L 21 RA 91/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 8 RA 14/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 21 RA 91/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungs-verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt noch die Verpflichtung der Beklagten, seine Beschäftigungszeiten vom 20. Januar 1975 bis 28. Februar 1977 sowie 01. März 1977 bis 11. Februar 1985 als Zeiten der fiktiven Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und die dabei erzielten Arbeitsverdienste festzustellen.

Dem Kläger war in der DDR am 31. Juli 1964 das Recht zur Führung der Berufsbezeichnung Ingenieur verliehen worden. Am 07. November 1975 war ihm der akademische Grad eines Diplom Ingenieurs verliehen worden.

Der Kläger arbeitete ab 01. Februar 1974 als Abteilungsleiter beim VEB BMK K, Kombinatsbetrieb Forschung und Projektierung B. Am 25. Juni 1990 wurde die IB GmbH B (im Folgenden: GmbH) als Nachfolgebetrieb des VEB BMK K, Kombinatsbetrieb Forschung und Projektierung B, aufgrund Gesellschaftsvertrages vom 31. Mai 1990 in das Handelsregister eingetragen. Der Kläger war anschließend bei dieser Rechtsnachfolgerin beschäftigt. Er war in der DDR in kein Versorgungssystem einbezogen worden.

Auf seinen Antrag aus dem Jahre 2001 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 19. April 2002 die Zeiten vom 01. September 1964 bis 30. April 1966, 01. Januar 1969 bis 14. Januar 1969 sowie vom 01. September 1969 bis 31. Januar 1974 als Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech fest und lehnte die Feststellung weiterer Zeiträume zwischen dem 01. September 1964 und 30. Juni 1990 ab (Bescheid vom 19. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Dezember 2002). Die mit dem Begehren, auch die Zeiten vom 01. November 1967 bis 31. Dezember 1968, 15. Januar 1969 bis 31. August 1969 sowie 01. Februar 1974 bis 30. Juni 1990 festzustellen, erhobene Klage hat das Sozialgericht Frankfurt (Oder) mit Urteil vom 10. Februar 2004 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der VEB BMK K, Kombinatsbetrieb Forschung und Projektierung B, sei kein volkseigener Produktionsbetrieb gewesen. Es hat insoweit Bezug genommen auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 09. April 2002 (Az.: B 4 RA 41/01 R). Darüber hinaus habe der Kombinatsbetrieb zum 25. Juni 1990 umfirmiert, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt eine Zuordnungsfiktion für vor dem Stichtag 30. Juni 1990 ausgeübte Beschäftigungszeiten nicht erfolgen könne.

Gegen das ihm am 10. März 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24. März 2004 Berufung eingelegt, mit der er zunächst die Feststellung der Zeiten vom 01. November 1967 bis 31. Dezember 1968, 15. Januar 1969 bis 31. August 1969 sowie 01. Februar 1974 bis zum 30. Juni 1990 (hilfsweise bis zum 24. Juni 1990) als Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech begehrt hat. Auf den Hinweis der Beklagten, dass das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Urteil vom 26. Oktober 2005 (Az.: 1 BvR 1921/04) die Stichtagsregelung für verfassungs-gemäß erachtet habe, hat der Kläger nunmehr nur noch die Feststellung der Zeit vom 20. Januar 1975 bis zum 28. Februar 1977 sowie vom 01. März 1977 bis 11. Februar 1985 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech geltend gemacht (Schriftsatz vom 20. Dezember 2006, Blatt 110 der Gerichtsakte).

Dem klägerischen Vortrag ist der Antrag zu entnehmen,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. Februar 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung ihres Bescheides vom 19. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Dezember 2002 zu ver-pflichten, die Beschäftigungszeiten vom 20. Januar 1975 bis zum 28. Februar 1977 sowie vom 01. März 1977 bis 11. Februar 1985 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz und die dabei erzielten Arbeits-verdienste festzustellen.

Darüber hinaus hat er schriftsätzlich die Aussetzung des Verfahrens angestrebt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass der Kläger am 30. Juni 1990 bei einer GmbH beschäftigt gewesen sei, somit bei einem privatrechtlich organisierten Unternehmen. Ein fiktiver bundesrechtlicher Anspruch auf Einbeziehung in die Altersversorgung der technischen Intelligenz habe deshalb nicht mehr entstehen können. Sie hat einen Registerauszug des Amtsgerichts Charlottenburg (HRB) bezüglich der I B GmbH zu den Akten gereicht.

Die zum Verfahren beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten () ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Auf diese wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte trotz Ausbleibens des Klägers in der weiteren mündlichen Verhandlung vom 30. August 2007 entscheiden, weil dieser mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist. Auch das Begehren des Klägers, dass Verfahren auszusetzen, stand einer Entscheidung nicht entgegen. Die Voraussetzungen des § 114 Sozialgerichtsgesetz (SGG) lagen nicht vor. Insbesondere kommt eine Aussetzung wegen eines vermeintlichen Musterprozesses allenfalls in Ausnahmefällen in Betracht, deren Voraussetzungen hier nicht vorliegen (vgl. zu den Voraussetzungen: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 114 Rz. 7a).

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts erweist sich als zutreffend. Die ablehnende Entscheidung der Beklagten im Bescheid vom 19. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Dezember 2002 ist rechtmäßig, weil der Kläger nicht unter den persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG fällt.

Eine Geltung des AAÜG für den Kläger folgt hier nicht daraus, dass die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid Beschäftigungszeiten vor den streitbefangenen Zeiträumen anerkannt hat. Damit hat die Beklagte nämlich nicht bindend festgestellt, dass § 1 AAÜG für den Kläger Anwendung findet. Sie hat lediglich Daten nach §§ 5, 8 AAÜG für den Rentenversicherungsträger festgestellt. Aus der bloßen Anwendung von Vorschriften eines Gesetzes kann nicht entnommen werden, dass der Bescheid eine eigenständige Feststellung im Sinne von § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch SGB X zur Anwendbarkeit des § 1 AAÜG getroffen hat. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 AAÜG ist jeweils gesondert für weitere Zeiträume festzustellen (BSG, Urteil vom 24. April 2002, B 4 RA 31/01 R, SozR 3 8570 § 1 Nr. 2). Eine Prüfung der in § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG genannten tatbestandlichen Voraussetzungen ergibt, dass die Vorschriften des AAÜG für den Kläger keine Anwendung finden, so dass der Kläger jedenfalls keinen Anspruch auf weitere Feststellungen nach dem AAÜG hat.

Der Kläger war bei In Kraft Treten des AAÜG am 01. August 1991 weder Inhaber einer Versorgungsberechtigung (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG) noch war er in der DDR vor dem 01. Juli 1990 (Zeitpunkt der Schließung der Zusatzversorgungssysteme) in ein Versorgungssystem einbezogen und vor diesem Zeitpunkt rechtmäßig ausgeschieden (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Der Kläger war am 01. August 1991 auch nicht Inhaber einer fingierten Versorgungs-anwartschaft, wie sie sich gemäß der vom BSG vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG trotz der Weitergeltung des verfassungsgemäßen Neueinbeziehungsverbots des Einigungsvertrages (EinigVtr) aus dieser Norm herleiten lassen soll.

Bei Personen, die am 01. Juli 1990 in kein Versorgungssystem einbezogen waren und nachfolgend auch nicht aufgrund originären Bundesrechts einbezogen wurden, ist zu prüfen, ob sie am 01. August 1991 nach dem an diesem Tag geltenden Bundesrecht aufgrund der bei Schließung der Zusatzversorgungssysteme (30. Juni 1990) gegebenen tatsächlichen Umstände einen fiktiven bundesrechtlichen "Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage" erlangt haben (hierzu BSG, Urteile vom 09. und 10. April 2002, SozR 3 8570 § 1 Nr. 2 bis 8).

Der umschriebene fiktive bundesrechtliche Anspruch hängt im Bereich der AVItech gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO AVItech) vom 17. August 1950 (GBl. Seite 844) und § 1 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB), soweit diese am 03. Oktober 1990 zu sekundärem Bundesrecht geworden sind, von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab (hierzu BSG, 09. April 2002, SozR 3 8570 § 1 Nr. 2 und 6). Das weitere Feststellungsbegehren des Klägers musste die Beklagte schon deshalb ablehnen, weil der Betrieb, in dem der Kläger am 30. Juni 1990 beschäftigt war, nicht die betrieblichen Voraussetzungen im Sinne des Versorgungsrechts erfüllt.

Ob die betrieblichen Voraussetzungen im Sinne der VO AVItech i. V. m. der 2. DB erfüllt sind, bestimmt sich danach, wer am maßgeblichen Stichtag Arbeitgeber im rechtlichen Sinne war (Urteil des BSG, 18. Dezember 2003, B 4 RA 20/03 R, SozR 4 8570 § 5 Nr. 3). Abzustellen ist hierbei nach ständiger Rechtsprechung des BSG gemäß den Vorgaben des EinigVtr auf die tatsächlichen Gegebenheiten am 30. Juni 1990 (vgl. BSG, Urteile vom 09. und 10. April 2002, SozR 3 8570 § 1 Nr. 2 bis 8). In den genannten Entscheidungen ist zugleich darauf hingewiesen worden, dass der Bundesgesetzgeber an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung der Versorgungssysteme in der DDR sowie an die gegebene versorgungsrechtliche Lage der Betroffenen ohne Willkürverstoß anknüpfen und damit u. a. zugrunde legen durfte, dass nur derjenige in das Zusatzversorgungssystem der AVItech einbezogen werden durfte, der am 30. Juni 1990 (Zeitpunkt der Schließung der Zusatzversorgungssysteme) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie und des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt war. Art. 3 Abs. 1 und 3 Grundgesetz (GG) gebietet es nicht, von jenen zu Bundesrecht geworden Regelungen der Versorgungssysteme sowie von den historischen Fakten, aus den sich etwa Ungleichheiten ergeben, abzusehen und sie "rückwirkend" zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen. Eine solche nachträgliche Korrektur der im Bereich der Zusatzver-sorgungssysteme am 30. Juni 1990 in Kraft gewesenen abstrakt-generellen Regelungen ist daher auch insoweit unzulässig, als sie damals willkürlich waren. Mit Blick auf die Neueinbeziehungsverbote in dem zu Bundesrecht gewordenen Rentenangleichungsgesetz der DDR und im EinigVtr ist eine erweiternde Auslegung über die in § 1 Abs. 1 AAÜG selbst angelegte Modifikation hinaus nicht erlaubt (Art. 20 Abs. 3 GG), so dass ein Analogieverbot besteht. Diese verfassungsrechtliche Wertung hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bestätigt (Beschluss vom 04. August 2004, 1 BvR 1557/01, SozR 4 8570 § 5 Nr. 4; Beschluss vom 26. Oktober 2005, 1 BvR 1921/04, SozR 4 8560 § 22 Nr. 1 Rdnr. 38 ff.).

Der Kläger war am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens im Sinne des § 1 Abs. 1 der 2. DB beschäftigt.

Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei dem Kombinatsbetrieb, in dem der Kläger tätig war, wie das Sozialgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts festgestellt hat, in der Sache um einen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens gehandelt hat. Jedenfalls ist der Beschäftigungsbetrieb des Klägers am 25. Juni 1990 in eine GmbH umgewandelt worden, womit der Kläger nunmehr, und zwar auch am maßgeblichen Stichtag, in einer GmbH beschäftigt war. Der Kläger hat wohl aus diesem Grunde sein Begehren im Laufe des Verfahrens auch auf davor liegende Zeiträume beschränkt.

Ein in der Rechtsform der GmbH geführtes Unternehmen unterliegt gemäß der ständigen Rechtsprechung des BSG nicht dem Anwendungsbereich des zu Bundesrecht gewordenen § 1 Abs. 1 der 2. DB und damit der AVItech, weil es sich schon nicht um einen volkseigenen Betrieb handelte (Urteil vom 09. April 2002, B 4 RA 3/02 R, SozR 3 8570 § 1 Nr. 7; Urteil vom 29. Juli 2004, B 4 RA 4/04 R, SozR 4 8570 § 1 Nr. 4; Urteil vom 29. Juli 2004, B 4 RA 12/04 R). Die Verfassungsbeschwerde, mit der sich gegen diese Rechtsprechung gewandt worden war, hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 26. Oktober 2005, 1 BvR 1921/04, SozR 4 8560 § 22 Nr. 1 Rdnr. 38 ff.). Der Kläger hat trotz seines umfänglichen Vortrages keine neuen, bisher in der Rechtsprechung nicht erwogenen Aspekte vorgetragen, die Anlass zu einer Abweichung von der Rechtsprechung des BSG geben könnten. Die GmbH war allein aufgrund ihrer Rechtsform kein gleichgestellter Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB. Diese Norm listet die Betriebe und Einrichtungen der DDR auf, die den volkseigenen Produktionsbetrieben der Industrie und des Bauwesens versorgungsrechtlich gleichgestellt wurden. Die GmbH als solche wird nicht als gleichgestellter Betrieb genannt.

Die GmbH, die am 30. Juni 1990 Arbeitgeberin des Klägers war, war aber auch nicht nach ihrem Unternehmens- und Betriebszweck ein gleichgestellter Betrieb. Sie war insbesondere kein Konstruktionsbüro, das in § 1 Abs. 2 der 2. DB als gleichgestellter Betrieb ausdrücklich benannt wird (der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des 16. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. März 2007, L 16 R 171/06; anders: SG Berlin, Urteil vom 25. Juli 2005, S 13 RA 3977/04). Andere der dort genannten Betriebsarten sind – was zwischen den Beteiligten im Übrigen unstreitig ist – ohnehin nicht einschlägig. Die Auslegung des Begriffs "Konstruktionsbüro", wie er in § 1 Abs. 2 der 2. DB genannt wird, hat sich dabei strikt am Wortlaut zu orientieren, so dass – in § 1 Abs. 2 der 2. DB nicht aufgeführte - Projektierungsbetriebe schon aus diesem Grunde versorgungsrechtlich keine gleichgestellten Betriebe sein können (vgl. BSG, Urteil vom 07. September 2006, B 4 RA 41/05 R, SozR 4-8570 § 1 Nr 11). Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht aber fest, dass der Kläger am 30. Juni 1990 nicht in einem Konstruktionsbüro, sondern in einem Projektierungsbetrieb beschäftigt war. Schon nach dem Sprachverständnis der DDR wurde ausdrücklich zwischen Konstruktions- und Projektierungsbüros unterschieden. Ausgangspunkt für die Feststellung des am Stichtag maßgeblichen Sprachverständnisses der DDR ist der "Beschluss über die Errichtung eines technischen Projektierungs- und Konstruktionsbüros der Energiewirtschaft" vom 29. Juni 1949 (ZVOBl 1949 Teil 1 Nr. 59 S. 1). Danach wurde für die Aufgabenbereiche der Projektierung und Konstruktion zwar nur ein Büro errichtet, dennoch wurde deutlich zwischen den beiden Funktionen unterschieden. Die Projektierungsaufgabe bestand darin, in allen Kraftanlagen alle Teile, Anlagenteile und Anlagen zu "bearbeiten", also die "Projektierung der Verteilung, der Erweiterungen und der Neuanlagen einschließlich der Verbesserungsvorschläge" vorzunehmen, dagegen betraf die Konstruktion "die Herstellung und den Betrieb der Teile, Anlagenteile und Anlagen". Hieraus erhellt, dass Konstruktionsarbeiten Fragen der technischen Herstellung von Einzelteilen oder auch ganzer Anlagen und ihres betrieblichen Einsatzes zu beantworten hatten, während die Projektierung sich nicht mit der Lösung derartiger Probleme befasste, sondern sie voraussetzte, um ein technisches Gesamtkonzept zu erstellen, das die optimale Realisierung des Unternehmenszweckes gewährleistete (vgl. BSG aaO). Die Projektierung hatte somit im Vergleich zur Konstruktion eine übergeordnete Funktion (vgl. auch die Begriffsbestimmung der Projektierungsleistung in der Verordnung über das Projektierungswesen – Projektierungsverordnung vom 20. November 1964 - GBl. II S. 909). Danach gehörten zu den Projektierungsleistungen u. a. die Ausarbeitung von Aufgaben-stellungen, von Projekten und Teilprojekten, die Koordinierung von kooperierten Projektierungsleistungen, die Ausarbeitung von Studien und Variantenuntersuchungen. Auch die Anordnung über die Einführung der Rahmenrichtlinie für die Neugliederung der Beschäftigten der Industrie und des Bauwesens vom 10. Dezember 1974 (GBl. I S. 1), die noch am 30. Juni 1990 galt, unterschied zwischen Konstruktion und Projektierung. Hieran knüpfen auch die Definitionen im "Ökonomischen Lexikon" der DDR (3. Auflage 1979) an. Danach waren Gegenstand von Konstruktionsarbeiten die Gestaltung der Erzeugnisse im Prozess der Vorbereitung der Produktion, die Anfertigung von Konstruktionszeichnungen, die Aufstellung von Stücklisten und die Funktionserprobung des Erzeugnisses. Projektierungen im weiteren Sinne waren alle Leistungen, die von Projektierungseinrichtungen insbesondere für die Lösung von Investitionsaufgaben erbracht wurden. Sie umfassten im Wesentlichen die Mitwirkung an "grundfondswirtschaftlichen" Untersuchungen, Aufgabenstellungen für die Vorbereitung von Investitionen, die Ausarbeitung von Dokumentationen zur Vorbereitung von Investitionsentscheidungen, die Erarbeitung der Ausführungsprojekte, die Lösung von Aufgaben des "Planes Wissenschaft und Technik", die Vorbereitung von Reparaturen und die Koordinierung von kooperierten Projektierungsleistungen. In einem engeren Sinn wurde unter Projektierung die Ausarbeitung des Investitionsprojekts verstanden (vgl. BSG aaO). Nach Maßgabe dieser Differenzierungskriterien war der Kläger am Stichtag nicht in einem Konstruktionsbüro, sondern in einem Projektierungsbetrieb beschäftigt. Gegenstand der GmbH war nach § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages vom 31. Mai 1990 die Erstellung von und der Handel mit planungs- und ingenieurtechnischen Leistungen sowie die Erbringung von Beratungsleistungen für Industrie- und Gesellschaftsbauten sowie Verkehrsanlagen. Hiermit korrespondiert, dass dieser Betrieb wie auch die Vorgängerbetriebe im statistischen Betriebsregister der DDR der Wirtschaftsgruppe 63350 (Bauprojektierung) zugeordnet waren. Die vom SG Berlin im Verfahren S 13 RA 3977/04 in das Verfahren eingeführten und im Wege des Urkundenbeweises zu verwertenden Aussagen der Zeugen K D, H L und J Sch, die umfangreiche, nachvollziehbare und im wesentlichen übereinstimmende Angaben zu den Aufgabenbereichen und betrieblichen Tätigkeitsfeldern der GmbH und auch deren Vorgängerbetriebe gemacht haben, bestätigen, dass am maßgeblichen Stichtag (30. Juni 1990) der Hauptzweck der GmbH nicht die Erbringung von Konstruktionsleistungen war, sondern die Planung technischer Gesamtkonzepte für Industrie- und Gesellschaftsbauten sowie andere Anlagen. Der GmbH oblag damit die Gesamtplanung, die sich nicht nur in der Entwicklung und Fertigung von Konstruktionszeichnungen erschöpfte, sondern die Planung und Entwicklung der gesamten Anlage umfasste. Der Zeuge D hat diesbezüglich ausdrücklich bestätigt, dass der Betrieb ein "Planungsbüro" gewesen sei, wofür damals der Begriff "Projektierung" verwandt worden sei. Der Zeuge hat auch anschaulich geschildert, dass die eigentliche Planung in der Gewinnung einer Vorstellung vom Aussehen des Gebäudes, der Abklärung mit den Bauherren, der Anfertigung der technischen Zeichnungen und teilweise in der Qualitätsüberwachung und dem Eingriff in die Bauablaufpläne bestanden hätten. Dies sind mit Ausnahme der Anfertigung technischer Zeichnungen typische Projektierungsarbeiten. Auch der Zeuge Sch hat ausgesagt, dass die Tätigkeit der GmbH eine "typische Planungstätigkeit" für bautechnische Planungen "in allen Fachgebieten in allen Leistungsphasen" gewesen sei. Die GmbH war somit mit der gesamten Ausarbeitung des konkreten Investitionsprojekts (Ausführungsobjekts) befasst, nicht nur mit dessen technischer Gestaltung im Vorfeld. Unter Berücksichtigung, dass sich nach den Angaben der Zeugen der Unternehmens- und Betriebszweck der GmbH von dem des Kombinatsbetrieb Forschung und Projektierung Berlin des VEB K nicht unterschieden hat, ergibt sich auch aus dem beigezogenen Aufsatz über die "Leistungsentwicklung im Kombinatsbetrieb Forschung und Projektierung Berlin in den 40 Jahren seines Bestehens" (Wolfgang Hoppe) nicht anderes. Dort wird vielmehr unter teilweiser Nennung konkreter Projektierungsobjekte anschaulich dargelegt, dass die Aufgaben der Projektierung von Vorhaben im Anlagen- und Gesellschaftsbau "stets im Mittelpunkt" des Betriebes standen, und zwar zuletzt nach Maßgabe des "Programmes zur weiteren Entwicklung als Beispielbetrieb der Projektierung im Industriebau der DDR für die komplexe durchgängige Rationalisierung der bautechnischen Projektierung" vom 14. März 1988. Insoweit wird ausdrücklich an das sich aus den genannten abstrakt-generellen Regelungen der DDR ergebende staatliche Sprachverständnis angeknüpft, das zwischen "Konstruktion" und "Projektierung" eine deutliche Unterscheidung getroffen hatte. Im Ergebnis steht somit fest, dass der Kläger am 30. Juni 1990 nicht in einem Konstruktionsbüro, sondern in einem Projektierungsbetrieb beschäftigt war. Bei dieser Sach- und Rechtslage kann dahinstehen, ob am 30. Juni 1990 in der DDR überhaupt noch Konstruktionsbüros als selbstständige Betriebe oder Betriebsteile eines Kombinats existierten, die als solche Arbeitgeber und damit versorgungsrechtlich gleichgestellte Betriebe im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB hätten sein können (vgl. hierzu zweifelnd BSG a. a. O). In Bezug auf Konstruktionsbüros wäre dann die Gleichstellungsnorm des § 1 Abs. 2 der 2. DB bereits am 30. Juni 1990 objektiv gegenstandslos gewesen und insoweit schon deshalb kein Bundesrecht geworden. Da Projektierungsbüros in § 1 Abs. 2 der 2. DB nicht aufgeführt werden, sind sie versorgungsrechtlich in jedem Fall keine gleichgestellten Betriebe. Eine über den Wortlaut hinausgehende erweiternde Auslegung ist insoweit nicht zulässig (vgl. BSG a. a. O.).

Da der Kläger am 30. Juni 1990 nicht in einem Betrieb beschäftigt war, der dem Anwendungsbereich der AVItech unterfiel, war er nicht Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft. Die Beklagte war mithin schon aus diesem Grunde nicht verpflichtet, weitere Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem und die in diesen Zeiten erzielten Entgelte festzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen.
Rechtskraft
Aus
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