Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AS 2758/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 4529/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des SG Mannheim vom 20.08.2007 wird aufgehoben und die Antragsgegnerin verpflichtet dem Antragsteller Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende vorläufig als Darlehen zu gewähren.
Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.
Gründe:
I.
Im Streit steht, ob der 55jährige Antragsteller (Ast.) im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes die Zuerkennung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) beanspruchen kann.
Der Ast. ist Eigentümer einer Immobilie in S. (1132 m2 Grundstücksfläche, 156 m2 Wohnfläche). Die im Erdgeschoss gelegene Wohnung bewohnt der Ast. alleine. Das Untergeschoss steht leer.
Im Hinblick auf dieses Vermögen lehnte die Antragsgegnerin (Ag.) auf den Fortzahlungsantrag des Ast.s vom 24.11.2005 die Zuerkennung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende ab (Bescheid vom 12.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2006) und begründete dies damit, dass der Ast. nicht bedürftig sei.
Am 21.12.2006 hat der Ast. in der Hauptsache Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben (S 9 AS 4405/06). In diesem Rechtsstreit liegt zwischenzeitlich das Wertgutachten des kommunalen Gutachterausschusses der Stadt S. vom 12.07.2007 vor. Hierin wird für die Immobilie des Ast. ein Verkehrswert von 214.000,00 EUR ermittelt. Ergänzend wurde mitgeteilt, dass das Untergeschoss nach Durchführung einiger Instandsetzungsarbeiten trotz des schlechten baulichen Zustandes benutzt werden könne. Auch die Bildung von Wohnungseigentum und Verwertung (Verkauf) vor der Durchführung dieser Instandsetzungsarbeiten erscheine denkbar. Zu einer möglichen (Unter-)Vermietung wurde angemerkt, dass in Schönau derzeit eine Reihe von Mietobjekten leer stünden, so dass die Vermietung einzelner Räume eher schwierig sein dürfte.
Hierzu vertrat der Ast. die Auffassung, dass der vom Gutachterausschuss ermittelte Verkehrswert derzeit nicht erzielt werden könne, da in S. eine Reihe von Häusern leer stünden, die unter Wert angeboten würden, ohne dass ein Käufer gefunden werden könne. Auch ein Verkauf der unteren, desolaten Wohnung (kein Wasseranschluss, kein Zugang, eindringendes Wasser an der Ostseite) sei zwar denkbar, aber völlig unwirtschaftlich. Mit Schreiben vom 01.08.2007 teilte der Ast. sodann mit, dass er zwischenzeitlich seine Ersparnisse bis auf 300,00 EUR aufgebraucht habe und nicht ermessen könne, wie lange sich dieses Verfahren noch hinziehen werde. Daher beantrage er den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Sicherstellung seines Lebensunterhaltes.
Die Ag. trat diesem Antrag entgegen und berief sich darauf, dass der Ast. seit über zweieinhalb Jahren darüber informiert sei, dass die Hilfebedürftigkeit zwingende Voraussetzung für den Bezug von Leistungen nach dem SGB II sei. Er sei schon seit langem aufgefordert worden, seine Bemühungen zur Verwertung der Immobilie nachzuweisen. Im Übrigen belege das Wertgutachten eindeutig, dass eine Veräußerung oder sonstige Verwertung auch ohne vorherige bauliche Instandsetzung möglich sei.
Mit Beschluss vom 20.08.2007 lehnte das SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. In den Gründen wies es daraufhin, dass eine einstweilige Anordnung nur dann ergehen könne, wenn der Ast. den Anordnungsgrund, also die besondere Eilbedürftigkeit, die es ihm unzumutbar mache, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten, glaubhaft mache. Hierauf sei der Ast. mit Schreiben vom 09.08.2007 ausdrücklich hingewiesen und aufgefordert worden, eine schriftliche Aufstellung über seine derzeitigen Einkommens¬- und Vermögensverhältnisse vorzulegen. Der Ast. sei dieser Auflage bis zur Entscheidung nicht nachgekommen und deshalb scheide der Erlass einer einstweiligen Anordnung aus. Alleine die allgemeine Angabe, die Ersparnisse seien bis auf 300,00 EUR aufgebraucht, reiche zur Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes nicht aus. Dem Ast. wäre es ohne Weiteres möglich und zumutbar gewesen, die erbetenen Angaben zu machen und die angeforderte eidesstattliche Versicherung vorzulegen.
Gegen diesen Beschluss legte der Ast. Beschwerde eine, welche das SG nach Entscheidung über die Nichtabhilfe dem LSG Baden-Württemberg zur Entscheidung vorlegte. Der Ast. legte seine Kontoauszüge bis 31.07.2007 vor. Danach betrug zu diesem Zeitpunkt sein Kontostand 410,03 EUR. Der Ast. versicherte, dass er weiteres Geld nicht habe.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und auch begründet.
Die Ag. ist verpflichtet dem Ast. vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalt nach dem SGB II zu gewähren als Darlehen nach § 23 Abs. 5 SGB II zu gewähren.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig. Der Erlass einer solchen Regelungsanordnung setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und dass die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Dabei sind der Anordnungsanspruch und der Anordnungsgrund jeweils glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO).
Beim Ast. ist sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund gegeben. Er hat glaubhaft gemacht, dass er derzeit lediglich über Barvermögen in Höhe von 410 EUR verfügt. Dies liegt unter dem Freibetrag des § 12 Abs. 2 Ziff. 1 SGB II. Das Immobilienvermögen kann der Ast. nicht einer sofortigen Verwertung zuführen. Dies dauert erfahrungsgemäß einen gewissen Zeitraum. Im vorliegenden Fall steht auch nicht fest, ob der Verkauf der Immobilie nicht eine besondere Härte bedeuten würde. Aus diesem Grund ist ein Anordnungsanspruch nach § 23 Abs. 5 SGB II gegeben. Falls gewisse Zweifel am Verwertungswillen des Ast. bestehen, gibt diese Vorschrift dem Leistungserbringer die Möglichkeit den Anspruch auf Rückzahlung dinglich zu sichern. Der Anordnungsgrund folgt aus der sich ergebenden Hilfebedürftigkeit des Ast.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.
Gründe:
I.
Im Streit steht, ob der 55jährige Antragsteller (Ast.) im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes die Zuerkennung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) beanspruchen kann.
Der Ast. ist Eigentümer einer Immobilie in S. (1132 m2 Grundstücksfläche, 156 m2 Wohnfläche). Die im Erdgeschoss gelegene Wohnung bewohnt der Ast. alleine. Das Untergeschoss steht leer.
Im Hinblick auf dieses Vermögen lehnte die Antragsgegnerin (Ag.) auf den Fortzahlungsantrag des Ast.s vom 24.11.2005 die Zuerkennung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende ab (Bescheid vom 12.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2006) und begründete dies damit, dass der Ast. nicht bedürftig sei.
Am 21.12.2006 hat der Ast. in der Hauptsache Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben (S 9 AS 4405/06). In diesem Rechtsstreit liegt zwischenzeitlich das Wertgutachten des kommunalen Gutachterausschusses der Stadt S. vom 12.07.2007 vor. Hierin wird für die Immobilie des Ast. ein Verkehrswert von 214.000,00 EUR ermittelt. Ergänzend wurde mitgeteilt, dass das Untergeschoss nach Durchführung einiger Instandsetzungsarbeiten trotz des schlechten baulichen Zustandes benutzt werden könne. Auch die Bildung von Wohnungseigentum und Verwertung (Verkauf) vor der Durchführung dieser Instandsetzungsarbeiten erscheine denkbar. Zu einer möglichen (Unter-)Vermietung wurde angemerkt, dass in Schönau derzeit eine Reihe von Mietobjekten leer stünden, so dass die Vermietung einzelner Räume eher schwierig sein dürfte.
Hierzu vertrat der Ast. die Auffassung, dass der vom Gutachterausschuss ermittelte Verkehrswert derzeit nicht erzielt werden könne, da in S. eine Reihe von Häusern leer stünden, die unter Wert angeboten würden, ohne dass ein Käufer gefunden werden könne. Auch ein Verkauf der unteren, desolaten Wohnung (kein Wasseranschluss, kein Zugang, eindringendes Wasser an der Ostseite) sei zwar denkbar, aber völlig unwirtschaftlich. Mit Schreiben vom 01.08.2007 teilte der Ast. sodann mit, dass er zwischenzeitlich seine Ersparnisse bis auf 300,00 EUR aufgebraucht habe und nicht ermessen könne, wie lange sich dieses Verfahren noch hinziehen werde. Daher beantrage er den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Sicherstellung seines Lebensunterhaltes.
Die Ag. trat diesem Antrag entgegen und berief sich darauf, dass der Ast. seit über zweieinhalb Jahren darüber informiert sei, dass die Hilfebedürftigkeit zwingende Voraussetzung für den Bezug von Leistungen nach dem SGB II sei. Er sei schon seit langem aufgefordert worden, seine Bemühungen zur Verwertung der Immobilie nachzuweisen. Im Übrigen belege das Wertgutachten eindeutig, dass eine Veräußerung oder sonstige Verwertung auch ohne vorherige bauliche Instandsetzung möglich sei.
Mit Beschluss vom 20.08.2007 lehnte das SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. In den Gründen wies es daraufhin, dass eine einstweilige Anordnung nur dann ergehen könne, wenn der Ast. den Anordnungsgrund, also die besondere Eilbedürftigkeit, die es ihm unzumutbar mache, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten, glaubhaft mache. Hierauf sei der Ast. mit Schreiben vom 09.08.2007 ausdrücklich hingewiesen und aufgefordert worden, eine schriftliche Aufstellung über seine derzeitigen Einkommens¬- und Vermögensverhältnisse vorzulegen. Der Ast. sei dieser Auflage bis zur Entscheidung nicht nachgekommen und deshalb scheide der Erlass einer einstweiligen Anordnung aus. Alleine die allgemeine Angabe, die Ersparnisse seien bis auf 300,00 EUR aufgebraucht, reiche zur Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes nicht aus. Dem Ast. wäre es ohne Weiteres möglich und zumutbar gewesen, die erbetenen Angaben zu machen und die angeforderte eidesstattliche Versicherung vorzulegen.
Gegen diesen Beschluss legte der Ast. Beschwerde eine, welche das SG nach Entscheidung über die Nichtabhilfe dem LSG Baden-Württemberg zur Entscheidung vorlegte. Der Ast. legte seine Kontoauszüge bis 31.07.2007 vor. Danach betrug zu diesem Zeitpunkt sein Kontostand 410,03 EUR. Der Ast. versicherte, dass er weiteres Geld nicht habe.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und auch begründet.
Die Ag. ist verpflichtet dem Ast. vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalt nach dem SGB II zu gewähren als Darlehen nach § 23 Abs. 5 SGB II zu gewähren.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig. Der Erlass einer solchen Regelungsanordnung setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und dass die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Dabei sind der Anordnungsanspruch und der Anordnungsgrund jeweils glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO).
Beim Ast. ist sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund gegeben. Er hat glaubhaft gemacht, dass er derzeit lediglich über Barvermögen in Höhe von 410 EUR verfügt. Dies liegt unter dem Freibetrag des § 12 Abs. 2 Ziff. 1 SGB II. Das Immobilienvermögen kann der Ast. nicht einer sofortigen Verwertung zuführen. Dies dauert erfahrungsgemäß einen gewissen Zeitraum. Im vorliegenden Fall steht auch nicht fest, ob der Verkauf der Immobilie nicht eine besondere Härte bedeuten würde. Aus diesem Grund ist ein Anordnungsanspruch nach § 23 Abs. 5 SGB II gegeben. Falls gewisse Zweifel am Verwertungswillen des Ast. bestehen, gibt diese Vorschrift dem Leistungserbringer die Möglichkeit den Anspruch auf Rückzahlung dinglich zu sichern. Der Anordnungsgrund folgt aus der sich ergebenden Hilfebedürftigkeit des Ast.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
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