L 12 AS 3618/07 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 1514/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 3618/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG Mannheim vom 20.07.2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der 1977 geborene Antragsteller (Ast.) erhält von der Ag. seit 10.04.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung als Darlehen. Die Antragsgegnerin (Ag.) ist dabei von einem Härtefall nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II ausgegangen, weil der Ast. dargelegt hat, dass er unmittelbar vor dem Abschluss seines Studiums der Rechtswissenschaften stehe und das Studienabschlussdarlehen sowie seine Ersparnisse aufgebraucht seien. Über die von der Universität K. im Zusammenhang mit der Rückmeldung vorgenommene Exmatrikulation des Ast.s ist noch keine rechtskräftige Entscheidung auf dem Verwaltungsrechtsweg getroffen worden. Die Ag. gewährte laufende Leistungen in Höhe von 459,77 EUR monatlich für den Zeitraum vom 01.02.2007 bis zum 31.05.2007. Auf den monatlichen Bedarf rechnete die Ag. Wohngeld, das der Ast. von der Stadt H. in Höhe von EUR 249,00 bezieht, in Höhe von EUR 219,00 als Einkommen an (Wohngeld abzüglich EUR 30,00). Mit Schreiben der Ag. vom 23.04.2007 wurde dem Ast. Gelegenheit gegeben, sich dazu zu äußern, warum er einer Einladung zur Vorsprache am 11.04.2007 nicht gefolgt sei und die Ag. deshalb beabsichtige, die Regelleistung für die Dauer von drei Monaten um 10 % zu kürzen. Das Schreiben enthielt den ausdrücklichen Hinweis, dass es sich lediglich um eine Anhörung handle und dass die Einlegung eines Widerspruches nicht notwendig und auch nicht zulässig sei.

Mit Schreiben vom 24.04.2007 lud die Ag. den Ast. zu einem Termin am 29.05.2007 ein, um mit ihm über sein Bewerberangebot bzw. seine berufliche Situation zu sprechen. Mit Schreiben vom 04.05.2007 teilte die Ag. dem Ast. mit, dass er den Termin am 29.05.2007 nicht wahrzunehmen brauche und das Schreiben vom 24.04.2007 als gegenstandslos betrachten könne.

Mit Bescheid vom 09.05.2007 bewilligte die Ag. für die Zeit vom 01.06.2007 bis zum 30.09.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 429,77 EUR monatlich, ohne Einkommensbereinigung um 30,00 EUR beim Wohngeld wie bis zum 31.05.2007. Wegen des Bewilligungszeitraumes und der Höhe der Kosten für die Unterkunft erhob der Ast. Widerspruch.

Mit Bescheid vom 18.06.2007 bewilligte die Ag. ab 01.07.2007 bis zum 30.09.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von EUR 448,77 monatlich. Der Änderung hat die Erhöhung des Regelsatzes ab 01.07.2007 auf 347,00 EUR zugrunde gelegen sowie die Berücksichtigung einer Mieterhöhung, die ab Mai 2004 erfolgt war und vom Ast. Ende Mai 2007 bei der Ag. nachgewiesen worden ist. Demnach ist eine Grundmiete in Höhe von 350,77 EUR anerkannt worden. Der Bedarf von 697,77 EUR ist um den vollen Betrag des Wohngeldes von 249,00 EUR monatlich gemindert worden.

Den Widerspruch des Ast.s gegen den Bescheid vom 09.05.2007 und gegen den Änderungsbescheid vom 18.06.2007 hat die Ag. mit Widerspruchsbescheid vom 22.06.2007 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die höheren Mietkosten für den Monat Juni 2007 berücksichtigt und entsprechende Leistungen bewilligt worden seien. Mit Bescheid vom 15.06.2007 seien Kosten der Unterkunft in Höhe von EUR 17,- monatlich nachgezahlt worden. Im Übrigen beruhe die von der Sollvorschrift in § 41 Abs. 1 SGB II abweichende Bewilligungsdauer von vier Monaten darauf, dass eine Prüfung der Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II demnächst erfolgen solle.

Am 30.04.2007 ist ein Antrag des Ast.s vom 25.03.2007 (1.) beim Sozialgericht M. (SG) eingegangen, mit dem er im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Aufhebung der von der Ag. angekündigten Kürzung der Leistungen für 3 Monate erreichen wollte (S 3 AS 1535/07 ER).

Ebenfalls am 30.04.2007 ging ein Antrag des Ast.s vom 25.03.2007 (2.) beim SG ein, mit dem er sich im Wege der einstweiligen Verfügung gegen die Einladung der Ag. zu dem Termin am 29.05.2007 wandte (S 3 AS 1514/07 ER). Dazu trug er vor, dass die Ag. ihn in einen Hilfsjob vermitteln wolle. Dies sei wegen seines Berufswunsches, Jurist zu werden, unzumutbar. Am 04.06.2007 ging ein weiterer Antrag des Ast.s vom 05.06.2007 (3.) beim SG ein, mit dem er im Wege der einstweiligen Verfügung die Verpflichtung der Ag. erreichen wollte, Stromkosten in Höhe von EUR 37,50 als unabweisbaren Bedarf zu übernehmen (S 3 AS 1955/07 ER). Er legte hierzu eine Mahnung der Stadtwerke H. AG vom 14.05.2007 vor und trug vor, dass die Ag. seine Leistungen um EUR 40,00 gekürzt habe und daher die Zahlung für ihn faktisch unmöglich sei.

Ein weiterer Antrag des Ast.s ging am 22.06.2007 (4.) beim SG ein, mit dem er im Wege der einstweiligen Verfügung die Aufhebung des Widerrufs eines begünstigenden Verwaltungsaktes gerichtlich durchsetzen wollte (S 3 AS 2230/07 ER). Die Ag. habe die bis Mai 2007 bewilligte Leistung von EUR 459¬monatlich zurückgenommen. Dafür bestehe kein Rechtsgrund, auch nicht für die Gebühr der Leistungsauszahlung und die Direktleistung der Miete an den Vermieter.

Das SG verband die vier Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Beschluss zur gemeinsamen Entscheidung und wies die Anträge mit Beschluss vom 20.07.2007 zurück. In den Gründen führte das SG unter anderem aus, die vom Ast. begehrten Regelungen zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wegen des Anhörungsschreibens vom 23.04.2007 und der Einladung zum Termin bei der Ag. am 29.05.2007 (1. und 2.) hätten sich erledigt, nachdem die Ag. erklärt habe, dass die beabsichtigte Sanktion nicht eintrete und die Einladung vom 24.04.2007 bereits mit Schreiben vom 04.05.2007 wieder zurückgenommen worden sei. Für den Antrag, die Ag. zur Übernahme des Rechnungsbetrages für Strom von 37,50 EUR zu verpflichten (3.), sei weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch gegeben. Der Ast. habe mit Schreiben vom 12.06.2007 der Ag. mitgeteilt, dass er schon Forderungen von 90,00 EUR monatlich zu tragen habe und dass darüber hinaus kein Spielraum bestehe. Daraus könne ein Regelungsbedürfnis im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nicht hergeleitet werden, weil die Deckung des alltäglichen Bedarfs Vorrang habe und Leistungen nach dem SGB II nicht zur Tilgung von Schulden gewährt würden. Der Ast. habe auch keinen Rechtsanspruch auf Übernahme der Kosten gegenüber der Ag ... Die Ag. habe zutreffend darauf hingewiesen, dass Stromkosten in der Regelleistung nach § 20 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) enthalten seien.

Der Antrag mit dem sich der Ast. gegen den Bescheid vom 18.06.2007 wandte (4.), könne ebenfalls keinen Erfolg haben, da ein Anordnungsanspruch ist nicht gegeben sei. Mit dem Bescheid vom 18.06.2007 sei die ursprüngliche Bewilligung für den Zeitraum vom 01.02.2007 bis zum 31.05.2007 durch die Bescheide vom 09.01.2007 und vom 29.03.2007 weder widerrufen, noch teilweise oder ganz aufgehoben oder zurückgenommen worden, denn die befristete Regelung über die Höhe der Leistung nach § 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II sei für den Zeitraum bis zum 31.05.2007 nicht geändert worden. Über diesen Zeitraum hinaus hätten die früheren Bescheide keine Regelung getroffen.

Soweit mit Bescheid vom 09.05.2007 und mit dem Änderungsbescheid vom 18.06.2007 ein geringerer Zahlbetrag gewährt worden sei, weil eine "Einkommensbereinigung" beim Wohngeldbezug des Ast.s nicht mehr vorgenommen werde, bestünden aufgrund der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vorzunehmenden summarischen Prüfung der Rechtmäßigkeit keine durchgreifenden Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 18.06.2007. Es ist nicht ersichtlich, dass bei dem Bezug von Wohngeld, das eine zweckgebundene Leistung darstellt, ein Abzug nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II vorzunehmen sei. Auf die Voraussetzungen nach §§ 45 ff SGB X komme es dabei nicht an, denn die für den Ast. ungünstigere Leistung werde nur für die Zukunft ab Beginn eines neuen Bewilligungsabschnittes im Sinne des § 41 Abs. 1 SGB II gewährt. Die Ag. sei nicht verpflichtet, eine als unrichtig erkannte Bewilligung im Einzelfall auch für zukünftige Leistungszeiträume fortzusetzen.

Gegen diesen Beschluss legte der Ast. Beschwerde eine, welche das SG nach Entscheidung über die Nichtabhilfe dem LSG Baden-Württemberg zur Entscheidung vorlegte.

Der Ast. trug im Wesentlichen vor, er habe nicht die Übernahme der Stromkosten gefordert, sondern lediglich die Übernahme der Nachforderung der Stadtwerke als Darlehen.

Die Ag. führte hierzu aus, der Ast. habe mit dem Stromversorgungsunternehmen eine Ratenvereinbarung abgeschlossen. Die Berücksichtigung von Stromkosten käme einer Schuldenübernahme gleich, welche gesetzlich nicht möglich sei.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Das SG hat die tatsächlichen und rechtlichen Vorraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zutreffend ausgeführt und den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnungen zu Recht abgelehnt. Der Senat nimmt insoweit darauf Bezug ( § 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist noch auszuführen, dass in der dem Ast. gewährten Regelleistung von 345,00 EUR alle in § 20 Abs. 1 SGB II genannten laufenden und einmaligen Bedarfe, zu denen auch die - nicht der Heizung dienenden - Stromkosten gehören, abgedeckt sind. Aus den Regelleistungen sind deshalb für einen etwaigen Ergänzungsbedarf oder auch für Nachforderungen Ansparungen vorzunehmen. Ausnahmsweise besteht nach § 23 Abs. 1 SGB II die Möglichkeit, einen im Einzelfall von der Regelleistung umfassten und nach den Umständen unabweisbaren Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts, der weder durch das Vermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II noch auf andere Weise gedeckt werden kann, in Form eines Darlehens sicherzustellen. Dieses Darlehen wird dann durch eine monatliche Aufrechnung in Höhe von bis zu 10 v.H. der maßgeblichen Regelleistung getilgt. Ein unabweisbarer Bedarf besteht aber nur, wenn es dem Leistungsempfänger nicht gelingt, mit seinem Gläubiger eine Ratenzahlungsvereinbarung abzuschließen. In einem solchen Fall wäre die Gewährung eines Darlehens angebracht. Zur Erbringung eines solchen Darlehens ist die Ag. - wie sich aus dem Widerspruchbescheid vom 06.03.2007 ergibt - auch bereit. Ein Anordnungsgrund besteht deshalb nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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