägerin möglicherweise früher ein Anspruch auf Lohn zugestanden hätte. Denn für die Zuerkennung einer auch ins Ausland zahlbaren Rente nach § 1 ZRBG kommt es darauf an, ob tatsächlich Entgelt gezahlt wurde, nicht ob Anspruch darauf bestanden hätte, oder Sozialversicherungsbeiträge dafür hätten entrichtet werden müssen. Das ZRBG ist ein lex specialis gegenüber anderen insbesondere älteren Vorschriften, auch gegenüber dem WGSVG; außerdem fingierte § 14 WGSVG auch nur eine Beitragsentrichtung nicht aber schon die Entgeltzahlung selbst. Auch nach der Rechtsprechung des LSG NRW, der sich die Kammer weiterhin anschließt, greift eine Anspruchstheorie nicht ein (LSG NRW Urteile vom 27.01.2006 - L 13 R 123/05 und vom 13.02.2006 - L 3 R 43/05 und 168/05). Dem Entgegenstehendes hat das Bundessozialgericht bisher auch nicht vertreten.
Die Kammer verkennt nicht das Verfolgungsschicksal der Klägerin, sieht aber nach Lage der gesetzlichen Vorschriften ohne substanziierte ausreichende Beweisangebote, vorbehaltlich anderweitiger eventuell später noch ergehender klarstellender Rechtssprechung des Bundessozialgerichts in auch einheitlicher Weise, keine Möglichkeit, dem geltend gemachten Anspruch der Klägerin zu entsprechen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Altersrente unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG).
Die am 00.00.1919 in L in Polen geborene Klägerin ist Jüdin und Verfolgte des Nazi-Regimes und lebt seit 1950 in Israel mit der dortigen Staatsangehörigkeit. Sie beantragte am 14.10.2002 bei der israelischen Sozialversicherungsanstalt die Gewährung einer Regelaltersrente aus der deutschen Rentenversicherung, unter Berücksichtigung von Zeiten nach dem ZRBG. Der Rentenantrag wurde zuständigkeitshalber an die Beklagte weitergeleitet. Im Rentenantrag gab die Klägerin an, sie habe von Anfang 1941 bis März 1943 während ihres Aufenthaltes im Ghetto von Warschau dort außerhalb Tätigkeiten als Arbeiterin verrichtet. Sie habe bei der Anfertigung von Bürsten geholfen. Sie habe 8 bis 10 Stunden täglich gearbeitet. Die Arbeit sei durch den Judenrat vermittelt worden, und auch durch eigene Bemühungen freiwillig zustande gekommen. Bekommen habe sie dafür Essen, und Sonderrationen von Lebensmitteln für zu Hause. Zeugen habe sie keine mehr.
Die Beklagte zog die Entschädigungsvorgänge nach dem BEG bei, und die der Claims Conference, mit den früheren Angaben zu dem Aufenthalt im Ghetto Warschau. In dem Entschädigungsverfahren nach dem BEG hatte die Klägerin 1957 angegeben: "Ab September 1939 in Warschau Zwangsarbeit. Verschiedene Zwangsarbeiten unter haftähnlichen Bedingungen, unter Bewachung und ohne Entgelt, 8-10 Stunden täglich ... Ab November 1940 in Warschau Ghetto. Zwangsaufenthalt und Zwangsarbeit ..." (Bl. 25 Rückseite der Verwaltungsakte). Eine Zeugin S gab 1957 an: "Ich weiß, dass Frau H im Ghetto Warschau Zwangsarbeiten leisten musste und wir arbeiteten in der Bürstenfabrik ... Ich sah Frau H sowohl im Ghetto Warschau selbst als auch auf dem Wege von und zu unserer Zwangsarbeit bis zum März 1943 ..." (Bl. 36 Rückseite der Verwaltungsakte). Gegenüber der Claims Conference gab die Klägerin 1997 an: "Als im November 1940 in Warschau das Ghetto errichtet wurde, wurde ich gleich anderen Juden in dieses Ghetto eingewiesen. Im Ghetto verblieben wir in unmeschlichen Bedingungen, mussten schwere Zwangsarbeit leisten ..." (Bl. 11 der Verwaltungsakte). Im März 1943 sei sie geflüchtet und habe sich dann versteckt und in der Illegalität gelebt bis zur Befreiung durch die Russen im Januar 1945. Seit Februar 1950 lebe sie in Israel.
Mit Bescheid vom 30.06.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Zur Begründung führte sie aus, vom für eine Rente notwendigen Vorliegen einer entgeltlichen aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen freiwilligen Beschäftigung habe sich die Beklagte nicht überzeugen können. Eine solche Beschäftigung sei nicht glaubhaft gemacht. Im Einzelnen heißt es dort, es fehle schon an der Zahlung eines Barlohnes, die Sachleistungen in Form von Essen und zusätzlichen Lebensmitteln hätten nur der weiteren Erhaltung der Arbeitskraft gedient und nicht eine Entlohnung für geleistete Arbeit dargestellt. Vor allem aber sprächen die Angaben in der Entschädigungsakte nicht für ein frei gewähltes Beschäftigungsverhältnis im Sinne des ZRBG. Außerdem komme eine Berücksichtigung von Arbeitszeiten im Ghetto ohnehin allenfalls bis zum 14.09.1942 in Betracht, weil danach die alleinige Verantwortung von jüdischem Arbeitseinsatz in den Polizeiapparat übergangen sei bei Errichtung eines Arbeitslagers im Ghetto.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 11.07.2005 Widerspruch ein unter Beifügung einer schriftlichen Erklärung. Danach habe sie den Judenrat im Ghetto um Arbeit gebeten und Arbeit in der Bürstenfabrik erhalten. Sie habe für ihre freiwillige Arbeit von der Fabrikverwaltung Mittagessen jeden Tag bekommen, und zusätzliche Lebensmittel für zu Hause wie Brot, Kartoffeln, Mehl, Zucker, Salz, Öl und anderes. Dies sei wirklich Entlohnung für geleistete Arbeit gewesen, denn die Lebensmittel hätten zum Überleben geholfen. Heizmaterial habe sie auch bekommen. Zur Zwangsarbeit habe man sie auch genommen, aber das sei nur selten nach Bedarf geschehen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.09.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und gab zur Begründung ihre bisherige Begründung ausführlicher wieder. Ergänzend führte sie noch aus, dass für die Tätigkeiten im Ghetto allenfalls geringfügiges Entgelt gewährt worden sei, das allenfalls zur Unterhaltssicherung gedient haben könne, nicht aber Zahlung eines ausreichenden Entgelts im eigentlichen Sinne darstelle.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 26.09.2005 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben.
Zur Begründung nimmt die Klägerin sinngemäß Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen und vertieft dieses. Ergänzend macht sie geltend, für ihre Tätigkeit habe sie Lohn in Form von Sachbezügen bekommen wie alle anderen jüdischen Arbeiter. Vom ausgeschütteten Lohn habe der Judenrat auch Lebensmittel gekauft und so das Ghetto versorgt. Außerdem habe sie einen Anspruch auf nicht nur geringfügigen Lohn gehabt, der nach der Rechtsanspruchstheorie ein Entgelt bzw. eine Beitragsleistung zur Rentenversicherung fingiere. Letztlich sei die Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss aufgenommen worden, denn die Entscheidung eine Arbeit aufzunehmen sei die vernünftige Reaktion auf die schweren Verhältnisse für Juden im Ghetto gewesen. Zwangsarbeit habe sie nur gelegentlich und nur tageweise verrichtet, das stehe einem Beschäftigungsverhältnis nicht entgegen. In einer schriftlichen Erklärung vom 06.11.2006 trägt die Klägerin noch vor, Arbeit wie in der Bürstenfabrik habe keine Zwangsarbeit sein können. Eigentliche Zwangsarbeiten habe sie vor dem Aufenthalt im Ghetto erfüllt. Man habe jedoch früher generell nur über Zwangsarbeit geschrieben und nach ihrer Kenntnis seien früher solche Arbeiten nie als freiwillige genannt worden. Sie fühle sich auch durch neuere Urteile des Bundessozialgerichts und des Landessozialgerichts NRW in ihrer Auffassung bestätigt, entsprechend ihrem Schriftsatz vom 13.08.2007.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2005 zu verurteilen, ihr unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem ZRBG - für die von ihr anlässlich des Aufenthalts im Ghetto von Warschau von Januar 1941 bis September 1942 zurückgelegten Zeiten einer Beschäftigung als Arbeiterin in einer Bürstenfabrik - und unter Berücksichtigung von wegen Verfolgung anzuerkennenden Ersatzzeiten nach Entrichtung ggf. noch erforderlicher freiwilliger Beiträge eine Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen seit dem 01.07.1997 zu zahlen, hilfsweise ein historisch-wissenschaftliches Gutachten zu den Verhältnissen im Ghetto Warschau einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte nimmt Bezug auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Ergänzend macht sie geltend, ein historisches Gutachten könne nicht individuell die konkreten Anspruchsvoraussetzungen glaubhaft machen, es könne allenfalls allgemeine Aussagen treffen.
Das Gericht hat die Entschädigungsvorgänge der Claims Conference nochmals beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Gericht konnte in dieser Streitsache in Abwesenheit des Bevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil dieser in der ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung auf diese Verfahrensmöglichkeit hingewiesen worden ist, die sich aus §§ 124 Abs. 1, 126 und 127 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ergibt.
Die Klage ist zwar zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht erhoben.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn die angefochtenen Verwaltungsakte der Beklagten, nämlich der Bescheid vom 30.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2005, sind nicht rechtswidrig und beschweren die Klägerin nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), weil die Beklagte mit diesen Bescheiden zu Recht die Gewährung einer Altersrente abgelehnt hat. Der dahingehenden begehrten Verpflichtung der Beklagten (§ 54 Abs. 4 SGG) war somit nicht zu entsprechen, weil Beitragszeiten nach dem ZRBG hier nicht vorliegen bzw. nicht hinreichend glaubhaft gemacht sind und weil allein Ersatzzeiten wegen Verfolgung nicht ausreichen, einen Rentenanspruch zu begründen.
Zur Meidung unnötiger Wiederholungen nimmt das Sozialgericht Düsseldorf gemäß § 136 Abs. 3 SGG Bezug auf die Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden und erklärt sie für richtig und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Insbesondere hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 30.06.2005 auch die Vorschrift des § 1 Abs. 1 ZRBG mit den dortigen wesentlichen Voraussetzungen wiedergegeben.
Ergänzend führt das Gericht noch folgendes aus: Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass ihr eine Regelaltersrente gezahlt wird. Dies setzt nämlich gemäß §§ 35 Abs. 1 Nr. 2, 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI die Zurücklegung der allgemeinen Wartezeit (Mindestversicherungszeit) von 5 Jahren voraus, und diese Wartezeit ist hier nicht erfüllt, weil im Fall der Klägerin keinerlei Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung anrechenbar sind. Neben auf die Wartezeit anrechenbaren etwaigen Ersatzzeiten und grundsätzlich zahlbaren freiwilligen Beiträgen müsste aber zumindest ein Monat mit einer echten Versicherungszeit vorliegen, wofür hier allein Ghetto-Beitragszeiten nach §§ 1, 2 ZRBG in Betracht kämen. Beitragszeiten im Sinne von §§ 1, 2 ZRBG sind aber zur Überzeugung der Kammer hier nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Es fehlt nämlich an einem wirklich schlüssigen Vortrag für solche Zeiten nach §§ 1, 2 ZRBG, also für die Annahme einer regelmäßigen und auch regelmäßig entgeltlichen Tätigkeit, die aus freiem Willensentschluss aufgenommen wurde und infolge dessen freiwillig ausgeübt wurde. Gleich ob man zur Prüfung nach §§ 1, 2 ZRBG das Urteil des Bundessozialgerichts vom 07.10.2004 (B 13 RJ 59/03 R) heranzieht oder das in weiten Teilen im Widerspruch dazu stehende Urteil des 4. Senats des Bundessozialgerichts vom 14.12.2006 (B 4 R 29/06 R) oder aber das neuerliche Urteil des 13. Senats vom 26.07.2007 (B 13 R 28/06 R), mit welchen Urteilen das Bundessozialgericht immer wieder entschieden hat, ohne bisher zu einer einheitlichen senatsübergreifenden Rechtsmeinung zu kommen, ist hier davon auszugehen, dass die Klägerin nicht ausreichend die Merkmale einer entgeltlichen auch aus freiem Willensentschluss aufgenommenen Beschäftigung erfüllt. Die Klägerin hat nämlich wie auch ihre damalige Zeugin S früher in den 50er Jahren und auch noch in 1997 gegenüber der Claims Conference wesentlich zeitnäher als heute immer wieder die Angabe gemacht, dass im Ghetto "Zwangsarbeit" verrichtet worden sei, was dem ersten Anschein nach gegen ein aus eigenem Willensentschluss aufgenommenes Beschäftigungsverhältnis spricht. 1997 wurde noch einmal betont, dass die Zwangsarbeit (ZA) auch schwer gewesen sei. Die früheren Darstellungen der Klägerin sind mithin nicht weniger wahrscheinlich als die heutigen Angaben, die unter dem Eindruck ganz anderer gesetzlicher Vorschriften gemacht worden sind. Soweit jetzt behauptet wird, es habe neben der Beschäftigung in der Bürstenfabrik auch immer wieder Zwangsarbeit gegeben, aber nicht nur Zwangsarbeit, ist dies viel zu pauschal behauptet als dass daraus ausreichende Schlüsse gezogen werden könnten, die mehr für ein freiwillig aufgenommenes Beschäftigungsverhältnis auch entgeltlicher Art sprechen würden als dagegen. Beweisangebote tauglicher Art, zur Klärung der Widersprüche zu früheren Angaben, hat die Klägerin nicht gemacht. Zeugen hat sie nach ihren Angaben in dem Rentenfragebogen nicht. Die angeregte Einholung eines historischen Gutachtens kann hier nicht dazu dienen, einen zuvor nötigen individuellen Tatsachen-Vortrag überflüssig zu machen und die Klage erst schlüssig zu machen. Regelmäßig können Historiker nämlich nur allgemeine Umstände - z. B. zur rechtlichen Zuordnung von Transnistrien zu einem bestimmten Staat - darlegen und allgemeine Umstände zu Fabriken und Beschäftigungen; dies ersetzt aber nicht die individuell erst zu erbringende Glaubhaftmachung, jedenfalls dann nicht, wenn abweichend vom heutigen Vortrag früher die Arbeit generell als Zwangsarbeit dargestellt wurde. Ferner kann aber der Auffassung des 4. Senats des Bundessozialgerichts zumindest insoweit nicht gefolgt werden, als Zwangsarbeit nur solche sein könnte, die unter Anwendung von vis absoluta erfolgte, also unmittelbarem Zwang im Sinne einer unmittelbaren Einwirkung auf den Betroffenen. Denn die im erwähnten Urteil des Bundessozialgerichts vom 14.12.2006 zum Ausdruck gebrachte einengende Definition der Zwangsarbeit trifft weder den vom Gesetzgeber des ZRBG in Fortführung der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 14.07.1999 (B 13 RJ 71/98 R) dem ZRBG zugrunde gelegten Begriff der Zwangsarbeit, noch wird sie überhaupt den Begriff der Zwangsarbeit, wie er sich typischerweise nach der Lebenswirklichkeit darstellt, gerecht. Denn typischerweise und im Regelfalle wird die Ausführung der Zwangsarbeit in der Weise erzwungen, dass die Person, von der Zwangsarbeit verlangt wird, durch Drohung mit vis compulsiva (oder auch vis absoluta) oder durch Anwendung von vis compulsiva dazu genötigt wird, sich unterzuordnen und die verlangte Arbeit - unter Hintanstellung des anders lautenden eigenen Willens - zu leisten. Demgegenüber spielt nämlich die Anwendung von vis absoluta zur unmittelbaren Durchsetzung der aktuell geforderten Zwangsarbeit selbst so gut wie keine Rolle; stellt doch die überwältigende Gewalt, die den Willen der beeinflussten Person völlig ausschaltet (vgl. Tröndle/Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 53. Auflage, 2006, § 240 StGB Anmerkung 27), bzw. das unmittelbare Erzwingen eines Verhaltens in aller Regel kein geeignetes Mittel dar, die genötigte Person direkt zu der aktuell geforderten Arbeitsleistung zu veranlassen, da diese Arbeitsleistung in der Regel den durch Zwang oder Drohung mit Zwangseinwirkung gebeugten, zwangsweise in eine bestimmte Richtung, nämlich der verlangten Arbeitsleistung gelenkten Willen, nicht aber den ausgeschalteten Willen der genötigten Person voraussetzt (vgl. auch Urteil des des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26.07.2007 - S 15 R 259/05). Ist also wie hier früher in den Entschädigungsverfahren wesentlich zeitnäher immer wieder von Zwangsarbeit gesprochen worden, kann eine so als Zwangsarbeit bezeichnete Arbeit auch durchaus so im tatsächlichen bzw. juristischen Sinne angenommen werden (vgl. LSG NRW Urteil vom 18.07.2005 - L 3 RJ 101/04), wenn das Gegenteil dies nicht individuell und auch substanziiert heute derart glaubhaft gemacht wird, dass allein die heutige Darstellung wahrscheinlicher erscheint als die frühere.
Die Klage hat auch keinen Erfolg unter dem Gesichtspunkt, dass der Klägerin möglicherweise früher ein Anspruch auf Lohn zugestanden hätte. Denn für die Zuerkennung einer auch ins Ausland zahlbaren Rente nach § 1 ZRBG kommt es darauf an, ob tatsächlich Entgelt gezahlt wurde, nicht ob Anspruch darauf bestanden hätte, oder Sozialversicherungsbeiträge dafür hätten entrichtet werden müssen. Das ZRBG ist ein lex specialis gegenüber anderen insbesondere älteren Vorschriften, auch gegenüber dem WGSVG; außerdem fingierte § 14 WGSVG auch nur eine Beitragsentrichtung nicht aber schon die Entgeltzahlung selbst. Auch nach der Rechtsprechung des LSG NRW, der sich die Kammer weiterhin anschließt, greift eine Anspruchstheorie nicht ein (LSG NRW Urteile vom 27.01.2006 - L 13 R 123/05 und vom 13.02.2006 - L 3 R 43/05 und 168/05). Dem Entgegenstehendes hat das Bundessozialgericht bisher auch nicht vertreten.
Die Kammer verkennt nicht das Verfolgungsschicksal der Klägerin, sieht aber nach Lage der gesetzlichen Vorschriften ohne substanziierte ausreichende Beweisangebote, vorbehaltlich anderweitiger eventuell später noch ergehender klarstellender Rechtssprechung des Bundessozialgerichts in auch einheitlicher Weise, keine Möglichkeit, dem geltend gemachten Anspruch der Klägerin zu entsprechen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.
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