Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 26 R 220/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 270/07
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 15.06.2006 und Aufhebung des Widerspruchsbescheides und unter Abänderung der Abrechnung vom 19.09.2006 verurteilt, an die Klägerin noch 1.148,46 Euro für die Zeit vom 01.03.2006 bis 31.05.2006 zu zahlen. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Die Beklagte hat 1/3 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen; im Übrigen haben die Beteiligten einander Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten noch Auszahlung einer Rentennachzahlung in Höhe von 3.630,38 Euro.
Die Klägerin ist am 00.00.1949 geboren. Sie war verheiratet mit Herrn J, geboren am 00.00.1918. Herr J starb am 22.02.2006.
Die Klägerin beantragte daraufhin am 02.03.2006 Witwenrente, und fügte dem Antrag eine Abtretungserklärung bei, mit der sie erklärte, dass sie zur Sicherung von Forderungen der Kanzlei H-C aus Anwaltsvertrag bzw. Anwaltsverträgen ihre Forderung gegen die Rentenversicherung auf Auszahlung des Vorschusses dieser Sterbeübergangszeit abtrete, und mit der sich die Klägerin und die erwähnte Rechtsanwalts-Kanzlei auch damit einverstanden erklärten, dass die Klägerin im Fall des Bestreitens der Wirksamkeit der Abtretung Ansprüche in eigenem Namen geltend machen werde.
Schließlich erteilte die Beklagte den Rentenbescheid vom 15.06.2006 (Bl. 868 ff. der Verwaltungsakte). Mit diesem erkannte sie Witwenrente zu, mit Zahlung bereits ab dem 01.03.2006. Für die Zeit vom 01.03. bis 31.05.2006 wurde dem Grunde nach auch das so genannte Sterbevierteljahr zugrunde gelegt. Die Nachzahlung von 4.778,84 Euro behielt die Beklagte vorläufig ein, bis anderweitige Ansprüche Dritter auf die Nachzahlung geklärt seien.
Dagegen legte die Klägerin am 22.06.2006 Widerspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, der Widerspruch richte sich gegen die Einbehaltung der Vorschusszahlung aus dem Sterbevierteljahr. Insbesondere beachte die Beklagte nicht die Abtretung an Frau Rechtsanwältin H-C.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.07.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie noch aus, entgegen den Ausführungen der Klägerin sei in einem Nachzahlungszeitraum ein Erstattungsanspruch eines Sozialleistungsträgers vorrangig gegenüber einer erklärten Abtretung, was sich aus § 106 SGB X i.V.m. §§ 102 ff. SGB X ergebe. Weil das Sterbevierteljahr zum Nachzahlungszeitraum gehöre, würden auch dafür die vorgenannten Vorschriften entsprechend gelten. Erst Restbeträge nach Abrechnung der Nachzahlung würden für die vorliegende Abtretung verwendet.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 26.08.2007 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben.
Zu Begründung hat sie zunächst Bezug auf ihr vorheriges Vorbringen genommen und mit der Klageschrift weitere Rechtsausführungen dazu gemacht, ob eventuell Abtretungsansprüche vorrangig seien und dass Zahlungen aus dem Sterbevierteljahr grundsätzlich nur der Witwe zukommen sollten. Ergänzend macht sie noch geltend, dass bei Annahme einer Unzulässigkeit der Abtretung die Beklagte dann eigentlich überhaupt nicht an den Abtretungsemfänger hätte zahlen dürfen bzw. auch nicht zugunsten dessen abrechnen dürfen; im Übrigen bleibt sie bei ihrer Auffassung, dass die Leistungen des Sterbevierteljahres kein "Einkommen" seien, auf das Dritte Zugriff nehmen dürfen, auch nicht Sozialleistungsträger, die Erstattungsansprüche angemeldet hätten.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15.06.2006 und Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2006 und unter Abänderung der Abrechnung vom 19.09.2006 zu verurteilen, an sie 3.630,38 Euro auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte nimmt Bezug auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Zur Ergänzung ihres Vorbringens macht sie noch geltend, der sich aus dem Erstattungsanspruch der ARGE ergebende Betrag in Höhe von 3.630,38 Euro sei zwischenzeitlich trotz anhängigen Rechtsstreits der ARGE angewiesen worden, weil nach § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG die aufschiebende Wirkung bei Widersprüchen oder Anfechtungsklagen hier entfalle. Vorliegend sei die Befriedigung des Erstattungsanspruches der vorleistenden ARGE im überwiegenden Interesse der Beteiligten gewesen.
Die Abrechnung des Erstattungsanspruches der ARGE, dessen Anmeldung am 12.09.2006 erfolgte, hat die Beklagte inzwischen mit der Abrechnung vom 19.09.2006 vorgenommen, und dabei für den Gesamtnachzahlungszeitraum vom 01. März bis 31.07.2006 der ARGE 3.630,38 Euro überwiesen, und aus dem Restbetrag der Nachzahlung 1.148,46 Euro der Kanzlei H-C zur Erfüllung der Abtretung überwiesen (Bl. 20 ff. der Gerichtsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Das Gericht hat ferner noch Auszüge aus dem Parallelverfahren der Klägerin gegen die ARGE E (S 35 AS 194/05 ER) beigezogen, was andere Leistungszeiträume betraf. Alle diese Akten und Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung der Kammer.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, sie wurde insbesondere form- und fristgerecht erhoben. Der frühestens am 24.07.2006 abgesandte Widerspruchsbescheid gilt nach § 37 SGB X fiktiv als frühestens am 27.07.2006 zugegangen; die Klagefrist lief damit bis zum Ablauf des 27.08.2006. Bereits einen Tag zuvor hat die Klägerin die Klage erhoben durch Einwurf in den Nachtbriefkasten. Die Klägerin ist im Übrigen auch befugt, den von ihr geltend gemachten Anspruch auf Auszahlung der Nachzahlung in Höhe von 3.630,38 Euro (oder hilfsweise weniger) in eigenem Namen geltend zu machen, da sie inzwischen geltend macht, dass ihr selbst die Auszahlung zustehe, jedenfalls dann, wenn das Gericht der Auffassung sei, dass die Abtretung an die Kanzlei H-C gar nicht wirksam gewesen sei.
Die Klage ist auch teilweise begründet. Sie ist jedoch nur insofern begründet, als aus der Rentennachzahlung noch 1.148,46 Euro an die Klägerin unmittelbar auszuzahlen sind, § 54 Abs. 4 SGG, weil die Beklagte mit ihrer Abrechnung vom 19.09.2006 auf die unwirksame Abtretung hin diesen Betrag hätte gar nicht auszahlen dürfen an die Kanzlei H-C. Insoweit waren der Bescheid vom 15.06.2006 und die Abrechnung vom 19.09.2006 abzuändern und der Widerspruchsbescheid aufzuheben (§ 54 Absatz 1,2 SGG). Eine Abänderung darüber hinaus kam hier aber nicht in Betracht, weil auch zur Überzeugung der Kammer die Beklagte den Betrag von 3.630,38 Euro zugunsten der ARGE abrechnen durfte, zur Erfüllung eines Erstattungsanspruchs der ARGE. Deshalb war im Übrigen die Klage abzuweisen wie mit dem Urteilstenor zu 2. ausgesprochen.
Die Klägerin hat zunächst keinen Erfolg mit ihrem Begehren, dass die Beklagte nicht hätte den Erstattungsanspruch der ARGE befriedigen dürfen für den Zeitraum vom 01.03.2006 bis 31.07.2006. Die Kammer sieht nämlich Witwenrentenreinkünfte, auch soweit sie sich auf das so genannte Sterbevierteljahr beziehen (§ 67 Nr. 5, 6 SGB VI), nicht als dem Zugriff von etwaigen Erstattungsansprüchen entzogen an; insoweit differenziert das maßgebliche Erstattungsrecht der §§ 102 ff. SGB X nämlich nicht zwischen allgemeinen Renten und Hinterbliebenenrenten und Rentenzahlungen für Zeiträume eines Sterbevierteljahres. Das Gesetz gibt mit § 104 SGB X dem nachrangig verpflichteten Leistungsträger, z.B. einer ARGE, dann einen Erstattungsanspruch gegenüber dem vorrangig leistenden Rentenversicherungsträger, wenn die ARGE wie hier bereits Leistungen für den in Rede stehenden Zeitraum erbracht hat (vgl. auch § 102 Abs. 1 SGB X). Hier ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte irgendeine Rangfolge (§ 106 SGB X) missachtet hätte. Vielmehr hat hier die vorleistende ARGE in der Zeit von März bis Juni 2006 mit ihrer Vorleistung eine eigentliche originäre Aufgabe der Beklagten erfüllt, so dass infolgedessen die ARGE im Wege eines Erstattungsanpruchs Zugriff auf die Rentennachzahlung nehmen durfte mit der Folge, dass die Beklagte dementsprechend der ARGE auch 3.630,38 Euro überweisen durfte mit der Abrechnung vom 19.09.2006. Schließlich hatten der Widerspruch und die Klage hier nach § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG auch keine aufschiebende Wirkung. Die Beklagte hätte aber nicht mit ihrer Abrechnung vom 19.09.2006 auch zugunsten der vermeintlichen Abtretungsempfänger, der Kanzlei H-C, 1.148,46 Euro diesen unmittelbar überweisen dürfen. Denn die Beklagte hat dabei, und auch mit den Ausführungen im Widerspruchsbescheid, verkannt, dass die mit Bl. 811 der Verwaltungsakte erklärte Abtretung hier schon gar nicht gegenüber der Beklagten oder gegenüber der ARGE zulässig und wirksam war. Denn nach § 53 Abs. 2 SGB I können Ansprüche auf Geldleistungen auch im Wege einer Abtretung nur übertragen und verpfändet werden, wenn sie 1. zur Erfüllung oder zur Sicherung von Ansprüchen auf Rückzahlung von Darlehen und auf Erstattung von Aufwendungen, die im Vorgriff auf fällig gewordene Sozialleistungen zu einer angemessenen Lebensführung gegeben oder gemacht worden sind, oder 2. wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass die Übertragung oder Verpfändung im wohl verstandenen Interesse des Berechtigen liegt. Bei der mit Bl. 811 der Verwaltungsakte erklärten Abtretung hat die Klägerin aber etwaige Ansprüche auf Leistungen aus dem Sterbevierteljahr aber lediglich abgetreten zur Sicherung von Forderungen einer Rechtsanwaltskanzlei aus Anwaltsverträgen; solche Forderungen gegen die Klägerin fallen aber eindeutig nicht unter die Vorschrift des § 53 Abs. 2 SGB I. Die Beklagte hätte mithin diese Abtretung gar nicht beachten dürfen oder aber, wenn sie sie beachten will, ausdrücklich durch Feststellung genehmigen müssen. Eine solche Feststellung, dass die Übertragung oder Verpfändung etwaiger Ansprüche aus dem Sterbevierteljahr zugunsten von Anwaltsforderungen im Interesse der Klägerin gelegen hätte, sind hier aber nicht schriftlich durch Bescheid getroffen worden. Infolgedessen erweist sich die Auszahlung von 1.148,46 Euro zugunsten der Kanzlei H-C in der Abrechnung vom 19.09.2006 hier nicht als Erfüllung gegenüber der Klägerin; die Beklagte ist also insofern nicht von ihrer Verpflichtung gegenüber der Klägerin frei geworden. Ob die Beklagte jetzt im Nachhinein von dieser Kanzlei die an diese ausgezahlte Summe zurückzuerlangen vermag, betrifft ausschließlich das Binnenverhältnis zwischen der Beklagten und den vermeintlichen Abtretungsempfängern und ist nicht zulässiger Gegenstand des Klageverfahrens. Schon anlässlich des Widerspruchsverfahrens hätte die Beklagte auch inzidenter vorprüfen müssen, ob die streitbefangene Abtretung überhaupt wirksam sein kann, weil entgegen den Ausführungen im Widerspruchsbescheid im Einzelfall früh abgetretene Ansprüche Erstattungsansprüchen vorgehen können (vgl. von Wulffen, SGB X, Kommentar, § 104 Rn. 20). Dann wäre möglicherweise auch aufgefallen, dass selbst nach Abrechnung eines Erstattungsanspruches verbleibende Nachzahlungssummen nicht zugunsten einer unwirksamen Abtretung ausgezahlt werden dürfen. Weil dies unterblieben ist, führte dies hier zur Stattgabe der Klage in Höhe von 1.148,46 Euro; dies konnte die Kammer auch zusprechen, da im Hauptantrag der Klägerin auf Zahlung von 3.630,38 Euro auch hilfsweise der Antrag mitenthalten ist, einen geringeren Teil an die Klägerin zu zahlen. Im Übrigen war die Klage jedoch abzuweisen, wie bereits oben ausgeführt, weil der weitere Nachzahlungsbetrag von 3.630,38 Euro der ARGE zur Befriedigung deren Erstattungsansprüche zustand.
Die Kostenentscheidung folgt aus 193 Abs.1 , 4 SGG. Die Quote von 1/3 entspricht in etwa dem Ausmaß des Obsiegens im Verhältnis zum Unterliegen der Klägerin.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten noch Auszahlung einer Rentennachzahlung in Höhe von 3.630,38 Euro.
Die Klägerin ist am 00.00.1949 geboren. Sie war verheiratet mit Herrn J, geboren am 00.00.1918. Herr J starb am 22.02.2006.
Die Klägerin beantragte daraufhin am 02.03.2006 Witwenrente, und fügte dem Antrag eine Abtretungserklärung bei, mit der sie erklärte, dass sie zur Sicherung von Forderungen der Kanzlei H-C aus Anwaltsvertrag bzw. Anwaltsverträgen ihre Forderung gegen die Rentenversicherung auf Auszahlung des Vorschusses dieser Sterbeübergangszeit abtrete, und mit der sich die Klägerin und die erwähnte Rechtsanwalts-Kanzlei auch damit einverstanden erklärten, dass die Klägerin im Fall des Bestreitens der Wirksamkeit der Abtretung Ansprüche in eigenem Namen geltend machen werde.
Schließlich erteilte die Beklagte den Rentenbescheid vom 15.06.2006 (Bl. 868 ff. der Verwaltungsakte). Mit diesem erkannte sie Witwenrente zu, mit Zahlung bereits ab dem 01.03.2006. Für die Zeit vom 01.03. bis 31.05.2006 wurde dem Grunde nach auch das so genannte Sterbevierteljahr zugrunde gelegt. Die Nachzahlung von 4.778,84 Euro behielt die Beklagte vorläufig ein, bis anderweitige Ansprüche Dritter auf die Nachzahlung geklärt seien.
Dagegen legte die Klägerin am 22.06.2006 Widerspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, der Widerspruch richte sich gegen die Einbehaltung der Vorschusszahlung aus dem Sterbevierteljahr. Insbesondere beachte die Beklagte nicht die Abtretung an Frau Rechtsanwältin H-C.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.07.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie noch aus, entgegen den Ausführungen der Klägerin sei in einem Nachzahlungszeitraum ein Erstattungsanspruch eines Sozialleistungsträgers vorrangig gegenüber einer erklärten Abtretung, was sich aus § 106 SGB X i.V.m. §§ 102 ff. SGB X ergebe. Weil das Sterbevierteljahr zum Nachzahlungszeitraum gehöre, würden auch dafür die vorgenannten Vorschriften entsprechend gelten. Erst Restbeträge nach Abrechnung der Nachzahlung würden für die vorliegende Abtretung verwendet.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 26.08.2007 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben.
Zu Begründung hat sie zunächst Bezug auf ihr vorheriges Vorbringen genommen und mit der Klageschrift weitere Rechtsausführungen dazu gemacht, ob eventuell Abtretungsansprüche vorrangig seien und dass Zahlungen aus dem Sterbevierteljahr grundsätzlich nur der Witwe zukommen sollten. Ergänzend macht sie noch geltend, dass bei Annahme einer Unzulässigkeit der Abtretung die Beklagte dann eigentlich überhaupt nicht an den Abtretungsemfänger hätte zahlen dürfen bzw. auch nicht zugunsten dessen abrechnen dürfen; im Übrigen bleibt sie bei ihrer Auffassung, dass die Leistungen des Sterbevierteljahres kein "Einkommen" seien, auf das Dritte Zugriff nehmen dürfen, auch nicht Sozialleistungsträger, die Erstattungsansprüche angemeldet hätten.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15.06.2006 und Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2006 und unter Abänderung der Abrechnung vom 19.09.2006 zu verurteilen, an sie 3.630,38 Euro auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte nimmt Bezug auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Zur Ergänzung ihres Vorbringens macht sie noch geltend, der sich aus dem Erstattungsanspruch der ARGE ergebende Betrag in Höhe von 3.630,38 Euro sei zwischenzeitlich trotz anhängigen Rechtsstreits der ARGE angewiesen worden, weil nach § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG die aufschiebende Wirkung bei Widersprüchen oder Anfechtungsklagen hier entfalle. Vorliegend sei die Befriedigung des Erstattungsanspruches der vorleistenden ARGE im überwiegenden Interesse der Beteiligten gewesen.
Die Abrechnung des Erstattungsanspruches der ARGE, dessen Anmeldung am 12.09.2006 erfolgte, hat die Beklagte inzwischen mit der Abrechnung vom 19.09.2006 vorgenommen, und dabei für den Gesamtnachzahlungszeitraum vom 01. März bis 31.07.2006 der ARGE 3.630,38 Euro überwiesen, und aus dem Restbetrag der Nachzahlung 1.148,46 Euro der Kanzlei H-C zur Erfüllung der Abtretung überwiesen (Bl. 20 ff. der Gerichtsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Das Gericht hat ferner noch Auszüge aus dem Parallelverfahren der Klägerin gegen die ARGE E (S 35 AS 194/05 ER) beigezogen, was andere Leistungszeiträume betraf. Alle diese Akten und Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung der Kammer.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, sie wurde insbesondere form- und fristgerecht erhoben. Der frühestens am 24.07.2006 abgesandte Widerspruchsbescheid gilt nach § 37 SGB X fiktiv als frühestens am 27.07.2006 zugegangen; die Klagefrist lief damit bis zum Ablauf des 27.08.2006. Bereits einen Tag zuvor hat die Klägerin die Klage erhoben durch Einwurf in den Nachtbriefkasten. Die Klägerin ist im Übrigen auch befugt, den von ihr geltend gemachten Anspruch auf Auszahlung der Nachzahlung in Höhe von 3.630,38 Euro (oder hilfsweise weniger) in eigenem Namen geltend zu machen, da sie inzwischen geltend macht, dass ihr selbst die Auszahlung zustehe, jedenfalls dann, wenn das Gericht der Auffassung sei, dass die Abtretung an die Kanzlei H-C gar nicht wirksam gewesen sei.
Die Klage ist auch teilweise begründet. Sie ist jedoch nur insofern begründet, als aus der Rentennachzahlung noch 1.148,46 Euro an die Klägerin unmittelbar auszuzahlen sind, § 54 Abs. 4 SGG, weil die Beklagte mit ihrer Abrechnung vom 19.09.2006 auf die unwirksame Abtretung hin diesen Betrag hätte gar nicht auszahlen dürfen an die Kanzlei H-C. Insoweit waren der Bescheid vom 15.06.2006 und die Abrechnung vom 19.09.2006 abzuändern und der Widerspruchsbescheid aufzuheben (§ 54 Absatz 1,2 SGG). Eine Abänderung darüber hinaus kam hier aber nicht in Betracht, weil auch zur Überzeugung der Kammer die Beklagte den Betrag von 3.630,38 Euro zugunsten der ARGE abrechnen durfte, zur Erfüllung eines Erstattungsanspruchs der ARGE. Deshalb war im Übrigen die Klage abzuweisen wie mit dem Urteilstenor zu 2. ausgesprochen.
Die Klägerin hat zunächst keinen Erfolg mit ihrem Begehren, dass die Beklagte nicht hätte den Erstattungsanspruch der ARGE befriedigen dürfen für den Zeitraum vom 01.03.2006 bis 31.07.2006. Die Kammer sieht nämlich Witwenrentenreinkünfte, auch soweit sie sich auf das so genannte Sterbevierteljahr beziehen (§ 67 Nr. 5, 6 SGB VI), nicht als dem Zugriff von etwaigen Erstattungsansprüchen entzogen an; insoweit differenziert das maßgebliche Erstattungsrecht der §§ 102 ff. SGB X nämlich nicht zwischen allgemeinen Renten und Hinterbliebenenrenten und Rentenzahlungen für Zeiträume eines Sterbevierteljahres. Das Gesetz gibt mit § 104 SGB X dem nachrangig verpflichteten Leistungsträger, z.B. einer ARGE, dann einen Erstattungsanspruch gegenüber dem vorrangig leistenden Rentenversicherungsträger, wenn die ARGE wie hier bereits Leistungen für den in Rede stehenden Zeitraum erbracht hat (vgl. auch § 102 Abs. 1 SGB X). Hier ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte irgendeine Rangfolge (§ 106 SGB X) missachtet hätte. Vielmehr hat hier die vorleistende ARGE in der Zeit von März bis Juni 2006 mit ihrer Vorleistung eine eigentliche originäre Aufgabe der Beklagten erfüllt, so dass infolgedessen die ARGE im Wege eines Erstattungsanpruchs Zugriff auf die Rentennachzahlung nehmen durfte mit der Folge, dass die Beklagte dementsprechend der ARGE auch 3.630,38 Euro überweisen durfte mit der Abrechnung vom 19.09.2006. Schließlich hatten der Widerspruch und die Klage hier nach § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG auch keine aufschiebende Wirkung. Die Beklagte hätte aber nicht mit ihrer Abrechnung vom 19.09.2006 auch zugunsten der vermeintlichen Abtretungsempfänger, der Kanzlei H-C, 1.148,46 Euro diesen unmittelbar überweisen dürfen. Denn die Beklagte hat dabei, und auch mit den Ausführungen im Widerspruchsbescheid, verkannt, dass die mit Bl. 811 der Verwaltungsakte erklärte Abtretung hier schon gar nicht gegenüber der Beklagten oder gegenüber der ARGE zulässig und wirksam war. Denn nach § 53 Abs. 2 SGB I können Ansprüche auf Geldleistungen auch im Wege einer Abtretung nur übertragen und verpfändet werden, wenn sie 1. zur Erfüllung oder zur Sicherung von Ansprüchen auf Rückzahlung von Darlehen und auf Erstattung von Aufwendungen, die im Vorgriff auf fällig gewordene Sozialleistungen zu einer angemessenen Lebensführung gegeben oder gemacht worden sind, oder 2. wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass die Übertragung oder Verpfändung im wohl verstandenen Interesse des Berechtigen liegt. Bei der mit Bl. 811 der Verwaltungsakte erklärten Abtretung hat die Klägerin aber etwaige Ansprüche auf Leistungen aus dem Sterbevierteljahr aber lediglich abgetreten zur Sicherung von Forderungen einer Rechtsanwaltskanzlei aus Anwaltsverträgen; solche Forderungen gegen die Klägerin fallen aber eindeutig nicht unter die Vorschrift des § 53 Abs. 2 SGB I. Die Beklagte hätte mithin diese Abtretung gar nicht beachten dürfen oder aber, wenn sie sie beachten will, ausdrücklich durch Feststellung genehmigen müssen. Eine solche Feststellung, dass die Übertragung oder Verpfändung etwaiger Ansprüche aus dem Sterbevierteljahr zugunsten von Anwaltsforderungen im Interesse der Klägerin gelegen hätte, sind hier aber nicht schriftlich durch Bescheid getroffen worden. Infolgedessen erweist sich die Auszahlung von 1.148,46 Euro zugunsten der Kanzlei H-C in der Abrechnung vom 19.09.2006 hier nicht als Erfüllung gegenüber der Klägerin; die Beklagte ist also insofern nicht von ihrer Verpflichtung gegenüber der Klägerin frei geworden. Ob die Beklagte jetzt im Nachhinein von dieser Kanzlei die an diese ausgezahlte Summe zurückzuerlangen vermag, betrifft ausschließlich das Binnenverhältnis zwischen der Beklagten und den vermeintlichen Abtretungsempfängern und ist nicht zulässiger Gegenstand des Klageverfahrens. Schon anlässlich des Widerspruchsverfahrens hätte die Beklagte auch inzidenter vorprüfen müssen, ob die streitbefangene Abtretung überhaupt wirksam sein kann, weil entgegen den Ausführungen im Widerspruchsbescheid im Einzelfall früh abgetretene Ansprüche Erstattungsansprüchen vorgehen können (vgl. von Wulffen, SGB X, Kommentar, § 104 Rn. 20). Dann wäre möglicherweise auch aufgefallen, dass selbst nach Abrechnung eines Erstattungsanspruches verbleibende Nachzahlungssummen nicht zugunsten einer unwirksamen Abtretung ausgezahlt werden dürfen. Weil dies unterblieben ist, führte dies hier zur Stattgabe der Klage in Höhe von 1.148,46 Euro; dies konnte die Kammer auch zusprechen, da im Hauptantrag der Klägerin auf Zahlung von 3.630,38 Euro auch hilfsweise der Antrag mitenthalten ist, einen geringeren Teil an die Klägerin zu zahlen. Im Übrigen war die Klage jedoch abzuweisen, wie bereits oben ausgeführt, weil der weitere Nachzahlungsbetrag von 3.630,38 Euro der ARGE zur Befriedigung deren Erstattungsansprüche zustand.
Die Kostenentscheidung folgt aus 193 Abs.1 , 4 SGG. Die Quote von 1/3 entspricht in etwa dem Ausmaß des Obsiegens im Verhältnis zum Unterliegen der Klägerin.
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