Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 19 KR 74/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Der Bescheid vom 17. August 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2004 wird insoweit aufgehoben, als er die Rentenversicherungspflicht des Klägers bei der Beigeladenen zu 2 für den Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis zum 17. August 2004 feststellt.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Die Beklagte hat dem Kläger ein Fünftel seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Rentenversicherungspflicht eines Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses außerhalb des Unternehmens bzw. Konzerns, dessen Vorstand es angehört.
Der Kläger ist Vorstand der E. AG mit Sitz in München. Die E. AG wurde am 06.11.2003 durch notariellen Vertrag errichtet. Am selben Tag wurde die Eintragung ins Handelsregister beantragt, die etwa Anfang 2004 erfolgte. Der Kläger wurde am 06.11.2003 durch ersten Beschluss des Aufsichtsrates zum Vorstand bestellt.
Daneben war der Kläger vom 01.09.2001 bis zum 30.06.2004 bei der Firma H. GmbH in 85622 F. beschäftigt. Am 01.07.2004 wurde er bei der Beigeladenen zu 2 angestellt. Vom 01.12.2004 bis zum 31.03.2006 war der Kläger bei der Firma E.I. T. GmbH beschäftigt, seit 01.04.06 wieder bei der Beigeladenen zu 2. Alle genannten Unternehmen sind nicht mit der E. AG zu einem Konzern im Sinne des § 18 AktG verbunden.
Aufgrund seiner Beschäftigung bei der Firma H. GmbH war der Kläger zunächst bei der Beklagten als versicherungspflichtig bei der Renten- und Arbeitslosenversicherung gemeldet. Nachdem er am 06.11.2003 zum Vorstandsmitglied der E. AG bestellt worden war, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 09.03.2004 gegenüber der Firma H. GmbH und mit Bescheid vom 23.03.2004 gegenüber dem Kläger fest, dass er ab dem 06.11.2003 und auch über den 31.12.2003 hinaus nicht mehr versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sei.
Nachdem der Kläger zum 01.07.2004 bei der H. GmbH ausgeschieden war und ein Beschäftigungsverhältnis bei der Beigeladenen zu 2 begründet hatte, beantragte er mit Schreiben vom 22.07.2004 bei der Beklagten die Feststellung, dass auch das seit 01.07.2004 bestehende Beschäftigungsverhältnis bei der Beigeladenen zu 2 nicht der Rentenversicherungspflicht unterliege. Die Beklagte stellte jedoch mit Bescheid vom 17.08.2004 die Rentenversicherungspflicht des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers bei der Beigeladenen zu 2 fest. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte durch Bescheid vom 10.12.2004, der am 15.12.2004 zur Post gegeben wurde, als unbegründet zurück.
Mit seiner am 14.01.2005 beim Sozialgericht München erhobenen Klage macht der Kläger geltend, die Übergangsregelung des § 229 Abs. 1a SGB VI beziehe sich auch auf solche Beschäftigungen bei Unternehmen außerhalb des Konzerns, die nach dem 06.11.2003 aufgenommen würden, solange nur die Mitgliedschaft im Vorstand bereits am 06.11.2003 bestand.
Der Kläger beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 17.08.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2004 aufzuheben und
2. festzustellen, dass der Kläger auf Grund seiner seit dem 06.11.2003 bestehenden Mitgliedschaft im Vor stand der E.AG mit Sitz in München nicht rentenversicherungspflichtig hinsichtlich seiner vom 01.07. bis zum 30.11.2004 und seit dem 01.04.2006 ausgeübten Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 2 ist.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, die Übergangsregelung des § 229 Abs. 1a SGB VI beziehe sich nicht auf Beschäftigungen, die nach dem 06.11.2003 neu aufgenommen wurden.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtsakte und die Beklagtenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
1. Für die Entscheidung über die zulässige Klage war das Sozialgericht München örtlich (§ 27 SGG) und sachlich (§ 8 SGG) zuständig. Die Klage wurde gemäß §§ 87, 90, 92 SGG form- und fristgerecht erhoben.
2. Die Klage ist begründet, soweit der Bescheid der Beklagten vom 17.08.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2004 die Rentenversicherungspflicht des Klägers bei der Beigeladenen zu 2 für den Zeitraum vom 01.07.2004 bis zum 17.08.2004 feststellte. Was dagegen die Feststellung der Rentenversicherungspflicht für den Zeitraum ab dem 18.08.2004 betrifft, ist die Klage unbegründet.
a. Die angefochtenen Bescheide waren aus verwaltungsprozessualen Gründen rechtswidrig, soweit sie die Rentenversicherungspflicht bis zum 17.08.2004 - also bis zum Zeit punkt des Erlasses des angefochtenen Verwaltungsakts und damit für die Vergangenheit - feststellten.
Denn diese Feststellung beinhaltete konkludent die teilweise Aufhebung der mit Bescheid vom 23.03.2004 erfolgten Feststellung, dass der Kläger über den 31.12.2003 hinaus Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung genieße. Diese durch Verwaltungsakt getroffene Feststellung war - nach der Fassung des Bescheides vom 23.03.2004 - nicht auf das damals bestehende Beschäftigungsverhältnis bei der H.GmbH beschränkt, so dass sich die mit Verwaltungsakt vom 23.03.2004 getroffene Feststellung der Versicherungsfreiheit noch nicht allein durch die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei der H. GmbH zum 30.06.2004 im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X erledigte, sondern auch für weitere Beschäftigungsverhältnisse ihre Wirksamkeit behielt.
Die durch Bescheid vom 23.03.2004 erfolgte Feststellung der Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung bedurfte also der Aufhebung durch einen weiteren Verwaltungsakt, um außer Kraft zu treten. Da der angefochtene Bescheid vom 17.08.2004 die Rentenversicherungspflicht ab dem 01.07.2004 feststellte, muss er so ausgelegt werden, dass damit konkludent die Aufhebung der durch Bescheid vom 23.03.2004 getroffenen Feststellung der Versicherungsfreiheit verbunden war.
Es kann offen bleiben, ob der Bescheid vom 23.03.2004 von Anfang an rechtswidrig war. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte der Bescheid gemäß § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X nur unter den Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 und des § 45 Abs. 3 Satz 2 für die Vergangenheit zurückgenommen werden dürfen. Diese Voraussetzungen lagen jedoch im vorliegenden Fall nicht vor.
Der Verwaltungsakt vom 23.03.2004 konnte jedoch unter den Voraussetzungen des § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben weden, da die Aufhebung des Beschäftigungsverhältnisses bei der H. GmbH und die Begründung eines neuen Beschäftigungsverhältnisses bei der Beigeladenen zu 2 zum 01.07.2004 eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen darstellte, die beim Erlass des Bescheides vom 23.03.2004, der eine Regelung mit Dauerwirkung beinhaltete, vorgelegen hatten. Eine Aufhebung für die Vergangenheit war jedoch nur unter den Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X möglich. Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall nicht gegeben.
b. Der angefochtene Bescheid vom 17.08.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.12.2004 war dagegen rechtmäßig, soweit er die Rentenversicherungspflicht des Klägers für die Zukunft, also für den Zeitraum ab dem 18.08.2004, feststellte.
Neben der Feststellung der Rentenversicherungspflicht für die Zukunft beinhaltete der angefochtene Bescheid auch konkludent die Aufhebung der ohne zeitliche Begrenzung durch Bescheid vom 23.03.2004 getroffene Feststellung der Versicherungsfreiheit. Für die Zukunft konnte diese Aufhebung auf § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X gestützt werden. Das Fehlen einer diesbezüglichen Begründung ist gemäß § 42 Satz 1 SGB X unbeachtlich, da es sich bei der Aufhebung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X für die Zukunft um eine rechtlich gebundene Entscheidung ohne Ermessensspielraum handelt.
Auch materiellrechtlich war die Feststellung der Rentenversicherungspflicht für das bei der Beigeladenen zu 2 bestehende Beschäftigungsverhältnis nicht zu beanstanden.
Die Rentenversicherungspflicht des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers bei der Beigeladenen zu 2 ergibt sich aus § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI).
Eine Ausnahme von der Rentenversicherungspflicht ergibt sich auch nicht § 1 Satz 4 SGB IV. Nach dieser Vorschrift sind Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft in dem Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören, nicht versicherungspflichtig beschäftigt, wobei Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes (AktG) als ein Unternehmen gelten. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht erfüllt, da die Beigeladene zu 2 kein Konzernunternehmen der E. AG ist, dessen Vorstand der Kläger angehört.
Eine Ausnahme von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ergibt sich auch nicht aus der Übergangsregelung des § 229 Abs. 1a Satz 1 SGB VI. Nach dieser Vorschrift bleiben Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft, die am 06.11.2003 in einer weiteren Beschäftigung nicht versicherungspflichtig waren, in dieser Beschäftigung nicht versicherungspflichtig. Die Voraussetzungen dieser Ausnahme von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht liegen für das Beschäftigungsverhältnis bei der Beigeladenen zu 2 jedoch deshalb nicht vor, weil dieses Beschäftigungsverhältnis am 06.11.2003 noch nicht bestand, sondern erst am 01.07.2004 begann. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift muss das Beschäftigungsverhältnis, um von der Übergangsregelung erfasst zu werden, am 06.11.2003 bereits bestanden haben. Denn nur dann kann "diese" Beschäftigung bereits am 0ß6.11.2003 nicht der Versicherungspflicht unterlegen haben. Es genügt nicht, dass am 06.11.2003 ein anderes Beschäftigungsverhältnis - wie hier das bei der Hi. D.GmbH - bestanden hatte, das aufgrund der Mitgliedschaft im Vorstand aufgrund des § 1 Satz 4 SGB VI in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung versicherungsfrei war. Denn dieses andere Beschäftigungsverhältnis war nicht "diese" Beschäftigung im Sinne des § 229 Abs. 1a Satz 1 letzter Halbsatz SGB VI, die bereits am 06.11.2003 gemäß § 1 Abs. 1 Satz 4 SGB VI von der Versicherungspflicht befreit war. Eine andere Auslegung dieser Vorschrift würde nicht nur ihrem eindeutigen Wortlaut widersprechen, sondern auch dem Grundsatz, Übergangsregelungen und Ausnahmevorschriften eng auszulegen.
Auch der Sinn und Zweck der Übergangsregelung des § 229 Abs. 1a Satz 1 SGB VI gebietet nicht die Einbeziehung von Beschäftigungsverhältnissen, die am 06.11.2003 noch nicht bestanden hatten. Übergangsregelungen bedürfen der sachlichen Rechtfertigung, da sie im Verhältnis zur Neuregelung eine Ungleichbehandlung beinhalten, die im Lichte des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) zu würdigen sind. Die Aufrechterhaltung der Versicherungsfreiheit für bestimmte Beschäftigungsverhältnisse beinhaltet gegenüber anderen Beschäftigungsverhältnissen eine Privilegierung, die nur mit dem Vertrauensschutz für Dispositionen zu rechtfertigen ist, die im Hinblick auf eine bestehende Rechtslage getroffen worden waren. Ein solcher Vertrauensschutz kommt aber nur für solche Beschäftigungsverhältnisse in Betracht, die zum Zeitpunkt der gesetzlichen Neuregelung bereits bestanden hatten. Bei später eingegangenen Beschäftigungsverhältnissen - wie dem des Klägers bei der Beigeladenen zu 2 - war die gesetzliche Neuregelung bekannt und konnte von den Beteiligten von vornherein bei der Gestaltung des Beschäftigungsverhältnisses berücksichtigt werden.
Nicht anzuschließen vermag sich das Gericht dem Argument des Klägers, der Vertrauensschutz, den § 229 Abs. 1a SGB VI gewähre, sei auch auf solche Vorstandsmitglieder anzuwenden, die ihr am 06.11.2003 bestehendes Beschäftigungsverhältnis ohne ihr eigenes Verschulden verlören. Die Alt-Vorstandsmitglieder sind bezüglich des Verlustes ihrer Nebenbeschäftigung nicht schutzbedürftiger als Vorstandsmitglieder, die erst nach dem 06.11.2003 bestellt werden.
Nach den Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 09.08.2006 in den Rechtssachen B 12 KR 3/06 R, B 12 KR 10/06 R, B 12 KR 7/06 R und B 12 KR 24/05 R, die bislang nur als Termin-Bericht bekannt wurden, kann sich der Kläger auch deshalb nicht auf die Übergangsregelung des § 229 Abs. 1a SGB VI stützen, weil die E. AG, deren Vorstand er angehört, am Stichtag des 06.11.2003 noch nicht im Handelsregister eingetragen war, sondern nur als sog. "Vor-Aktiengesellschaft" existierte.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Die Beklagte hat dem Kläger ein Fünftel seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Rentenversicherungspflicht eines Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses außerhalb des Unternehmens bzw. Konzerns, dessen Vorstand es angehört.
Der Kläger ist Vorstand der E. AG mit Sitz in München. Die E. AG wurde am 06.11.2003 durch notariellen Vertrag errichtet. Am selben Tag wurde die Eintragung ins Handelsregister beantragt, die etwa Anfang 2004 erfolgte. Der Kläger wurde am 06.11.2003 durch ersten Beschluss des Aufsichtsrates zum Vorstand bestellt.
Daneben war der Kläger vom 01.09.2001 bis zum 30.06.2004 bei der Firma H. GmbH in 85622 F. beschäftigt. Am 01.07.2004 wurde er bei der Beigeladenen zu 2 angestellt. Vom 01.12.2004 bis zum 31.03.2006 war der Kläger bei der Firma E.I. T. GmbH beschäftigt, seit 01.04.06 wieder bei der Beigeladenen zu 2. Alle genannten Unternehmen sind nicht mit der E. AG zu einem Konzern im Sinne des § 18 AktG verbunden.
Aufgrund seiner Beschäftigung bei der Firma H. GmbH war der Kläger zunächst bei der Beklagten als versicherungspflichtig bei der Renten- und Arbeitslosenversicherung gemeldet. Nachdem er am 06.11.2003 zum Vorstandsmitglied der E. AG bestellt worden war, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 09.03.2004 gegenüber der Firma H. GmbH und mit Bescheid vom 23.03.2004 gegenüber dem Kläger fest, dass er ab dem 06.11.2003 und auch über den 31.12.2003 hinaus nicht mehr versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sei.
Nachdem der Kläger zum 01.07.2004 bei der H. GmbH ausgeschieden war und ein Beschäftigungsverhältnis bei der Beigeladenen zu 2 begründet hatte, beantragte er mit Schreiben vom 22.07.2004 bei der Beklagten die Feststellung, dass auch das seit 01.07.2004 bestehende Beschäftigungsverhältnis bei der Beigeladenen zu 2 nicht der Rentenversicherungspflicht unterliege. Die Beklagte stellte jedoch mit Bescheid vom 17.08.2004 die Rentenversicherungspflicht des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers bei der Beigeladenen zu 2 fest. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte durch Bescheid vom 10.12.2004, der am 15.12.2004 zur Post gegeben wurde, als unbegründet zurück.
Mit seiner am 14.01.2005 beim Sozialgericht München erhobenen Klage macht der Kläger geltend, die Übergangsregelung des § 229 Abs. 1a SGB VI beziehe sich auch auf solche Beschäftigungen bei Unternehmen außerhalb des Konzerns, die nach dem 06.11.2003 aufgenommen würden, solange nur die Mitgliedschaft im Vorstand bereits am 06.11.2003 bestand.
Der Kläger beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 17.08.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2004 aufzuheben und
2. festzustellen, dass der Kläger auf Grund seiner seit dem 06.11.2003 bestehenden Mitgliedschaft im Vor stand der E.AG mit Sitz in München nicht rentenversicherungspflichtig hinsichtlich seiner vom 01.07. bis zum 30.11.2004 und seit dem 01.04.2006 ausgeübten Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 2 ist.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, die Übergangsregelung des § 229 Abs. 1a SGB VI beziehe sich nicht auf Beschäftigungen, die nach dem 06.11.2003 neu aufgenommen wurden.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtsakte und die Beklagtenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
1. Für die Entscheidung über die zulässige Klage war das Sozialgericht München örtlich (§ 27 SGG) und sachlich (§ 8 SGG) zuständig. Die Klage wurde gemäß §§ 87, 90, 92 SGG form- und fristgerecht erhoben.
2. Die Klage ist begründet, soweit der Bescheid der Beklagten vom 17.08.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2004 die Rentenversicherungspflicht des Klägers bei der Beigeladenen zu 2 für den Zeitraum vom 01.07.2004 bis zum 17.08.2004 feststellte. Was dagegen die Feststellung der Rentenversicherungspflicht für den Zeitraum ab dem 18.08.2004 betrifft, ist die Klage unbegründet.
a. Die angefochtenen Bescheide waren aus verwaltungsprozessualen Gründen rechtswidrig, soweit sie die Rentenversicherungspflicht bis zum 17.08.2004 - also bis zum Zeit punkt des Erlasses des angefochtenen Verwaltungsakts und damit für die Vergangenheit - feststellten.
Denn diese Feststellung beinhaltete konkludent die teilweise Aufhebung der mit Bescheid vom 23.03.2004 erfolgten Feststellung, dass der Kläger über den 31.12.2003 hinaus Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung genieße. Diese durch Verwaltungsakt getroffene Feststellung war - nach der Fassung des Bescheides vom 23.03.2004 - nicht auf das damals bestehende Beschäftigungsverhältnis bei der H.GmbH beschränkt, so dass sich die mit Verwaltungsakt vom 23.03.2004 getroffene Feststellung der Versicherungsfreiheit noch nicht allein durch die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei der H. GmbH zum 30.06.2004 im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X erledigte, sondern auch für weitere Beschäftigungsverhältnisse ihre Wirksamkeit behielt.
Die durch Bescheid vom 23.03.2004 erfolgte Feststellung der Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung bedurfte also der Aufhebung durch einen weiteren Verwaltungsakt, um außer Kraft zu treten. Da der angefochtene Bescheid vom 17.08.2004 die Rentenversicherungspflicht ab dem 01.07.2004 feststellte, muss er so ausgelegt werden, dass damit konkludent die Aufhebung der durch Bescheid vom 23.03.2004 getroffenen Feststellung der Versicherungsfreiheit verbunden war.
Es kann offen bleiben, ob der Bescheid vom 23.03.2004 von Anfang an rechtswidrig war. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte der Bescheid gemäß § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X nur unter den Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 und des § 45 Abs. 3 Satz 2 für die Vergangenheit zurückgenommen werden dürfen. Diese Voraussetzungen lagen jedoch im vorliegenden Fall nicht vor.
Der Verwaltungsakt vom 23.03.2004 konnte jedoch unter den Voraussetzungen des § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben weden, da die Aufhebung des Beschäftigungsverhältnisses bei der H. GmbH und die Begründung eines neuen Beschäftigungsverhältnisses bei der Beigeladenen zu 2 zum 01.07.2004 eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen darstellte, die beim Erlass des Bescheides vom 23.03.2004, der eine Regelung mit Dauerwirkung beinhaltete, vorgelegen hatten. Eine Aufhebung für die Vergangenheit war jedoch nur unter den Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X möglich. Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall nicht gegeben.
b. Der angefochtene Bescheid vom 17.08.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.12.2004 war dagegen rechtmäßig, soweit er die Rentenversicherungspflicht des Klägers für die Zukunft, also für den Zeitraum ab dem 18.08.2004, feststellte.
Neben der Feststellung der Rentenversicherungspflicht für die Zukunft beinhaltete der angefochtene Bescheid auch konkludent die Aufhebung der ohne zeitliche Begrenzung durch Bescheid vom 23.03.2004 getroffene Feststellung der Versicherungsfreiheit. Für die Zukunft konnte diese Aufhebung auf § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X gestützt werden. Das Fehlen einer diesbezüglichen Begründung ist gemäß § 42 Satz 1 SGB X unbeachtlich, da es sich bei der Aufhebung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X für die Zukunft um eine rechtlich gebundene Entscheidung ohne Ermessensspielraum handelt.
Auch materiellrechtlich war die Feststellung der Rentenversicherungspflicht für das bei der Beigeladenen zu 2 bestehende Beschäftigungsverhältnis nicht zu beanstanden.
Die Rentenversicherungspflicht des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers bei der Beigeladenen zu 2 ergibt sich aus § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI).
Eine Ausnahme von der Rentenversicherungspflicht ergibt sich auch nicht § 1 Satz 4 SGB IV. Nach dieser Vorschrift sind Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft in dem Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören, nicht versicherungspflichtig beschäftigt, wobei Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes (AktG) als ein Unternehmen gelten. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht erfüllt, da die Beigeladene zu 2 kein Konzernunternehmen der E. AG ist, dessen Vorstand der Kläger angehört.
Eine Ausnahme von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ergibt sich auch nicht aus der Übergangsregelung des § 229 Abs. 1a Satz 1 SGB VI. Nach dieser Vorschrift bleiben Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft, die am 06.11.2003 in einer weiteren Beschäftigung nicht versicherungspflichtig waren, in dieser Beschäftigung nicht versicherungspflichtig. Die Voraussetzungen dieser Ausnahme von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht liegen für das Beschäftigungsverhältnis bei der Beigeladenen zu 2 jedoch deshalb nicht vor, weil dieses Beschäftigungsverhältnis am 06.11.2003 noch nicht bestand, sondern erst am 01.07.2004 begann. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift muss das Beschäftigungsverhältnis, um von der Übergangsregelung erfasst zu werden, am 06.11.2003 bereits bestanden haben. Denn nur dann kann "diese" Beschäftigung bereits am 0ß6.11.2003 nicht der Versicherungspflicht unterlegen haben. Es genügt nicht, dass am 06.11.2003 ein anderes Beschäftigungsverhältnis - wie hier das bei der Hi. D.GmbH - bestanden hatte, das aufgrund der Mitgliedschaft im Vorstand aufgrund des § 1 Satz 4 SGB VI in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung versicherungsfrei war. Denn dieses andere Beschäftigungsverhältnis war nicht "diese" Beschäftigung im Sinne des § 229 Abs. 1a Satz 1 letzter Halbsatz SGB VI, die bereits am 06.11.2003 gemäß § 1 Abs. 1 Satz 4 SGB VI von der Versicherungspflicht befreit war. Eine andere Auslegung dieser Vorschrift würde nicht nur ihrem eindeutigen Wortlaut widersprechen, sondern auch dem Grundsatz, Übergangsregelungen und Ausnahmevorschriften eng auszulegen.
Auch der Sinn und Zweck der Übergangsregelung des § 229 Abs. 1a Satz 1 SGB VI gebietet nicht die Einbeziehung von Beschäftigungsverhältnissen, die am 06.11.2003 noch nicht bestanden hatten. Übergangsregelungen bedürfen der sachlichen Rechtfertigung, da sie im Verhältnis zur Neuregelung eine Ungleichbehandlung beinhalten, die im Lichte des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) zu würdigen sind. Die Aufrechterhaltung der Versicherungsfreiheit für bestimmte Beschäftigungsverhältnisse beinhaltet gegenüber anderen Beschäftigungsverhältnissen eine Privilegierung, die nur mit dem Vertrauensschutz für Dispositionen zu rechtfertigen ist, die im Hinblick auf eine bestehende Rechtslage getroffen worden waren. Ein solcher Vertrauensschutz kommt aber nur für solche Beschäftigungsverhältnisse in Betracht, die zum Zeitpunkt der gesetzlichen Neuregelung bereits bestanden hatten. Bei später eingegangenen Beschäftigungsverhältnissen - wie dem des Klägers bei der Beigeladenen zu 2 - war die gesetzliche Neuregelung bekannt und konnte von den Beteiligten von vornherein bei der Gestaltung des Beschäftigungsverhältnisses berücksichtigt werden.
Nicht anzuschließen vermag sich das Gericht dem Argument des Klägers, der Vertrauensschutz, den § 229 Abs. 1a SGB VI gewähre, sei auch auf solche Vorstandsmitglieder anzuwenden, die ihr am 06.11.2003 bestehendes Beschäftigungsverhältnis ohne ihr eigenes Verschulden verlören. Die Alt-Vorstandsmitglieder sind bezüglich des Verlustes ihrer Nebenbeschäftigung nicht schutzbedürftiger als Vorstandsmitglieder, die erst nach dem 06.11.2003 bestellt werden.
Nach den Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 09.08.2006 in den Rechtssachen B 12 KR 3/06 R, B 12 KR 10/06 R, B 12 KR 7/06 R und B 12 KR 24/05 R, die bislang nur als Termin-Bericht bekannt wurden, kann sich der Kläger auch deshalb nicht auf die Übergangsregelung des § 229 Abs. 1a SGB VI stützen, weil die E. AG, deren Vorstand er angehört, am Stichtag des 06.11.2003 noch nicht im Handelsregister eingetragen war, sondern nur als sog. "Vor-Aktiengesellschaft" existierte.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved