Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 7 R 295/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 B 1205/07 R ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 6. August 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der 1933 geborene Antragsteller war Inhaber eines Dachdeckerbetriebes. Nachdem die damalige Innungskrankenkasse (IKK) Brandenburg am 31. März 1998 einen fruchtlosen Vollstreckungsversuch wegen Beitragsforderungen aus dem Zeitraum "ca. 11/97 – 01/98" unternommen hatte, beantragte sie im Juni 1998 beim Amtsgericht Neuruppin wegen Beitragsrückständen für den Zeitraum November 1997 bis April 1998 die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über sein Vermögen (Az. 15 N 335/98). Das am 15. Juni 1999 eröffnete Verfahren wurde im Mai 2005 nach Verteilung der Masse eingestellt. Zuvor war dem Antragsteller durch Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 10. Juni 2004 Vollstreckungsschutz nach § 18 Abs. 2 Satz 3 der Gesamtvollstreckungsordnung (GesO) gewährt worden. Zu Gunsten der IKK Brandenburg und Berlin (als Rechtsnachfolgerin der IKK Brandenburg) waren eine Forderung von 56.134,79 EUR im Rang nach § 17 Abs. 3 Nr. 1 GesO (Forderung 1) und eine Forderung von 5.815,94 EUR im Rang nach § 17 Abs. 3 Nr. 4 GesO (Forderung 2) festgestellt worden. Auf die Forderung 1 wurden der IKK 15.734,36 EUR und auf die Forderung 2 nichts ausgeschüttet. Daraufhin wurden der IKK am 31. Januar 2007 vom Amtsgericht N vollstreckbare Ausfertigungen über 40.400,43 EUR für die Forderung 1 und 5.815,94 EUR für die Forderung 2 erteilt (Summe der titulierten Forderungen 46.216,37 EUR). Bereits seit 1. November 1998 bezieht der Antragsteller von der Antragsgegnerin Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, deren monatlicher Zahlbetrag vor Verrechnung ab 1. Mai 2007 877,19 EUR und ab 1. Juli 2007 842,32 EUR betrug. Ferner erhält er eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung in Höhe von annähernd 270,- EUR im Monat. Im Januar 2007 richtete die IKK Brandenburg und Berlin ein Verrechnungsersuchen an die Antragsgegnerin. Sie bezifferte die noch offene Forderung einschließlich von Säumniszuschlägen, Kosten und Gebühren auf 41.383,26 EUR. Es handele sich um Forderungen aus dem Zeitraum November 1997 bis April 1998, die jeweils zum 15. des Folgemonats fällig geworden seien. Mit Schreiben vom 27. März 2007 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass sie beabsichtige, im Wege der Verrechnung nach § 52 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) einen Betrag in Höhe von 438,59 EUR von der monatlichen Rente einzubehalten, so dass ihm ein monatlicher Betrag von 438,60 EUR verbleibe. Er erhalte die Gelegenheit, eine Bescheinigung des Sozialhilfeträgers zu übersenden, aus der hervorgehe, dass er durch die Verrechnung sozialhilfebedürftig werde. Der Antragsteller hat dem entgegen gehalten, dass er einen erweiterten Vollstreckungsschutz nach § 18 Abs. 2 Satz 3 GesO genieße. Die Antragsgegnerin müsse nachweisen, dass im Sinne dieser Vorschrift Neuvermögen vorliege, in das vollstreckt werden könne. Im übrigen verstoße § 52 SGB I gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Grundgesetz (GG), es müsse der Pfändungsschutz der Zivilprozessordnung (ZPO) gelten. Es sei nicht beabsichtigt, eine Bescheinigung des Sozialhilfeträgers einzureichen, da notwendige Auskünfte von der Antragsgegnerin eingeholt werden könnten. Mit Bescheid vom 7. Mai 2007 "verrechnete" die Antragsgegnerin die von der IKK Brandenburg und Berlin geltend gemachten Ansprüche in Höhe von 41.383,26 EUR mit der Altersrente und minderte diese ab dem 1. Juni 2007 um monatlich 438,59 EUR. Die vom Antragsteller vorgetragenen Einwände seien nicht geeignet, von der Verrechnung abzusehen, da eine Hilfebedürftigkeit im Sinne des Zwölften beziehungsweise Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XII, SGB II) nicht nachgewiesen worden sei. Auch die Ermessensabwägung führe nicht dazu, dass von der Verrechnung abgesehen werden könne. Gegen den Bescheid legte der Antragsteller Widerspruch ein und beantragte bei der Antragsgegnerin die Aussetzung der Vollziehung bis zur Entscheidung über den Widerspruch. Er genieße den Vollstreckungsschutz nach § 18 GesO, so dass nur in Neuvermögen vollstreckt werden könne, wenn dieses über ein angemessenes Einkommen hinausgehe. Die Antragsgegnerin versuche, den Vollstreckungsschutz faktisch auszuhebeln und gehe nicht auf die Begründung des Antragstellers ein. Während des Widerspruchsverfahrens stellte die Antragsgegnerin den monatlichen Zahlbetrag der Altersrente ab 1. Juli 2007 mit 443,73 EUR fest, wobei der "Verrechnungsbetrag" unverändert blieb. Mit Schreiben vom 11. Juni 2007 teilte sie dem Antragsteller mit, dass die Verrechnung vorgenommen werden könne, da sie sich ausschließlich auf den insolvenzfreien Teil der Rente beziehe. Um die wirtschaftlichen Verhältnisse überprüfen zu können, werde der Antragsteller gebeten, eine Bedarfsbescheinigung des Sozialhilfeträgers einzureichen. Mit Schriftsatz vom 8. Juni 2007, beim Sozialgericht Neuruppin eingegangen am 12. Juni 2007, hat der Antragsteller die gerichtliche Aussetzung der Vollziehung des Bescheides vom 7. Mai 2007 beantragt. Zur Begründung hat er sich auf seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren bezogen und darüber hinaus geltend gemacht, dass ihm ein nicht zu ersetzender Schaden zugefügt werde, da die Rente seine Existenzgrundlage darstelle. Die Antragsgegnerin hat im laufenden Gerichtsverfahren mit Schreiben vom 5. Juli 2007 den ihr gegenüber gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt. Es bestünden keine ernsthaften Zweifel daran, dass der angefochtene Bescheid rechtmäßig sei. Ferner hat sie die Auffassung vertreten, dass der vom Antragsteller eingelegte Widerspruch keine aufschiebende Wirkung habe. Der Aufforderung des Sozialgerichts vom 30. Juli 2007, eine sozialhilferechtliche Bedarfsberechnung vorzulegen, ist der Antragsteller nicht nachgekommen. Das Sozialgericht hat den Antrag des Antragstellers durch Beschluss vom 6. August 2007 abgelehnt. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 7. Mai 2007 habe keine aufschiebende Wirkung, weil der Bescheid die Anforderung von Beiträgen im Sinne des § 86a Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Gegenstand habe. Die Voraussetzungen für die "Aussetzung der Vollziehung" seien nicht erfüllt, weil keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestünden. Die formalen Anforderungen an ein wirksames Verrechnungsersuchen seien erfüllt, dem Antragsteller verbleibe auch etwas mehr als die Hälfte des monatlichen Nettozahlbetrages. Eine Verrechnung in geringerer Höhe komme nicht in Betracht, da der Antragsteller der seit 1. Januar 2005 von ihm zu erfüllenden Verpflichtung, seine Sozialhilfebedürftigkeit nachzuweisen, nicht nachgekommen sei. Die Pfändungsfreigrenzen nach der ZPO seien irrelevant, da für Beitragsforderungen der Sozialversicherung zulässigerweise ein privilegierter Zugriff geschaffen worden sei. Das Gesamtvollstreckungsverfahren berühre nicht den Bestand der Beitragsforderungen. Dem Vollstreckungsschutz nach § 18 Abs. 2 Satz 3 GesO werde dadurch Rechnung getragen, dass diese Forderungen in einem etwaigen weiteren Insolvenzverfahren nach der Insolvenzordnung den schlechteren Rang nach § 39 Insolvenzordnung erhielten. Daraus ergebe sich, dass eine Vollstreckung wegen der Forderung und folglich auch eine Verrechnung zulässig sei. Mit der Beschwerde hat der Antragsteller sein Begehren weiterverfolgt. Über seinen bisherigen Vortrag hinaus macht er geltend: Soweit ihm entgegen gehalten werde, dass er sich der Nachprüfung seiner Sozialhilfebedürftigkeit entziehe, sei zu befürchten, dass das Verlangen den Gedanken der Sippenhaftung in sich berge. Er könne nicht erkennen, was ein Anspruch aus der Zeit als Arbeitnehmer mit den Einkommens- und Vermögensverhältnissen seiner Ehefrau zu tun habe. Es bestünden ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des von der Beklagten gesetzten Bescheides. Die Bundesagentur für Arbeit habe 2006 darauf verzichtet, von ihr geltend gemachte Ansprüche gegen den Antragsteller durchzusetzen und eine Auseinandersetzung zur Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse vor Gericht auszutragen. Ohnehin sei die IKK – wie jeder Gläubiger – nur nach den Vorschriften der ZPO zur Vollstreckung berechtigt. Für Vollstreckungsfälle seien die ordentlichen Gerichte zuständig. Das Sozialgericht entledige den Bürger seines Vollstreckungsschutzes. Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen hat der Antragsteller weiterhin nicht gemacht. Der Senat hat eine Auskunft der IKK Brandenburg und Berlin vom 26. September 2007 eingeholt. Diese hat erklärt, dass die Vollstreckung am 31. März 1998 zwar nicht auf einem Beitragsbescheid, jedoch auf den vom Antragsteller bis dahin eingereichten Beitragsnachweisen beruht habe. Ein weiterer Beitragsnachweis für April 1998 sei am 10. Mai 1998 bei der IKK eingegangen.
II.
Die Beschwerde ist unbegründet. Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Der Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 7. Mai 2007 hat wegen § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung. Der Bescheid betrifft im Sinne dieser Vorschrift die Anforderung von Beiträgen einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Der Begriff "Anforderung" bezeichnet nicht nur das Geltendmachen einer Geldforderung, sondern darüber hinaus auch alle weiteren Verwaltungsakte, die zur Realisierung eines behördlichen Anspruchs auf öffentliche Abgaben ergehen (s. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 11. Juli 2007 – L 2 R 341/07 ER mit Hinweis auf Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 86a Rz. 13). Maßstab für eine Entscheidung im Eilverfahren gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG ist eine umfassende Abwägung des privaten Aufschubinteresses einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Vor allem dann, wenn der Verwaltungsakt bereits nach summarischer Prüfung offensichtlich rechtswidrig ist, kann schlechterdings ein öffentliches Interesse an seiner sofortigen Vollziehbarkeit nicht bestehen, so dass das Aufschubinteresse Vorrang hat. Der Verwaltungsakt der Antragsgegnerin vom 5. Mai 2007 ist weder formal noch inhaltlich erkennbar rechtswidrig. Betreffend die Art und Weise, wie die Verrechnung im Sinne des § 52 SGB I durchzuführen ist, wird zwar vom 4. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) die Auffassung vertreten, dass die Verrechnung lediglich die rechtsgeschäftliche Ausübung eines schuldrechtlichen Gestaltungsrechts darstelle, weshalb es an einer gesetzlichen Ermächtigung zum Erlass eines Verwaltungsaktes fehle (BSG SozR 4-1200 § 52 Nr. 1). Das macht den Verwaltungsakt aber schon deshalb nicht in formeller Hinsicht "offensichtlich" rechtswidrig, weil diese Auffassung stark bestritten und im besonderen von anderen Senaten des BSG nicht vertreten wird (7. Senat in SozR 1200 § 54 Nr. 13, 10. Senat in SozR 1200 § 52 Nr. 6, 13. Senat in SozR 3-1200 § 52 Nr. 3, alle mit weiteren Nachweisen; ebenso die überwiegende Meinung in der sozialrechtlichen Literatur, hierzu Nachweise in BSG – 5. Senat – SozR 4-1200 § 52 Nr. 2, dort wurde die Streitfrage offen gelassen, weil sie nicht entscheidungserheblich war). Abgesehen davon vertritt auch der erkennende Senat die Auffassung, dass die Verrechnung durch Verwaltungsakt geltend zu machen ist (zuletzt im Urteil vom 6. September 2007 – L 8 RA 91/04). Auch materiell-rechtlich ist der Bescheid rechtmäßig. Gemäß § 52 SGB I kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist. Nach § 51 Abs. 2 SGB I in der hier anwendbaren, ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung, kann der zuständige Leistungsträger mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen nach dem SGB gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II wird. Anders als der Antragsteller meint, ist diese – gesetzlich ausdrücklich vorgesehene – Verrechnung nicht etwa generell deshalb ausgeschlossen, weil die Antragsgegnerin gehalten wäre, ihre Forderungen ihm gegenüber auf dem Zivilrechtsweg zu "vollstrecken". Die Verrechnung ist gerade keine "Vollstreckung" im Sinne der Vorschriften der ZPO oder anderer Verfahrensgesetze über die Zwangsvollstreckung. Vielmehr handelt es sich um ein Gestaltungsrecht ähnlich der zivilrechtlichen Aufrechnung (§§ 389 ff BGB). Nur am Rande sei deshalb erwähnt, dass staatliche Stellen in allen Bereichen des öffentlichen Rechts durch den Erlass von Verwaltungsakten ohne Einschaltung der Gerichte Titel zur Durchsetzung von Ansprüchen herstellen und aus diesen Titeln nach Maßgabe der für das jeweilige Rechtsgebiet geltenden gesetzlichen Regelungen selbst die Vollstreckung betreiben können. Der Rechtsschutz gegen Verwaltungsakte ebenso wie gegen Vollstreckungsmaßnahmen ist ohne Weiteres durch die allgemeine und die besonderen Verwaltungsgerichtsbarkeiten gewährleistet. Auf welche Weise durch das Handeln der Antragsgegnerin oder eines Gerichts der Sozialgerichtsbarkeit im vorliegenden Fall die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG auch nur berührt sein soll, ist nicht ersichtlich. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine wirksame Verrechnung sind erfüllt. Die Antragsgegnerin ist von der IKK Brandenburg und Berlin auf Grund deren Ersuchen vom Januar 2007 im Sinne des § 52 SGB I ermächtigt, deren Beitragsansprüche mit den laufenden Rentenansprüchen des Antragstellers zu verrechnen. Eine Verrechnungslage besteht auch, denn die Forderung des auf- bzw. verrechnenden Leistungsträgers (Gegenforderung) ist entstanden und fällig, während die gleichartige Forderung, mit der auf- bzw. verrechnet werden soll (Hauptforderung), zwar nicht insgesamt fällig, aber bereits entstanden und erfüllbar ist. Dass die Hauptforderung (der Rentenanspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin) im vorliegenden Fall entstanden und erfüllbar ist, steht nicht in Frage, da dem Antragsteller eine Rente wegen Alters bindend zuerkannt ist und zu monatlich zu erfüllenden Einzelansprüchen führt. Auch eine entstandene und fällige Gegenforderung ist von der IKK substantiiert dargelegt worden, indem sie die vollstreckbaren Ausfertigungen des Amtsgerichts Neuruppin betreffend die im Gesamtvollstreckungsverfahren angemeldeten Beitragsforderungen vorgelegt hat. Die Beitragsforderungen sind durch das Gesamtvollstreckungsverfahren nicht erloschen oder etwa zu bürgerlich-rechtlichen Forderungen transformiert worden. Das Gesamtvollstreckungsverfahren bewirkt – wie das Konkurs- und Insolvenzverfahren – lediglich ein zeitweiliges Verbot der Einzelvollstreckung gegen den Schuldner. Dass anschließend wiederum wegen der nicht befriedigten Forderungen gegen den Schuldner vorgegangen werden kann, ergibt sich aus § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 GesO. Der Gesamtvollstreckungsverwalter hat danach den nicht oder nicht vollständig befriedigten Gläubigern mitzuteilen, dass die nicht erfüllte Forderung im Wege der (Einzel-)Vollstreckung geltend gemacht werden kann und vollstreckbare auszugsweise Ausfertigungen aus dem bestätigten Verzeichnis der Forderungen zu erteilen. Nach der Rechtsprechung des BSG kann darüberhinaus eine Verrechnungserklärung sogar während eines laufenden Insolvenzverfahrens wirksam abgegeben werden, wenn die Verrechnungslage schon vorher bestanden hat; befristet ist lediglich der Zeitraum, für den verrechnet werden kann (BSG SozR 4-1200 § 52 Nr. 1 und 2). Die vom 4. Senat des BSG für eine wirksame Verrechnung geforderte weitere Angabe, dass die Forderung bestands- oder rechtskräftig geworden sein muss (BSG SozR 4-1200 § 52 Nr. 1), ist für den Fall, dass die Gegenforderung in einer Beitragsforderung besteht, jedenfalls dann entbehrlich, wenn die Forderungshöhe – wie hier – auf den eigenen Beitragsnachweisen des Antragstellers beruht. Denn nach dem jetzigen § 28f Abs. 3 Satz 3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV; der an anderer Stelle bereits seit Inkrafttreten dieses Gesetzbuchs am 1. Januar 1990 in dessen § 28f Abs. 3 enthalten war) gilt der Beitragsnachweis sogar als Leistungsbescheid der Einzugsstelle für die Vollstreckung im Sinne des § 66 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in Verbindung mit den Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzen. Erst recht muss er dann zum Beleg dafür ausreichen, dass eine Gegenforderung besteht, die nach § 52 SGB I verrechnungsfähig ist. Denn das Argument für das Erfordernis einer bestands- oder rechtskräftigen Forderung, die Rechtsstellung des Leistungsberechtigten im Verhältnis zu dem die Verrechnung anstrebenden Schuldner nicht dadurch zu verschlechtern, dass dieser gezwungen wird, sich erstmals in dem "Verrechnungsverfahren" mit einem (weiteren) Anspruch auseinander zu setzen, geht dann ins Leere, wenn ihm die Gegenforderung auf Grund seiner eigenen Angaben bekannt sein muss. Der Vollstreckungsschutz des § 18 Abs. 2 Satz 3 GesO kommt dem Antragsteller nicht zugute. Es kann offen bleiben, ob er bereits deshalb nicht eingreift, weil der Rentenanspruch des Antragstellers wegen § 1 Abs. 1 Satz 3 GesO möglicherweise von vornherein nicht von der Gesamtvollstreckung erfasst war, da er unter dem pfändungsfreien Betrag nach § 850c ZPO lag. Ebenso kann offen bleiben, ob der Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 10. Juni 2004 nicht ausreichend bestimmt ist, um die Wirkung des § 18 Abs. 2 Satz 3 GesO zu entfalten, da aus ihm nicht hervorgeht, welches Vermögen vollstreckungsfrei bleiben soll (zu den Prüfungsanforderungen s. LG Dresden, Beschluss, vom 13. November 2002 – 5 T 0382/02, 5 T 382/02, zitiert nach "Juris"). Jedenfalls bewirkt § 18 Abs. 2 Satz 3 GesO Schutz nur gegen konkrete Maßnahmen der Einzelzwangsvollstreckung (s. etwa Brandenburgisches OLG, Urteil vom 20. Mai 1998 – 13 U 35/97, zitiert nach "Juris"). Die Verrechnung stellt – wie ausgeführt – keine solche Maßnahme dar (so bereits LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. März 2006 – L 21 B 1730/05 R ER). Die Vollziehung des Bescheides kann auch nicht wenigstens teilweise deshalb ausgesetzt werden, weil der Antragsteller durch die Verrechnung hilfebedürftig im Sinne des SGB XII oder des SGB II würde. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 51 Abs. 2 SGB I muss der Leistungsberechtigte selbst den Nachweis seiner Hilfebedürftigkeit erbringen. Diese Obliegenheit besteht auch im gerichtlichen Verfahren fort. Der Einwand, dass auf diese Weise eine "Sippenhaftung" begründet werde, geht schon deshalb fehl, weil der Antragsteller nicht einmal vorträgt, dass und in welchem Umfang er hilfebedürftig wäre, wenn Einkommen oder Vermögen dritter Personen nicht berücksichtigt würde (abgesehen davon verstößt § 52 SGB I nicht gegen das Gebot des Schutzes von Ehe und Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG, s. BVerfG, Beschluss vom 29. Juni 1981 – 1 BvR 26/81, nicht veröffentlicht). Nicht erkennbar ist schließlich, dass die Antragsgegnerin das ihr zustehende und von ihr erkannte Ermessen fehlerhaft ausgeübt hätte. Verstöße gegen Grundrechte des Antragstellers, im Besonderen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) sind nicht zu erkennen. Der Antragsteller lässt außer Acht, dass es kein "Grundrecht auf ein schuldenfreies Leben" gibt. Allenfalls lässt sich nach der Rechtsprechung des BVerfG dem Gebot zur Achtung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) entnehmen, dass einem Schuldner soviel seines Erwerbseinkommens zu belassen ist, dass er davon noch, gemessen an bescheidenen Bedürfnissen, seinen notwendigen Lebensunterhalt bestreiten kann; die Geldbeträge im Einzelnen festzulegen ist dabei wiederum Sache des Gesetzgebers, dem ein Entscheidungsspielraum zur Verfügung steht (BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 1992 – 1 BvR 1282/88, zitiert nach Juris). Diese verfassungsrechtliche Grenze hat der Gesetzgeber mit (§ 52 i. V. mit) § 51 Abs. 2 SGB I eingehalten. Soweit diese Vorschrift eine Verrechnung in weiterem Umfang zulässt als § 394 Satz 1 BGB eine Aufrechnung, könnte allenfalls eine Person, die nicht in gleichem Umfang wie die Antragsgegnerin mittels einer Gestaltungserklärung gegen sich gerichtete Forderungen verringern kann, eine Ungleichbehandlung geltend machen (die aber durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Die Träger der Sozialversicherung erfüllen Aufgaben des Sozialstaats, finanzieren sich aber nicht oder wenigstens nicht ausschließlich durch das allgemeine Steueraufkommen, sondern grundsätzlich durch Beiträge. Ausbleibende Beiträge belasten also zwangsläufig die Gesamtheit der Beitragspflichtigen, weil diese wenigstens vorübergehend für die ausgefallenen Beiträge aufkommen müssen. Es dient folglich dem Interesse des Gemeinwohls, diese Beitragsausfälle möglichst gering zu halten). Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 193 SGG. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der 1933 geborene Antragsteller war Inhaber eines Dachdeckerbetriebes. Nachdem die damalige Innungskrankenkasse (IKK) Brandenburg am 31. März 1998 einen fruchtlosen Vollstreckungsversuch wegen Beitragsforderungen aus dem Zeitraum "ca. 11/97 – 01/98" unternommen hatte, beantragte sie im Juni 1998 beim Amtsgericht Neuruppin wegen Beitragsrückständen für den Zeitraum November 1997 bis April 1998 die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über sein Vermögen (Az. 15 N 335/98). Das am 15. Juni 1999 eröffnete Verfahren wurde im Mai 2005 nach Verteilung der Masse eingestellt. Zuvor war dem Antragsteller durch Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 10. Juni 2004 Vollstreckungsschutz nach § 18 Abs. 2 Satz 3 der Gesamtvollstreckungsordnung (GesO) gewährt worden. Zu Gunsten der IKK Brandenburg und Berlin (als Rechtsnachfolgerin der IKK Brandenburg) waren eine Forderung von 56.134,79 EUR im Rang nach § 17 Abs. 3 Nr. 1 GesO (Forderung 1) und eine Forderung von 5.815,94 EUR im Rang nach § 17 Abs. 3 Nr. 4 GesO (Forderung 2) festgestellt worden. Auf die Forderung 1 wurden der IKK 15.734,36 EUR und auf die Forderung 2 nichts ausgeschüttet. Daraufhin wurden der IKK am 31. Januar 2007 vom Amtsgericht N vollstreckbare Ausfertigungen über 40.400,43 EUR für die Forderung 1 und 5.815,94 EUR für die Forderung 2 erteilt (Summe der titulierten Forderungen 46.216,37 EUR). Bereits seit 1. November 1998 bezieht der Antragsteller von der Antragsgegnerin Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, deren monatlicher Zahlbetrag vor Verrechnung ab 1. Mai 2007 877,19 EUR und ab 1. Juli 2007 842,32 EUR betrug. Ferner erhält er eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung in Höhe von annähernd 270,- EUR im Monat. Im Januar 2007 richtete die IKK Brandenburg und Berlin ein Verrechnungsersuchen an die Antragsgegnerin. Sie bezifferte die noch offene Forderung einschließlich von Säumniszuschlägen, Kosten und Gebühren auf 41.383,26 EUR. Es handele sich um Forderungen aus dem Zeitraum November 1997 bis April 1998, die jeweils zum 15. des Folgemonats fällig geworden seien. Mit Schreiben vom 27. März 2007 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass sie beabsichtige, im Wege der Verrechnung nach § 52 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) einen Betrag in Höhe von 438,59 EUR von der monatlichen Rente einzubehalten, so dass ihm ein monatlicher Betrag von 438,60 EUR verbleibe. Er erhalte die Gelegenheit, eine Bescheinigung des Sozialhilfeträgers zu übersenden, aus der hervorgehe, dass er durch die Verrechnung sozialhilfebedürftig werde. Der Antragsteller hat dem entgegen gehalten, dass er einen erweiterten Vollstreckungsschutz nach § 18 Abs. 2 Satz 3 GesO genieße. Die Antragsgegnerin müsse nachweisen, dass im Sinne dieser Vorschrift Neuvermögen vorliege, in das vollstreckt werden könne. Im übrigen verstoße § 52 SGB I gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Grundgesetz (GG), es müsse der Pfändungsschutz der Zivilprozessordnung (ZPO) gelten. Es sei nicht beabsichtigt, eine Bescheinigung des Sozialhilfeträgers einzureichen, da notwendige Auskünfte von der Antragsgegnerin eingeholt werden könnten. Mit Bescheid vom 7. Mai 2007 "verrechnete" die Antragsgegnerin die von der IKK Brandenburg und Berlin geltend gemachten Ansprüche in Höhe von 41.383,26 EUR mit der Altersrente und minderte diese ab dem 1. Juni 2007 um monatlich 438,59 EUR. Die vom Antragsteller vorgetragenen Einwände seien nicht geeignet, von der Verrechnung abzusehen, da eine Hilfebedürftigkeit im Sinne des Zwölften beziehungsweise Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XII, SGB II) nicht nachgewiesen worden sei. Auch die Ermessensabwägung führe nicht dazu, dass von der Verrechnung abgesehen werden könne. Gegen den Bescheid legte der Antragsteller Widerspruch ein und beantragte bei der Antragsgegnerin die Aussetzung der Vollziehung bis zur Entscheidung über den Widerspruch. Er genieße den Vollstreckungsschutz nach § 18 GesO, so dass nur in Neuvermögen vollstreckt werden könne, wenn dieses über ein angemessenes Einkommen hinausgehe. Die Antragsgegnerin versuche, den Vollstreckungsschutz faktisch auszuhebeln und gehe nicht auf die Begründung des Antragstellers ein. Während des Widerspruchsverfahrens stellte die Antragsgegnerin den monatlichen Zahlbetrag der Altersrente ab 1. Juli 2007 mit 443,73 EUR fest, wobei der "Verrechnungsbetrag" unverändert blieb. Mit Schreiben vom 11. Juni 2007 teilte sie dem Antragsteller mit, dass die Verrechnung vorgenommen werden könne, da sie sich ausschließlich auf den insolvenzfreien Teil der Rente beziehe. Um die wirtschaftlichen Verhältnisse überprüfen zu können, werde der Antragsteller gebeten, eine Bedarfsbescheinigung des Sozialhilfeträgers einzureichen. Mit Schriftsatz vom 8. Juni 2007, beim Sozialgericht Neuruppin eingegangen am 12. Juni 2007, hat der Antragsteller die gerichtliche Aussetzung der Vollziehung des Bescheides vom 7. Mai 2007 beantragt. Zur Begründung hat er sich auf seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren bezogen und darüber hinaus geltend gemacht, dass ihm ein nicht zu ersetzender Schaden zugefügt werde, da die Rente seine Existenzgrundlage darstelle. Die Antragsgegnerin hat im laufenden Gerichtsverfahren mit Schreiben vom 5. Juli 2007 den ihr gegenüber gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt. Es bestünden keine ernsthaften Zweifel daran, dass der angefochtene Bescheid rechtmäßig sei. Ferner hat sie die Auffassung vertreten, dass der vom Antragsteller eingelegte Widerspruch keine aufschiebende Wirkung habe. Der Aufforderung des Sozialgerichts vom 30. Juli 2007, eine sozialhilferechtliche Bedarfsberechnung vorzulegen, ist der Antragsteller nicht nachgekommen. Das Sozialgericht hat den Antrag des Antragstellers durch Beschluss vom 6. August 2007 abgelehnt. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 7. Mai 2007 habe keine aufschiebende Wirkung, weil der Bescheid die Anforderung von Beiträgen im Sinne des § 86a Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Gegenstand habe. Die Voraussetzungen für die "Aussetzung der Vollziehung" seien nicht erfüllt, weil keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestünden. Die formalen Anforderungen an ein wirksames Verrechnungsersuchen seien erfüllt, dem Antragsteller verbleibe auch etwas mehr als die Hälfte des monatlichen Nettozahlbetrages. Eine Verrechnung in geringerer Höhe komme nicht in Betracht, da der Antragsteller der seit 1. Januar 2005 von ihm zu erfüllenden Verpflichtung, seine Sozialhilfebedürftigkeit nachzuweisen, nicht nachgekommen sei. Die Pfändungsfreigrenzen nach der ZPO seien irrelevant, da für Beitragsforderungen der Sozialversicherung zulässigerweise ein privilegierter Zugriff geschaffen worden sei. Das Gesamtvollstreckungsverfahren berühre nicht den Bestand der Beitragsforderungen. Dem Vollstreckungsschutz nach § 18 Abs. 2 Satz 3 GesO werde dadurch Rechnung getragen, dass diese Forderungen in einem etwaigen weiteren Insolvenzverfahren nach der Insolvenzordnung den schlechteren Rang nach § 39 Insolvenzordnung erhielten. Daraus ergebe sich, dass eine Vollstreckung wegen der Forderung und folglich auch eine Verrechnung zulässig sei. Mit der Beschwerde hat der Antragsteller sein Begehren weiterverfolgt. Über seinen bisherigen Vortrag hinaus macht er geltend: Soweit ihm entgegen gehalten werde, dass er sich der Nachprüfung seiner Sozialhilfebedürftigkeit entziehe, sei zu befürchten, dass das Verlangen den Gedanken der Sippenhaftung in sich berge. Er könne nicht erkennen, was ein Anspruch aus der Zeit als Arbeitnehmer mit den Einkommens- und Vermögensverhältnissen seiner Ehefrau zu tun habe. Es bestünden ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des von der Beklagten gesetzten Bescheides. Die Bundesagentur für Arbeit habe 2006 darauf verzichtet, von ihr geltend gemachte Ansprüche gegen den Antragsteller durchzusetzen und eine Auseinandersetzung zur Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse vor Gericht auszutragen. Ohnehin sei die IKK – wie jeder Gläubiger – nur nach den Vorschriften der ZPO zur Vollstreckung berechtigt. Für Vollstreckungsfälle seien die ordentlichen Gerichte zuständig. Das Sozialgericht entledige den Bürger seines Vollstreckungsschutzes. Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen hat der Antragsteller weiterhin nicht gemacht. Der Senat hat eine Auskunft der IKK Brandenburg und Berlin vom 26. September 2007 eingeholt. Diese hat erklärt, dass die Vollstreckung am 31. März 1998 zwar nicht auf einem Beitragsbescheid, jedoch auf den vom Antragsteller bis dahin eingereichten Beitragsnachweisen beruht habe. Ein weiterer Beitragsnachweis für April 1998 sei am 10. Mai 1998 bei der IKK eingegangen.
II.
Die Beschwerde ist unbegründet. Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Der Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 7. Mai 2007 hat wegen § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung. Der Bescheid betrifft im Sinne dieser Vorschrift die Anforderung von Beiträgen einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Der Begriff "Anforderung" bezeichnet nicht nur das Geltendmachen einer Geldforderung, sondern darüber hinaus auch alle weiteren Verwaltungsakte, die zur Realisierung eines behördlichen Anspruchs auf öffentliche Abgaben ergehen (s. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 11. Juli 2007 – L 2 R 341/07 ER mit Hinweis auf Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 86a Rz. 13). Maßstab für eine Entscheidung im Eilverfahren gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG ist eine umfassende Abwägung des privaten Aufschubinteresses einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Vor allem dann, wenn der Verwaltungsakt bereits nach summarischer Prüfung offensichtlich rechtswidrig ist, kann schlechterdings ein öffentliches Interesse an seiner sofortigen Vollziehbarkeit nicht bestehen, so dass das Aufschubinteresse Vorrang hat. Der Verwaltungsakt der Antragsgegnerin vom 5. Mai 2007 ist weder formal noch inhaltlich erkennbar rechtswidrig. Betreffend die Art und Weise, wie die Verrechnung im Sinne des § 52 SGB I durchzuführen ist, wird zwar vom 4. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) die Auffassung vertreten, dass die Verrechnung lediglich die rechtsgeschäftliche Ausübung eines schuldrechtlichen Gestaltungsrechts darstelle, weshalb es an einer gesetzlichen Ermächtigung zum Erlass eines Verwaltungsaktes fehle (BSG SozR 4-1200 § 52 Nr. 1). Das macht den Verwaltungsakt aber schon deshalb nicht in formeller Hinsicht "offensichtlich" rechtswidrig, weil diese Auffassung stark bestritten und im besonderen von anderen Senaten des BSG nicht vertreten wird (7. Senat in SozR 1200 § 54 Nr. 13, 10. Senat in SozR 1200 § 52 Nr. 6, 13. Senat in SozR 3-1200 § 52 Nr. 3, alle mit weiteren Nachweisen; ebenso die überwiegende Meinung in der sozialrechtlichen Literatur, hierzu Nachweise in BSG – 5. Senat – SozR 4-1200 § 52 Nr. 2, dort wurde die Streitfrage offen gelassen, weil sie nicht entscheidungserheblich war). Abgesehen davon vertritt auch der erkennende Senat die Auffassung, dass die Verrechnung durch Verwaltungsakt geltend zu machen ist (zuletzt im Urteil vom 6. September 2007 – L 8 RA 91/04). Auch materiell-rechtlich ist der Bescheid rechtmäßig. Gemäß § 52 SGB I kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist. Nach § 51 Abs. 2 SGB I in der hier anwendbaren, ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung, kann der zuständige Leistungsträger mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen nach dem SGB gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II wird. Anders als der Antragsteller meint, ist diese – gesetzlich ausdrücklich vorgesehene – Verrechnung nicht etwa generell deshalb ausgeschlossen, weil die Antragsgegnerin gehalten wäre, ihre Forderungen ihm gegenüber auf dem Zivilrechtsweg zu "vollstrecken". Die Verrechnung ist gerade keine "Vollstreckung" im Sinne der Vorschriften der ZPO oder anderer Verfahrensgesetze über die Zwangsvollstreckung. Vielmehr handelt es sich um ein Gestaltungsrecht ähnlich der zivilrechtlichen Aufrechnung (§§ 389 ff BGB). Nur am Rande sei deshalb erwähnt, dass staatliche Stellen in allen Bereichen des öffentlichen Rechts durch den Erlass von Verwaltungsakten ohne Einschaltung der Gerichte Titel zur Durchsetzung von Ansprüchen herstellen und aus diesen Titeln nach Maßgabe der für das jeweilige Rechtsgebiet geltenden gesetzlichen Regelungen selbst die Vollstreckung betreiben können. Der Rechtsschutz gegen Verwaltungsakte ebenso wie gegen Vollstreckungsmaßnahmen ist ohne Weiteres durch die allgemeine und die besonderen Verwaltungsgerichtsbarkeiten gewährleistet. Auf welche Weise durch das Handeln der Antragsgegnerin oder eines Gerichts der Sozialgerichtsbarkeit im vorliegenden Fall die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG auch nur berührt sein soll, ist nicht ersichtlich. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine wirksame Verrechnung sind erfüllt. Die Antragsgegnerin ist von der IKK Brandenburg und Berlin auf Grund deren Ersuchen vom Januar 2007 im Sinne des § 52 SGB I ermächtigt, deren Beitragsansprüche mit den laufenden Rentenansprüchen des Antragstellers zu verrechnen. Eine Verrechnungslage besteht auch, denn die Forderung des auf- bzw. verrechnenden Leistungsträgers (Gegenforderung) ist entstanden und fällig, während die gleichartige Forderung, mit der auf- bzw. verrechnet werden soll (Hauptforderung), zwar nicht insgesamt fällig, aber bereits entstanden und erfüllbar ist. Dass die Hauptforderung (der Rentenanspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin) im vorliegenden Fall entstanden und erfüllbar ist, steht nicht in Frage, da dem Antragsteller eine Rente wegen Alters bindend zuerkannt ist und zu monatlich zu erfüllenden Einzelansprüchen führt. Auch eine entstandene und fällige Gegenforderung ist von der IKK substantiiert dargelegt worden, indem sie die vollstreckbaren Ausfertigungen des Amtsgerichts Neuruppin betreffend die im Gesamtvollstreckungsverfahren angemeldeten Beitragsforderungen vorgelegt hat. Die Beitragsforderungen sind durch das Gesamtvollstreckungsverfahren nicht erloschen oder etwa zu bürgerlich-rechtlichen Forderungen transformiert worden. Das Gesamtvollstreckungsverfahren bewirkt – wie das Konkurs- und Insolvenzverfahren – lediglich ein zeitweiliges Verbot der Einzelvollstreckung gegen den Schuldner. Dass anschließend wiederum wegen der nicht befriedigten Forderungen gegen den Schuldner vorgegangen werden kann, ergibt sich aus § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 GesO. Der Gesamtvollstreckungsverwalter hat danach den nicht oder nicht vollständig befriedigten Gläubigern mitzuteilen, dass die nicht erfüllte Forderung im Wege der (Einzel-)Vollstreckung geltend gemacht werden kann und vollstreckbare auszugsweise Ausfertigungen aus dem bestätigten Verzeichnis der Forderungen zu erteilen. Nach der Rechtsprechung des BSG kann darüberhinaus eine Verrechnungserklärung sogar während eines laufenden Insolvenzverfahrens wirksam abgegeben werden, wenn die Verrechnungslage schon vorher bestanden hat; befristet ist lediglich der Zeitraum, für den verrechnet werden kann (BSG SozR 4-1200 § 52 Nr. 1 und 2). Die vom 4. Senat des BSG für eine wirksame Verrechnung geforderte weitere Angabe, dass die Forderung bestands- oder rechtskräftig geworden sein muss (BSG SozR 4-1200 § 52 Nr. 1), ist für den Fall, dass die Gegenforderung in einer Beitragsforderung besteht, jedenfalls dann entbehrlich, wenn die Forderungshöhe – wie hier – auf den eigenen Beitragsnachweisen des Antragstellers beruht. Denn nach dem jetzigen § 28f Abs. 3 Satz 3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV; der an anderer Stelle bereits seit Inkrafttreten dieses Gesetzbuchs am 1. Januar 1990 in dessen § 28f Abs. 3 enthalten war) gilt der Beitragsnachweis sogar als Leistungsbescheid der Einzugsstelle für die Vollstreckung im Sinne des § 66 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in Verbindung mit den Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzen. Erst recht muss er dann zum Beleg dafür ausreichen, dass eine Gegenforderung besteht, die nach § 52 SGB I verrechnungsfähig ist. Denn das Argument für das Erfordernis einer bestands- oder rechtskräftigen Forderung, die Rechtsstellung des Leistungsberechtigten im Verhältnis zu dem die Verrechnung anstrebenden Schuldner nicht dadurch zu verschlechtern, dass dieser gezwungen wird, sich erstmals in dem "Verrechnungsverfahren" mit einem (weiteren) Anspruch auseinander zu setzen, geht dann ins Leere, wenn ihm die Gegenforderung auf Grund seiner eigenen Angaben bekannt sein muss. Der Vollstreckungsschutz des § 18 Abs. 2 Satz 3 GesO kommt dem Antragsteller nicht zugute. Es kann offen bleiben, ob er bereits deshalb nicht eingreift, weil der Rentenanspruch des Antragstellers wegen § 1 Abs. 1 Satz 3 GesO möglicherweise von vornherein nicht von der Gesamtvollstreckung erfasst war, da er unter dem pfändungsfreien Betrag nach § 850c ZPO lag. Ebenso kann offen bleiben, ob der Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 10. Juni 2004 nicht ausreichend bestimmt ist, um die Wirkung des § 18 Abs. 2 Satz 3 GesO zu entfalten, da aus ihm nicht hervorgeht, welches Vermögen vollstreckungsfrei bleiben soll (zu den Prüfungsanforderungen s. LG Dresden, Beschluss, vom 13. November 2002 – 5 T 0382/02, 5 T 382/02, zitiert nach "Juris"). Jedenfalls bewirkt § 18 Abs. 2 Satz 3 GesO Schutz nur gegen konkrete Maßnahmen der Einzelzwangsvollstreckung (s. etwa Brandenburgisches OLG, Urteil vom 20. Mai 1998 – 13 U 35/97, zitiert nach "Juris"). Die Verrechnung stellt – wie ausgeführt – keine solche Maßnahme dar (so bereits LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. März 2006 – L 21 B 1730/05 R ER). Die Vollziehung des Bescheides kann auch nicht wenigstens teilweise deshalb ausgesetzt werden, weil der Antragsteller durch die Verrechnung hilfebedürftig im Sinne des SGB XII oder des SGB II würde. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 51 Abs. 2 SGB I muss der Leistungsberechtigte selbst den Nachweis seiner Hilfebedürftigkeit erbringen. Diese Obliegenheit besteht auch im gerichtlichen Verfahren fort. Der Einwand, dass auf diese Weise eine "Sippenhaftung" begründet werde, geht schon deshalb fehl, weil der Antragsteller nicht einmal vorträgt, dass und in welchem Umfang er hilfebedürftig wäre, wenn Einkommen oder Vermögen dritter Personen nicht berücksichtigt würde (abgesehen davon verstößt § 52 SGB I nicht gegen das Gebot des Schutzes von Ehe und Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG, s. BVerfG, Beschluss vom 29. Juni 1981 – 1 BvR 26/81, nicht veröffentlicht). Nicht erkennbar ist schließlich, dass die Antragsgegnerin das ihr zustehende und von ihr erkannte Ermessen fehlerhaft ausgeübt hätte. Verstöße gegen Grundrechte des Antragstellers, im Besonderen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) sind nicht zu erkennen. Der Antragsteller lässt außer Acht, dass es kein "Grundrecht auf ein schuldenfreies Leben" gibt. Allenfalls lässt sich nach der Rechtsprechung des BVerfG dem Gebot zur Achtung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) entnehmen, dass einem Schuldner soviel seines Erwerbseinkommens zu belassen ist, dass er davon noch, gemessen an bescheidenen Bedürfnissen, seinen notwendigen Lebensunterhalt bestreiten kann; die Geldbeträge im Einzelnen festzulegen ist dabei wiederum Sache des Gesetzgebers, dem ein Entscheidungsspielraum zur Verfügung steht (BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 1992 – 1 BvR 1282/88, zitiert nach Juris). Diese verfassungsrechtliche Grenze hat der Gesetzgeber mit (§ 52 i. V. mit) § 51 Abs. 2 SGB I eingehalten. Soweit diese Vorschrift eine Verrechnung in weiterem Umfang zulässt als § 394 Satz 1 BGB eine Aufrechnung, könnte allenfalls eine Person, die nicht in gleichem Umfang wie die Antragsgegnerin mittels einer Gestaltungserklärung gegen sich gerichtete Forderungen verringern kann, eine Ungleichbehandlung geltend machen (die aber durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Die Träger der Sozialversicherung erfüllen Aufgaben des Sozialstaats, finanzieren sich aber nicht oder wenigstens nicht ausschließlich durch das allgemeine Steueraufkommen, sondern grundsätzlich durch Beiträge. Ausbleibende Beiträge belasten also zwangsläufig die Gesamtheit der Beitragspflichtigen, weil diese wenigstens vorübergehend für die ausgefallenen Beiträge aufkommen müssen. Es dient folglich dem Interesse des Gemeinwohls, diese Beitragsausfälle möglichst gering zu halten). Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 193 SGG. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved