Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 J 160/82
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 11. Januar 1982 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin bezieht seit dem 21.9.1967 ununterbrochen Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit von der Beklagten. Dem Beigeladenen wird aufgrund des Bescheides vom 28.5.1979 Erwerbsunfähigkeitsrente ab dem 1.12.1978 von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) gewährt.
Durch Urteil des Amtsgerichts Bad Homburg v.d.H. – Familiengericht – vom 2.5.1979 wurde die am 1963 geschlossene Ehe der Klägerin mit dem Beigeladenen geschieden. Außerdem wurden von dem Konto des Beigeladenen bei der BfA Berlin auf das Konto der Klägerin bei der Beklagten monatliche Rentenanwartschaften von 182,47 DM übertragen, bezogen auf den 30.6.1977 (Ende der Ehezeit). Dieses Urteil wurde der Beklagten am 8.5.1979 und der BfA Berlin am 9.5.1979 zugestellt. Das Urteil des Familiengerichts wurde ab 12.6.1979 rechtskräftig. Am 4.7.1979 erhielt die BfA die Mitteilung des Familiengerichtes über den Eintritt der Rechtskraft und minderte daraufhin mit Bescheid vom 30.7.1979 die Rente des Beigeladenen ab 1.8.1979 aufgrund der Übertragung der Rentenanwartschaften nach § 1587 b Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) durch das Familiengericht. Mit Schreiben vom 30.7.1979 teilte die BfA der Beklagten mit, daß die Rechtskraft des Urteils des Familiengerichts am 12.6.1979 eingetreten sei und die Rente des Beigeladenen ab dem 1.8.1979 gemindert werde.
Bereits mit Schreiben vom 10.7.1979 hatte die Klägerin bei der Beklagten die Neufeststellung ihrer Rente unter Berücksichtigung der übertragenen Rentenanwartschaften beantragt.
Mit Bescheid vom 3.4.1980 erhöhte die Beklagte die Rente der Klägerin ab 1.8.1979 um monatlich 190,70 DM auf nunmehr 786,50 DM. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch, mit dem sie die Neufeststellung bzw. Erhöhung der Rente auch für die Zeit vor dem 1.12.1978 begehrte, da der Beigeladene erst ab diesem Zeitpunkt Rente erhalte und § 1587 p BGB einer Erhöhung der Rente für die Zeit vor dem 1.12.1978 nicht entgegenstehe, weil diese Vorschrift nur Doppelleistungen verhindern wolle. Vor dem 1.12.1978 sei an den Beigeladenen keine Rente gezahlt worden, so daß von einer Doppelleistung nicht gesprochen werden könne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.4.1981 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, da die Rente zutreffend erst ab 1.8.1979 erhöht worden sei. Der Beginn der Erhöhung sei nach den allgemeinen Grundsätzen des § 1290 Abs. 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) zu ermitteln, weil § 1304 a RVO keine ausdrückliche Regelung darüber enthalte, ab wann sich die Übertragung von Rentenanwartschaften für den Ausgleichsberechtigten auswirke. Zu den allgemeinen Voraussetzungen des § 1290 Abs. 1 Satz 1 RVO gehöre auch der Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsurteils. Nach § 1587 p BGB müsse der Ausgleichsberechtigte auch eine Leistung an den ausgleichspflichtigen Ehegatten gegen sich gelten lassen, die der Versorgungsschuldner bis zum Ablauf des Monats an den verpflichteten Ehegatten bewirke, der dem Monat folge, in dem ihm die Entscheidung zugestellt werde.
Gegen den Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin fristgerecht Klage beim Sozialgericht. Sie machte geltend, der Eintritt der Rechtskraft sei keine Voraussetzung des § 1290 Abs. 1 Satz 1 RVO. Auch § 1287 p BGB bestimme nicht den Zeitpunkt, ab dem sich die Übertragung der Rentenanwartschaft auf eine bereits laufende Rente des Ausgleichsberechtigten frühestens auswirke. Da die Bewertung der Anwartschaften zum Ende der Ehezeit am 30.6.1977 durch das Familiengericht erfolgt sei, ergebe sich hieraus der Schluß, daß die bis zu diesem Zeitpunkt abgegebenen Anwartschaften dem Berechtigten auch von diesem Zeitpunkt an zustehen müßten. Die Beklagte hielt an ihrer Rechtsauffassung fest.
Durch Urteil vom 11.1.1982 ändert. Das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 3.4.1980 ab und verurteilte die Beklagte, der Klägerin auch für die Zeit vom Juli 1977 bis November 1978 die nach dem Versorgungsausgleich erhöhte Rente zu gewähren. In den Entscheidungsgründen wird im wesentlichen ausgeführt, nach § 1587 Abs. 2 i.V.m. § 1587 b BGB sei für den Ausgleich der Rentenanwartschaften das Ende der Ehezeit (30.6.1977) maßgeblich. Dem Gesetz könne nicht entnommen werden, daß die materiell-rechtliche Wirkung der Übertragung von Anwartschaften erst ab dem unbestimmten Tag der Rechtskraft eintreten solle. § 629 d. Zivilprozeßordnung (ZPO) und § 53 g des Gesetzes über die Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG), wonach in Scheidungsverfahren die Entscheidungen in Folgesachen nicht vor Rechtskraft des Scheidungsausspruches bzw. die den Versorgungsausgleich betreffenden Entscheidungen erst mit der Rechtskraft wirksam würden, hätten nur prozessuale Bedeutung hinsichtlich der Vollstreckbarkeit dieser Entscheidungen. Im übrigen bewahre nur das Abstellen auf das von dem Familiengericht bestimmte Ende der Ehezeit den ausgleichsberechtigten Ehepartner vor finanziellen Schäden, die durch eine lange Dauer des Scheidungsverfahrens eintreten könnten. Die Berufung gegen dieses Urteil wurde von dem Sozialgericht im Urteilstenor zugelassen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 4.2.1982 zugestellte Urteil am 11.2.1982 Berufung eingelegt.
Sie ist der Ansicht, als Zeitpunkt für die Rentenerhöhung könne nicht von dem vom Familiengericht festgesetzten Ende der Ehezeit am 30.6.1977 ausgegangen werden, da dieses Ehezeitende nur für die Berechnung des Versorgungsausgleiches gelte. Im übrigen verweist sie auf ihr bisheriges Vorbringen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 11. Januar 1982 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Wegen weiterer Einzelheiten sowie zum Vorbringen der Beteiligten im übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf den Inhalt der vom Senat beigezogenen Rentenakten der Beklagten, der Rentenakte der BfA über den Beigeladenen sowie die Akte des Familiengerichtes Bad Homburg v.d.H. (Az.: ), welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die vom Sozialgericht ausdrücklich zugelassene Berufung ist zulässig und begründet.
Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts ist der Bescheid der Beklagten vom 3.4.1980 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 13.4.1981, mit dem die Neufeststellung der Versichertenrente der Klägerin wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit vom 1.7.1977 bis zum 30.11.1978 abgelehnt worden ist, nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist zu einer Anrechnung der von dem Familiengericht übertragenen Anwartschaften auf den Rentenbezug in der Zeit vor der Rechtskraft des Urteils des Familiengerichtes nicht verpflichtet.
Die gesetzlichen Bestimmungen über die Übertragung des Versorgungsausgleiches enthalten keine ausdrückliche Regelung über den Zeitpunkt, ab dem dem Ausgleichsberechtigten die Rente aufgrund des durchgeführten Versorgungsausgleiches zu erhöhen ist (so auch Soergel/Schmeiduch, BGB Kommentar Bd. 5, § 1587 b RN 84). Insbesondere läßt sich eine solche Bestimmung des Zeitpunktes nicht dem § 1304 a RVO entnehmen, so daß der Zeitpunkt, ab dem die Rente zu erhöhen ist, nach den allgemeinen versicherungsrechtlichen Vorschriften zu bestimmen ist.
Nach § 1290 Abs. 1 Satz 1 RVO ist die – in diesem Fall erhöhte – Rente vom Ablauf des Monats an zu gewähren, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind. § 1290 Abs. 3 RVO ist für diese Fälle nicht anwendbar, da sowohl die Erhöhung wie auch die Minderung der Rente von Amts wegen erfolgt (Soergel/Schmeiduch, a.a.O. § 1587 b RN 88). Danach führt die Übertragung von Werteinheiten erst mit dem Ablauf des Monats zur Erhöhung der Rente, in dem die Entscheidung des Familiengerichts Rechtskraft erlangt, da der Eintritt der Rechtskraft eine Voraussetzung i.S. des § 1290 Abs. 1 Satz 1 RVO ist (allgemeine Meinung, vgl. Zweng/Scheerer, Handbuch der Rentenversicherung, 2. Aufl., 1981, § 1304 a S. 14; Ruland/Tiemann, Versorgungsausgleich und steuerliche Folgen der Ehescheidung, 1977, RN 396; Soergel/Schmeiduch, a.a.O. § 1587 b RN 75, RN 86 und § 1587 p RN 2; Maier, in Münchner Kommentar zum BGB Bd. 5, 1978, § 1587 p Anm. 2; Höhler/Troje in Alternativ-Kommentar zum BGB Bd. 5, 1981, § 1587 Anm. 22).
Die Richtigkeit dieser Ansicht ergibt sich aus dem Zusammenhang der gesetzlichen Vorschriften über den Eintritt der Wirksamkeit des rechtskräftigen Scheidungsurteils. So bestimmt § 629 d ZPO, daß die Entscheidungen in Folgesachen im Ehescheidungsverfahren nicht vor der Rechtskraft des Scheidungsausspruches wirksam werden. Sicherlich hat diese Vorschrift zunächst nur die prozessuale Bedeutung, die Vollstreckung aus den Entscheidungen in Folgesachen vor der Rechtskraft des Scheidungsausspruches zu verhindern. Aus dieser prozessualen Bedeutung des § 629 d ZPO kann aber nicht geschlossen werden, die Übertragung der Anwartschaftsrechte müsse für den Zeitpunkt des von dem Familiengericht bestimmten Endes der Ehezeit vorgenommen werden. § 629 d ZPO muß im Zusammenhang mit den übrigen Vorschriften über das Scheidungsverfahren gesehen werden und ist letztlich nur die Folge von § 1564 Satz 2 BGB, wonach die Ehe erst mit der Rechtskraft des Urteils gelöst ist und damit bis zu diesem Zeitpunkt als bestehend gilt. Da das Scheidungsurteil als ein Gestaltungsurteil die Auflösung der Ehe nur für die Zukunft ausspricht (Wolf, in Münchner Kommentar zum BGB 5. Bd., § 1564 RN 118; Lange-Klein, in Alternativ-Kommentar zum BGB Bd. 5, § 1564 Anm. 3), soll § 629 d ZPO lediglich die Wirksamkeit der Folgesachen von der Rechtskraft des Scheidungsurteils abhängig machen, wenn entgegen dem Regelfall nicht im Verbundverfahren entschieden wird. Dem gleichen Zweck dient speziell für den Versorgungsausgleich § 53 g des Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit (EGG), da das Verfahren über den Versorgungsausgleich sich nach den Vorschriften des FGG richtet. Mit beiden Vorschriften soll aber gerade verhindert werden, daß Entscheidungen, die nur die Rechtsfolgen einer rechtskräftigen Scheidung regeln, unabhängig von dem Scheidungsausspruch wirksam werden können. Wenn überhaupt aus dieser Regelung Rückschlüsse für den Zeitpunkt der Rentenerhöhung gezogen werden können, dann allenfalls der, daß Rentenanwartschaften, die die Versorgung des Ausgleichsberechtigten für die Zeit nach der Ehe sichern sollen, auch erst nach Auflösung der Ehe, also nach Rechtskraft des. Scheidungsurteils, wirksam werden können.
Der Bestimmung des Endes der Ehezeit durch das Familiengericht für die Berechnung des Versorgungsausgleiches gemäß § 1587 Abs. 2 BGB kommt demgegenüber im vorliegenden Fall keine Bedeutung zu. Insbesondere kann diese Bestimmung nicht als eine materiellrechtliche Rückverlegung des Ehezeitendes verstanden werden, da eine solche Auslegung § 1564 Satz 2 BGB widersprechen würde. Die Bestimmung des fiktiven Endes der Ehezeit durch das Familiengericht hat nur Bedeutung für die Berechnung des Versorgungsausgleichs. Aus diesem Grunde wird das Ende der Ehezeit nach § 1587 Abs. 2 BGB auch nur als Fiktion angesehen und dient der Begrenzung des Zeitraumes, bis zu dem die Versorgungsanrechte auszugleichen sind (vgl. Maier, a.a.O., § 1587 RN 14). Diese Fiktion gilt aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und im Interesse des Entscheidungsverbundes (vgl. Ruland/Tiemann, a.a.O., RN 133; Maier, a.a.O. § 1587 RN 14; Höhler/Troje, a.a.O. § 1587 Anm. 22). Wollte man der Bestimmung des Endes der Ehezeit gem. § 1587 Abs. 2 BGB darüber hinaus eine materiell-rechtliche Bedeutung zukommen lassen, verstieße dies nicht nur eindeutig gegen den Grundsatz des § 1564 Satz 2 BGB, sondern würde auch die Vorschriften über den Zeitpunkt des Eintritts der Wirksamkeit von Folgeentscheidungen völlig unverständlich erscheinen lassen.
Es ist zwar richtig, daß die vom Ende der Ehezeit bis zur Rechtskraft der Scheidung begründeten oder aufrecht erhaltenen Versorgungsrechte nicht ausgeglichen zu werden brauchen (vgl. Ruland/Tiemann, a.a.O., RN 134; BGH NJW 1980, 1161), die hierin liegende vermeintliche Ungerechtigkeit wird aber dadurch aufgefangen, daß für die Zeit des Scheidungsverfahrens Unterhaltsregelungen getroffen werden können (vgl. insbesondere § 1361 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Durchführung des Versorgungsausgleiches dient eben nur der Regelung der Versorgung für die Zeit nach der Ehe, nicht aber bereits für die Zeit ab Beginn des Scheidungsverfahrens bis zum rechtskräftigen Urteil.
Die während des Verfahrens unter den Beteiligten und vom Sozialgericht erörterte Anwendung von § 1587 p BGB ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig, da diese Vorschrift keinerlei Bestimmung über den Zeitpunkt enthält, ab dem die vom Familiengericht übertragenen Anwartschaften zu einer Rentenerhöhung oder Rentenminderung bei dem Ausgleichsberechtigten bzw. Ausgleichsverpflichteten führen soll, sondern nur dem Schutz des Versorgungsschuldners vor Doppelleistungen dient. Der bei der Auslegung dieser Vorschrift bestehende Streit, ob es für die Fristbestimmung des § 1587 p BGB auf den Eingang der Mitteilung des Familiengerichtes beim Rentenversicherungsträger über den Eintritt der Rechtskraft oder aber bereits auf den Eingang der in Rechtskraft erwachsenden Entscheidung ankommt (vgl. hierzu Soergel/Schmeiduch, a.a.O., § 1587 p RN 2, Sozialgericht Marburg vom 14.10.1980 in SozVers. 1980, 335 mit zustimmender Anmerkung von Gräßer und Sozialgericht Aachen vom 15.5.1981 in SozR 1981, 218 mit ablehnender Anmerkung von Schmeiduch), ist für den vorliegenden Fall unbeachtlich, da hierüber kein Streit besteht. Immerhin läßt sich aber auch aus dieser Diskussion entnehmen, daß jedenfalls kein Zweifel darüber besteht, daß eine Rentenerhöhung oder Rentenminderung für die Zeit vor der Rechtskraft der Ehescheidung des Familiengerichtes vom Rentenversicherungsträger nicht vorzunehmen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin bezieht seit dem 21.9.1967 ununterbrochen Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit von der Beklagten. Dem Beigeladenen wird aufgrund des Bescheides vom 28.5.1979 Erwerbsunfähigkeitsrente ab dem 1.12.1978 von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) gewährt.
Durch Urteil des Amtsgerichts Bad Homburg v.d.H. – Familiengericht – vom 2.5.1979 wurde die am 1963 geschlossene Ehe der Klägerin mit dem Beigeladenen geschieden. Außerdem wurden von dem Konto des Beigeladenen bei der BfA Berlin auf das Konto der Klägerin bei der Beklagten monatliche Rentenanwartschaften von 182,47 DM übertragen, bezogen auf den 30.6.1977 (Ende der Ehezeit). Dieses Urteil wurde der Beklagten am 8.5.1979 und der BfA Berlin am 9.5.1979 zugestellt. Das Urteil des Familiengerichts wurde ab 12.6.1979 rechtskräftig. Am 4.7.1979 erhielt die BfA die Mitteilung des Familiengerichtes über den Eintritt der Rechtskraft und minderte daraufhin mit Bescheid vom 30.7.1979 die Rente des Beigeladenen ab 1.8.1979 aufgrund der Übertragung der Rentenanwartschaften nach § 1587 b Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) durch das Familiengericht. Mit Schreiben vom 30.7.1979 teilte die BfA der Beklagten mit, daß die Rechtskraft des Urteils des Familiengerichts am 12.6.1979 eingetreten sei und die Rente des Beigeladenen ab dem 1.8.1979 gemindert werde.
Bereits mit Schreiben vom 10.7.1979 hatte die Klägerin bei der Beklagten die Neufeststellung ihrer Rente unter Berücksichtigung der übertragenen Rentenanwartschaften beantragt.
Mit Bescheid vom 3.4.1980 erhöhte die Beklagte die Rente der Klägerin ab 1.8.1979 um monatlich 190,70 DM auf nunmehr 786,50 DM. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch, mit dem sie die Neufeststellung bzw. Erhöhung der Rente auch für die Zeit vor dem 1.12.1978 begehrte, da der Beigeladene erst ab diesem Zeitpunkt Rente erhalte und § 1587 p BGB einer Erhöhung der Rente für die Zeit vor dem 1.12.1978 nicht entgegenstehe, weil diese Vorschrift nur Doppelleistungen verhindern wolle. Vor dem 1.12.1978 sei an den Beigeladenen keine Rente gezahlt worden, so daß von einer Doppelleistung nicht gesprochen werden könne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.4.1981 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, da die Rente zutreffend erst ab 1.8.1979 erhöht worden sei. Der Beginn der Erhöhung sei nach den allgemeinen Grundsätzen des § 1290 Abs. 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) zu ermitteln, weil § 1304 a RVO keine ausdrückliche Regelung darüber enthalte, ab wann sich die Übertragung von Rentenanwartschaften für den Ausgleichsberechtigten auswirke. Zu den allgemeinen Voraussetzungen des § 1290 Abs. 1 Satz 1 RVO gehöre auch der Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsurteils. Nach § 1587 p BGB müsse der Ausgleichsberechtigte auch eine Leistung an den ausgleichspflichtigen Ehegatten gegen sich gelten lassen, die der Versorgungsschuldner bis zum Ablauf des Monats an den verpflichteten Ehegatten bewirke, der dem Monat folge, in dem ihm die Entscheidung zugestellt werde.
Gegen den Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin fristgerecht Klage beim Sozialgericht. Sie machte geltend, der Eintritt der Rechtskraft sei keine Voraussetzung des § 1290 Abs. 1 Satz 1 RVO. Auch § 1287 p BGB bestimme nicht den Zeitpunkt, ab dem sich die Übertragung der Rentenanwartschaft auf eine bereits laufende Rente des Ausgleichsberechtigten frühestens auswirke. Da die Bewertung der Anwartschaften zum Ende der Ehezeit am 30.6.1977 durch das Familiengericht erfolgt sei, ergebe sich hieraus der Schluß, daß die bis zu diesem Zeitpunkt abgegebenen Anwartschaften dem Berechtigten auch von diesem Zeitpunkt an zustehen müßten. Die Beklagte hielt an ihrer Rechtsauffassung fest.
Durch Urteil vom 11.1.1982 ändert. Das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 3.4.1980 ab und verurteilte die Beklagte, der Klägerin auch für die Zeit vom Juli 1977 bis November 1978 die nach dem Versorgungsausgleich erhöhte Rente zu gewähren. In den Entscheidungsgründen wird im wesentlichen ausgeführt, nach § 1587 Abs. 2 i.V.m. § 1587 b BGB sei für den Ausgleich der Rentenanwartschaften das Ende der Ehezeit (30.6.1977) maßgeblich. Dem Gesetz könne nicht entnommen werden, daß die materiell-rechtliche Wirkung der Übertragung von Anwartschaften erst ab dem unbestimmten Tag der Rechtskraft eintreten solle. § 629 d. Zivilprozeßordnung (ZPO) und § 53 g des Gesetzes über die Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG), wonach in Scheidungsverfahren die Entscheidungen in Folgesachen nicht vor Rechtskraft des Scheidungsausspruches bzw. die den Versorgungsausgleich betreffenden Entscheidungen erst mit der Rechtskraft wirksam würden, hätten nur prozessuale Bedeutung hinsichtlich der Vollstreckbarkeit dieser Entscheidungen. Im übrigen bewahre nur das Abstellen auf das von dem Familiengericht bestimmte Ende der Ehezeit den ausgleichsberechtigten Ehepartner vor finanziellen Schäden, die durch eine lange Dauer des Scheidungsverfahrens eintreten könnten. Die Berufung gegen dieses Urteil wurde von dem Sozialgericht im Urteilstenor zugelassen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 4.2.1982 zugestellte Urteil am 11.2.1982 Berufung eingelegt.
Sie ist der Ansicht, als Zeitpunkt für die Rentenerhöhung könne nicht von dem vom Familiengericht festgesetzten Ende der Ehezeit am 30.6.1977 ausgegangen werden, da dieses Ehezeitende nur für die Berechnung des Versorgungsausgleiches gelte. Im übrigen verweist sie auf ihr bisheriges Vorbringen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 11. Januar 1982 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Wegen weiterer Einzelheiten sowie zum Vorbringen der Beteiligten im übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf den Inhalt der vom Senat beigezogenen Rentenakten der Beklagten, der Rentenakte der BfA über den Beigeladenen sowie die Akte des Familiengerichtes Bad Homburg v.d.H. (Az.: ), welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die vom Sozialgericht ausdrücklich zugelassene Berufung ist zulässig und begründet.
Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts ist der Bescheid der Beklagten vom 3.4.1980 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 13.4.1981, mit dem die Neufeststellung der Versichertenrente der Klägerin wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit vom 1.7.1977 bis zum 30.11.1978 abgelehnt worden ist, nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist zu einer Anrechnung der von dem Familiengericht übertragenen Anwartschaften auf den Rentenbezug in der Zeit vor der Rechtskraft des Urteils des Familiengerichtes nicht verpflichtet.
Die gesetzlichen Bestimmungen über die Übertragung des Versorgungsausgleiches enthalten keine ausdrückliche Regelung über den Zeitpunkt, ab dem dem Ausgleichsberechtigten die Rente aufgrund des durchgeführten Versorgungsausgleiches zu erhöhen ist (so auch Soergel/Schmeiduch, BGB Kommentar Bd. 5, § 1587 b RN 84). Insbesondere läßt sich eine solche Bestimmung des Zeitpunktes nicht dem § 1304 a RVO entnehmen, so daß der Zeitpunkt, ab dem die Rente zu erhöhen ist, nach den allgemeinen versicherungsrechtlichen Vorschriften zu bestimmen ist.
Nach § 1290 Abs. 1 Satz 1 RVO ist die – in diesem Fall erhöhte – Rente vom Ablauf des Monats an zu gewähren, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind. § 1290 Abs. 3 RVO ist für diese Fälle nicht anwendbar, da sowohl die Erhöhung wie auch die Minderung der Rente von Amts wegen erfolgt (Soergel/Schmeiduch, a.a.O. § 1587 b RN 88). Danach führt die Übertragung von Werteinheiten erst mit dem Ablauf des Monats zur Erhöhung der Rente, in dem die Entscheidung des Familiengerichts Rechtskraft erlangt, da der Eintritt der Rechtskraft eine Voraussetzung i.S. des § 1290 Abs. 1 Satz 1 RVO ist (allgemeine Meinung, vgl. Zweng/Scheerer, Handbuch der Rentenversicherung, 2. Aufl., 1981, § 1304 a S. 14; Ruland/Tiemann, Versorgungsausgleich und steuerliche Folgen der Ehescheidung, 1977, RN 396; Soergel/Schmeiduch, a.a.O. § 1587 b RN 75, RN 86 und § 1587 p RN 2; Maier, in Münchner Kommentar zum BGB Bd. 5, 1978, § 1587 p Anm. 2; Höhler/Troje in Alternativ-Kommentar zum BGB Bd. 5, 1981, § 1587 Anm. 22).
Die Richtigkeit dieser Ansicht ergibt sich aus dem Zusammenhang der gesetzlichen Vorschriften über den Eintritt der Wirksamkeit des rechtskräftigen Scheidungsurteils. So bestimmt § 629 d ZPO, daß die Entscheidungen in Folgesachen im Ehescheidungsverfahren nicht vor der Rechtskraft des Scheidungsausspruches wirksam werden. Sicherlich hat diese Vorschrift zunächst nur die prozessuale Bedeutung, die Vollstreckung aus den Entscheidungen in Folgesachen vor der Rechtskraft des Scheidungsausspruches zu verhindern. Aus dieser prozessualen Bedeutung des § 629 d ZPO kann aber nicht geschlossen werden, die Übertragung der Anwartschaftsrechte müsse für den Zeitpunkt des von dem Familiengericht bestimmten Endes der Ehezeit vorgenommen werden. § 629 d ZPO muß im Zusammenhang mit den übrigen Vorschriften über das Scheidungsverfahren gesehen werden und ist letztlich nur die Folge von § 1564 Satz 2 BGB, wonach die Ehe erst mit der Rechtskraft des Urteils gelöst ist und damit bis zu diesem Zeitpunkt als bestehend gilt. Da das Scheidungsurteil als ein Gestaltungsurteil die Auflösung der Ehe nur für die Zukunft ausspricht (Wolf, in Münchner Kommentar zum BGB 5. Bd., § 1564 RN 118; Lange-Klein, in Alternativ-Kommentar zum BGB Bd. 5, § 1564 Anm. 3), soll § 629 d ZPO lediglich die Wirksamkeit der Folgesachen von der Rechtskraft des Scheidungsurteils abhängig machen, wenn entgegen dem Regelfall nicht im Verbundverfahren entschieden wird. Dem gleichen Zweck dient speziell für den Versorgungsausgleich § 53 g des Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit (EGG), da das Verfahren über den Versorgungsausgleich sich nach den Vorschriften des FGG richtet. Mit beiden Vorschriften soll aber gerade verhindert werden, daß Entscheidungen, die nur die Rechtsfolgen einer rechtskräftigen Scheidung regeln, unabhängig von dem Scheidungsausspruch wirksam werden können. Wenn überhaupt aus dieser Regelung Rückschlüsse für den Zeitpunkt der Rentenerhöhung gezogen werden können, dann allenfalls der, daß Rentenanwartschaften, die die Versorgung des Ausgleichsberechtigten für die Zeit nach der Ehe sichern sollen, auch erst nach Auflösung der Ehe, also nach Rechtskraft des. Scheidungsurteils, wirksam werden können.
Der Bestimmung des Endes der Ehezeit durch das Familiengericht für die Berechnung des Versorgungsausgleiches gemäß § 1587 Abs. 2 BGB kommt demgegenüber im vorliegenden Fall keine Bedeutung zu. Insbesondere kann diese Bestimmung nicht als eine materiellrechtliche Rückverlegung des Ehezeitendes verstanden werden, da eine solche Auslegung § 1564 Satz 2 BGB widersprechen würde. Die Bestimmung des fiktiven Endes der Ehezeit durch das Familiengericht hat nur Bedeutung für die Berechnung des Versorgungsausgleichs. Aus diesem Grunde wird das Ende der Ehezeit nach § 1587 Abs. 2 BGB auch nur als Fiktion angesehen und dient der Begrenzung des Zeitraumes, bis zu dem die Versorgungsanrechte auszugleichen sind (vgl. Maier, a.a.O., § 1587 RN 14). Diese Fiktion gilt aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und im Interesse des Entscheidungsverbundes (vgl. Ruland/Tiemann, a.a.O., RN 133; Maier, a.a.O. § 1587 RN 14; Höhler/Troje, a.a.O. § 1587 Anm. 22). Wollte man der Bestimmung des Endes der Ehezeit gem. § 1587 Abs. 2 BGB darüber hinaus eine materiell-rechtliche Bedeutung zukommen lassen, verstieße dies nicht nur eindeutig gegen den Grundsatz des § 1564 Satz 2 BGB, sondern würde auch die Vorschriften über den Zeitpunkt des Eintritts der Wirksamkeit von Folgeentscheidungen völlig unverständlich erscheinen lassen.
Es ist zwar richtig, daß die vom Ende der Ehezeit bis zur Rechtskraft der Scheidung begründeten oder aufrecht erhaltenen Versorgungsrechte nicht ausgeglichen zu werden brauchen (vgl. Ruland/Tiemann, a.a.O., RN 134; BGH NJW 1980, 1161), die hierin liegende vermeintliche Ungerechtigkeit wird aber dadurch aufgefangen, daß für die Zeit des Scheidungsverfahrens Unterhaltsregelungen getroffen werden können (vgl. insbesondere § 1361 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Durchführung des Versorgungsausgleiches dient eben nur der Regelung der Versorgung für die Zeit nach der Ehe, nicht aber bereits für die Zeit ab Beginn des Scheidungsverfahrens bis zum rechtskräftigen Urteil.
Die während des Verfahrens unter den Beteiligten und vom Sozialgericht erörterte Anwendung von § 1587 p BGB ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig, da diese Vorschrift keinerlei Bestimmung über den Zeitpunkt enthält, ab dem die vom Familiengericht übertragenen Anwartschaften zu einer Rentenerhöhung oder Rentenminderung bei dem Ausgleichsberechtigten bzw. Ausgleichsverpflichteten führen soll, sondern nur dem Schutz des Versorgungsschuldners vor Doppelleistungen dient. Der bei der Auslegung dieser Vorschrift bestehende Streit, ob es für die Fristbestimmung des § 1587 p BGB auf den Eingang der Mitteilung des Familiengerichtes beim Rentenversicherungsträger über den Eintritt der Rechtskraft oder aber bereits auf den Eingang der in Rechtskraft erwachsenden Entscheidung ankommt (vgl. hierzu Soergel/Schmeiduch, a.a.O., § 1587 p RN 2, Sozialgericht Marburg vom 14.10.1980 in SozVers. 1980, 335 mit zustimmender Anmerkung von Gräßer und Sozialgericht Aachen vom 15.5.1981 in SozR 1981, 218 mit ablehnender Anmerkung von Schmeiduch), ist für den vorliegenden Fall unbeachtlich, da hierüber kein Streit besteht. Immerhin läßt sich aber auch aus dieser Diskussion entnehmen, daß jedenfalls kein Zweifel darüber besteht, daß eine Rentenerhöhung oder Rentenminderung für die Zeit vor der Rechtskraft der Ehescheidung des Familiengerichtes vom Rentenversicherungsträger nicht vorzunehmen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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