Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 26 R 14/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 255/07
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Witwenrente. Streitig ist, ob hier eine anspruchsausschließende "Versorgungsehe" angenommen werden kann oder ausgeschlossen werden kann.
Die Klägerin ist 1942 geboren. Ihr Ehemann, Herr F, war 1948 geboren. Sie und er kannten sich seit ca. 1989, nach den Angaben der Klägerin. Herr F arbeitete zuletzt 1995 als Arbeiter. Seitdem war er arbeitslos gemeldet. Am 18.12.2003 wurde er arbeitsunfähig krank geschrieben, wegen Feststellung von Kehlkopf-Krebs (Larynx-Karzinom), bis in den Zungengrund, und wegen Verdacht auf Metastasen in anderen Körperbereichen (Bl. 7 des medizinischen Teils der Verwaltungsakte).
Am 06.05.2004 beantragte Herr F Erwerbsminderungsrente bei der Beklagten. Diese Rente wurde ihm nach Zuziehung von Arztberichten (Bl. 4 bis 12 des medizinischen Teils der Verwaltungsakte) mit Bescheid der Beklagten vom 21.07.2004 bewilligt, als Dauerrente, basierend auf einem Versicherungsfall vom 18.12.2003 (Beginn der Krankschreibung).
Am 18.11.2004 schlossen die Klägerin und Herr F standesamtlich die Ehe. Zu diesem Zeitpunkt erhielt sie eine Rente aus eigener Versicherung von ca. 643,- Euro und einen Zuschuss des Sozialamtes vom 109,- Euro, und ihr Ehemann erhielt weiterhin die Erwerbsminderungsrente in Höhe von ca. 531,- Euro.
Am 25.12.2004 starb Herr F an den Folgen der Krebserkrankung.
Am 01.02.2005 stellte die Klägerin einen Antrag auf Witwenrente. Die Beklagte zog die ärztlichen Unterlagen bei, die sie schon bei der Prüfung und Bewilligung der Erwerbsminderungsrente für Herrn F vorliegen hatte, und die damalige Stellungnahme des Beratungsärztlichen Dienstes (Bl. 13 - 17 des medizinischen Teils der Verwaltungsakte). Daraufhin schrieb sie der Klägerin, dass Anspruch auf eine Witwenrente grundsätzlich nur bestehe, wenn die Ehe mindestens ein Jahr gedauert habe. Bei einer kürzeren Ehedauer könne ein Rentenanspruch nur entstehen, wenn nachgewiesen werde, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat nicht die Begründung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung gewesen sei. Dafür könnten Umstände sprechen wie plötzlicher unvorhersehbarer Tod, Heirat zur Sicherung der Betreuung und Pflege des anderen Ehegatten, wenn der Tod auf absehbare Zeit bei Eheschließung nicht zu erwarten gewesen sei, bei Eheschließung nicht vorhersehbare tödliche Folgen einer Erkrankung, Vorhandensein gemeinsamer Kinder oder Erziehung eines minderjährigen Kindes des Verstorbenen. Die Beklagte gab der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Klägerin antwortete daraufhin: "Mein Mann und ich wussten, dass er unheilbar krank war, aber die Ärzte wussten auch nicht, wie lange er noch zu leben hatte. Ich hatte vorher eine eigene Wohnung, die ich nicht nutzen konnte, aber Miete zahlen musste. Ich war trotzdem ein Jahr Tag und Nacht bei meinem Mann, bis mein Mann sagte, wir sollten heiraten und ich sollte meine Wohnung kündigen. Ohne Hilfe Tag und Nacht konnte mein Man nicht sein."
Mit Bescheid vom 20.04.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Witwenrente ab. Zur Begründung führte sie aus, nach § 46 des Sozialgesetzbuches (SGB VI) hätten zwar Witwen grundsätzlich Anspruch auf Witwenrente. Ein solcher Anspruch sei aber nach § 46 Abs. 2 a SGB VI ausgeschlossen, wenn eine nach 2001 geschlossene Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt sei, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat gewesen sei, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Das Gesetz unterstelle also, dass Ziel der Eheschließung die Erlangung von Hinterbliebenenversorgung gewesen sei, wenn ein Ehegatte innerhalb eines Jahres nach Eheschließung verstorben sei wie hier. Diese gesetzliche Vermutung könne zwar widerlegt werden. Aufgrund der Todesursache und dem Wissen (der Klägerin und ihres Ehemannes) über die Erkrankung sei von einem solchen Umstand aber nicht auszugehen.
Dagegen legte die Klägerin am 23.05.2005 Widerspruch ein ohne nähere Begründung. Die Beklagte holte daraufhin noch weitere ärztliche Berichte ein, aus dem Zeitraum 03.11.2003 bis 19.10.2004 (also bis einen Monat vor der Eheschließung).
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.12.2005 wies dann die Beklagte nach Auswertung und Prüfung durch den Beratungsärztlichen Dienst der Beklagten den Widerspruch gegen die Rentenablehnung zurück, blieb also bei ihrer Ablehnung. Zur Begründung führte sie ergänzend aus: Für eine Versorgungsehe spreche das Vorliegen einer schweren Erkrankung zum Zeitpunkt der Eheschließung. Die ärztlichen Unterlagen belegten eine kontinuierliche und schließlich dramatische Verschlechterung in den gesundheitlichen Verhältnissen des inzwischen verstorbenen Versicherten. Die im November 2004 kurz vor dem Todestag geschlossene Ehe sei aus beratungsärztlicher Sicht eine sogenannte Versorgungsehe gewesen, denn Art und Schwere der vorliegenden Erkrankung dürften dem mittlerweile Verstorbenen ausreichend bewusst gewesen sein. Weitere Widerlegungsgründe seien nicht nachgewiesen worden. Nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast seien die besonderen Umstände für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung von der Klägerin selbst darzulegen und zu beweisen, bei Nichterweisbarkeit solcher Widerlegungsgründe sei im Zweifel der Antrag auf Witwenrente abzulehnen. Hier sei also davon auszugehen, dass nicht nachgewiesen worden sei, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat nicht die Schließung einer Versorgungsehe gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 13.01.2006 per Fax Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben.
Zur Begründung vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen, auf das sie Bezug nimmt. Ergänzend trägt sie vor, sie und ihr Mann hätten sich schon seit ca. 15 Jahren gekannt und hätten in dauerndem engen Kontakt miteinander gestanden. Sie hätten bereits viele Jahre in einer gemeinsamen Wohnung gelebt und eine Eheschließung zu einem früheren Zeitpunkt nur deshalb nicht vorgenommen, weil sie und ihr Mann aufgrund früherer gescheiterter Ehen den anderen hätten diesbezüglich nicht einengen wollen. Ihnen sei jedoch schon seit mehr als 12 - 13 Jahren klar gewesen, dass sie ihr weiteres Leben gemeinsam verbringen wollen. Außerdem habe sie zeitweilig auch von einer Heirat Abstand genommen werden einer psychischen Erkrankung, die sie erst durchzustehen hatte. Trotzdem und trotz einer vorübergehenden räumlichen Trennung sei das Verhältnis zwischen ihr und ihrem Ehemann schon damals von tiefer Zuneigung geprägt gewesen. Endgültig und ausschließlich habe sie die Wohnung ihres Mannes wieder seit dessen Erkrankung im Dezember 2003 bewohnt und sich von diesem Zeitpunkt an durchgängig wieder in der Wohnung ihres Mannes aufgehalten und ihn von diesem Zeitpunkt an auch gepflegt. Eine Heirat sogleich im Dezember 2003 oder Anfang 2004 sei lediglich an den Behandlungen ihres Ehemannes gescheitert bzw. deshalb verschoben worden. Zwar sei ihr und ihrem Ehemann die ernsthafte Erkrankung von Herrn F klar gewesen. Es hätte aber keine Rede davon sein können, dass die Krankheit für ihn lebensbedrohlich sei und deshalb er mit einem baldigen Ableben werde rechnen müssen. Durch Erfolge der ärztlichen Behandlung wie auch aufgrund konkreter Heiratspläne sei es dem Verstorbenen sichtlich besser gegangen und im Spätsommer sei man von Stabilisierung nach angeschlagener Behandlung ausgegangen und hätte auch Zukunftspläne geschmiedet. Der Tod am 25.12.2004 sei dann völlig überraschend eingetreten, zu einem Zeitpunkt, an dem es dem Verstorbenen wieder besser gegangen sei. Außerdem sei ihr Fall mit dem des Sozialgerichts Koblenz vom 14.09.2005 vergleichbar, wo finanzielle und medizinische Aspekte auch gegen eine Versorgungsehe gesprochen hätten.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2005 zu verurteilen, ihr eine Witwenrente nach § 46 Sozialgesetzbuch VI aus der Versicherung des F nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte nimmt Bezug auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Zur Klagebegründung erwidert sie noch, für sie sei von entscheidender Bedeutung die Frage, ob zum Zeitpunkt der Eheschließung im November 2004 schon absehbar gewesen sei, dass der Ehemann innerhalb eines Jahres versterben würde. Dies würde nicht nur durch die eingeholten Berichte bestätigt, sondern auch durch das erst im Klageverfahren vorgelegte handschriftliche Schreiben der Klägerin vom 25.06.2005 (Bl. 17 ff. der Gerichtsakte). Dort schildere sie selbst den dramatischen Verlauf seit Feststellung des bösartigen Tumorleidens seit Dezember 2003. Sie selbst formuliere ausdrücklich, dass sie "den Verfall eines Menschen habe mit ansehen müssen", die "Leiden seien nicht in Worte zu fassen gewesen". Zuletzt habe ihr Ehemann nicht mehr gehen, sprechen und essen können und sei nach mehrfachen stationären Aufenthalten schließlich am 25. Dezember 2004 "durch den Tod erlöst" worden. Der Tod könne damit nicht völlig überraschend eingetreten sein. Selbstverständlich sei nur, dass der genaue Tag des Todes nicht habe abgesehen werden können; es hätte aber vorhergesehen werden können, dass Herrn F eine längere Lebenszeit bereits im November 2004 nicht mehr vergönnt sein würde. Auch der Vortrag des Bevollmächtigten, beide Eheleute seien "davon überzeugt gewesen, dass die Krankheit des Herrn F weitestgehend zum Stillstand gebracht worden sei und dass man sich auf weitere Lebenszeit habe einstellen können", werde durch den Vortrag der Klägerin im genannten Schreiben widerlegt. Außerdem sei mit der Klageschrift vorgetragen worden, dass die Klägerin und der Verstorbene vorübergehend räumlich getrennt gelebt hätten (vor Dezember 2003), was auch gegen eine schon früher bestehende Lebensgemeinschaft spreche, die man dann habe in eine Ehe übergehen lassen wollen. Außerdem habe sich anders als in dem zitierten Urteil des Sozialgerichts Koblenz die Erkrankung des verstorbenen Versicherten nach Dezember 2003 nicht wirklich stabilisiert, was aus den Berichten und Stellungnahmen des Beratungsärztlichen Dienstes ergebe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht erhoben.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn die angefochtenen Verwaltungsakte der Beklagten, nämlich der Bescheid vom 20.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2005, sind nicht rechtswidrig und beschweren die Klägerin nicht i.S.v. § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), weil die Beklagte mit diesen Bescheiden zu Recht die Gewährung einer Witwenrente abgelehnt hat. Der dahingehenden begehrten Verpflichtung der Beklagten (§ 54 Abs. 4 SGG) war damit nicht zu entsprechen.
Zur Meidung unnötiger Wiederholungen nimmt das Sozialgericht Düsseldorf gemäß § 136 Abs.3 SGG Bezug auf die Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden, erklärt sie für richtig und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Insbesondere hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden auch den Wortlaut des maßgeblichen § 46 Abs. 2 a SGB VI wiedergegeben, also unter welchen Voraussetzungen ein Witwenrentenanspruch nicht besteht, wenn die Ehe - wie hier - bis zum Tode kein Jahr bestanden hat.
Ergänzend führt das Sozialgericht noch folgendes aus:
Weder das Sozialgericht noch die Beklagte machen der Klägerin den Vorwurf, sie habe bewusst eine Versorgungsehe eingehen wollen und nur zu diesem Zweck den Verstorbenen geheiratet; weder das Sozialgericht noch die Beklagte behaupten, die Klägerin habe die Ehe nur zum Zweck ihrer eigenen Versorgung eingehen wollen. Die Ablehnung einer Witwenrente erfolgt vielmehr deshalb, weil die Klägerin nicht das Gegenteil hat schlüssig und zweifelsfrei nachweisen können, also dass "die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen". Denn das Gesetz stellt bei Ehen, die bis zum Tod kein Jahr gedauert haben, für den Regelfall nun einmal die Vermutung auf, dass solche Ehen mit dem Primärziel der Hinterbliebenenversorgung geschlossen wurden und legt - wie schon früher in der Unfallversicherung und oft auch in der betrieblichen Altersversorgung - den Hinterbliebenen die Beweislast dafür auf, dass die Hinterbliebenenversorgung nicht im Vordergrund bei der Eheschließung gestanden habe. Ein solcher Nachweis ist der Klägerin nach Lage der bisherigen medizinischen Unterlagen und nach Lage ihres bisherigen Vortrages hier nicht gelungen. Maßgeblich für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung sind die besonderen Umstände des Einzelfalls von Bedeutung, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund schließen lassen. Im Sinne der Klägerin mag für eine nicht von Versorgungsmotiven bestimmte Ehe sprechen, dass es nach ihrem Vortrag zwischen ihr und ihrem Ehemann schon früher eine persönliche Beziehung gab, dass sie für ihn ab dem Zeitpunkt seiner schweren Erkrankung eine Hilfe sein wollte und dass sie sich auch seit Dezember 2003 zeitintensiv und liebevoll um ihn kümmerte; für eine nicht von Versorgungsmotiven bestimmte Ehe mag auch sprechen, dass die Klägerin selbst zum Zeitpunkt der Eheschließung eine eigene Rente von 643,- Euro bekam, nebst einem Zuschuss des Sozialamtes, und somit etwas höhere Einkünfte als der Versicherte selbst hatte. Für eine überwiegend von Versorgungsmotiven bestimmte Ehe sprechen aber schwerer wiegende, insbesondere medizinische Kriterien, die die Rechtsprechung hier entwickelt hat, und auf die die Beklagte zutreffend hingewiesen hat. So hat die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen erst seit dem 18.12.2003 bei Bekanntwerden der schweren Erkrankung wieder zusammen mit Herrn F gelebt, während sie zuvor eine eigene Wohnung hatte; die eigene Wohnung hatte sie offenbar auch erst bei Eheschließung im November 2004 aufgegeben. Als die Ehe im November 2004 dann standesamtlich geschlossen wurde, bestanden auch keine ernsthaft begründeten Aussichten, dass ein Tod von Herrn F auf absehbare Zeit nicht zu erwarten war. Vielmehr spricht gerade die durch ärztliche Berichte dokumentierte Krankengeschichte für eine permanente Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Verstorbenen und ein Leiden, das sich nicht mehr bessern würde, sondern bald zum Tode führen würde. So wurde im Dezember 2003 bei dem Verstorbenen Kehlkopf-Krebs festgestellt mit schon hochgradigem Verdacht auf Metastasen im ganzen Körper (Bl. 7 des medizinischen Teils der Verwaltungsakte). Der Arztbericht vom 02.02.2004 bestätigt das (Bl. 23 ff. dort). Ein weiterer Arztbericht vom 02.06.2004 des Lukaskrankenhauses (Bl. 26 f.) dokumentiert, dass der ursprüngliche Kehlkopf-Krebs auch schon im Zeitraum von Januar bis Mai 2004 dahingehend metastasierte, dass daraus sogar ein Oropharynx-Karzinom wurde, also sogar Mundraumkrebs im gesamten Mund- und Rachenraum mit Übergang in den Mundboden und sogar in die Halsmuskulatur (Bl. 26 f dort). Die Behandlung im Zeitraum von Januar bis Mai 2004 vertrug Herr F auch leider schlecht, es war normales Essen und Schlucken nicht mehr möglich und parenterale Grundernährung wurde notwendig, allenfalls Breikost konnte Herr F noch zu sich nehmen (so auch der Bericht vom 03.08.2004 des Lukaskrankenhauses Bl. 29). Hinzu kam dann auch noch ein Prostata-Karzinom (Bl. 26). Schluckbeschwerden blieben bzw. verstärkten sich noch bei jetzt auch Verdacht auf Residualtumor (Bericht vom 03.08.2004 Bl. 29). Der Bericht des Lukaskrankenhauses vom 22.09.2004 über weitere stationäre Behandlungen berichtet - entgegen dem Vorbringen des Bevollmächtigten - über kontinuierliche weiter fortschreitende Verschlechterung des Allgemeinzustandes, hinzu kommt weiter Husten mit gelblichem Auswurf und fortschreitender Gewichtsverlust. Der im Monat vor der Eheschließung verfasste Arztbericht des Lukaskrankenhauses vom 22.10.2004 (Bl. 33 f. ) spricht von weiter deutlichem Tumor-Progreß, jetzt auch massiv reduziertem Allgemeinzustand, im Bereich der Zunge sei es auch zu einer massiven Schwellung gekommen. Es kam sogar im Oktober 2004 zu einem Zwischenfall: Während des stationären Verlaufes fiel der Verstorbene sitzend im Bett aus dem Bett auf den Kopf, weil er sich kaum noch halten konnte. All dies unterstreicht medizinisch doch wirklich, was die Klägerin selbst in ihrem handschriftlich verfassten Schreiben Bl. 18 ff. der Gerichtsakte ausführte, nämlich dass sie den Verfall eines Menschen miterlebt habe, bis er schließlich vom Tod erlöst worden sei. Bei dieser Sachlage ist zwar menschlich anzuerkennen, dass die Klägerin einen todkranken Menschen seit Dezember 2003 umfassend versorgt hat, doch kann dies die gesetzliche Vermutung der Eingehung der Ehe mit im Vordergrund stehenden Versorgungsmotiven nicht widerlegen, insbesondere weil bei Eingehung der Ehe erst im November 2004 nicht mehr von den beteiligten Eheleuten damit gerechnet werden konnte, dass Herr F noch lange würde leben können; die Unheilbarkeit der vielfach metastasierten Krebserkrankung war der Klägerin und ihrem Ehemann ausweislich der eigenen Erklärung der Klägerin vom 21.03.2005 (Bl. 75 der Rentenakte) bewusst. Nur die taggenaue Feststellung war nicht möglich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Witwenrente. Streitig ist, ob hier eine anspruchsausschließende "Versorgungsehe" angenommen werden kann oder ausgeschlossen werden kann.
Die Klägerin ist 1942 geboren. Ihr Ehemann, Herr F, war 1948 geboren. Sie und er kannten sich seit ca. 1989, nach den Angaben der Klägerin. Herr F arbeitete zuletzt 1995 als Arbeiter. Seitdem war er arbeitslos gemeldet. Am 18.12.2003 wurde er arbeitsunfähig krank geschrieben, wegen Feststellung von Kehlkopf-Krebs (Larynx-Karzinom), bis in den Zungengrund, und wegen Verdacht auf Metastasen in anderen Körperbereichen (Bl. 7 des medizinischen Teils der Verwaltungsakte).
Am 06.05.2004 beantragte Herr F Erwerbsminderungsrente bei der Beklagten. Diese Rente wurde ihm nach Zuziehung von Arztberichten (Bl. 4 bis 12 des medizinischen Teils der Verwaltungsakte) mit Bescheid der Beklagten vom 21.07.2004 bewilligt, als Dauerrente, basierend auf einem Versicherungsfall vom 18.12.2003 (Beginn der Krankschreibung).
Am 18.11.2004 schlossen die Klägerin und Herr F standesamtlich die Ehe. Zu diesem Zeitpunkt erhielt sie eine Rente aus eigener Versicherung von ca. 643,- Euro und einen Zuschuss des Sozialamtes vom 109,- Euro, und ihr Ehemann erhielt weiterhin die Erwerbsminderungsrente in Höhe von ca. 531,- Euro.
Am 25.12.2004 starb Herr F an den Folgen der Krebserkrankung.
Am 01.02.2005 stellte die Klägerin einen Antrag auf Witwenrente. Die Beklagte zog die ärztlichen Unterlagen bei, die sie schon bei der Prüfung und Bewilligung der Erwerbsminderungsrente für Herrn F vorliegen hatte, und die damalige Stellungnahme des Beratungsärztlichen Dienstes (Bl. 13 - 17 des medizinischen Teils der Verwaltungsakte). Daraufhin schrieb sie der Klägerin, dass Anspruch auf eine Witwenrente grundsätzlich nur bestehe, wenn die Ehe mindestens ein Jahr gedauert habe. Bei einer kürzeren Ehedauer könne ein Rentenanspruch nur entstehen, wenn nachgewiesen werde, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat nicht die Begründung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung gewesen sei. Dafür könnten Umstände sprechen wie plötzlicher unvorhersehbarer Tod, Heirat zur Sicherung der Betreuung und Pflege des anderen Ehegatten, wenn der Tod auf absehbare Zeit bei Eheschließung nicht zu erwarten gewesen sei, bei Eheschließung nicht vorhersehbare tödliche Folgen einer Erkrankung, Vorhandensein gemeinsamer Kinder oder Erziehung eines minderjährigen Kindes des Verstorbenen. Die Beklagte gab der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Klägerin antwortete daraufhin: "Mein Mann und ich wussten, dass er unheilbar krank war, aber die Ärzte wussten auch nicht, wie lange er noch zu leben hatte. Ich hatte vorher eine eigene Wohnung, die ich nicht nutzen konnte, aber Miete zahlen musste. Ich war trotzdem ein Jahr Tag und Nacht bei meinem Mann, bis mein Mann sagte, wir sollten heiraten und ich sollte meine Wohnung kündigen. Ohne Hilfe Tag und Nacht konnte mein Man nicht sein."
Mit Bescheid vom 20.04.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Witwenrente ab. Zur Begründung führte sie aus, nach § 46 des Sozialgesetzbuches (SGB VI) hätten zwar Witwen grundsätzlich Anspruch auf Witwenrente. Ein solcher Anspruch sei aber nach § 46 Abs. 2 a SGB VI ausgeschlossen, wenn eine nach 2001 geschlossene Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt sei, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat gewesen sei, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Das Gesetz unterstelle also, dass Ziel der Eheschließung die Erlangung von Hinterbliebenenversorgung gewesen sei, wenn ein Ehegatte innerhalb eines Jahres nach Eheschließung verstorben sei wie hier. Diese gesetzliche Vermutung könne zwar widerlegt werden. Aufgrund der Todesursache und dem Wissen (der Klägerin und ihres Ehemannes) über die Erkrankung sei von einem solchen Umstand aber nicht auszugehen.
Dagegen legte die Klägerin am 23.05.2005 Widerspruch ein ohne nähere Begründung. Die Beklagte holte daraufhin noch weitere ärztliche Berichte ein, aus dem Zeitraum 03.11.2003 bis 19.10.2004 (also bis einen Monat vor der Eheschließung).
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.12.2005 wies dann die Beklagte nach Auswertung und Prüfung durch den Beratungsärztlichen Dienst der Beklagten den Widerspruch gegen die Rentenablehnung zurück, blieb also bei ihrer Ablehnung. Zur Begründung führte sie ergänzend aus: Für eine Versorgungsehe spreche das Vorliegen einer schweren Erkrankung zum Zeitpunkt der Eheschließung. Die ärztlichen Unterlagen belegten eine kontinuierliche und schließlich dramatische Verschlechterung in den gesundheitlichen Verhältnissen des inzwischen verstorbenen Versicherten. Die im November 2004 kurz vor dem Todestag geschlossene Ehe sei aus beratungsärztlicher Sicht eine sogenannte Versorgungsehe gewesen, denn Art und Schwere der vorliegenden Erkrankung dürften dem mittlerweile Verstorbenen ausreichend bewusst gewesen sein. Weitere Widerlegungsgründe seien nicht nachgewiesen worden. Nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast seien die besonderen Umstände für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung von der Klägerin selbst darzulegen und zu beweisen, bei Nichterweisbarkeit solcher Widerlegungsgründe sei im Zweifel der Antrag auf Witwenrente abzulehnen. Hier sei also davon auszugehen, dass nicht nachgewiesen worden sei, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat nicht die Schließung einer Versorgungsehe gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 13.01.2006 per Fax Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben.
Zur Begründung vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen, auf das sie Bezug nimmt. Ergänzend trägt sie vor, sie und ihr Mann hätten sich schon seit ca. 15 Jahren gekannt und hätten in dauerndem engen Kontakt miteinander gestanden. Sie hätten bereits viele Jahre in einer gemeinsamen Wohnung gelebt und eine Eheschließung zu einem früheren Zeitpunkt nur deshalb nicht vorgenommen, weil sie und ihr Mann aufgrund früherer gescheiterter Ehen den anderen hätten diesbezüglich nicht einengen wollen. Ihnen sei jedoch schon seit mehr als 12 - 13 Jahren klar gewesen, dass sie ihr weiteres Leben gemeinsam verbringen wollen. Außerdem habe sie zeitweilig auch von einer Heirat Abstand genommen werden einer psychischen Erkrankung, die sie erst durchzustehen hatte. Trotzdem und trotz einer vorübergehenden räumlichen Trennung sei das Verhältnis zwischen ihr und ihrem Ehemann schon damals von tiefer Zuneigung geprägt gewesen. Endgültig und ausschließlich habe sie die Wohnung ihres Mannes wieder seit dessen Erkrankung im Dezember 2003 bewohnt und sich von diesem Zeitpunkt an durchgängig wieder in der Wohnung ihres Mannes aufgehalten und ihn von diesem Zeitpunkt an auch gepflegt. Eine Heirat sogleich im Dezember 2003 oder Anfang 2004 sei lediglich an den Behandlungen ihres Ehemannes gescheitert bzw. deshalb verschoben worden. Zwar sei ihr und ihrem Ehemann die ernsthafte Erkrankung von Herrn F klar gewesen. Es hätte aber keine Rede davon sein können, dass die Krankheit für ihn lebensbedrohlich sei und deshalb er mit einem baldigen Ableben werde rechnen müssen. Durch Erfolge der ärztlichen Behandlung wie auch aufgrund konkreter Heiratspläne sei es dem Verstorbenen sichtlich besser gegangen und im Spätsommer sei man von Stabilisierung nach angeschlagener Behandlung ausgegangen und hätte auch Zukunftspläne geschmiedet. Der Tod am 25.12.2004 sei dann völlig überraschend eingetreten, zu einem Zeitpunkt, an dem es dem Verstorbenen wieder besser gegangen sei. Außerdem sei ihr Fall mit dem des Sozialgerichts Koblenz vom 14.09.2005 vergleichbar, wo finanzielle und medizinische Aspekte auch gegen eine Versorgungsehe gesprochen hätten.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2005 zu verurteilen, ihr eine Witwenrente nach § 46 Sozialgesetzbuch VI aus der Versicherung des F nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte nimmt Bezug auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Zur Klagebegründung erwidert sie noch, für sie sei von entscheidender Bedeutung die Frage, ob zum Zeitpunkt der Eheschließung im November 2004 schon absehbar gewesen sei, dass der Ehemann innerhalb eines Jahres versterben würde. Dies würde nicht nur durch die eingeholten Berichte bestätigt, sondern auch durch das erst im Klageverfahren vorgelegte handschriftliche Schreiben der Klägerin vom 25.06.2005 (Bl. 17 ff. der Gerichtsakte). Dort schildere sie selbst den dramatischen Verlauf seit Feststellung des bösartigen Tumorleidens seit Dezember 2003. Sie selbst formuliere ausdrücklich, dass sie "den Verfall eines Menschen habe mit ansehen müssen", die "Leiden seien nicht in Worte zu fassen gewesen". Zuletzt habe ihr Ehemann nicht mehr gehen, sprechen und essen können und sei nach mehrfachen stationären Aufenthalten schließlich am 25. Dezember 2004 "durch den Tod erlöst" worden. Der Tod könne damit nicht völlig überraschend eingetreten sein. Selbstverständlich sei nur, dass der genaue Tag des Todes nicht habe abgesehen werden können; es hätte aber vorhergesehen werden können, dass Herrn F eine längere Lebenszeit bereits im November 2004 nicht mehr vergönnt sein würde. Auch der Vortrag des Bevollmächtigten, beide Eheleute seien "davon überzeugt gewesen, dass die Krankheit des Herrn F weitestgehend zum Stillstand gebracht worden sei und dass man sich auf weitere Lebenszeit habe einstellen können", werde durch den Vortrag der Klägerin im genannten Schreiben widerlegt. Außerdem sei mit der Klageschrift vorgetragen worden, dass die Klägerin und der Verstorbene vorübergehend räumlich getrennt gelebt hätten (vor Dezember 2003), was auch gegen eine schon früher bestehende Lebensgemeinschaft spreche, die man dann habe in eine Ehe übergehen lassen wollen. Außerdem habe sich anders als in dem zitierten Urteil des Sozialgerichts Koblenz die Erkrankung des verstorbenen Versicherten nach Dezember 2003 nicht wirklich stabilisiert, was aus den Berichten und Stellungnahmen des Beratungsärztlichen Dienstes ergebe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht erhoben.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn die angefochtenen Verwaltungsakte der Beklagten, nämlich der Bescheid vom 20.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2005, sind nicht rechtswidrig und beschweren die Klägerin nicht i.S.v. § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), weil die Beklagte mit diesen Bescheiden zu Recht die Gewährung einer Witwenrente abgelehnt hat. Der dahingehenden begehrten Verpflichtung der Beklagten (§ 54 Abs. 4 SGG) war damit nicht zu entsprechen.
Zur Meidung unnötiger Wiederholungen nimmt das Sozialgericht Düsseldorf gemäß § 136 Abs.3 SGG Bezug auf die Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden, erklärt sie für richtig und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Insbesondere hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden auch den Wortlaut des maßgeblichen § 46 Abs. 2 a SGB VI wiedergegeben, also unter welchen Voraussetzungen ein Witwenrentenanspruch nicht besteht, wenn die Ehe - wie hier - bis zum Tode kein Jahr bestanden hat.
Ergänzend führt das Sozialgericht noch folgendes aus:
Weder das Sozialgericht noch die Beklagte machen der Klägerin den Vorwurf, sie habe bewusst eine Versorgungsehe eingehen wollen und nur zu diesem Zweck den Verstorbenen geheiratet; weder das Sozialgericht noch die Beklagte behaupten, die Klägerin habe die Ehe nur zum Zweck ihrer eigenen Versorgung eingehen wollen. Die Ablehnung einer Witwenrente erfolgt vielmehr deshalb, weil die Klägerin nicht das Gegenteil hat schlüssig und zweifelsfrei nachweisen können, also dass "die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen". Denn das Gesetz stellt bei Ehen, die bis zum Tod kein Jahr gedauert haben, für den Regelfall nun einmal die Vermutung auf, dass solche Ehen mit dem Primärziel der Hinterbliebenenversorgung geschlossen wurden und legt - wie schon früher in der Unfallversicherung und oft auch in der betrieblichen Altersversorgung - den Hinterbliebenen die Beweislast dafür auf, dass die Hinterbliebenenversorgung nicht im Vordergrund bei der Eheschließung gestanden habe. Ein solcher Nachweis ist der Klägerin nach Lage der bisherigen medizinischen Unterlagen und nach Lage ihres bisherigen Vortrages hier nicht gelungen. Maßgeblich für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung sind die besonderen Umstände des Einzelfalls von Bedeutung, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund schließen lassen. Im Sinne der Klägerin mag für eine nicht von Versorgungsmotiven bestimmte Ehe sprechen, dass es nach ihrem Vortrag zwischen ihr und ihrem Ehemann schon früher eine persönliche Beziehung gab, dass sie für ihn ab dem Zeitpunkt seiner schweren Erkrankung eine Hilfe sein wollte und dass sie sich auch seit Dezember 2003 zeitintensiv und liebevoll um ihn kümmerte; für eine nicht von Versorgungsmotiven bestimmte Ehe mag auch sprechen, dass die Klägerin selbst zum Zeitpunkt der Eheschließung eine eigene Rente von 643,- Euro bekam, nebst einem Zuschuss des Sozialamtes, und somit etwas höhere Einkünfte als der Versicherte selbst hatte. Für eine überwiegend von Versorgungsmotiven bestimmte Ehe sprechen aber schwerer wiegende, insbesondere medizinische Kriterien, die die Rechtsprechung hier entwickelt hat, und auf die die Beklagte zutreffend hingewiesen hat. So hat die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen erst seit dem 18.12.2003 bei Bekanntwerden der schweren Erkrankung wieder zusammen mit Herrn F gelebt, während sie zuvor eine eigene Wohnung hatte; die eigene Wohnung hatte sie offenbar auch erst bei Eheschließung im November 2004 aufgegeben. Als die Ehe im November 2004 dann standesamtlich geschlossen wurde, bestanden auch keine ernsthaft begründeten Aussichten, dass ein Tod von Herrn F auf absehbare Zeit nicht zu erwarten war. Vielmehr spricht gerade die durch ärztliche Berichte dokumentierte Krankengeschichte für eine permanente Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Verstorbenen und ein Leiden, das sich nicht mehr bessern würde, sondern bald zum Tode führen würde. So wurde im Dezember 2003 bei dem Verstorbenen Kehlkopf-Krebs festgestellt mit schon hochgradigem Verdacht auf Metastasen im ganzen Körper (Bl. 7 des medizinischen Teils der Verwaltungsakte). Der Arztbericht vom 02.02.2004 bestätigt das (Bl. 23 ff. dort). Ein weiterer Arztbericht vom 02.06.2004 des Lukaskrankenhauses (Bl. 26 f.) dokumentiert, dass der ursprüngliche Kehlkopf-Krebs auch schon im Zeitraum von Januar bis Mai 2004 dahingehend metastasierte, dass daraus sogar ein Oropharynx-Karzinom wurde, also sogar Mundraumkrebs im gesamten Mund- und Rachenraum mit Übergang in den Mundboden und sogar in die Halsmuskulatur (Bl. 26 f dort). Die Behandlung im Zeitraum von Januar bis Mai 2004 vertrug Herr F auch leider schlecht, es war normales Essen und Schlucken nicht mehr möglich und parenterale Grundernährung wurde notwendig, allenfalls Breikost konnte Herr F noch zu sich nehmen (so auch der Bericht vom 03.08.2004 des Lukaskrankenhauses Bl. 29). Hinzu kam dann auch noch ein Prostata-Karzinom (Bl. 26). Schluckbeschwerden blieben bzw. verstärkten sich noch bei jetzt auch Verdacht auf Residualtumor (Bericht vom 03.08.2004 Bl. 29). Der Bericht des Lukaskrankenhauses vom 22.09.2004 über weitere stationäre Behandlungen berichtet - entgegen dem Vorbringen des Bevollmächtigten - über kontinuierliche weiter fortschreitende Verschlechterung des Allgemeinzustandes, hinzu kommt weiter Husten mit gelblichem Auswurf und fortschreitender Gewichtsverlust. Der im Monat vor der Eheschließung verfasste Arztbericht des Lukaskrankenhauses vom 22.10.2004 (Bl. 33 f. ) spricht von weiter deutlichem Tumor-Progreß, jetzt auch massiv reduziertem Allgemeinzustand, im Bereich der Zunge sei es auch zu einer massiven Schwellung gekommen. Es kam sogar im Oktober 2004 zu einem Zwischenfall: Während des stationären Verlaufes fiel der Verstorbene sitzend im Bett aus dem Bett auf den Kopf, weil er sich kaum noch halten konnte. All dies unterstreicht medizinisch doch wirklich, was die Klägerin selbst in ihrem handschriftlich verfassten Schreiben Bl. 18 ff. der Gerichtsakte ausführte, nämlich dass sie den Verfall eines Menschen miterlebt habe, bis er schließlich vom Tod erlöst worden sei. Bei dieser Sachlage ist zwar menschlich anzuerkennen, dass die Klägerin einen todkranken Menschen seit Dezember 2003 umfassend versorgt hat, doch kann dies die gesetzliche Vermutung der Eingehung der Ehe mit im Vordergrund stehenden Versorgungsmotiven nicht widerlegen, insbesondere weil bei Eingehung der Ehe erst im November 2004 nicht mehr von den beteiligten Eheleuten damit gerechnet werden konnte, dass Herr F noch lange würde leben können; die Unheilbarkeit der vielfach metastasierten Krebserkrankung war der Klägerin und ihrem Ehemann ausweislich der eigenen Erklärung der Klägerin vom 21.03.2005 (Bl. 75 der Rentenakte) bewusst. Nur die taggenaue Feststellung war nicht möglich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.
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