L 2 U 5807/04

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 2402/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 U 5807/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16. November 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist - noch - die Anerkennung und Entschädigung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch längjährige Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).

Der am 1943 geborene Kläger absolvierte nach eigenen Angaben von November 1958 bis November 1960 eine Lehre zum Elektroinstallateur, die er wegen einer Verletzung abbrach. In den folgenden Jahren war er bei verschiedenen Arbeitgebern mit Dachdeckerarbeiten, als Fahrer/Auslieferungsfahrer, Bauhelfer, Lagerarbeiter, Monteur von Rollläden/Jalousien, Zuschneider, Polier im Fertighausbau versicherungspflichtig beschäftigt (vgl. im Einzelnen Versicherungsverlauf der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg vom 8. Mai 2002), bevor er ab 12. August 1974 eine Lehre als Zimmerer begann, die er mit Gesellenbrief vom 5. September 1976 abschloss. Anschließend arbeitete er in diesem Lehrberuf bis Ende 1979, dann wieder vom 5. Mai 1980 bis 31. Dezember 1983 sowie vom 9. Januar 1984 bis 26. Januar 1985 und vom 4. März bis 29. Oktober 1985. Ab September 1986 war er als Zimmerer selbstständig tätig, zuletzt in einer GmbH. Wegen eines Cervikobrachial-Syndroms, erworbener Kyphose und erworbener Wirbelsäulenlordose wurde der Kläger vom 14. Juni 2000 bis 22. Januar 2002 von Dr. J. für arbeitsunfähig erachtet. Vom 22. November bis 13. Dezember 2000 war der Kläger in der Rheintal-Klinik K. in einem medizinischen Heilverfahren. Die behandelnden Ärzte diagnostizierten u.a. ein degeneratives Hals- und Lendenwirbelsäulen(H-/BWS)-Syndrom mit muskulärer Disbalance (s. Entlassungsbericht vom 20. Dezember 2000).

Am 5. Februar 2001 zeigte der Kläger die seit 14. Juni 2000 bestehende Arbeitsunfähigkeit der Beklagten an, am 23. Februar erfolgte die Anzeige des Unternehmers über eine Berufskrankheit (BK). Im darauf hin eingeleiteten Ermittlungsverfahren ermittelte der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten die beruflichen Belastungen (s. Bericht vom 2. April 2001). Die Beklagte erhob ein Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Z. und Berichte der behandelnden Ärzte Dres. W., J. und T ... In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 24. Oktober 2001 lehnte Dr. K. einen begründeten Verdacht für eine BK 2108 ab, da wesentliche vorausseilende degenerative Veränderungen nicht vorlägen. Die feststellbaren degenerativen Veränderungen seien geringgradig ausgeprägt, wobei die vorliegenden spondylotischen und osteochondrotischen Veränderungen das altersübliche Ausmaß nicht überschritten. Der Staatliche Gewerbearzt Dr. J. schlug eine BK 2108 nicht zur Anerkennung vor (Gewerbeärztliche Feststellung vom 14. Dezember 2001). Mit Bescheid vom 16. Januar 2002 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK nach Nr. 2108 und 2109 der Anlage zur BKV ab. In Bezug auf die BK 2109 lägen die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht vor, hinsichtlich der LWS bestünde eine anlagebedingte und nicht eine berufsbedingte Erkrankung. Der hiergegen am 15. Februar 2002 eingelegte Widerspruch wurde mit der vorliegenden beruflichen Belastung der Wirbelsäule begründet. Die Beklagte ließ vom TAD noch eine Belastungsbeurteilung nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) erstellen, die im Zeitraum November 1971 bis Juni 2000 eine Gesamtdosis von 27,05 x 106 Nh ergab, was über dem Richtwert zur Mindestexposition von 25 x 106 Nh für Männer liegt (s. Stellungnahme vom 13. August 2002). Mit Widerspruchsbescheid vom 13. September 2002 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Am 20. September 2002 hat der Kläger hiergegen Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und zunächst die Anerkennung einer BK nach Nr. 2108 und 2109 der Anlage zur BKV geltend gemacht. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen lägen sehr wohl vor, auch weise die LWS einen erheblichen Befund auf. Das SG hat von Dr. J. die schriftliche sachverständige Zeugenaussage vom 29. November 2002 eingeholt, der über die Behandlung des Klägers vom 14. Juni 2000 bis 14. Mai 2002 berichtet hat. Schließlich hat das SG ein Gutachten bei Prof. Dr. W., Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Tübingen, eingeholt. Im Gutachten vom 10. April 2003 hat der Sachverständige ausgeführt, der Kläger leide unter einem generalisierten Verschleißleiden des Achsenskelettes. Zudem seien die am Häufigsten betroffenen Segmente bei einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS durch berufliche Einwirkungen, nämlich die Bewegungssegmente L4/L5 sowie L5/S1 klinisch und radiologisch relativ am wenigsten betroffen; überwiegend betroffen seien die Hals- und die Brustwirbelsäule, was gegen eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS spreche. Die Veränderungen an der LWS seien in etwa der Altersnorm entsprechend. Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz - SGG - hat das SG ein Gutachten bei Dr. K., Universitätsklinik U., eingeholt, der die Auffassung vertreten hat, es lägen sehr wohl degenerative Veränderungen im Bereich der LWS vor, die seit 1980 mit zunehmender Häufigkeit klinisch symptomatisch geworden seien und schließlich am 14. Juni 2003 (wohl 2000) zur Arbeitsaufgabe geführt hätten. Die radiologischen Veränderungen der BWS und LWS seien klinisch nicht relevant gewesen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) hat Dr. K. auf 20 vom Hundert (v.H.) geschätzt. Das SG hat dann noch von Amts wegen eine ergänzende gutachtliche Stellungnahme von beiden Gutachtern eingeholt. Prof. Dr. W. hat unter dem 1. April 2004 ausgeführt, Veränderungen der Brust- und Halswirbelsäule seien sehr wohl erhoben worden, weshalb davon ausgegangen werden müsse, dass bereits klinisch relevante Veränderungen bestanden hätten. Die Beschwerden seien bei den Gutachtern unterschiedlich angegeben worden. Bei einer Bandscheibenschädigung durch Heben und Tragen von Lasten sei eine Beteiligung insbesondere der unteren LWS zu fordern, da die Lasteinleitung auf die Wirbelkörper von cranial nach caudal zunehme, weshalb eine BK nach Nr. 2108 nicht vorläge. Dr. K. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 27. April 2004 darauf hingewiesen, dass die klinischen und nicht die radiologischen Befunde, die in der Normalbevölkerung Ubiquität seien, relevant seien. Die klinische Symptomatik seitens der BWS und HWS seien geradezu als nichtig zu bezeichnen. Mit Urteil vom 16. November 2004 hat das SG die Klage, die in der mündlichen Verhandlung auf die Anerkennung einer BK nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV beschränkt worden ist, abgewiesen und sich dabei auf die Beurteilung von Prof. Dr. W. gestützt.

Am 23. Dezember 2004 hat der Kläger hiergegen Berufung eingelegt und sich auf die Beurteilung des Dr. K. gestützt.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16. November 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 16. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2002 zu verurteilen, eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung anzuerkennen und dem Kläger hieraus die gesetzlichen Leistungen, insbesondere eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v.H., zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg (vormals LVA Baden Württemberg), die Akten des Landratsamtes Z.kreis (Schwerbehindertenakten) und die Akte des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg L 2 U 5841/04 beigezogen, von Prof. Dr. H. das Gutachten vom 12. Juni 2006 sowie die ergänzenden Stellungnahmen vom 10. August 2006, 30. Januar und 26. März 2007 und von Dr. K. - nach § 109 SGG - die ergänzenden Stellungnahmen vom 6. Januar und 4. Juni 2007 eingeholt. Während Prof. Dr. H. das Vorliegen einer BK nach Nr. 2108 ablehnt, insbesondere, weil die Veränderungen der LWS das altersübliche Maß nicht überstiegen, hält Dr. K. an seiner Auffassung fest, dass eine solche BK vorliege. Er räume zwar ein, dass es auch keine Argumente gäbe, die beweisen, dass die Beschwerden durch die wirbelsäulenbelastende Tätigkeit verursacht worden seien. Der Zustand des Klägers sei jedoch unbestritten eine Summation des physiologischen und des belastungsbedingten Verschleißes. Es sei mehrfach nachgewiesen worden, dass die Degeneration in belasteten Kollektiven ausgeprägter sei im Vergleich zu nichtbelasteten; es sei daher logisch anzunehmen, dass der Anteil der belastungsbedingten Degeneration größer sei als der physiologische Anteil. Da das Ausmaß der Degeneration im klinisch relevanten Segment L5/S1 insgesamt gering sei, sei anzuzweifeln, dass ohne den größeren belastungsbedingten Degenerationsanteil überhaupt eine Erkrankung vorliegen würde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten sowie die Prozesssakten beider Rechtszüge verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die statthafte (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) sowie frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV.

Streitgegenstand ist - nach der Einschränkung des Antrags im Klageverfahren - der Bescheid vom 16. Januar 2002/Widerspruchsbescheid vom 13. September 2002 soweit mit ihm die Feststellung (und Entschädigung) einer BK nach 2108 der Anlage zur BKV abgelehnt worden war. Auf diesen zutreffend im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) i.V.m. der Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG) geltend gemachten Anspruch finden die ab 1. Januar 1997 geltenden Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Siebtes Buch (SGB VII) und die BKV vom 31. Oktober 1997 Anwendung, weil die Aufgabe der belastenden Tätigkeit nach Angaben des Klägers im Juni 2000 erfolgte und deshalb der Versicherungsfall frühestens zu diesem Zeitpunkt eingetreten sein kann.

Die nach § 7 Abs. 1 SGB VII als Versicherungsfälle definierten BK sind nach § 9 Abs. 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BK bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Dazu zählen nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die Erkrankung erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 129); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 280). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Feststellungslast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSGE 6, 70, 72).

Zwischen den Beteiligten ist unumstritten, dass der Kläger eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, bei der er schädigenden Einwirkungen im Sinne der BK 2108 ausgesetzt war. Nach der Beurteilung des Dipl.-Ing. (FH) A. auf der Grundlagge des MDD ist der Richtwert für die Mindest-Exposition von 25 x 106 Nh für Männer beim Kläger mit 27,05 x 106 Nh allein mit den Beschäftigungen vom 29. November 1971 bis 13. Juni 2000 überschritten. Damit sind die so genannten arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt.

Offen lässt der Senat, ob beim Kläger eine bandscheibenbedingte Erkrankung mit Vollbeweis nachgewiesen ist. Eine bandscheibenbedingte Erkrankung liegt nur dann vor, wenn eine Bandscheibenschädigung objektiv vorliegt und diese zu einem Krankheitsbild geführt hat, das über einen längeren Zeitraum angedauert hat oder wiederkehrend war und zu Funktionsausfällen geführt hat (BSG, Urteil vom 31. Mai 2005, Az. B 2 U 12/04 R). Zweifel bestehen insofern, als zwar radiologisch ein minimaler, rechts medio-lateraler Prolaps in Höhe von L5/S1 festgestellt worden ist (s. Bericht der Radiologischen Gemeinschaftspraxis Dres. H. und Schw. vom 15. August 2000). Dieser hat aber weder bei der Begutachtung durch Prof. Dr. Weise am 7. April 2003 noch bei Prof. Dr. H. am 30. März 2006 zu nachweisbaren neurologischen Funktionsausfällen geführt. Auch lässt der Senat dahingestellt, ob der Kläger tatsächlich im Jahr 2000 alle schädigende Tätigkeiten endgültig aufgegeben hat; Zweifel hieran ergeben sich aus seinen Angaben gegenüber Prof. Dr. H., er würde noch "kleinere körperliche Tätigkeiten" verrichten (s. auch Steuerbescheid 2004 vom 22. April 2005).

Der Anspruch des Klägers scheitert daran, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für den Ursachenzusammenhang zwischen der gefährdenden Einwirkung und der Erkrankung nicht festzustellen ist. Der Senat stützt seine Entscheidung auf das ausführlich begründete Gutachten und die ergänzenden Stellungnahmen des Sachverständigen Prof. Dr. H., der nachvollziehbar und überzeugend die Veränderungen an der LWS als nicht wesentlich beruflich verursacht beurteilt hat. Die Verursachung einer Bandscheibenerkrankung der LWS ist vielgestaltig. Die unter dem Begriff der bandscheibenbedingten Erkrankungen subsumierten morphologischen und klinischen Krankheitsbilder stellen Zwischen- oder Endstadien des Alterungsprozesses der Wirbelsäule dar, von dem weite Teile der Bevölkerung in früherem oder höherem Alter und in unterschiedlicher Ausprägung grundsätzlich betroffen sind. Diese Degenerationsprozesse können nach allgemeiner medizinischer Erfahrung auch völlig unabhängig von äußeren Einwirkungen bzw. körperlichen Belastungen, rein schicksalhaft auf Grund konstitutioneller Faktoren in unterschiedlicher Ausprägung ablaufen. Gegen eine berufliche Verursachung beim Kläger spricht vor allem, dass keine (massiven) Bandscheibenschädigungen im Bereich der LWS vorliegen, die das altersübliche Maß überschreiten. Das von Dr. K. aufgeführte Kernspintomogramm gibt lediglich einen Hinweis auf eine verminderte Flüssigkeitsansammlung der Bandscheibenstrukturen L2/L3, L3/L4, L4/L5 und L5/S1 und ist nicht Ausdruck einer schweren Degeneration, worauf Prof. Dr. H. in seiner Stellungnahme vom 10. August 2006 zutreffend hingewiesen hat. Lediglich die Bandscheibe L5/S1 zeigte eine leichte Höhenminderung, die auch im Röntgenbild sichtbar geworden ist. Prof. Dr. H. hat für den Senat auch schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass der radiologische Befund an der LWS lediglich unwesentliche degenerative Veränderungen der Abschlussplatten mit geringen ventral-spondylotischen Kantenausziehungen und mäßig gradige Veränderungen auch im lumbosakralen Facettengelenk rechtsanliegend in Höhe L5/S1zeigte, was keinen altersübersteigenden degenerativen Aufbrauch der Lendenwirbelsäulenbandscheiben bedeutet. Zwar ist Dr. K. zuzugeben, dass die Festlegung des altersentsprechenden Aufbrauchs eine schwierige medizinische Wertung im Einzelfall darstellen kann. Der Senat hat aber keinen Anhaltspunkt dafür, dass im Falle des Klägers Prof. Dr. H. diese Wertung falsch getroffen haben könnte. Auch Prof. Dr. W. hat darauf hingewiesen, dass die Veränderungen an der LWS in etwa der Altersnorm entsprechen. Weiter spricht gegen eine berufliche Verursachung, dass kein sog. belastungskonformes Schadensbild vorliegt. Der nach gesicherter medizinischer Erfahrung, insbesondere unter Berücksichtigung von biomechanischen Gesichtspunkten, mit einer bestimmten Einwirkung korrespondierende Wirbelsäulenabschnitt - vorliegend die LWS - muss besonders betroffen sein. Gleichmäßige - selbst auch vorzeitige - Degeneration über sämtliche Wirbelsäulenabschnitte spricht gegen eine wesentliche Mitursächlichkeit (Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, M 2108 Rndr. 5.3). Beim Kläger liegt nicht nur keine besondere Betroffenheit der LWS vor, sondern eine besondere Betroffenheit der BWS, wie Prof. Dr. H. schlüssig und nachvollziehbar dargelegt hat. Aber auch die HWS weist rechts betonte degenerative Foramenstenosen bei dorsalen Bandscheibenprotrusionen im Segment C5/C6 und C6/7, die eine Irritation insbesondere der rechten Wurzel von C6 und C7 erklären, sowie eine akute Osteochondrose mit Endplattenödem als Überlastungszeichen im Segment C5/6 auf (s. Bericht der radiologischen Gemeinschaftspraxis Dres. H. und Schw. vom 26. September 2002 s. Bl. 39 der Akte L 2 U 5841/04)). Der behandelnde Internist Dr. Streich hat im Verfahren L 2 U 5841/04 über die Behandlung vom 24. August 1993 bis 22. Oktober 1998 als Dauerdiagnose HWS- und BWS-Veränderungen aufgeführt, nicht hingegen LWS-Veränderungen. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. T. veranlasste bereits im Juni 1996 die Röntgenuntersuchung der HWS (Befund: Uncovertebralarthrose C2 bis C7, Streckstellung C2 bis C7, minimale spondylotische Kantenausziehungen, s. Bericht Dres. W. und W.-V. vom 6. Juni 1996), das Städtische Krankenhaus D.-N. auch die Röntgenuntersuchung der BWS (s. Bericht vom 4. Juli 1996, Befund: ausgeprägte degenerative HWS- und BWS-Veränderun-gen). Es handelt sich damit um einen multilokulären Befall der Wirbelsäule mit Schwerpunkt an der BWS, wie Prof. Dr. H. nachvollziehbar ausgeführt hat. Zudem können die lumbalen Rückenbeschwerden des Klägers unabhängig von der Bandscheibenschädigung durch eine Folge des teilfixierten Rundrückens auf den Boden einer Scheuermann´schen Erkrankung mit hierauf beruhender Fehlstatik im Sinne einer leichten Skoliose erklärt werden.

Der Beurteilung von Dr. K. kann demgegenüber nicht gefolgt werden. Seiner Bewertung, die Veränderungen an der LWS seien maßgeblich, da klinisch relevant, kann der Senat nicht folgen. Zum Einen ist nicht nachgewiesen, dass die Beschwerden, die der Kläger gegenüber Dr. K. angegeben hat, ständig vorhanden sind - die Beschwerdeintensität wurde bei Prof. Dr. W. und Prof. Dr. H. divergent mitgeteilt - zum Anderen lässt sich der Standpunkt, es komme - allein - auf die klinische Manifestation an, nicht halten. Bandscheibenbedingte Erkrankungen sind nicht Erkrankungen der Bandscheiben, sondern werden durch die Bandscheiben ausgelöst, die wiederum durch die beruflichen Einwirkungen geschädigt worden sein müssen. Dies lässt auch nachvollziehen, dass in aller Regel sog. belastungsadaptive Veränderungen im Sinne typischer Ausziehungen der ligamentären Ansätze, verstärkter subchondraler Sklerosierungszonen der Abschlussplatten, Höhenminderungen der Zwischenwirbelräume, auf Grund einer Bandscheibendegeneration bedingte lokale Instabilitäten und anderes zu fordern sind, die beim Kläger nicht mal ansatzweise nachweisbar waren, worauf Prof. Dr. H. hingewiesen hat. Schließlich stützt Dr. K. seine Kausalitätsbeurteilung im Wesentlichen darauf, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen vorliegen und dass für die Gegenansicht keine wissenschaftliche Datenlage vorhanden sei. Beides sind aber keine zulässigen Kriterien, da die nachgewiesenen arbeitstechnischen Voraussetzungen eine Kausalitätsbeurteilung nicht ersetzen bzw. erübrigen und der Hinweis auf die geringe Datenlage die Kausalität gerade nicht begründen kann, sondern dagegen spräche. Nicht nachvollziehbar ist dem Senat, weshalb Dr. K. in seiner Stellungnahme vom 4. Juni 2007 ein insgesamt geringes Ausmaß der Degeneration im Segment L5/S1 als belastungsbedingten Verschleiß bezeichnet, wenn doch die gesamte Wirbelsäule degenerativ verändert ist. Soweit er meint, es gebe kein belastungskonformes Schadensbild, insbesondere sei es nicht erforderlich, dass es von oben nach unten zunehme, setzt er sich gegen die plausible unfallmedizinische Lehrmeinung (s. Mehrtens/Brandenburg a.a.O. Rdnr. 5.3), ohne dann noch für die individuelle Kausalitätsprüfung Kriterien - schon gar nicht anerkannte - aufzuzeigen. Die Vermutung, diese Erkrankung würde ohne die Belastung nicht vorliegen, ist spekulativ und kann nicht den Ursachenzusammenhang begründen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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