Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 Ka 941/83
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 29. Juni 1983 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer von der Beklagten vorgenommenen Einbehaltung eines Betrages von 58.204,04 DM für kieferorthopädische Leistungen im zweiten Quartal 1980, wobei die von der Beklagten für das zweite Quartal 1980 an die Klägerin zu leistende Teilzahlung insgesamt 87.200,– DM beträgt.
Mit Schreiben vom 16. Mai 1980 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß aufgrund von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren gegen den Zahnarzt sie sich veranlaßt gesehen habe, die Material- und Laborkosten, die durch vorgelegt wurden, einer Überprüfung zu unterziehen. Dabei habe sich gezeigt, daß 43.418,23 DM unrechtmäßig abgerechnet habe, also 47,62 % der der AOK in Rechnung gestellten Material- und Laborkosten. Eine Überprüfung der Abrechnungen für Material- und Laborkosten für die Jahre 1974 bis einschließlich des ersten Quartals 1976 sei erst vom ersten Quartal 1976 an möglich gewesen. Für die Jahre 1974 bis einschließlich erstes Quartal 1976 habe jedoch Dr. E. insgesamt 31.049,58 DM für Material- und Laborkosten mit der AOK abgerechnet. Bei Zugrundelegung der bereits überprüften Zeiträume, bei denen sich ergeben habe, daß 47,62 % der von Dr. E. vorgelegten Abrechnungen unrechtmäßig abgerechnet wurden, sei daher ein Betrag von 14.785,81 DM für den Zeitraum 1/74 bis 1/76 als unrechtmäßig abgerechnet anzusehen. Somit ergebe sich ein unrechtmäßig abgerechneter Betrag für Material- und Laborkosten in einer Gesamthöhe von 58.204,04 DM für den Zeitraum vom Quartal I/74 bis einschließlich IV/79. Die Beklagte kündigte in diesem Schreiben an, daß sie diesen Schaden, der ihr durch die unrechtmäßige Abrechnung von Dr. E. entstanden sei, bei der nächsten Zahlung der Gesamtvergütung mit anrechnen werde. Dies tat die Beklagte dann auch mit Schreiben vom 9. Juni 1980, das eine Gesamtvergütung für kieferorthopädische Leistungen für das zweite Quartal 1980 in Höhe von 87.200 DM zugrunde legte und hierbei 58.200,04 DM in Abzug brachte.
Die Klägerin widersprach dieser Absetzung und forderte die volle Auszahlung des für das zweite Quartal 1980 vorgesehenen Betrages.
Am 20. Juni 1980 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Frankfurt Klage erhoben mit dem Ziel, die Beklagte zur Zahlung der einbehaltenen DM 58.204,04 zu veranlassen. In der Begründung hat sie vor allem darauf abgestellt, daß im Rahmen des § 24 Bundesmantelvertrag-Zahnärzte – BMV-Z – die Klägerin der betroffenen Krankenkasse nur dann einen sonstigen Schaden, der durch Nichterfüllung der kassenzahnärztlichen Pflichten entstanden sei, zu ersetzen habe, soweit ihr ein Rückgriff gegen den Kassenzahnarzt (hier ) durch Aufrechnung gegen Honorarforderung möglich sei. Dies habe die Klägerin auch nach Bekanntwerden der Regressforderungen der Beklagten und anderer Krankenkassen zur Sicherstellung eventuell berechtigter Rückforderungsansprüche gegenüber dem Zahnarzt getan, was wiederum zu Rechtsstreiten mit Dr. E. Anlaß gab. Was jedoch die Einbehaltung für die kieferorthopädischen Leistungen im zweiten Quartal 1980 anbelange, so treffe dies im Rahmen des § 24 BMV-Z nicht zu, so daß die Beklagte keine Möglichkeit habe, im Rahmen der Gesamtvergütungsregelung eine Einbehaltung vorzunehmen.
Das Sozialgericht Frankfurt hat mit Urteil vom 29. Juni 1983 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin die einbehaltenen DM 58.204,04 zu zahlen. Das Sozialgericht hat die Auffassung vertreten, daß § 24 BMV-Z als Sperrvorschrift die Klägerin vor einseitigen Aufrechnungen durch die RVO-Kassen bei Sorgfaltspflichtverletzungen durch einen Kassenzahnarzt schütze. Die Klägerin sei nur dann zum Ersatz eines sonstigen Schadens einer Krankenkasse verpflichtet, wenn der Prüfungsausschuß einen solchen Schaden festgestellt habe und ein Rückgriff gegen den Kassenzahnarzt durch die Klägerin noch möglich sei. Beide Voraussetzungen lägen nicht vor. Der RVO-Prüfungsausschuß habe zwar mit Beschluss vom 11. Juni 1980 einen sonstigen Schaden in Höhe von 39.941,23 DM festgestellt; jedoch wurde dieser Beschluss durch den RVO-Beschwerdeausschuß vom 8. Oktober 1980 wieder aufgehoben. Die hiergegen von der Klägerin erhobene Klage vor dem Sozialgericht in Frankfurt am Main – S-5/Ka-1281 – wurde im Termin am 22. Juni 1983 zurückgenommen, so daß ein sonstiger Schaden nicht festgestellt worden sei. Die Sperrvorschrift des § 24 BMV-Z schütze in jedem Falle die Klägerin davor, daß die Gesamtvergütungsansprüche der Klägerin seitens der Beklagten gekürzt bzw. aufgerechnet würden.
Gegen das am 10. August 1983 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 31. August 1983 beim Hessischen Landessozialgericht.
Die Berufung wird vornehmlich damit begründet, daß zunächst das Sozialgericht Frankfurt in der Kammerbesetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Bereich der Kassenzahnärzte entschieden habe und somit bereits eine falsche Kammerbesetzung vorgelegen habe, da die Kammer paritätisch besetzt hätte werden müssen. Im übrigen gehe die Auffassung des Sozialgerichts fehl, daß es sich bei § 24 Bundesmantelvertrag – Zahnärzte um eine Sperrvorschrift zum Schütze der Klägerin handele. Die Vertragsparteien des Bundesmantelvertrages seien bereits in der mündlichen Verhandlung der übereinstimmenden Auffassung gewesen, daß die Handlungsweise des Zahnarztes Dr. E. kein Fall des § 24 BMV-Z sei. Aus diesem Grunde habe die Klägerin auch in dem genannten Verfahren vor dem Sozialgericht die Klage gegen den Beschluss des RVO-Beschwerdeausschusses vom 8. Oktober 1980 zurückgenommen. Damit sei dieser Beschluss, der den Beschluss des RVO-Prüfungsausschusses vom 11. Juni 1980 aufgehoben habe, worin festgestellt worden sei, daß kein Fall des sonstigen Schadens im Sinne von § 24 gegeben sei, bestandskräftig geworden. Es sei daher gar nicht entscheidend, ob ein sonstiger Schaden festgestellt worden sei oder nicht, da nach allein maßgeblicher Auffassung beider Beteiligter dieses Verfahrens die Prüfungseinrichtungen für Fälle der vorliegenden Art gar nicht zuständig seien. Wenn jedoch die Annahme eines sonstigen Schadens entfalle, so bleibe letztlich ein öffentlich rechtlicher Erstattungsanspruch der Beklagten gegenüber der Klägerin, mit welchem sie gegen die fällige Gesamtvergütung aufgerechnet habe. Bei der Beurteilung dieser Frage, ob ein öffentlich rechtlicher Erstattungsanspruch bestehe, komme es nicht darauf an, ob die Leistung bereits erbracht worden sei oder nicht. In diesem Zusammenhang wird von der Beklagten auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 18. April 1984 verwiesen, woraus sich ergebe, daß die Prüfungsausschüsse für derartige Erstattungsansprüche nicht zuständig seien, sie sich allein auf die Prüfung der Wirtschaftlichkeit zu beschränken hätten. Aufgrund dieses Urteils sei es gerechtfertigt, daß die Klägerin das zu Unrecht abgerechnete Honorar Dr. E.s von diesem selbst zurückfordere. Dies bedeute aber gleichzeitig, daß sie im Wege des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs das zu Unrecht geforderte und geleistete Honorar an die Beklagte herauszugeben habe bzw. die Beklagte dieses mit Aufrechnung von der Klägerin zurückfordern könne.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 29. Juni 1983 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist zunächst der Auffassung, daß das Sozialgericht Frankfurt in der richtigen Besetzung entschieden habe. Nur wenn Krankenkassen aufgrund einer gesetzlichen oder vertraglichen Regelung im Verwaltungsverfahren mitgewirkt hätten, liege nach der ständigen Rechtsprechung des BSG eine gemeinsame Angelegenheit des Kassenarztrechtes vor. Da eine solche Mitwirkung der Krankenkassen bei der Festsetzung und Anforderung der Gesamtvergütung weder vorgesehen noch erfolgt sei, habe die 5. Kammer des Sozialgerichts Frankfurt mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreise der Kassenzahnärzte zu Recht entschieden. Die von der Beklagten zitierte Entscheidung des BSG sei dahingehend zu interpretieren, daß es selbstverständlich Aufgabe der Klägerin sei, nicht erbrachte, aber vergütete Leistungen vom Kassenzahnarzt zurückzufordern, da keine Rechtsbeziehung zwischen Kassenzahnarzt und der Krankenkasse unmittelbar bestünden. Andererseits sei das BSG davon ausgegangen, daß keine kassenärztlichen Leistungen erbracht wurden, kassenärztliche Leistungen also somit nur vorgetäuscht worden seien. Seien jedoch kassenärztliche Leistungen überhaupt nicht erbracht worden, so habe eine kassenärztliche Versorgung nicht stattgefunden. Die Rückforderungsverpflichtung durch die Klägerin sei zwar deshalb anzuerkennen, nicht jedoch eine pauschale Überprüfungspflicht dahingehend, ob überhaupt Leistungen vom Arzt erbracht worden seien oder nicht. Andernfalls würde dies den Rahmen des § 368 n Abs. 1 und Abs. 2 RVO, worin die Aufgabenstellung der Klägerin geregelt seien, sprengen. Aus dieser Vorschrift ergebe sich, daß sich die Klägerin bei der Berechnung des Honorars nach Einreichen der Abrechnung durch den Kassenzahnarzt auf Gesichtspunkte der Wirtschaftlichkeit und rechnerische und gebührenordnungsgemäße Richtigkeit der Abrechnung zu beschränken habe. Keinesfalls erstrecke sich jedoch die Überwachungsfunktion der Klägerin darauf, ob der Kassenzahnarzt überhaupt Leistungen erbracht habe. Abgesehen davon beschränke sich die Rückgriffsmöglichkeit der Klägerin gegenüber dem Kassenzahnarzt darauf, ob überhaupt noch der Kassenarzt Mitglied bei der Klägerin sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten und auf den der Gerichtsakte, die beide Inhalt und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig und statthaft (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Frankfurt am Main hatte der Senat mit einem Vertreter der Krankenkassen und einem Kassenzahnarzt als ehrenamtliche Richter zu entscheiden; der Rechtsstreit gehört zu den gemeinsamen Angelegenheiten der Kassenzahnärzte und der Krankenkasse im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 SGG. Der Rechtsstreit behandelt eine Frage der Gesamtvergütung, die eine gemeinsame Angelegenheit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen betrifft im Rahmen des § 368 f RVO. In diesen Fällen ist paritätische Besetzung geboten (BSG 27, 154).
Die Berufung ist auch begründet.
Das erstinstanzliche Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 29. Juni 1983 ist nicht rechtsfehlerfrei ergangen und war daher aufzuheben. Die Klägerin hat entgegen der Auffassung des Sozialgerichts keinen Anspruch auf Auszahlung des von der Beklagten im Rahmen der Entrichtung der Gesamtvergütung einbehaltenen Betrages in Höhe von 58.204,05 DM. Die Beklagte konnte zu Recht den Betrag auf der Grundlage ihres Schreibens vom 16. Mai 1980 einbehalten, wobei Zweifel an der Höhe des Betrages von den Beteiligten im Termin am 27. November 1985 ohnehin nicht erhoben wurden.
Der Rechtsstreit behandelt die Frage der Rechtmäßigkeit der Einbehaltung einer Gesamtvergütung wegen des fehlerhaften Verhaltens eines Kassenzahnarztes. Es geht also nicht um die Frage einer Wirtschaftlichkeitsüberprüfung. Bei der Beurteilung der hier anstehenden Frage ist zunächst davon auszugehen, daß bei der Gesamtvergütung im Rahmen des § 368 f RVO einmal die Verteilung der Gesamtvergütung, die von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung gegenüber ihren Kassenzahnärzten vorgenommen wird, und zum anderen die Entrichtung der Gesamtvergütung, die von den Krankenkassen gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung vorgenommen wird, zu unterscheiden ist (Urteil des 6. Senats des BSG vom 18. Februar 1970 – 6 RKa 1/69). Bei Berücksichtigung dieses Umstandes ist zu folgern, daß auch bei einer Berechnung der Gesamtvergütung nach Einzelleistungen im Sinne des § 368 f RVO, der einzelne Kassenzahnarzt nicht zu einem Rechtsstreit zwischen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen wegen Entrichtung der Gesamtvergütung und umgekehrt die Krankenkasse nicht zu einem Rechtsstreit zwischen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung und ihren Mitgliedern wegen Verteilung der Gesamtvergütung beigeladen zu werden braucht, weil die Kassenzahnärzte ihre Vergütungsansprüche unabhängig von der Entscheidung des zwischen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung und den Krankenkassen geführten Prozesses geltend machen könnten. Andererseits könnte die Krankenkasse jedoch selbst nach rechtskräftiger Feststellung von ärztlichen Vergünstigungsansprüchen gegen die Kassenzahnärztliche Vereinigung dieser entgegen halten, daß die fraglichen Leistungen nicht wirksam erbracht worden seien. Wenn darüber hinaus berücksichtigt wird, daß die Honorarabrechnungsbescheide der Kassenzahnärztlichen Vereinigung gegenüber ihren Kassenzahnärzten bindend werden, wenn und so lange kein Rechtsbehelf eingelegt wurde, dann führt dies dazu, daß die Krankenkassen nicht von der Bindungswirkung erfaßt werden. Der Kassenzahnarzt kann seine Kassenzahnärztliche Vereinigung wegen Vergütungsforderungen in Anspruch nehmen, was die Krankenkasse nicht kann. Andererseits kann die Krankenkasse die Kassenzahnärztliche Vereinigung selbst nach bindender Feststellung des Honoraranspruches im Verhältnis Kassenzahnärztliche Vereinigung und ihres Kassenzahnarztes in Anspruch nehmen. Die Krankenkasse kann demnach gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung die unrechte Entrichtung der Gesamtvergütung geltend machen. Dies geschieht in der Form eines öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruches gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (BSG vom 8. September 1970 a.a.O. sowie BSG 16, 151, 156).
Die Beklagte besitzt gegenüber der Klägerin diesen öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch, weil sie mit befreiender Wirkung die Gesamtvergütung an die Klägerin entrichtet und andererseits die Klägerin an den betreffenden Kassenzahnarzt die Vergütung bzw. das geltend gemachte Honorar geleistet hat. Wenn aber die Beklagte diesen Anspruch besitzt, so kann sie auch mit der zukünftigen Forderung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung auf Entrichtung der Gesamtvergütung aufrechnen; § 394 BGB steht dem nicht entgegen (hierzu Urteil des 6. Senats des BSG vom 18. Februar 1970 a.a.O. sowie Urteil des 9. Senats des BSG vom 8. September 1970 – 9 RV 764/69 –).
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Frankfurt am Main schützt auch nicht § 24 BMV-Z die Klägerin vor aufrechenbaren Forderungen der Beklagten im Rahmen der Entrichtung der Gesamtvergütung. § 24 BMV-Z ist keine sogenannte Sperrvorschrift für die Klägerin. § 24 setzt eine Nicht- bzw. Schlechterfüllung von kassenärztlichen Pflichten voraus. Schon bereits hier paßt diese Vorschrift nicht für Fälle, in denen der Arzt, wie im vorliegenden Falle, Leistungen abgerechnet hat, die er gar nicht erbracht hat. Darüber hinaus muß im Rahmen des § 24 ein sogenannter sonstiger Schaden gemäß § 23 BMV-Z festgestellt worden sein. Gegenstand des § 23 ist aber nur ein positives Tun des Arztes im Sinne eines Wirtschaftlichkeits-Überprüfungsverfahrens. Im vorliegenden Fall hat der betreffende Zahnarzt jedoch überhaupt keine Leistungen erbracht, es liegt somit ein Nichtstun vor. § 24 ist somit für Honorarberichtigungen im Sinne einer Wirtschaftlichkeits-Überprüfung die heranzuziehende Vorschrift, sie versagt jedoch für die Fälle, wo überhaupt kein positives Tun eines Kassenzahnarztes vorliegt. Ein durch Nichterbringung aber durch Abrechnung von Leistungen entstandener Schaden kann niemals ein sonstiger Schaden im Sinne des § 23 Abs. 2 BMV-Z im Zusammenhang mit § 24 BMV-Z sein.
Auch von der Risikoverteilung her ist die vom Senat im Gegensatz zum Sozialgericht Frankfurt am Main gebildete Lösung über den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch angemessen. Die Klägerin kann von dem Kassenzahnarzt, ohne eine vorausgehende Entscheidung der Prüfeinrichtungen nach § 23 BMV-Z die ungerechtfertige Honorarüberzahlung zurückverlangen. Andernfalls hätten aber bei der Verneinung eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches der Beklagten generell die Krankenkassen einen Schaden durch schuldhaftes Fehlverhalten eines Kassenzahnarztes erlitten, die Kassenzahnärztliche Vereinigung aber hätte nach Geltendmachung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches gegen den Arzt einen ungerechtfertigten Vermögensvorteil, der im übrigen genau dem Vermögensschaden der Krankenkasse entsprechen würde. Seit dem Einzelleistungs-Vergütungssystem ist nur die Krankenkasse letzten Endes geschädigt, wenn ein Arzt bzw. Zahnarzt fehlerhaft abrechnet. Denn die Krankenkasse zahlt für Leistungen, die nicht erbracht worden sind. Die Entwicklung in der Honorierung der Arztleistungen hat also die inhaltliche Gestaltung des § 24 BMV-Z überholt (hierzu Siewert, Die Problematik des § 24 BMV in "Die Ortskrankenkasse 6/78” Seite 214 sowie dergleichen zur Prüfung der ärztlichen Leistungen in: "Die Ortskrankenkasse 5/1975” Seite 165).
Der Senat regt in diesem Zusammenhang an, daß unter Berücksichtigung der Tatsache, daß §§ 23 und 24 BMV-Z Wirtschaftlichkeits-Überprüfungen von Honorarforderungen der Kassenzahnärzte bzw. Kassenärzte regeln soll, die Beteiligten der Gesamtverträge diese Fallkonstellation in ihre Gesamtverträge mit aufnehmen sollten, um eine generelle Regelung für die Fälle zu finden, in denen Honorarforderungen eines Kassenzahnarztes oder Kassenarztes durch die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen oder Kassenärztlichen Vereinigungen vergütet werden, ohne daß irgendwelche Leistungen dieser Ärzte ihren Honorarforderungen zugrundeliegen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat zugelassen, da er diesem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung beimißt, § 160 Nr. 2 SGG.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer von der Beklagten vorgenommenen Einbehaltung eines Betrages von 58.204,04 DM für kieferorthopädische Leistungen im zweiten Quartal 1980, wobei die von der Beklagten für das zweite Quartal 1980 an die Klägerin zu leistende Teilzahlung insgesamt 87.200,– DM beträgt.
Mit Schreiben vom 16. Mai 1980 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß aufgrund von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren gegen den Zahnarzt sie sich veranlaßt gesehen habe, die Material- und Laborkosten, die durch vorgelegt wurden, einer Überprüfung zu unterziehen. Dabei habe sich gezeigt, daß 43.418,23 DM unrechtmäßig abgerechnet habe, also 47,62 % der der AOK in Rechnung gestellten Material- und Laborkosten. Eine Überprüfung der Abrechnungen für Material- und Laborkosten für die Jahre 1974 bis einschließlich des ersten Quartals 1976 sei erst vom ersten Quartal 1976 an möglich gewesen. Für die Jahre 1974 bis einschließlich erstes Quartal 1976 habe jedoch Dr. E. insgesamt 31.049,58 DM für Material- und Laborkosten mit der AOK abgerechnet. Bei Zugrundelegung der bereits überprüften Zeiträume, bei denen sich ergeben habe, daß 47,62 % der von Dr. E. vorgelegten Abrechnungen unrechtmäßig abgerechnet wurden, sei daher ein Betrag von 14.785,81 DM für den Zeitraum 1/74 bis 1/76 als unrechtmäßig abgerechnet anzusehen. Somit ergebe sich ein unrechtmäßig abgerechneter Betrag für Material- und Laborkosten in einer Gesamthöhe von 58.204,04 DM für den Zeitraum vom Quartal I/74 bis einschließlich IV/79. Die Beklagte kündigte in diesem Schreiben an, daß sie diesen Schaden, der ihr durch die unrechtmäßige Abrechnung von Dr. E. entstanden sei, bei der nächsten Zahlung der Gesamtvergütung mit anrechnen werde. Dies tat die Beklagte dann auch mit Schreiben vom 9. Juni 1980, das eine Gesamtvergütung für kieferorthopädische Leistungen für das zweite Quartal 1980 in Höhe von 87.200 DM zugrunde legte und hierbei 58.200,04 DM in Abzug brachte.
Die Klägerin widersprach dieser Absetzung und forderte die volle Auszahlung des für das zweite Quartal 1980 vorgesehenen Betrages.
Am 20. Juni 1980 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Frankfurt Klage erhoben mit dem Ziel, die Beklagte zur Zahlung der einbehaltenen DM 58.204,04 zu veranlassen. In der Begründung hat sie vor allem darauf abgestellt, daß im Rahmen des § 24 Bundesmantelvertrag-Zahnärzte – BMV-Z – die Klägerin der betroffenen Krankenkasse nur dann einen sonstigen Schaden, der durch Nichterfüllung der kassenzahnärztlichen Pflichten entstanden sei, zu ersetzen habe, soweit ihr ein Rückgriff gegen den Kassenzahnarzt (hier ) durch Aufrechnung gegen Honorarforderung möglich sei. Dies habe die Klägerin auch nach Bekanntwerden der Regressforderungen der Beklagten und anderer Krankenkassen zur Sicherstellung eventuell berechtigter Rückforderungsansprüche gegenüber dem Zahnarzt getan, was wiederum zu Rechtsstreiten mit Dr. E. Anlaß gab. Was jedoch die Einbehaltung für die kieferorthopädischen Leistungen im zweiten Quartal 1980 anbelange, so treffe dies im Rahmen des § 24 BMV-Z nicht zu, so daß die Beklagte keine Möglichkeit habe, im Rahmen der Gesamtvergütungsregelung eine Einbehaltung vorzunehmen.
Das Sozialgericht Frankfurt hat mit Urteil vom 29. Juni 1983 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin die einbehaltenen DM 58.204,04 zu zahlen. Das Sozialgericht hat die Auffassung vertreten, daß § 24 BMV-Z als Sperrvorschrift die Klägerin vor einseitigen Aufrechnungen durch die RVO-Kassen bei Sorgfaltspflichtverletzungen durch einen Kassenzahnarzt schütze. Die Klägerin sei nur dann zum Ersatz eines sonstigen Schadens einer Krankenkasse verpflichtet, wenn der Prüfungsausschuß einen solchen Schaden festgestellt habe und ein Rückgriff gegen den Kassenzahnarzt durch die Klägerin noch möglich sei. Beide Voraussetzungen lägen nicht vor. Der RVO-Prüfungsausschuß habe zwar mit Beschluss vom 11. Juni 1980 einen sonstigen Schaden in Höhe von 39.941,23 DM festgestellt; jedoch wurde dieser Beschluss durch den RVO-Beschwerdeausschuß vom 8. Oktober 1980 wieder aufgehoben. Die hiergegen von der Klägerin erhobene Klage vor dem Sozialgericht in Frankfurt am Main – S-5/Ka-1281 – wurde im Termin am 22. Juni 1983 zurückgenommen, so daß ein sonstiger Schaden nicht festgestellt worden sei. Die Sperrvorschrift des § 24 BMV-Z schütze in jedem Falle die Klägerin davor, daß die Gesamtvergütungsansprüche der Klägerin seitens der Beklagten gekürzt bzw. aufgerechnet würden.
Gegen das am 10. August 1983 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 31. August 1983 beim Hessischen Landessozialgericht.
Die Berufung wird vornehmlich damit begründet, daß zunächst das Sozialgericht Frankfurt in der Kammerbesetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Bereich der Kassenzahnärzte entschieden habe und somit bereits eine falsche Kammerbesetzung vorgelegen habe, da die Kammer paritätisch besetzt hätte werden müssen. Im übrigen gehe die Auffassung des Sozialgerichts fehl, daß es sich bei § 24 Bundesmantelvertrag – Zahnärzte um eine Sperrvorschrift zum Schütze der Klägerin handele. Die Vertragsparteien des Bundesmantelvertrages seien bereits in der mündlichen Verhandlung der übereinstimmenden Auffassung gewesen, daß die Handlungsweise des Zahnarztes Dr. E. kein Fall des § 24 BMV-Z sei. Aus diesem Grunde habe die Klägerin auch in dem genannten Verfahren vor dem Sozialgericht die Klage gegen den Beschluss des RVO-Beschwerdeausschusses vom 8. Oktober 1980 zurückgenommen. Damit sei dieser Beschluss, der den Beschluss des RVO-Prüfungsausschusses vom 11. Juni 1980 aufgehoben habe, worin festgestellt worden sei, daß kein Fall des sonstigen Schadens im Sinne von § 24 gegeben sei, bestandskräftig geworden. Es sei daher gar nicht entscheidend, ob ein sonstiger Schaden festgestellt worden sei oder nicht, da nach allein maßgeblicher Auffassung beider Beteiligter dieses Verfahrens die Prüfungseinrichtungen für Fälle der vorliegenden Art gar nicht zuständig seien. Wenn jedoch die Annahme eines sonstigen Schadens entfalle, so bleibe letztlich ein öffentlich rechtlicher Erstattungsanspruch der Beklagten gegenüber der Klägerin, mit welchem sie gegen die fällige Gesamtvergütung aufgerechnet habe. Bei der Beurteilung dieser Frage, ob ein öffentlich rechtlicher Erstattungsanspruch bestehe, komme es nicht darauf an, ob die Leistung bereits erbracht worden sei oder nicht. In diesem Zusammenhang wird von der Beklagten auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 18. April 1984 verwiesen, woraus sich ergebe, daß die Prüfungsausschüsse für derartige Erstattungsansprüche nicht zuständig seien, sie sich allein auf die Prüfung der Wirtschaftlichkeit zu beschränken hätten. Aufgrund dieses Urteils sei es gerechtfertigt, daß die Klägerin das zu Unrecht abgerechnete Honorar Dr. E.s von diesem selbst zurückfordere. Dies bedeute aber gleichzeitig, daß sie im Wege des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs das zu Unrecht geforderte und geleistete Honorar an die Beklagte herauszugeben habe bzw. die Beklagte dieses mit Aufrechnung von der Klägerin zurückfordern könne.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 29. Juni 1983 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist zunächst der Auffassung, daß das Sozialgericht Frankfurt in der richtigen Besetzung entschieden habe. Nur wenn Krankenkassen aufgrund einer gesetzlichen oder vertraglichen Regelung im Verwaltungsverfahren mitgewirkt hätten, liege nach der ständigen Rechtsprechung des BSG eine gemeinsame Angelegenheit des Kassenarztrechtes vor. Da eine solche Mitwirkung der Krankenkassen bei der Festsetzung und Anforderung der Gesamtvergütung weder vorgesehen noch erfolgt sei, habe die 5. Kammer des Sozialgerichts Frankfurt mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreise der Kassenzahnärzte zu Recht entschieden. Die von der Beklagten zitierte Entscheidung des BSG sei dahingehend zu interpretieren, daß es selbstverständlich Aufgabe der Klägerin sei, nicht erbrachte, aber vergütete Leistungen vom Kassenzahnarzt zurückzufordern, da keine Rechtsbeziehung zwischen Kassenzahnarzt und der Krankenkasse unmittelbar bestünden. Andererseits sei das BSG davon ausgegangen, daß keine kassenärztlichen Leistungen erbracht wurden, kassenärztliche Leistungen also somit nur vorgetäuscht worden seien. Seien jedoch kassenärztliche Leistungen überhaupt nicht erbracht worden, so habe eine kassenärztliche Versorgung nicht stattgefunden. Die Rückforderungsverpflichtung durch die Klägerin sei zwar deshalb anzuerkennen, nicht jedoch eine pauschale Überprüfungspflicht dahingehend, ob überhaupt Leistungen vom Arzt erbracht worden seien oder nicht. Andernfalls würde dies den Rahmen des § 368 n Abs. 1 und Abs. 2 RVO, worin die Aufgabenstellung der Klägerin geregelt seien, sprengen. Aus dieser Vorschrift ergebe sich, daß sich die Klägerin bei der Berechnung des Honorars nach Einreichen der Abrechnung durch den Kassenzahnarzt auf Gesichtspunkte der Wirtschaftlichkeit und rechnerische und gebührenordnungsgemäße Richtigkeit der Abrechnung zu beschränken habe. Keinesfalls erstrecke sich jedoch die Überwachungsfunktion der Klägerin darauf, ob der Kassenzahnarzt überhaupt Leistungen erbracht habe. Abgesehen davon beschränke sich die Rückgriffsmöglichkeit der Klägerin gegenüber dem Kassenzahnarzt darauf, ob überhaupt noch der Kassenarzt Mitglied bei der Klägerin sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten und auf den der Gerichtsakte, die beide Inhalt und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig und statthaft (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Frankfurt am Main hatte der Senat mit einem Vertreter der Krankenkassen und einem Kassenzahnarzt als ehrenamtliche Richter zu entscheiden; der Rechtsstreit gehört zu den gemeinsamen Angelegenheiten der Kassenzahnärzte und der Krankenkasse im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 SGG. Der Rechtsstreit behandelt eine Frage der Gesamtvergütung, die eine gemeinsame Angelegenheit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen betrifft im Rahmen des § 368 f RVO. In diesen Fällen ist paritätische Besetzung geboten (BSG 27, 154).
Die Berufung ist auch begründet.
Das erstinstanzliche Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 29. Juni 1983 ist nicht rechtsfehlerfrei ergangen und war daher aufzuheben. Die Klägerin hat entgegen der Auffassung des Sozialgerichts keinen Anspruch auf Auszahlung des von der Beklagten im Rahmen der Entrichtung der Gesamtvergütung einbehaltenen Betrages in Höhe von 58.204,05 DM. Die Beklagte konnte zu Recht den Betrag auf der Grundlage ihres Schreibens vom 16. Mai 1980 einbehalten, wobei Zweifel an der Höhe des Betrages von den Beteiligten im Termin am 27. November 1985 ohnehin nicht erhoben wurden.
Der Rechtsstreit behandelt die Frage der Rechtmäßigkeit der Einbehaltung einer Gesamtvergütung wegen des fehlerhaften Verhaltens eines Kassenzahnarztes. Es geht also nicht um die Frage einer Wirtschaftlichkeitsüberprüfung. Bei der Beurteilung der hier anstehenden Frage ist zunächst davon auszugehen, daß bei der Gesamtvergütung im Rahmen des § 368 f RVO einmal die Verteilung der Gesamtvergütung, die von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung gegenüber ihren Kassenzahnärzten vorgenommen wird, und zum anderen die Entrichtung der Gesamtvergütung, die von den Krankenkassen gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung vorgenommen wird, zu unterscheiden ist (Urteil des 6. Senats des BSG vom 18. Februar 1970 – 6 RKa 1/69). Bei Berücksichtigung dieses Umstandes ist zu folgern, daß auch bei einer Berechnung der Gesamtvergütung nach Einzelleistungen im Sinne des § 368 f RVO, der einzelne Kassenzahnarzt nicht zu einem Rechtsstreit zwischen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen wegen Entrichtung der Gesamtvergütung und umgekehrt die Krankenkasse nicht zu einem Rechtsstreit zwischen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung und ihren Mitgliedern wegen Verteilung der Gesamtvergütung beigeladen zu werden braucht, weil die Kassenzahnärzte ihre Vergütungsansprüche unabhängig von der Entscheidung des zwischen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung und den Krankenkassen geführten Prozesses geltend machen könnten. Andererseits könnte die Krankenkasse jedoch selbst nach rechtskräftiger Feststellung von ärztlichen Vergünstigungsansprüchen gegen die Kassenzahnärztliche Vereinigung dieser entgegen halten, daß die fraglichen Leistungen nicht wirksam erbracht worden seien. Wenn darüber hinaus berücksichtigt wird, daß die Honorarabrechnungsbescheide der Kassenzahnärztlichen Vereinigung gegenüber ihren Kassenzahnärzten bindend werden, wenn und so lange kein Rechtsbehelf eingelegt wurde, dann führt dies dazu, daß die Krankenkassen nicht von der Bindungswirkung erfaßt werden. Der Kassenzahnarzt kann seine Kassenzahnärztliche Vereinigung wegen Vergütungsforderungen in Anspruch nehmen, was die Krankenkasse nicht kann. Andererseits kann die Krankenkasse die Kassenzahnärztliche Vereinigung selbst nach bindender Feststellung des Honoraranspruches im Verhältnis Kassenzahnärztliche Vereinigung und ihres Kassenzahnarztes in Anspruch nehmen. Die Krankenkasse kann demnach gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung die unrechte Entrichtung der Gesamtvergütung geltend machen. Dies geschieht in der Form eines öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruches gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (BSG vom 8. September 1970 a.a.O. sowie BSG 16, 151, 156).
Die Beklagte besitzt gegenüber der Klägerin diesen öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch, weil sie mit befreiender Wirkung die Gesamtvergütung an die Klägerin entrichtet und andererseits die Klägerin an den betreffenden Kassenzahnarzt die Vergütung bzw. das geltend gemachte Honorar geleistet hat. Wenn aber die Beklagte diesen Anspruch besitzt, so kann sie auch mit der zukünftigen Forderung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung auf Entrichtung der Gesamtvergütung aufrechnen; § 394 BGB steht dem nicht entgegen (hierzu Urteil des 6. Senats des BSG vom 18. Februar 1970 a.a.O. sowie Urteil des 9. Senats des BSG vom 8. September 1970 – 9 RV 764/69 –).
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Frankfurt am Main schützt auch nicht § 24 BMV-Z die Klägerin vor aufrechenbaren Forderungen der Beklagten im Rahmen der Entrichtung der Gesamtvergütung. § 24 BMV-Z ist keine sogenannte Sperrvorschrift für die Klägerin. § 24 setzt eine Nicht- bzw. Schlechterfüllung von kassenärztlichen Pflichten voraus. Schon bereits hier paßt diese Vorschrift nicht für Fälle, in denen der Arzt, wie im vorliegenden Falle, Leistungen abgerechnet hat, die er gar nicht erbracht hat. Darüber hinaus muß im Rahmen des § 24 ein sogenannter sonstiger Schaden gemäß § 23 BMV-Z festgestellt worden sein. Gegenstand des § 23 ist aber nur ein positives Tun des Arztes im Sinne eines Wirtschaftlichkeits-Überprüfungsverfahrens. Im vorliegenden Fall hat der betreffende Zahnarzt jedoch überhaupt keine Leistungen erbracht, es liegt somit ein Nichtstun vor. § 24 ist somit für Honorarberichtigungen im Sinne einer Wirtschaftlichkeits-Überprüfung die heranzuziehende Vorschrift, sie versagt jedoch für die Fälle, wo überhaupt kein positives Tun eines Kassenzahnarztes vorliegt. Ein durch Nichterbringung aber durch Abrechnung von Leistungen entstandener Schaden kann niemals ein sonstiger Schaden im Sinne des § 23 Abs. 2 BMV-Z im Zusammenhang mit § 24 BMV-Z sein.
Auch von der Risikoverteilung her ist die vom Senat im Gegensatz zum Sozialgericht Frankfurt am Main gebildete Lösung über den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch angemessen. Die Klägerin kann von dem Kassenzahnarzt, ohne eine vorausgehende Entscheidung der Prüfeinrichtungen nach § 23 BMV-Z die ungerechtfertige Honorarüberzahlung zurückverlangen. Andernfalls hätten aber bei der Verneinung eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches der Beklagten generell die Krankenkassen einen Schaden durch schuldhaftes Fehlverhalten eines Kassenzahnarztes erlitten, die Kassenzahnärztliche Vereinigung aber hätte nach Geltendmachung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches gegen den Arzt einen ungerechtfertigten Vermögensvorteil, der im übrigen genau dem Vermögensschaden der Krankenkasse entsprechen würde. Seit dem Einzelleistungs-Vergütungssystem ist nur die Krankenkasse letzten Endes geschädigt, wenn ein Arzt bzw. Zahnarzt fehlerhaft abrechnet. Denn die Krankenkasse zahlt für Leistungen, die nicht erbracht worden sind. Die Entwicklung in der Honorierung der Arztleistungen hat also die inhaltliche Gestaltung des § 24 BMV-Z überholt (hierzu Siewert, Die Problematik des § 24 BMV in "Die Ortskrankenkasse 6/78” Seite 214 sowie dergleichen zur Prüfung der ärztlichen Leistungen in: "Die Ortskrankenkasse 5/1975” Seite 165).
Der Senat regt in diesem Zusammenhang an, daß unter Berücksichtigung der Tatsache, daß §§ 23 und 24 BMV-Z Wirtschaftlichkeits-Überprüfungen von Honorarforderungen der Kassenzahnärzte bzw. Kassenärzte regeln soll, die Beteiligten der Gesamtverträge diese Fallkonstellation in ihre Gesamtverträge mit aufnehmen sollten, um eine generelle Regelung für die Fälle zu finden, in denen Honorarforderungen eines Kassenzahnarztes oder Kassenarztes durch die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen oder Kassenärztlichen Vereinigungen vergütet werden, ohne daß irgendwelche Leistungen dieser Ärzte ihren Honorarforderungen zugrundeliegen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat zugelassen, da er diesem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung beimißt, § 160 Nr. 2 SGG.
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