Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Reutlingen (BWB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 2931/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Für die Ermittlung der nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu erstattenden Kosten für Unterkunft und Heizung bei einem vom Hilfebedürftigen selbst bewohnten Eigenheim kommt ein Rückgriff auf die in § 7 Abs. 2 der Rechtsverordnung zu § 82 SGB XII genannten Ausgaben nicht in Betracht. 2. Im Rahmen von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind bei einem vom Hilfebedürftigen selbst genutzten Eigenheim nur solche Aufwendungen erstattungsfähig, die zum Erhalt der Bewohnbarkeit der Räumlichkeiten aus Gründen der Bausicherheit oder der Gesunderhaltung der Bewohner unabdingbar sind.
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Reparatur- und Materialkosten für das Haus und Grundstück des Klägers.
Der Kläger bezieht seit dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II. Er wohnt alleine in einem Haus, das in seinem Alleineigentum steht. Das Haus besteht aus einem Erdgeschoss, einem ersten Obergeschoss sowie einem Dachgeschoss. Er bewohnt seit dem Tod seiner Mutter im März 1988 das erste Obergeschoss und das Dachgeschoss alleine. Das Erdgeschoss ist seitdem nicht bewohnt. Der Kläger beabsichtigt, die Räumlichkeiten im Erdgeschoss zu renovieren. Dies kann er derzeit aus finanziellen Gründen allerdings nicht realisieren. Das Erdgeschoss hat eine Wohnfläche von 55 qm, das erste Obergeschoss eine Wohnfläche von 53 qm und das Dachgeschoss eine Grundfläche von mindestens 39 qm. Die Räumlichkeiten im Erdgeschoss haben im Großen und Ganzen derzeit Baustellencharakter.
Am 21. Juli 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erstattung von Kosten für Material, Werkzeuge, Pflegemittel, Geräte usw. in Höhe von 385,88 EUR sowie Stromkosten in Höhe von 12,21 EUR, insgesamt also 398 EUR. Beigefügt waren entsprechende Rechnungen bzw. Quittungen, u.a. über Streusalz (vom 21.01.2005, 8,99 EUR; vom 22.02.2005, 4,99 EUR), Auftausalz (vom 16.02.2005, 16,98 EUR), Klettstreifen und Sockelleiste (vom 20.04.2005, 14,88 EUR), Locheisen und Schleifstreifen (Rechnung vom 28.04.2005, 7,68 EUR), Feinstaubmaske, Zierrasen, Bitumen-Isolieranstrich und Abdeckplane (Rechnung vom 17.05.2005, 23,54 EUR), Eisbegonien (Rechnung vom 04.06.2005, 6,57 EUR), Eisenwaren (Rechnung vom 19.05.2005, 2 EUR), Farbe (Rechnung vom 10.06.2005, 56,48 EUR; Rechnung vom 24.06.2005, 15,99 EUR, Rechnung vom 05.11.2005, 63,99 EUR, Rechnung vom 01.07.2005, 32,58 EUR). Der Betrag von 12,21 EUR für Strom beruht auf einer Berechnung des Verbrauches verschiedener Geräte, die der Kläger mitsamt der Leistung und der Betriebsdauer im Einzelnen aufgeführt hat (Schleifmaschine, Mehrzwecksauger, Handkreissäge, Winkelschleifer, Hobelmaschine, Bohrmaschine, Rasenmäher, Motorsense, Kettensäge, Heckenschere, Kleinschneefräse, Werkstattbeleuchtung, Hochdruckreiniger).
Die Beklagte lehnte den Antrag auf Kostenerstattung mit Bescheid vom 1. September 2006 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Immobilie des Klägers nicht als Vermögensgegenstand schützenswert sei, sondern allein als Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses "Wohnen" und als räumlicher Lebensmittelpunkt.
Hiergegen legte der Kläger am 28. September 2006 Widerspruch ein. Er ist der Ansicht, dass es sich bei den beantragten Kostenerstattungen um Nebenkosten, Betriebskosten usw. handele, wie sie bei jeder Mietunterkunft, Eigentumsunterkunft oder Haus anfielen. Der Regelsatz des Arbeitslosengeldes II enthalte hierfür keine Beträge.
Mit Bescheid vom 17. Oktober 2006 wies die Beklagte u.a. diesen Widerspruch des Klägers - neben anderen Widersprüchen gegen andere Bescheide - zurück. Zur Begründung wurde darauf abgestellt, dass es sich bei den angeschafften Materialien um Gegenstände von geringem Anschaffungswert handele, die aus der Regelleistung zu bestreiten seien. Abgesehen davon seien einige gekaufte Materialien nicht als absolut notwendig zu betrachten, wie zum Beispiel Streusalz oder Begonien. Bei anderen Materialien, zum Beispiel Zement, Sockelfarbe, Abdeckplane, Reparaturmörtel etc. bestehe der Eindruck, dass diese Materialien eher im Zusammenhang mit der Renovierung der unteren Wohnung benötigt worden seien. Diese sei nicht schützenswert im Sinne des SGB II.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2006 erhob der Kläger mit Schreiben vom 10. November 2006 Klage (Az.: S 2 AS 2655/07).
Die Klage gegen den Bescheid vom 1. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2006 trennte die Kammer mit Beschluss vom 24. Juli 2007 (Az.: S 2 AS 2655/07) ab.
Der Kläger behauptet, dass das Streugut absolut notwendig zur Erfüllung der Räum- und Streupflicht sei. Gleiches gelte für Bepflanzungsmaßnahmen. Dass ausgerechnet Zement, Sockelfarbe und Reparaturmörtel für Innenrenovierungen verwendet worden sein sollten, zeuge nicht gerade von Sachverstand.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 1. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2006 zu verurteilen, ihm 398 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält an ihrer Entscheidung fest und verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akte des Gerichts sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 1. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2006 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der von ihm geltend gemachten Kosten für Reparatur- und Pflegemaßnahmen an seinem Haus und Grundstück. Es fehlt an einer gesetzlichen Anspruchsgrundlage.
a) Der Bedarf eines Hilfebedürftigen ist – jenseits der Kosten für Unterkunft und Heizung im Sinne von § 22 Abs. 1 SGB II – im System des SGB II abstrakt zu bestimmen. Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes sollen grundsätzlich in pauschalierter Form erbracht werden (SG Osnabrück, Urteil vom 20.06.2007, Az.: S 24 AS 189/07, Juris; SG Berlin, Urteil vom 24.04.2007, Az.: S 93 AS 9826/06, Juris; SG Mannheim, Urteil vom 28.02.2007, Az.: S 9 AS 3882/06, Juris; SG Freiburg, Urteil vom 24.10.2006, Az.: S 9 AS 1557/06, Juris; SG Berlin, Urteil vom 06.03.2006, Az.: S 103 AS 468/06, Juris). Der Gesetzgeber hat dies in Form der Regelleistung im Sinne von § 20 SGB II getan. Sie deckt den allgemeinen Bedarf des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen abschließend (SG Osnabrück, Urteil vom 20.06.2007, Az.: S 24 AS 189/07, Juris; VG Bremen, Urteil vom 04.06.2007, Az.: S 8 K 1416/06, Juris). Eine Erhöhung oder Absenkung dieses Bedarfes ist – abgesehen von den wenigen ausdrücklich geregelten Fällen (§ 21, § 23 Abs. 3 Ziffern 1 bis 3 SGB II) – nicht statthaft (ebenso SG Osnabrück, Urteil vom 20.06.2007, Az.: S 24 AS 189/07, Juris; VG Bremen, Urteil vom 04.06.2007, Az.: S 8 K 1416/06, Juris; SG Berlin, Urteil vom 24.04.2007, Az.: S 93 AS 9826/06, Juris; SG Mannheim, Urteil vom 28.02.2007, Az.: S 9 AS 3882/06, Juris; SG Reutlingen, Urteil vom 29.03.2007, Az.: S 9 AS 372/07, n.v.; SG Gotha, Urteil vom 10.11.2006, Az.: S 26 AS 748/96, n.v.; SG Berlin, Urteil vom 06.03.2006, Az.: S 103 AS 468/06, Juris). Dies folgt zudem aus dem Umkehrschluss zu § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII, wo eine anderweitige Festlegung der Bedarfe im Falle der vollständigen oder teilweise anderweitigen Deckung zugelassen wurde (vgl. auch § 9 Abs. 1 SGB XII), während es an einer solchen Regelung im zeitgleich in Kraft getretenen SGB II fehlt (darauf weisen zu Recht SG Osnabrück, Urteil vom 20.06.2007, Az.: S 24 AS 189/07, Juris; VG Bremen, Urteil vom 04.06.2007, Az.: S 8 K 1416/06, Juris; SG Freiburg, Urteil vom 24.10.2006, Az.: S 9 AS 1557/06, Juris, hin).
Dies führt zu Lasten der Hilfebedürftigen dazu, dass das SGB II die Gewährung einmaliger Beihilfen etwa für besondere Anschaffungen grundsätzlich nicht vorsieht (dazu und zum folgenden SG Darmstadt, Urteil vom 26.01.2007, Az.: S 19 AS 238/06, Juris). Vielmehr wurde durch die Einführung des SGB II und die damit verbundene Änderung (Erhöhung) der Regelsätze nach dem bis dahin geltenden BSHG das System der einmaligen Beihilfen bis auf wenige Ausnahmen abgeschafft (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 19.03.2007, Az.: S 1 B 77/07, Juris; SG Freiburg, Urteil vom 24.10.2006, Az.: S 9 AS 1557/06, Juris). Damit scheidet eine über die Regelleistungen des § 20 SGB II hinausgehende Leistungsgewährung in Form einmaliger Beihilfen aus, soweit sich nicht aus dem Gesetz explizit ein Anspruch auf eine solche Leistung ergibt (SG Darmstadt, Urteil vom 26.01.2007, Az.: S 19 AS 238/06, Juris; SG Freiburg, Urteil vom 24.10.2006, Az.: S 9 AS 1557/06, Juris). Dies wurde durch die mit Wirkung zum 1. August 2006 eingefügte Regelung des § 3 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz bekräftigt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 14/06 R, Juris). Danach decken die nach dem SGB II vorgesehenen Leistungen den Bedarf der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen. Eine davon abweichende Festlegung der Bedarfe ist ausgeschlossen (§ 3 Abs. 2 Satz 2 SGB II).
b) Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch kann auch nicht auf § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gestützt werden. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit dieses angemessen sind. Der daraus resultierende Leistungsanspruch ist zwar nicht auf die unmittelbaren Unterkunfts- und Heizkosten, also namentlich die Erstattung des Mietzinses, beschränkt, sondern reicht darüber hinaus und erfasst auch solche Aufwendungen, die zur Erhaltung der Unterkunft erforderlich sind. Das Merkmal der Erforderlichkeit beschreibt allerdings zugleich auch die Grenze des Erstattungsanspruchs mittelbarer Unterkunftskosten.
Für die Bestimmung der erstattungsfähigen Kosten für Unterkunft und Heizung bei selbst genutztem Wohneigentum ist ein Rückgriff auf die in § 7 Abs. 2 Ziffer 1 bis 5 der Rechtsverordnung zu § 82 SGB XII genannten Ausgaben (siehe LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.01.2007, Az.: L 12 AS 3932/06, Juris; Hessisches LSG, Beschluss vom 05.02.2007, Az.: L 9 AS 254/06 ER, Juris, im Anschluss an Lang, in: Eicher/Spellbrink [Hrsg.], SGB II, 2005, § 22 Rdnr. 26; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.08.2007, Az.: L 9 B 136/07 AS ER, Juris, im Anschluss an Berlit, in: LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 22 Rdnr. 22; ebenso SG Berlin, Urteil vom 28.02.2007, Az.: S 102 AS 1964/06, Juris) weder notwendig noch weiterführend; er erscheint auch methodisch äußerst zweifelhaft. Letzteres ist der Fall, weil § 7 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII zum einen gerade nicht die Leistungsgewährung nach dem SGB II betrifft, sondern diejenige nach dem SGB XII, und zum anderen nicht den Umfang des Leistungsanspruchs regelt, sondern lediglich bestimmt, welche mit der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verbundenen notwendigen Ausgaben von den erzielten Einkünften (also aus nicht selbstgenutztem Wohneigentum) vor deren Anrechnung auf den Leistungsanspruch zur Berechnung des Überschusses abzusetzen sind. Wollte man also § 7 Abs. 2 der Verordnung zu 82 SGB XII für die Bestimmung des Anspruchsinhaltes von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II heranziehen, müsste man einen zweifachen Analogieschluss ziehen; insofern ist aber weder eine Regelungslücke noch deren Planwidrigkeit ersichtlich (vgl. auch Groth/Siebel-Huffmann, NZS 2007, 69 [74]). Der Rückgriff auf § 7 Abs. 2 Ziffer 4 der Verordnung zu § 82 SGB XII würde im übrigen auch nicht weiterführen, da er die Auslegungsfrage nicht lösen, sondern nur zu der Frage, was Erhaltungsaufwendungen sind, verlagern würde, die auch durch § 7 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung zu § 82 SGB XII nicht hinreichend beantwortet wird.
Ist also der Umfang der erstattungsfähigen Erhaltungsaufwendungen bei selbstgenutztem Wohneigentum im Kontext des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II selbständig zu bestimmen (widersprüchlich Hessisches LSG, Beschluss vom 05.02.2007, Az.: L 9 AS 254/06 ER, Juris), streitet der Umstand, dass es sich um von der Allgemeinheit der Steuerzahler finanzierte Leistungen handelt, für eine restriktive Auslegung. Erstattungsfähig sind demnach nur solche Aufwendungen, die zum Erhalt der Bewohnbarkeit der Räumlichkeiten aus Gründen der Bausicherheit oder der Gesunderhaltung der Bewohner unabdingbar sind. Die Umschreibung der erstattungsfähigen Kosten mit den Begriffen der "Instandhaltungsarbeiten" und "Instandsetzungsarbeiten" (so Hessisches LSG, Beschluss vom 05.02.2007, Az.: L 9 AS 254/06 ER, Juris) erscheint nicht präzise genug. Eine Absenkung des Wohnstandards ohne erstattungsfähige Erhaltungsarbeiten ist jedenfalls hinzunehmen, solange der für Leistungsberechtigte nach dem SGB II genügende einfache, ein menschenwürdiges Leben sicherstellende Ausstattungsgrad gewahrt bleibt (so Hessisches LSG, Beschluss vom 05.02.2007, Az.: L 9 AS 254/06 ER, Juris).
An diesen Maßstäben gemessen sind die vom Kläger geltend gemachten Kosten nicht erstattungsfähig. Bei allen von ihm aufgelisteten Produkten ist nicht ersichtlich, inwiefern deren Verwendung unabdingbar gewesen wäre, um die Bewohnbarkeit der Räumlichkeiten im geschilderten Sinne sicherzustellen. Aufwendungen, die lediglich zum Zwecke der Renovierung oder Verschönerung der Wohnräumlichkeiten entstehen, sind aber bereits dem Grunde nach nicht erstattungsfähig (a.A. Lauterbach, Neue Justiz 2006, 488 [490]). Kosten für Schönheitsreparaturen sind aus der Regelleistung zu finanzieren (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 10.01.2007, Az.: L 13 AS 16/06 ER, Juris).
Damit kann dahinstehen, ob Aufwendungen für Erhaltungsaufwendungen ohnehin nur erstattungsfähig sind, wenn der Hilfebedürftige dem Leistungsträger zuvor entsprechende Kostenvoranschläge vorgelegt und der Leistungsträger hinsichtlich der Kostenübernahme eine entsprechende Zusicherung erteilt hat.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
3. Die Berufung war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 144 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Reparatur- und Materialkosten für das Haus und Grundstück des Klägers.
Der Kläger bezieht seit dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II. Er wohnt alleine in einem Haus, das in seinem Alleineigentum steht. Das Haus besteht aus einem Erdgeschoss, einem ersten Obergeschoss sowie einem Dachgeschoss. Er bewohnt seit dem Tod seiner Mutter im März 1988 das erste Obergeschoss und das Dachgeschoss alleine. Das Erdgeschoss ist seitdem nicht bewohnt. Der Kläger beabsichtigt, die Räumlichkeiten im Erdgeschoss zu renovieren. Dies kann er derzeit aus finanziellen Gründen allerdings nicht realisieren. Das Erdgeschoss hat eine Wohnfläche von 55 qm, das erste Obergeschoss eine Wohnfläche von 53 qm und das Dachgeschoss eine Grundfläche von mindestens 39 qm. Die Räumlichkeiten im Erdgeschoss haben im Großen und Ganzen derzeit Baustellencharakter.
Am 21. Juli 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erstattung von Kosten für Material, Werkzeuge, Pflegemittel, Geräte usw. in Höhe von 385,88 EUR sowie Stromkosten in Höhe von 12,21 EUR, insgesamt also 398 EUR. Beigefügt waren entsprechende Rechnungen bzw. Quittungen, u.a. über Streusalz (vom 21.01.2005, 8,99 EUR; vom 22.02.2005, 4,99 EUR), Auftausalz (vom 16.02.2005, 16,98 EUR), Klettstreifen und Sockelleiste (vom 20.04.2005, 14,88 EUR), Locheisen und Schleifstreifen (Rechnung vom 28.04.2005, 7,68 EUR), Feinstaubmaske, Zierrasen, Bitumen-Isolieranstrich und Abdeckplane (Rechnung vom 17.05.2005, 23,54 EUR), Eisbegonien (Rechnung vom 04.06.2005, 6,57 EUR), Eisenwaren (Rechnung vom 19.05.2005, 2 EUR), Farbe (Rechnung vom 10.06.2005, 56,48 EUR; Rechnung vom 24.06.2005, 15,99 EUR, Rechnung vom 05.11.2005, 63,99 EUR, Rechnung vom 01.07.2005, 32,58 EUR). Der Betrag von 12,21 EUR für Strom beruht auf einer Berechnung des Verbrauches verschiedener Geräte, die der Kläger mitsamt der Leistung und der Betriebsdauer im Einzelnen aufgeführt hat (Schleifmaschine, Mehrzwecksauger, Handkreissäge, Winkelschleifer, Hobelmaschine, Bohrmaschine, Rasenmäher, Motorsense, Kettensäge, Heckenschere, Kleinschneefräse, Werkstattbeleuchtung, Hochdruckreiniger).
Die Beklagte lehnte den Antrag auf Kostenerstattung mit Bescheid vom 1. September 2006 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Immobilie des Klägers nicht als Vermögensgegenstand schützenswert sei, sondern allein als Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses "Wohnen" und als räumlicher Lebensmittelpunkt.
Hiergegen legte der Kläger am 28. September 2006 Widerspruch ein. Er ist der Ansicht, dass es sich bei den beantragten Kostenerstattungen um Nebenkosten, Betriebskosten usw. handele, wie sie bei jeder Mietunterkunft, Eigentumsunterkunft oder Haus anfielen. Der Regelsatz des Arbeitslosengeldes II enthalte hierfür keine Beträge.
Mit Bescheid vom 17. Oktober 2006 wies die Beklagte u.a. diesen Widerspruch des Klägers - neben anderen Widersprüchen gegen andere Bescheide - zurück. Zur Begründung wurde darauf abgestellt, dass es sich bei den angeschafften Materialien um Gegenstände von geringem Anschaffungswert handele, die aus der Regelleistung zu bestreiten seien. Abgesehen davon seien einige gekaufte Materialien nicht als absolut notwendig zu betrachten, wie zum Beispiel Streusalz oder Begonien. Bei anderen Materialien, zum Beispiel Zement, Sockelfarbe, Abdeckplane, Reparaturmörtel etc. bestehe der Eindruck, dass diese Materialien eher im Zusammenhang mit der Renovierung der unteren Wohnung benötigt worden seien. Diese sei nicht schützenswert im Sinne des SGB II.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2006 erhob der Kläger mit Schreiben vom 10. November 2006 Klage (Az.: S 2 AS 2655/07).
Die Klage gegen den Bescheid vom 1. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2006 trennte die Kammer mit Beschluss vom 24. Juli 2007 (Az.: S 2 AS 2655/07) ab.
Der Kläger behauptet, dass das Streugut absolut notwendig zur Erfüllung der Räum- und Streupflicht sei. Gleiches gelte für Bepflanzungsmaßnahmen. Dass ausgerechnet Zement, Sockelfarbe und Reparaturmörtel für Innenrenovierungen verwendet worden sein sollten, zeuge nicht gerade von Sachverstand.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 1. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2006 zu verurteilen, ihm 398 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält an ihrer Entscheidung fest und verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akte des Gerichts sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 1. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2006 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der von ihm geltend gemachten Kosten für Reparatur- und Pflegemaßnahmen an seinem Haus und Grundstück. Es fehlt an einer gesetzlichen Anspruchsgrundlage.
a) Der Bedarf eines Hilfebedürftigen ist – jenseits der Kosten für Unterkunft und Heizung im Sinne von § 22 Abs. 1 SGB II – im System des SGB II abstrakt zu bestimmen. Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes sollen grundsätzlich in pauschalierter Form erbracht werden (SG Osnabrück, Urteil vom 20.06.2007, Az.: S 24 AS 189/07, Juris; SG Berlin, Urteil vom 24.04.2007, Az.: S 93 AS 9826/06, Juris; SG Mannheim, Urteil vom 28.02.2007, Az.: S 9 AS 3882/06, Juris; SG Freiburg, Urteil vom 24.10.2006, Az.: S 9 AS 1557/06, Juris; SG Berlin, Urteil vom 06.03.2006, Az.: S 103 AS 468/06, Juris). Der Gesetzgeber hat dies in Form der Regelleistung im Sinne von § 20 SGB II getan. Sie deckt den allgemeinen Bedarf des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen abschließend (SG Osnabrück, Urteil vom 20.06.2007, Az.: S 24 AS 189/07, Juris; VG Bremen, Urteil vom 04.06.2007, Az.: S 8 K 1416/06, Juris). Eine Erhöhung oder Absenkung dieses Bedarfes ist – abgesehen von den wenigen ausdrücklich geregelten Fällen (§ 21, § 23 Abs. 3 Ziffern 1 bis 3 SGB II) – nicht statthaft (ebenso SG Osnabrück, Urteil vom 20.06.2007, Az.: S 24 AS 189/07, Juris; VG Bremen, Urteil vom 04.06.2007, Az.: S 8 K 1416/06, Juris; SG Berlin, Urteil vom 24.04.2007, Az.: S 93 AS 9826/06, Juris; SG Mannheim, Urteil vom 28.02.2007, Az.: S 9 AS 3882/06, Juris; SG Reutlingen, Urteil vom 29.03.2007, Az.: S 9 AS 372/07, n.v.; SG Gotha, Urteil vom 10.11.2006, Az.: S 26 AS 748/96, n.v.; SG Berlin, Urteil vom 06.03.2006, Az.: S 103 AS 468/06, Juris). Dies folgt zudem aus dem Umkehrschluss zu § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII, wo eine anderweitige Festlegung der Bedarfe im Falle der vollständigen oder teilweise anderweitigen Deckung zugelassen wurde (vgl. auch § 9 Abs. 1 SGB XII), während es an einer solchen Regelung im zeitgleich in Kraft getretenen SGB II fehlt (darauf weisen zu Recht SG Osnabrück, Urteil vom 20.06.2007, Az.: S 24 AS 189/07, Juris; VG Bremen, Urteil vom 04.06.2007, Az.: S 8 K 1416/06, Juris; SG Freiburg, Urteil vom 24.10.2006, Az.: S 9 AS 1557/06, Juris, hin).
Dies führt zu Lasten der Hilfebedürftigen dazu, dass das SGB II die Gewährung einmaliger Beihilfen etwa für besondere Anschaffungen grundsätzlich nicht vorsieht (dazu und zum folgenden SG Darmstadt, Urteil vom 26.01.2007, Az.: S 19 AS 238/06, Juris). Vielmehr wurde durch die Einführung des SGB II und die damit verbundene Änderung (Erhöhung) der Regelsätze nach dem bis dahin geltenden BSHG das System der einmaligen Beihilfen bis auf wenige Ausnahmen abgeschafft (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 19.03.2007, Az.: S 1 B 77/07, Juris; SG Freiburg, Urteil vom 24.10.2006, Az.: S 9 AS 1557/06, Juris). Damit scheidet eine über die Regelleistungen des § 20 SGB II hinausgehende Leistungsgewährung in Form einmaliger Beihilfen aus, soweit sich nicht aus dem Gesetz explizit ein Anspruch auf eine solche Leistung ergibt (SG Darmstadt, Urteil vom 26.01.2007, Az.: S 19 AS 238/06, Juris; SG Freiburg, Urteil vom 24.10.2006, Az.: S 9 AS 1557/06, Juris). Dies wurde durch die mit Wirkung zum 1. August 2006 eingefügte Regelung des § 3 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz bekräftigt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 14/06 R, Juris). Danach decken die nach dem SGB II vorgesehenen Leistungen den Bedarf der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen. Eine davon abweichende Festlegung der Bedarfe ist ausgeschlossen (§ 3 Abs. 2 Satz 2 SGB II).
b) Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch kann auch nicht auf § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gestützt werden. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit dieses angemessen sind. Der daraus resultierende Leistungsanspruch ist zwar nicht auf die unmittelbaren Unterkunfts- und Heizkosten, also namentlich die Erstattung des Mietzinses, beschränkt, sondern reicht darüber hinaus und erfasst auch solche Aufwendungen, die zur Erhaltung der Unterkunft erforderlich sind. Das Merkmal der Erforderlichkeit beschreibt allerdings zugleich auch die Grenze des Erstattungsanspruchs mittelbarer Unterkunftskosten.
Für die Bestimmung der erstattungsfähigen Kosten für Unterkunft und Heizung bei selbst genutztem Wohneigentum ist ein Rückgriff auf die in § 7 Abs. 2 Ziffer 1 bis 5 der Rechtsverordnung zu § 82 SGB XII genannten Ausgaben (siehe LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.01.2007, Az.: L 12 AS 3932/06, Juris; Hessisches LSG, Beschluss vom 05.02.2007, Az.: L 9 AS 254/06 ER, Juris, im Anschluss an Lang, in: Eicher/Spellbrink [Hrsg.], SGB II, 2005, § 22 Rdnr. 26; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.08.2007, Az.: L 9 B 136/07 AS ER, Juris, im Anschluss an Berlit, in: LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 22 Rdnr. 22; ebenso SG Berlin, Urteil vom 28.02.2007, Az.: S 102 AS 1964/06, Juris) weder notwendig noch weiterführend; er erscheint auch methodisch äußerst zweifelhaft. Letzteres ist der Fall, weil § 7 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII zum einen gerade nicht die Leistungsgewährung nach dem SGB II betrifft, sondern diejenige nach dem SGB XII, und zum anderen nicht den Umfang des Leistungsanspruchs regelt, sondern lediglich bestimmt, welche mit der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verbundenen notwendigen Ausgaben von den erzielten Einkünften (also aus nicht selbstgenutztem Wohneigentum) vor deren Anrechnung auf den Leistungsanspruch zur Berechnung des Überschusses abzusetzen sind. Wollte man also § 7 Abs. 2 der Verordnung zu 82 SGB XII für die Bestimmung des Anspruchsinhaltes von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II heranziehen, müsste man einen zweifachen Analogieschluss ziehen; insofern ist aber weder eine Regelungslücke noch deren Planwidrigkeit ersichtlich (vgl. auch Groth/Siebel-Huffmann, NZS 2007, 69 [74]). Der Rückgriff auf § 7 Abs. 2 Ziffer 4 der Verordnung zu § 82 SGB XII würde im übrigen auch nicht weiterführen, da er die Auslegungsfrage nicht lösen, sondern nur zu der Frage, was Erhaltungsaufwendungen sind, verlagern würde, die auch durch § 7 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung zu § 82 SGB XII nicht hinreichend beantwortet wird.
Ist also der Umfang der erstattungsfähigen Erhaltungsaufwendungen bei selbstgenutztem Wohneigentum im Kontext des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II selbständig zu bestimmen (widersprüchlich Hessisches LSG, Beschluss vom 05.02.2007, Az.: L 9 AS 254/06 ER, Juris), streitet der Umstand, dass es sich um von der Allgemeinheit der Steuerzahler finanzierte Leistungen handelt, für eine restriktive Auslegung. Erstattungsfähig sind demnach nur solche Aufwendungen, die zum Erhalt der Bewohnbarkeit der Räumlichkeiten aus Gründen der Bausicherheit oder der Gesunderhaltung der Bewohner unabdingbar sind. Die Umschreibung der erstattungsfähigen Kosten mit den Begriffen der "Instandhaltungsarbeiten" und "Instandsetzungsarbeiten" (so Hessisches LSG, Beschluss vom 05.02.2007, Az.: L 9 AS 254/06 ER, Juris) erscheint nicht präzise genug. Eine Absenkung des Wohnstandards ohne erstattungsfähige Erhaltungsarbeiten ist jedenfalls hinzunehmen, solange der für Leistungsberechtigte nach dem SGB II genügende einfache, ein menschenwürdiges Leben sicherstellende Ausstattungsgrad gewahrt bleibt (so Hessisches LSG, Beschluss vom 05.02.2007, Az.: L 9 AS 254/06 ER, Juris).
An diesen Maßstäben gemessen sind die vom Kläger geltend gemachten Kosten nicht erstattungsfähig. Bei allen von ihm aufgelisteten Produkten ist nicht ersichtlich, inwiefern deren Verwendung unabdingbar gewesen wäre, um die Bewohnbarkeit der Räumlichkeiten im geschilderten Sinne sicherzustellen. Aufwendungen, die lediglich zum Zwecke der Renovierung oder Verschönerung der Wohnräumlichkeiten entstehen, sind aber bereits dem Grunde nach nicht erstattungsfähig (a.A. Lauterbach, Neue Justiz 2006, 488 [490]). Kosten für Schönheitsreparaturen sind aus der Regelleistung zu finanzieren (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 10.01.2007, Az.: L 13 AS 16/06 ER, Juris).
Damit kann dahinstehen, ob Aufwendungen für Erhaltungsaufwendungen ohnehin nur erstattungsfähig sind, wenn der Hilfebedürftige dem Leistungsträger zuvor entsprechende Kostenvoranschläge vorgelegt und der Leistungsträger hinsichtlich der Kostenübernahme eine entsprechende Zusicherung erteilt hat.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
3. Die Berufung war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 144 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
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