Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 8 RA 4733/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 RA 104/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 3. Juni 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Feststellung seiner Beschäftigungszeiten vom 01. Januar 1977 bis 31. Dezember 1989 als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz – AVTI – (Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG –) sowie der in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte in Anspruch.
Der Kläger, geboren 1951, hatte nach der Erlangung eines Facharbeiterabschlusses am 01. September 1969 und Absolvierung eines Studiums an der Technischen Hochschule K-M-S die Berechtigung erworben, die Berufsbezeichnung "Hochschulingenieur" zu führen (Zeugnis dieser Hochschule vom 22. Februar 1973). Vom 12. März 1973 bis 31. Dezember 1976 war er als Technologe beim VEB W " O B" beschäftigt. Ab 01. Januar 1977 arbeitete der Kläger ausweislich seines Sozialversicherungsausweises beim VE B B bzw. VEB KB, und zwar zunächst bis 31. Dezember 1981 als "Ing.", vom 01. Januar 1982 bis 31. Dezember 1985 als "Ing. f. Vorb. u. Abr." sowie ab 01. Januar 1986 als "Bauleiter Invest" bis zum 31. Dezember 1988. Nachdem der Beschäftigungsbetrieb des Klägers als VEB B B weiterbetrieben worden war, war der Kläger ab 01. Januar 1989 dort als "Komplexbauleiter" tätig. Vom 01. Januar 1990 bis 30. Juni 1990 arbeitete der Kläger als "Bereichsleiter RZ-Montage" beim VEB M B. Der Kläger war zum 1. Januar 1988 der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) beigetreten und gehörte ihr bis 30. Juni 1990 an.
Mit Feststellungsbescheid vom 23. Oktober 2002 stellte die Beklagte die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 12. März 1973 bis 31. Dezember 1976 und vom 01. Januar 1990 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur AVTI sowie die entsprechenden Arbeitsentgelte fest. Der Widerspruch des Klägers, mit dem er die Feststellung der Zeiten seiner ingenieurtechnischen Tätigkeit vom 01. Januar 1977 bis 31. Dezember 1989 begehrte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15. August 2003).
Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) Berlin Registerauszüge vom Amtsgericht Charlottenburg betreffend den VEB K B und den VEB B B sowie das Statut des VEB K B beigezogen. Nachdem die Beklagte anerkannt hatte, dass "für den Kläger das AAÜG nach § 1 dieses Gesetzes anwendbar sei", hat das SG mit Urteil vom 03. Juni 2004 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung einer Zusatzversorgungszeit und der versorgungsspezifischen Daten. Prüfungsmaßstab für das Begehren des Klägers sei § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 AAÜG. Zugehörigkeitszeiten im Sinne dieser Vorschrift lägen auch dann vor, wenn konkret eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden sei, deretwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Versorgung vorgesehen sei (unter Bezugnahme auf BSG, Urteile vom 09. und 10. April 2002 – ohne Angabe eines Aktenzeichens). Einen Anspruch auf Einbeziehung in die AVTI hätten nach den maßgebenden Regelungen der Verordnung über die AVTI vom 17. August 1950 und der dazu ergangenen Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) vom 24. Mai 1951 Personen, die berechtigt gewesen seien, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt hätten, sofern diese in einem volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie, Bauwesen) oder einem diesen gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen seien. Der verfolgte Hauptzweck des volkseigenen Betriebes müsse dabei auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein (unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 41/01 R - und BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 5/02 R –). Der Kläger habe im streitigen Zeitraum nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bauwesen) oder einem gleichgestellten Betrieb gearbeitet. Nach Überzeugung der Kammer handele es sich bei dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie. Dies entnehme die Kammer in erster Linie dem Statut des VEB K B. Nach § 3 des Statuts sei das Kombinat auf der Grundlage der staatlichen Plankennziffern und anderer staatlicher Planentscheidungen verantwortlich für die Versorgung aller Verbraucher im Bauwesen und der übrigen Bereiche der Volkswirtschaft als Produktionsmittelhandel mit Baumaterialien und anderen Erzeugnissen auf der Grundlage seines Handelsprogramms, Versorgung der Bevölkerung mit Baumaterialien und anderen Erzeugnissen im Rahmen des Einzelhandelsprogramms als Groß- und Einzelhandelsorgan in der Funktion des Konsumgüterhandels, Weiterentwicklung der Versorgungsformen, vor allem der bautechnologischen Versorgung, der Versorgung des Eigenheimbaus und der Bevölkerung, Durchführung von Industrieproduktion, soweit diese im volkswirtschaftlichen Interesse der Erfüllung der Zirkulationsaufgaben entsprechend dem Handelsprogramm diene, Übernahme von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Handelstätigkeit. Wie sich hieraus ergebe, habe der Betrieb auch Aufgaben der Produktion wahrgenommen, angesichts des breiten Spektrums an Aufgaben im Bereich des Handels und der Dienstleistungen sei die industrielle Produktion jedoch nur ein Teilbereich des Aufgabengebiets gewesen und habe unter dem Vorbehalt gestanden, dass und soweit dies im volkswirtschaftlichen Interesse der Erfüllung der Zirkulationsaufgaben nach Maßgabe des Handelsprogramms diene. Die Tatsache allein, dass auch Produktionsaufgaben wahrgenommen worden seien, genüge nicht für die Annahme, dass es sich beim VE B bzw. beim VEB K B um einen Produktionsbetrieb im Sinne der AVTI gehandelt habe. Denn in der DDR seien in allen, auch primär für den Handel und für Dienstleistungen zuständigen, Betrieben Güter produziert worden, so dass es für die Einordnung als Produktionsbetrieb einer differenzierten Betrachtungsweise bedürfe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei ein notwendiges Merkmal eines Produktionsbetriebs, dass sein Hauptzweck in der industriellen Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation bzw. Produktion von Sachgütern bestanden habe (BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 5/02 R –). Die industrielle Produktion müsse dem Betrieb "das Gepräge" gegeben haben, also überwiegend und vorherrschend gewesen sein (BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 10/02 R –). Dies sei jedoch nach § 3 des Statuts nicht der Fall gewesen. Hierfür spreche auch die Tatsache, dass nach § 3 des Statuts für die Leitung und Planung der Gesamtaufgaben die Methoden und Grundsätze des Produktionsmittelhandels gelten sollten und lediglich zur Erreichung der höchstmöglichen Effektivität in Einzelaufgaben auch spezifische Regelungen des Konsumgüterhandels und der Industrie zur Anwendung hätten gelangen sollen. Für den VEB B B habe § 4 Abs. 3 des Statuts festgelegt, dass das Kombinat, insbesondere über den Kombinatsbetrieb VEB B B, im Rahmen des Handelsprogramms für die planmäßige Versorgung aller in B, der Hauptstadt der , eingesetzten Baukapazitäten verantwortlich sei. Auch beim VEB B habe es sich folglich nicht um einen Betrieb der industriellen Produktion gehandelt. Hinsichtlich des VEB B B stütze sich die Kammer darüber hinaus auf die Eröffnungsbilanz der B B G sowie auf die Zeugenaussage des ersten stellvertretenden Generaldirektors im K B, der zugleich Hauptdirektor des VEB B B gewesen sei, aus dem Verfahren – S 9 RA 3908/00 –. Aus der Eröffnungsbilanz ergebe sich, dass die B B G als Rechtsnachfolgerin des VEB B B zwar 18 Handelsniederlassungen, aber lediglich drei Produktionsstätten, nämlich zwei Mörtelwerke und in N ein Mörtelwerk mit Sandgewinnung, zum Bilanzstichtag unterhalten habe. Hier werde deutlich, dass kein Betrieb der industriellen Produktion übernommen worden sei. Die Aussage des ersten stellvertretenden Generaldirektors im K B bestätige dies. Dieser habe angegeben, dass es im K B B vier Aufgabenbereiche gegeben habe, nämlich 1. den Bereich der Versorgung aller Baubetriebe und Kombinate mit Baustoffen, 2. die industrielle Warenproduktion, 3. den Eigenheimbau, 4. die Belieferung der Bevölkerung mit Baumaterialien. Dabei seien die meisten Mitarbeiter in der Versorgung und in den Hilfsabteilungen tätig gewesen. Er habe angegeben, dass auch bedarfsgerecht geliefert worden sei, insbesondere Bauelemente. Auch hierbei handele es sich indes nicht um industrielle Warenproduktion. Es handele sich bei dem VEB B und dessen Rechtsnachfolgern auch ersichtlich nicht um einen Produktionsbetrieb des Bauwesens; denn die Erstellung von Bauwerken sei nicht vom Aufgabenbereich erfasst gewesen (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 42/01 R – Umdruck, S. 9). Der VEB B und seine Rechtsnachfolger seien auch nicht einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichzustellen. Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers könne keiner der in § 1 Abs. 2 der 2. DB aufgezählten Einrichtungen zugeordnet werden.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt zur Begründung vor: Die Feststellung und die dazu u. a. herangezogene Zeugenaussage des SG seien falsch. Der Zeuge sei erst zum Ende seiner Anstellungszeit kurze Zeit in leitender Position und sachlich nicht kompetent (Parteikader) gewesen. Der VEB B sei zu seiner Anstellungszeit in erheblichen Umfang auch Produktionsbetrieb gewesen. Als Bauproduktion seien erbracht worden: Sand-, Nass- und Trockenmörtelproduktion, Fertigbetonproduktion, Stahlverarbeitungsproduktion, Holzverarbeitungsproduktion und Glasverarbeitung.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 03. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 23. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2003 zu verpflichten, die Zeiten vom 01. Januar 1977 bis 31. Dezember 1989 als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor: Der VEB K B B sei der Wirtschaftsgruppe 6 115 2, der VEB B B der Wirtschaftsgruppe 5 221 1 zugeordnet worden.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat Beweis erhoben über die betrieblichen Verhältnisse im streitigen Zeitraum durch Vernehmung von H S als Zeugen; auf die Vernehmungsniederschrift vom 29. August 2007 wird Bezug genommen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Akte des SG Berlin – S 9 RA 3908/00 –, die Akte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) durchsetzbaren Anspruch gem. § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 AAÜG auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie der entsprechenden Arbeitsentgelte gem. § 8 Abs. 2 AAÜG für den Zeitraum vom 01. Januar 1977 bis zum 31. Dezember 1989.
Das AAÜG ist zwar nach dem von der Beklagten ausgesprochenen Teilanerkenntnis, das der Kläger angenommen hat, auf den Kläger anwendbar. Der Kläger hat aber in dem streitigen Zeitraum keine nach § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG anrechenbaren Zeiten zurückgelegt. Nach dieser Vorschrift gelten Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung. Da der Kläger tatsächlich nicht in das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG einbezogen worden war, können Zugehörigkeitszeiten iS des § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG nur vorliegen, wenn die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung hierfür unter Rückgriff auf die Regelungen der AVTI vom 17. August 1950 (GBl. DDR S. 844) iVm § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 2. DB vom 24. Mai 1951 (GBl. DDR S. 487) aufgestellten drei Voraussetzungen kumulativ vorliegen (vgl. z. B. BSG SozR 3-8570 § 1 Nrn. 2, 3 5, 6, 7, 8): Danach muss der Beschäftigte 1. die Berechtigung gehabt haben, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), 2. in dem streitigen Zeitraum eine der Berufsbezeichnung entsprechende Beschäftigung verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und 3. die Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem diesen Betrieben gleichgestellten Betrieb ausgeübt haben (sog. betriebliche Voraussetzung).
Der Kläger war zwar berechtigt, die ihm durch staatlichen Zuerkennungsakt (Zeugnis der Technischen Hochschule K-M-S vom 22. Februar 1973) verliehene Berufsbezeichnung "Hochschulingenieur" zu führen, und er erfüllt damit die persönliche Voraussetzung für eine Anrechenbarkeit der streitigen Zeiten. Er arbeitete in der Zeit vom 01. Januar 1977 bis 31. Dezember 1989 als "Ing.", "Ing. f. V.orb. u. Ausf." sowie als "Bauleiter Invest " und "Komplexbauleiter" auch im Rahmen seines Berufsbildes, so dass die sachliche Voraussetzung für eine Anrechnung der streitigen Zeiten gegeben ist. Es fehlt jedoch an der dritten, der sog. betrieblichen, Voraussetzung für die Einbeziehung der Zeiten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Denn der unter unterschiedlichen Bezeichnungen im Rechtsverkehr auftretende Arbeitgeberbetrieb des Klägers (VE B B, VEB K B, VEB B B) stellt keinen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem diesen Betrieben gleichgestellten Betrieb dar. Der Hauptzweck des VE B B bzw. des VEB K B und des VEB B B lag nämlich nicht, wie es von der höchstrichterlichen Rechtsprechung gefordert wird, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, in der industriellen Fertigung von Sachgütern (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 08. Juni 2004 – B 4 RA 57/03 R = SozR 4-8570 § 1 Nr. 3); die Erstellung von Bauwerken scheidet von vornherein aus. Der Arbeitgeberbetrieb des Klägers war auch keine den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellte "Einrichtung" iS von § 1 Abs. 2 2. DB; insoweit besteht auch zwischen den Beteiligten kein Streit.
Schwerpunktmäßig hat der Arbeitgeberbetrieb des Klägers, der unter unterschiedlichen Bezeichnungen fungierte, aber dieselben Aufgaben hatte, mit Baustoffen und Baumaterialien gehandelt. Das ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens, vor allem aber aus der Aussage des Zeugen S, den der Senat selbst im Termin am 29. August 2007, wie vom Kläger beantragt, als Zeugen vernommen hat. Die Aussage des Zeugen S steht nämlich in völliger Übereinstimmung mit der – vom Kläger angegriffenen – Aussage des Zeugen A, den das SG Berlin in dem Verfahren – S 9 RA 3908/00 – gehört hatte und dessen Aussage das erstinstanzliche Gericht im Wege des Urkundenbeweises verwertet hatte.
Soweit der Kläger mit der Berufung die Aussage des Zeugen A als "falsch" bezeichnet mit der Begründung, der Zeuge sei erst zum Ende seiner Anstellungszeit kurze Zeit in leitender Position in seinem Betrieb tätig und zudem als Parteikader nicht kompetent gewesen, so hat der Zeuge S, bei dem es sich um den direkten Vorgesetzten des Klägers handelte und der die gesamte Anstellungszeit von 1977 bis 1989 mit ihm zusammen gearbeitet hatte, die zuvor schon vorhandene Tatsachengrundlage für die Qualifizierung des Betriebs des Klägers zusätzlich maßgeblich erhärtet. Aufgrund der Beschreibung der Aufgabenbereiche des Betriebs steht danach fest, dass sein Aufgabenschwerpunkt im Handel bzw. Umschlag von Baustoffen und Baumaterialien lag. Zwar stellte dieser Bereich nur einen der drei von dem Zeugen S bezeichneten Aufgabenbereiche dar. Als ersten Aufgabenbereich hat der Zeuge S die Produktion angeführt, als zweiten Aufgabenbereich das Betreiben eines Bergwerks in N und – erst - als dritten Aufgabenbereich den Handel. Unter Berücksichtigung der von dem Zeugen S angegebenen Gesamtzahl der Beschäftigten in dem Arbeitgeberbetrieb des Klägers von 1.600 Beschäftigten entfielen aber auf das Bergwerk, in dem Sandgewinnung betrieben wurde, und sämtliche Produktionsbetriebe nur ungefähr 296 Beschäftigte. Diese Beschäftigten arbeiteten im Bereich des Bergwerks in N und in den Produktionsstätten, und zwar nach den Zahlenangaben des Zeugen S 80 Beschäftigte in dem Bergwerk, einschließlich der Beschäftigten in der Mörtelproduktion, zweimal 15 Beschäftigte in zwei Produktionsstätten in B, 120 Beschäftigte in der Stahlbearbeitung, nicht mehr als 10 Beschäftigte in der Glasproduktion in W und ungefähr acht Beschäftigte in der Tischlerei. Demgegenüber waren aber nach den Zahlenangaben des Zeugen S im direkten Handelsbereich ungefähr 400 bis 500 Beschäftigte tätig und die übrigen Beschäftigten, "der Rest", wie ihn der Zeuge S bezeichnet hat, im Umschlag. Da der Umschlag von Baustoffen und Baumaterialien nicht der Produktion zugerechnet werden kann, ist auf der Grundlage der präzisen Zahlenangaben des Zeugen S von insgesamt 1.304 Beschäftigten im Handel und Umschlag gegenüber 296 Beschäftigten im Bergwerk und in den Produktionsstätten auszugehen. Die bereits vom SG vorgenommene Qualifizierung des Beschäftigungsbetriebs des Klägers als Handelsbetrieb hat sich damit aufgrund der präzisen Zahlenangaben und der Beschreibung der Aufgabenbereiche durch den Zeugen S als zutreffend heraus gestellt. Einwendungen gegen die Angaben des Zeugen S hat der Kläger auch nicht erhoben.
Das Ergebnis, dass der VE B B bzw. VEB K B und der VEB B B tatsächlich schwerpunktmäßig mit Baumaterialien gehandelt und diese umgeschlagen hatten, steht auch im Einklang mit den rechtlichen Vorgaben in dem Statut des VEB K B, auf das das SG maßgeblich bei seiner Entscheidungsfindung abgehoben hatte; insoweit wird auf die Entscheidungsgründe in dem angefochtenen Urteil des SG verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Hinzuweisen bleibt darauf, dass auch die – als Indiz zu wertende - Zuordnung des VEB K B B zur Wirtschaftsgruppe 6 115 2 und die Zuordnung des VEB B B zur Wirtschaftsgruppe 5 221 1, die die Beklagte anführt, dagegen sprechen, den Arbeitgeberbetrieb des Klägers als Produktionsbetrieb zu qualifizieren. Denn nach der – von der Beklagten eingereichten – "Systematik der Volkswirtschaftszweige der Deutschen Demokratischen Republik" (Ausgabe 1985)war die gesamte Volkswirtschaft der ehemaligen DDR in neun Bereiche unterteilt, wobei der Bereich fünf den Handel umfasste und der Bereich sechs sich auf "sonstige Zweige des produzierenden Bereichs" erstreckte. Die konkrete Wirtschaftsgruppe 5 221 1 wird insoweit als "PM-Handel mit Erzeugnissen der Industrie" beschrieben, die Wirtschaftsgruppe 6 115 2 als "Wirtschaftsleitende Organe des Binnenhandels". Daraus erhellt, dass der Arbeitgeberbetrieb des Klägers nicht nur nach den allein maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen, sondern auch nach der damaligen Verkehrsauffassung der zuständigen Stellen in der DDR nicht als ein dem Wirtschaftsbereich der Industrie zuzuordnender Betrieb anzusehen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Feststellung seiner Beschäftigungszeiten vom 01. Januar 1977 bis 31. Dezember 1989 als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz – AVTI – (Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG –) sowie der in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte in Anspruch.
Der Kläger, geboren 1951, hatte nach der Erlangung eines Facharbeiterabschlusses am 01. September 1969 und Absolvierung eines Studiums an der Technischen Hochschule K-M-S die Berechtigung erworben, die Berufsbezeichnung "Hochschulingenieur" zu führen (Zeugnis dieser Hochschule vom 22. Februar 1973). Vom 12. März 1973 bis 31. Dezember 1976 war er als Technologe beim VEB W " O B" beschäftigt. Ab 01. Januar 1977 arbeitete der Kläger ausweislich seines Sozialversicherungsausweises beim VE B B bzw. VEB KB, und zwar zunächst bis 31. Dezember 1981 als "Ing.", vom 01. Januar 1982 bis 31. Dezember 1985 als "Ing. f. Vorb. u. Abr." sowie ab 01. Januar 1986 als "Bauleiter Invest" bis zum 31. Dezember 1988. Nachdem der Beschäftigungsbetrieb des Klägers als VEB B B weiterbetrieben worden war, war der Kläger ab 01. Januar 1989 dort als "Komplexbauleiter" tätig. Vom 01. Januar 1990 bis 30. Juni 1990 arbeitete der Kläger als "Bereichsleiter RZ-Montage" beim VEB M B. Der Kläger war zum 1. Januar 1988 der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) beigetreten und gehörte ihr bis 30. Juni 1990 an.
Mit Feststellungsbescheid vom 23. Oktober 2002 stellte die Beklagte die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 12. März 1973 bis 31. Dezember 1976 und vom 01. Januar 1990 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur AVTI sowie die entsprechenden Arbeitsentgelte fest. Der Widerspruch des Klägers, mit dem er die Feststellung der Zeiten seiner ingenieurtechnischen Tätigkeit vom 01. Januar 1977 bis 31. Dezember 1989 begehrte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15. August 2003).
Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) Berlin Registerauszüge vom Amtsgericht Charlottenburg betreffend den VEB K B und den VEB B B sowie das Statut des VEB K B beigezogen. Nachdem die Beklagte anerkannt hatte, dass "für den Kläger das AAÜG nach § 1 dieses Gesetzes anwendbar sei", hat das SG mit Urteil vom 03. Juni 2004 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung einer Zusatzversorgungszeit und der versorgungsspezifischen Daten. Prüfungsmaßstab für das Begehren des Klägers sei § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 AAÜG. Zugehörigkeitszeiten im Sinne dieser Vorschrift lägen auch dann vor, wenn konkret eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden sei, deretwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Versorgung vorgesehen sei (unter Bezugnahme auf BSG, Urteile vom 09. und 10. April 2002 – ohne Angabe eines Aktenzeichens). Einen Anspruch auf Einbeziehung in die AVTI hätten nach den maßgebenden Regelungen der Verordnung über die AVTI vom 17. August 1950 und der dazu ergangenen Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) vom 24. Mai 1951 Personen, die berechtigt gewesen seien, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt hätten, sofern diese in einem volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie, Bauwesen) oder einem diesen gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen seien. Der verfolgte Hauptzweck des volkseigenen Betriebes müsse dabei auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein (unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 41/01 R - und BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 5/02 R –). Der Kläger habe im streitigen Zeitraum nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bauwesen) oder einem gleichgestellten Betrieb gearbeitet. Nach Überzeugung der Kammer handele es sich bei dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie. Dies entnehme die Kammer in erster Linie dem Statut des VEB K B. Nach § 3 des Statuts sei das Kombinat auf der Grundlage der staatlichen Plankennziffern und anderer staatlicher Planentscheidungen verantwortlich für die Versorgung aller Verbraucher im Bauwesen und der übrigen Bereiche der Volkswirtschaft als Produktionsmittelhandel mit Baumaterialien und anderen Erzeugnissen auf der Grundlage seines Handelsprogramms, Versorgung der Bevölkerung mit Baumaterialien und anderen Erzeugnissen im Rahmen des Einzelhandelsprogramms als Groß- und Einzelhandelsorgan in der Funktion des Konsumgüterhandels, Weiterentwicklung der Versorgungsformen, vor allem der bautechnologischen Versorgung, der Versorgung des Eigenheimbaus und der Bevölkerung, Durchführung von Industrieproduktion, soweit diese im volkswirtschaftlichen Interesse der Erfüllung der Zirkulationsaufgaben entsprechend dem Handelsprogramm diene, Übernahme von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Handelstätigkeit. Wie sich hieraus ergebe, habe der Betrieb auch Aufgaben der Produktion wahrgenommen, angesichts des breiten Spektrums an Aufgaben im Bereich des Handels und der Dienstleistungen sei die industrielle Produktion jedoch nur ein Teilbereich des Aufgabengebiets gewesen und habe unter dem Vorbehalt gestanden, dass und soweit dies im volkswirtschaftlichen Interesse der Erfüllung der Zirkulationsaufgaben nach Maßgabe des Handelsprogramms diene. Die Tatsache allein, dass auch Produktionsaufgaben wahrgenommen worden seien, genüge nicht für die Annahme, dass es sich beim VE B bzw. beim VEB K B um einen Produktionsbetrieb im Sinne der AVTI gehandelt habe. Denn in der DDR seien in allen, auch primär für den Handel und für Dienstleistungen zuständigen, Betrieben Güter produziert worden, so dass es für die Einordnung als Produktionsbetrieb einer differenzierten Betrachtungsweise bedürfe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei ein notwendiges Merkmal eines Produktionsbetriebs, dass sein Hauptzweck in der industriellen Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation bzw. Produktion von Sachgütern bestanden habe (BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 5/02 R –). Die industrielle Produktion müsse dem Betrieb "das Gepräge" gegeben haben, also überwiegend und vorherrschend gewesen sein (BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 10/02 R –). Dies sei jedoch nach § 3 des Statuts nicht der Fall gewesen. Hierfür spreche auch die Tatsache, dass nach § 3 des Statuts für die Leitung und Planung der Gesamtaufgaben die Methoden und Grundsätze des Produktionsmittelhandels gelten sollten und lediglich zur Erreichung der höchstmöglichen Effektivität in Einzelaufgaben auch spezifische Regelungen des Konsumgüterhandels und der Industrie zur Anwendung hätten gelangen sollen. Für den VEB B B habe § 4 Abs. 3 des Statuts festgelegt, dass das Kombinat, insbesondere über den Kombinatsbetrieb VEB B B, im Rahmen des Handelsprogramms für die planmäßige Versorgung aller in B, der Hauptstadt der , eingesetzten Baukapazitäten verantwortlich sei. Auch beim VEB B habe es sich folglich nicht um einen Betrieb der industriellen Produktion gehandelt. Hinsichtlich des VEB B B stütze sich die Kammer darüber hinaus auf die Eröffnungsbilanz der B B G sowie auf die Zeugenaussage des ersten stellvertretenden Generaldirektors im K B, der zugleich Hauptdirektor des VEB B B gewesen sei, aus dem Verfahren – S 9 RA 3908/00 –. Aus der Eröffnungsbilanz ergebe sich, dass die B B G als Rechtsnachfolgerin des VEB B B zwar 18 Handelsniederlassungen, aber lediglich drei Produktionsstätten, nämlich zwei Mörtelwerke und in N ein Mörtelwerk mit Sandgewinnung, zum Bilanzstichtag unterhalten habe. Hier werde deutlich, dass kein Betrieb der industriellen Produktion übernommen worden sei. Die Aussage des ersten stellvertretenden Generaldirektors im K B bestätige dies. Dieser habe angegeben, dass es im K B B vier Aufgabenbereiche gegeben habe, nämlich 1. den Bereich der Versorgung aller Baubetriebe und Kombinate mit Baustoffen, 2. die industrielle Warenproduktion, 3. den Eigenheimbau, 4. die Belieferung der Bevölkerung mit Baumaterialien. Dabei seien die meisten Mitarbeiter in der Versorgung und in den Hilfsabteilungen tätig gewesen. Er habe angegeben, dass auch bedarfsgerecht geliefert worden sei, insbesondere Bauelemente. Auch hierbei handele es sich indes nicht um industrielle Warenproduktion. Es handele sich bei dem VEB B und dessen Rechtsnachfolgern auch ersichtlich nicht um einen Produktionsbetrieb des Bauwesens; denn die Erstellung von Bauwerken sei nicht vom Aufgabenbereich erfasst gewesen (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 42/01 R – Umdruck, S. 9). Der VEB B und seine Rechtsnachfolger seien auch nicht einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichzustellen. Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers könne keiner der in § 1 Abs. 2 der 2. DB aufgezählten Einrichtungen zugeordnet werden.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt zur Begründung vor: Die Feststellung und die dazu u. a. herangezogene Zeugenaussage des SG seien falsch. Der Zeuge sei erst zum Ende seiner Anstellungszeit kurze Zeit in leitender Position und sachlich nicht kompetent (Parteikader) gewesen. Der VEB B sei zu seiner Anstellungszeit in erheblichen Umfang auch Produktionsbetrieb gewesen. Als Bauproduktion seien erbracht worden: Sand-, Nass- und Trockenmörtelproduktion, Fertigbetonproduktion, Stahlverarbeitungsproduktion, Holzverarbeitungsproduktion und Glasverarbeitung.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 03. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 23. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2003 zu verpflichten, die Zeiten vom 01. Januar 1977 bis 31. Dezember 1989 als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor: Der VEB K B B sei der Wirtschaftsgruppe 6 115 2, der VEB B B der Wirtschaftsgruppe 5 221 1 zugeordnet worden.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat Beweis erhoben über die betrieblichen Verhältnisse im streitigen Zeitraum durch Vernehmung von H S als Zeugen; auf die Vernehmungsniederschrift vom 29. August 2007 wird Bezug genommen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Akte des SG Berlin – S 9 RA 3908/00 –, die Akte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) durchsetzbaren Anspruch gem. § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 AAÜG auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie der entsprechenden Arbeitsentgelte gem. § 8 Abs. 2 AAÜG für den Zeitraum vom 01. Januar 1977 bis zum 31. Dezember 1989.
Das AAÜG ist zwar nach dem von der Beklagten ausgesprochenen Teilanerkenntnis, das der Kläger angenommen hat, auf den Kläger anwendbar. Der Kläger hat aber in dem streitigen Zeitraum keine nach § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG anrechenbaren Zeiten zurückgelegt. Nach dieser Vorschrift gelten Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung. Da der Kläger tatsächlich nicht in das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG einbezogen worden war, können Zugehörigkeitszeiten iS des § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG nur vorliegen, wenn die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung hierfür unter Rückgriff auf die Regelungen der AVTI vom 17. August 1950 (GBl. DDR S. 844) iVm § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 2. DB vom 24. Mai 1951 (GBl. DDR S. 487) aufgestellten drei Voraussetzungen kumulativ vorliegen (vgl. z. B. BSG SozR 3-8570 § 1 Nrn. 2, 3 5, 6, 7, 8): Danach muss der Beschäftigte 1. die Berechtigung gehabt haben, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), 2. in dem streitigen Zeitraum eine der Berufsbezeichnung entsprechende Beschäftigung verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und 3. die Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem diesen Betrieben gleichgestellten Betrieb ausgeübt haben (sog. betriebliche Voraussetzung).
Der Kläger war zwar berechtigt, die ihm durch staatlichen Zuerkennungsakt (Zeugnis der Technischen Hochschule K-M-S vom 22. Februar 1973) verliehene Berufsbezeichnung "Hochschulingenieur" zu führen, und er erfüllt damit die persönliche Voraussetzung für eine Anrechenbarkeit der streitigen Zeiten. Er arbeitete in der Zeit vom 01. Januar 1977 bis 31. Dezember 1989 als "Ing.", "Ing. f. V.orb. u. Ausf." sowie als "Bauleiter Invest " und "Komplexbauleiter" auch im Rahmen seines Berufsbildes, so dass die sachliche Voraussetzung für eine Anrechnung der streitigen Zeiten gegeben ist. Es fehlt jedoch an der dritten, der sog. betrieblichen, Voraussetzung für die Einbeziehung der Zeiten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Denn der unter unterschiedlichen Bezeichnungen im Rechtsverkehr auftretende Arbeitgeberbetrieb des Klägers (VE B B, VEB K B, VEB B B) stellt keinen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem diesen Betrieben gleichgestellten Betrieb dar. Der Hauptzweck des VE B B bzw. des VEB K B und des VEB B B lag nämlich nicht, wie es von der höchstrichterlichen Rechtsprechung gefordert wird, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, in der industriellen Fertigung von Sachgütern (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 08. Juni 2004 – B 4 RA 57/03 R = SozR 4-8570 § 1 Nr. 3); die Erstellung von Bauwerken scheidet von vornherein aus. Der Arbeitgeberbetrieb des Klägers war auch keine den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellte "Einrichtung" iS von § 1 Abs. 2 2. DB; insoweit besteht auch zwischen den Beteiligten kein Streit.
Schwerpunktmäßig hat der Arbeitgeberbetrieb des Klägers, der unter unterschiedlichen Bezeichnungen fungierte, aber dieselben Aufgaben hatte, mit Baustoffen und Baumaterialien gehandelt. Das ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens, vor allem aber aus der Aussage des Zeugen S, den der Senat selbst im Termin am 29. August 2007, wie vom Kläger beantragt, als Zeugen vernommen hat. Die Aussage des Zeugen S steht nämlich in völliger Übereinstimmung mit der – vom Kläger angegriffenen – Aussage des Zeugen A, den das SG Berlin in dem Verfahren – S 9 RA 3908/00 – gehört hatte und dessen Aussage das erstinstanzliche Gericht im Wege des Urkundenbeweises verwertet hatte.
Soweit der Kläger mit der Berufung die Aussage des Zeugen A als "falsch" bezeichnet mit der Begründung, der Zeuge sei erst zum Ende seiner Anstellungszeit kurze Zeit in leitender Position in seinem Betrieb tätig und zudem als Parteikader nicht kompetent gewesen, so hat der Zeuge S, bei dem es sich um den direkten Vorgesetzten des Klägers handelte und der die gesamte Anstellungszeit von 1977 bis 1989 mit ihm zusammen gearbeitet hatte, die zuvor schon vorhandene Tatsachengrundlage für die Qualifizierung des Betriebs des Klägers zusätzlich maßgeblich erhärtet. Aufgrund der Beschreibung der Aufgabenbereiche des Betriebs steht danach fest, dass sein Aufgabenschwerpunkt im Handel bzw. Umschlag von Baustoffen und Baumaterialien lag. Zwar stellte dieser Bereich nur einen der drei von dem Zeugen S bezeichneten Aufgabenbereiche dar. Als ersten Aufgabenbereich hat der Zeuge S die Produktion angeführt, als zweiten Aufgabenbereich das Betreiben eines Bergwerks in N und – erst - als dritten Aufgabenbereich den Handel. Unter Berücksichtigung der von dem Zeugen S angegebenen Gesamtzahl der Beschäftigten in dem Arbeitgeberbetrieb des Klägers von 1.600 Beschäftigten entfielen aber auf das Bergwerk, in dem Sandgewinnung betrieben wurde, und sämtliche Produktionsbetriebe nur ungefähr 296 Beschäftigte. Diese Beschäftigten arbeiteten im Bereich des Bergwerks in N und in den Produktionsstätten, und zwar nach den Zahlenangaben des Zeugen S 80 Beschäftigte in dem Bergwerk, einschließlich der Beschäftigten in der Mörtelproduktion, zweimal 15 Beschäftigte in zwei Produktionsstätten in B, 120 Beschäftigte in der Stahlbearbeitung, nicht mehr als 10 Beschäftigte in der Glasproduktion in W und ungefähr acht Beschäftigte in der Tischlerei. Demgegenüber waren aber nach den Zahlenangaben des Zeugen S im direkten Handelsbereich ungefähr 400 bis 500 Beschäftigte tätig und die übrigen Beschäftigten, "der Rest", wie ihn der Zeuge S bezeichnet hat, im Umschlag. Da der Umschlag von Baustoffen und Baumaterialien nicht der Produktion zugerechnet werden kann, ist auf der Grundlage der präzisen Zahlenangaben des Zeugen S von insgesamt 1.304 Beschäftigten im Handel und Umschlag gegenüber 296 Beschäftigten im Bergwerk und in den Produktionsstätten auszugehen. Die bereits vom SG vorgenommene Qualifizierung des Beschäftigungsbetriebs des Klägers als Handelsbetrieb hat sich damit aufgrund der präzisen Zahlenangaben und der Beschreibung der Aufgabenbereiche durch den Zeugen S als zutreffend heraus gestellt. Einwendungen gegen die Angaben des Zeugen S hat der Kläger auch nicht erhoben.
Das Ergebnis, dass der VE B B bzw. VEB K B und der VEB B B tatsächlich schwerpunktmäßig mit Baumaterialien gehandelt und diese umgeschlagen hatten, steht auch im Einklang mit den rechtlichen Vorgaben in dem Statut des VEB K B, auf das das SG maßgeblich bei seiner Entscheidungsfindung abgehoben hatte; insoweit wird auf die Entscheidungsgründe in dem angefochtenen Urteil des SG verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Hinzuweisen bleibt darauf, dass auch die – als Indiz zu wertende - Zuordnung des VEB K B B zur Wirtschaftsgruppe 6 115 2 und die Zuordnung des VEB B B zur Wirtschaftsgruppe 5 221 1, die die Beklagte anführt, dagegen sprechen, den Arbeitgeberbetrieb des Klägers als Produktionsbetrieb zu qualifizieren. Denn nach der – von der Beklagten eingereichten – "Systematik der Volkswirtschaftszweige der Deutschen Demokratischen Republik" (Ausgabe 1985)war die gesamte Volkswirtschaft der ehemaligen DDR in neun Bereiche unterteilt, wobei der Bereich fünf den Handel umfasste und der Bereich sechs sich auf "sonstige Zweige des produzierenden Bereichs" erstreckte. Die konkrete Wirtschaftsgruppe 5 221 1 wird insoweit als "PM-Handel mit Erzeugnissen der Industrie" beschrieben, die Wirtschaftsgruppe 6 115 2 als "Wirtschaftsleitende Organe des Binnenhandels". Daraus erhellt, dass der Arbeitgeberbetrieb des Klägers nicht nur nach den allein maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen, sondern auch nach der damaligen Verkehrsauffassung der zuständigen Stellen in der DDR nicht als ein dem Wirtschaftsbereich der Industrie zuzuordnender Betrieb anzusehen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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