Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 2936/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 4509/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 3. August 2007 geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vom 23. Juli 2007 bis zum 31. Dezember 2007 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in gesetzlicher Höhe vorläufig zu gewähren.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt N. H. , P. , bewilligt. Es sind keine Raten auf die Prozesskosten zu entrichten.
Gründe:
Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers, der das Sozialgericht Reutlingen (SG) nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist zulässig und in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang auch begründet.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).
Vorliegend kommt, da es dem Antragsteller ersichtlich um die Regelung eines vorläufigen Rechtszustandes geht, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164 (beide auch in juris; jeweils m.w.N.)). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. schon Beschluss vom 15. Juni 2005 - L 7 SO 1594/05 ER-B - (juris) unter Verweis auf Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NVw Z 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) u. U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Antragsteller vorzunehmen (vgl. schon Senatsbeschluss vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - (juris) unter Hinweis auf BVerfG NVwZ 1997, 479; NVwZ 2005, 927; ferner Puttler in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), 2. Auflage, § 123 Rdnrn. 79, 96, 100; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, 3. Auflage, Rdnrn. 15, 25). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 - a.a.O. und vom 17. August 2005 - a.a.O.; Puttler in Sodan/Ziekow, a.a.O., Rdnr. 78; Funke-Kaiser in Bader u.a., a.a.O., Rdnr. 62 (alle m.w.N.)).
Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung, welche der Antragsteller erst ab Rechtshängigkeit des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens erstrebt (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und vom 28. März 2007 - L 7 AS 1214/07 ER-B - (juris)), vor.
In Bezug auf die den Kern der vorliegenden Streitigkeit bildende Frage, ob dem Antragsteller Leistungen nach dem SGB II zustehen, ist beim SG ein Klageverfahren anhängig (S 2 AS 2952/07), dessen voraussichtlicher Ausgang noch nicht abschließend beurteilt werden kann. Unabhängig davon spricht allerdings bei summarischer Prüfung vieles dafür, dass die Ausschlussvorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht eingreift mit der Folge, dass ein Leistungsanspruch gegenüber dem Antragsgegner glaubhaft gemacht ist.
Zwar dürfte das SG in dem angefochtenen Beschluss zu Recht davon ausgegangen sein, dass der Antragsteller ausschließlich nach § 2 Abs. 2 Freizügigkeitsgesetz-EU (Freizüg/EU) im Hinblick auf die Arbeitssuche zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist; auf die Ausführungen des SG wird insoweit Bezug genommen. Allerdings vertritt der Senat entgegen dem SG die Auffassung, dass die Bestimmung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II für Unionsbürger wie den Antragsteller als italienischer Staatsangehöriger im Lichte des Gemeinschaftsrechts, insbesondere des in Art. 12 EGV enthaltenen Diskriminierungsverbots betreffend die Staatsangehörigkeit auszulegen ist (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 17. September 2007 – L 7 SO 3970/07 ER-B -). In dem genannten Beschluss hat der Senat ausgeführt, es könne dahinstehen, ob der Ausschluss von arbeitsuchenden Unionsbürgern überhaupt mit dem EU-Recht vereinbar sei (vgl. dazu Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. April 2007 - L 19 B 116/07 AS ER -; Brühl/Schoch in: LPK SGB II, 2. Auflage, § 7 Rdnrn 19 und 27; Valgolio in: Hauck/Noftz, SGB II, § 7 Rdnr 30; Winkel, Soziale Sicherheit 3/2006, S 103, 104; Schreiber, ZESAR 11-12/2006, S 423, 430). Denn bei der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung teilt der Senat die Auffassung, dass unter Beachtung des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts jedenfalls eine restriktive Auslegung und Anwendung der Bestimmung veranlasst ist in der Weise, dass ein Unionsbürger, der die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erfüllt und zur Aufnahme einer Beschäftigung keiner Arbeitsgenehmigung nach § 284 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) bedarf (§§ 2 Abs 2, 13 FreizügG/EU 2004), nicht zu dem Personenkreis gehört, der gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der ab dem 1. April 2006 geltenden Fassung vom Bezug von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen werden soll, wenn er nicht erstmals zur Arbeitssuche in die Bundesrepublik Deutschland einreist, sondern nach einem Auslandsaufenthalt wieder zurückkehrt (Senatsbeschluss vom 17. September 2007, a.a.O; ebenso LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25. Juli 2007 - L 6 AS 444/07 ER -, juris; vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. April 2007 - L 19 B 116/07 AS ER -, SAR 2007, 74-76, wonach für Ausländer, die Unionsbürger sind, kein Leistungsausschluss besteht, jedenfalls nicht nach Ablauf eines dreimonatigen rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet).
Hiervon ausgehend kommt ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II mit Blick darauf, dass sich der Antragsteller bis 2003 mehrere Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hat - was er inzwischen durch die Vorlage von Verdienstbescheinigungen sowie Bescheiden über die Bewilligung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe glaubhaft gemacht hat - bevor er in sein Heimatland Italien ausreiste, um am 23. April 2007 in das Bundesgebiet zurückzukehren, voraussichtlich nicht in Betracht. Vielmehr dürfte ein Leistungsanspruch gegenüber dem Antragsgegner auf Gewährung von SGB II-Leistungen in gesetzlicher Höhe bestehen.
Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Antragsteller neben den Unterkunftskosten im vorliegenden Verfahren (lediglich) die Gewährung des ungekürzten gesetzlichen Regelsatzes und damit existenzsichernde Leistungen begehrt, sind auch an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes keine überhöhten Anforderungen zu stellen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger bisher überhaupt keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erhalten hat.
Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass kein Raum für eine Unterschreitung der gesetzlichen Regelsatzleistungen, wie dies unter Gewährung von SGB XII-Leistungen realisiert worden war, sein dürfte (vgl. Senatsbeschluss vom 17. September 2007, a.a.O.).
Der Antragsgegner war daher im Wege der einstweiligen Anordnung zur Leistungsgewährung im gesetzlichen Umfang zu verpflichten. Dabei hat der Senat von dem ihm nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 938 Abs. 1 der Zivilprozessordnung zustehenden freien Ermessen dahingehend Gebrauch gemacht, dass er den Zeitraum der einstweiligen Anordnung auf die Zeit bis Ende Dezember 2007 begrenzt hat. Bis dahin dürfte hinreichend Gelegenheit bestehen, die Ansprüche des Antragstellers im Rahmen des anhängigen Hauptsacheverfahrens einer abschließenden Prüfung zu unterziehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG (vgl. BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 6).
Aus den oben dargestellten Gründen liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des benannten Rechtsanwalts nach § 173a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung vor.
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt N. H. , P. , bewilligt. Es sind keine Raten auf die Prozesskosten zu entrichten.
Gründe:
Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers, der das Sozialgericht Reutlingen (SG) nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist zulässig und in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang auch begründet.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).
Vorliegend kommt, da es dem Antragsteller ersichtlich um die Regelung eines vorläufigen Rechtszustandes geht, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164 (beide auch in juris; jeweils m.w.N.)). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. schon Beschluss vom 15. Juni 2005 - L 7 SO 1594/05 ER-B - (juris) unter Verweis auf Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NVw Z 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) u. U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Antragsteller vorzunehmen (vgl. schon Senatsbeschluss vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - (juris) unter Hinweis auf BVerfG NVwZ 1997, 479; NVwZ 2005, 927; ferner Puttler in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), 2. Auflage, § 123 Rdnrn. 79, 96, 100; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, 3. Auflage, Rdnrn. 15, 25). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 - a.a.O. und vom 17. August 2005 - a.a.O.; Puttler in Sodan/Ziekow, a.a.O., Rdnr. 78; Funke-Kaiser in Bader u.a., a.a.O., Rdnr. 62 (alle m.w.N.)).
Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung, welche der Antragsteller erst ab Rechtshängigkeit des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens erstrebt (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und vom 28. März 2007 - L 7 AS 1214/07 ER-B - (juris)), vor.
In Bezug auf die den Kern der vorliegenden Streitigkeit bildende Frage, ob dem Antragsteller Leistungen nach dem SGB II zustehen, ist beim SG ein Klageverfahren anhängig (S 2 AS 2952/07), dessen voraussichtlicher Ausgang noch nicht abschließend beurteilt werden kann. Unabhängig davon spricht allerdings bei summarischer Prüfung vieles dafür, dass die Ausschlussvorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht eingreift mit der Folge, dass ein Leistungsanspruch gegenüber dem Antragsgegner glaubhaft gemacht ist.
Zwar dürfte das SG in dem angefochtenen Beschluss zu Recht davon ausgegangen sein, dass der Antragsteller ausschließlich nach § 2 Abs. 2 Freizügigkeitsgesetz-EU (Freizüg/EU) im Hinblick auf die Arbeitssuche zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist; auf die Ausführungen des SG wird insoweit Bezug genommen. Allerdings vertritt der Senat entgegen dem SG die Auffassung, dass die Bestimmung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II für Unionsbürger wie den Antragsteller als italienischer Staatsangehöriger im Lichte des Gemeinschaftsrechts, insbesondere des in Art. 12 EGV enthaltenen Diskriminierungsverbots betreffend die Staatsangehörigkeit auszulegen ist (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 17. September 2007 – L 7 SO 3970/07 ER-B -). In dem genannten Beschluss hat der Senat ausgeführt, es könne dahinstehen, ob der Ausschluss von arbeitsuchenden Unionsbürgern überhaupt mit dem EU-Recht vereinbar sei (vgl. dazu Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. April 2007 - L 19 B 116/07 AS ER -; Brühl/Schoch in: LPK SGB II, 2. Auflage, § 7 Rdnrn 19 und 27; Valgolio in: Hauck/Noftz, SGB II, § 7 Rdnr 30; Winkel, Soziale Sicherheit 3/2006, S 103, 104; Schreiber, ZESAR 11-12/2006, S 423, 430). Denn bei der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung teilt der Senat die Auffassung, dass unter Beachtung des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts jedenfalls eine restriktive Auslegung und Anwendung der Bestimmung veranlasst ist in der Weise, dass ein Unionsbürger, der die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erfüllt und zur Aufnahme einer Beschäftigung keiner Arbeitsgenehmigung nach § 284 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) bedarf (§§ 2 Abs 2, 13 FreizügG/EU 2004), nicht zu dem Personenkreis gehört, der gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der ab dem 1. April 2006 geltenden Fassung vom Bezug von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen werden soll, wenn er nicht erstmals zur Arbeitssuche in die Bundesrepublik Deutschland einreist, sondern nach einem Auslandsaufenthalt wieder zurückkehrt (Senatsbeschluss vom 17. September 2007, a.a.O; ebenso LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25. Juli 2007 - L 6 AS 444/07 ER -, juris; vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. April 2007 - L 19 B 116/07 AS ER -, SAR 2007, 74-76, wonach für Ausländer, die Unionsbürger sind, kein Leistungsausschluss besteht, jedenfalls nicht nach Ablauf eines dreimonatigen rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet).
Hiervon ausgehend kommt ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II mit Blick darauf, dass sich der Antragsteller bis 2003 mehrere Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hat - was er inzwischen durch die Vorlage von Verdienstbescheinigungen sowie Bescheiden über die Bewilligung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe glaubhaft gemacht hat - bevor er in sein Heimatland Italien ausreiste, um am 23. April 2007 in das Bundesgebiet zurückzukehren, voraussichtlich nicht in Betracht. Vielmehr dürfte ein Leistungsanspruch gegenüber dem Antragsgegner auf Gewährung von SGB II-Leistungen in gesetzlicher Höhe bestehen.
Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Antragsteller neben den Unterkunftskosten im vorliegenden Verfahren (lediglich) die Gewährung des ungekürzten gesetzlichen Regelsatzes und damit existenzsichernde Leistungen begehrt, sind auch an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes keine überhöhten Anforderungen zu stellen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger bisher überhaupt keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erhalten hat.
Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass kein Raum für eine Unterschreitung der gesetzlichen Regelsatzleistungen, wie dies unter Gewährung von SGB XII-Leistungen realisiert worden war, sein dürfte (vgl. Senatsbeschluss vom 17. September 2007, a.a.O.).
Der Antragsgegner war daher im Wege der einstweiligen Anordnung zur Leistungsgewährung im gesetzlichen Umfang zu verpflichten. Dabei hat der Senat von dem ihm nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 938 Abs. 1 der Zivilprozessordnung zustehenden freien Ermessen dahingehend Gebrauch gemacht, dass er den Zeitraum der einstweiligen Anordnung auf die Zeit bis Ende Dezember 2007 begrenzt hat. Bis dahin dürfte hinreichend Gelegenheit bestehen, die Ansprüche des Antragstellers im Rahmen des anhängigen Hauptsacheverfahrens einer abschließenden Prüfung zu unterziehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG (vgl. BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 6).
Aus den oben dargestellten Gründen liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des benannten Rechtsanwalts nach § 173a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung vor.
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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