Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 9 KR 350/02
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 77/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 23. Mai 2005 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 681,57 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 681,57 EUR für eine stationäre Krankenhausbehandlung.
Die Klägerin betreibt ein Krankenhaus, das im Krankenhausbedarfsplan des Landes Rheinland-Pfalz aufgenommen ist. Der 1963 geborene Versicherte der Beklagten G A wurde in der Zeit vom 12. bis 21. Februar 2002 wegen einer Marisquenbildung, prolabierender Hämorrhoiden, einer Analfissur und einer Analfistel im Krankenhaus der Klägerin stationär behandelt. Es wurde eine Hämorrhoidektomie durchgeführt, die Marisquen, die Fistel und die Fissur wurden exzisiert. Postoperativ wurden Sitzbäder und Salbenverbände verordnet. In dem Kostenübernahmeantrag vom 12. Februar 2002 veranschlagte die Klägerin eine voraussichtliche Verweildauer von acht Tagen. Die Beklagte befristete mit Schreiben vom 18. Februar die Kostenübernahme zunächst bis zum 16. Februar 2002. Am 20. Februar stellte die Klägerin einen Verlängerungsantrag für weitere fünf Tage; den notwendigen Aufenthalt begründete sie mit der Größe der Operationswunde. Am 21. Feb¬ruar 2002 zeigte sie der Beklagten die Entlassung an. Die Beklagte holte eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Rheinland-Pfalz, Gutachter S , vom 4. April 2002 ein, der ausführte, der Versicherte hätte ohne Gefahr am fünften postoperativen Tag die Operation fand am 13. Februar statt – in die weitere ambulante oder poststationäre Behandlung entlassen werden können. Von seinem Wohnort aus hätte er in kurzer Zeit notfallchirurgisch behandelt werden können. Der einweisende Arzt Dr. K nahm am 18. April und 13. Mai 2002 hierzu Stellung und verwies auf den Umfang des operativen Eingriffs sowie die Gefahr massiver arterieller Nachblutungen. Der Weg vom Wohnort des Versicherten in M bis zu einer Notbehandlung in Ma hätte eine tödliche Gefahr für ihn bedeutet. Eine achttägige postoperative Verweildauer sei daher auf jeden Fall zu vertreten. Der MDK blieb in Stellungnahmen vom 29. April und 30. August 2002 bei seiner Auffassung und führte aus, die Nachblutungsgefahr sinke täglich und sei ab dem sechsten postoperativen Tag nicht mehr relevant. Ein Rettungswagen des Notdienstes hätte den Versicherten in zehn Minuten erreichen können. Dessen geltend gemachte Schmerzzustände hätten auch ambulant durch hochpotente Analgetika behandelt werden können. Mit Schreiben vom 6. Mai 2002 stimmte die Beklagte einer weiteren Kostenübernahme bis zum 18. Februar zu.
Am 27. August 2002 hat die Klägerin beim Sozialgericht Lübeck Klage erhoben und die Kosten für den stationären Aufenthalt vom 19. bis 21. Februar in Höhe von 681,57 EUR geltend gemacht. Sie hat ausgeführt, der stationäre Aufenthalt des Versicherten sei in vollem Umfang medizinisch notwendig gewesen. Die Beklagte habe – wie in anderen Fällen – die notwendige Behandlungsdauer aus nicht nachvollziehbaren Gründen pauschal befristet und sich mit dem Einzelfall nicht auseinandergesetzt. Da die Operation bis weit in den Enddarm hineingereicht habe, habe die große Gefahr einer massiven arteriellen Nachblutung bestanden, die eine Lebensgefahr für den Versicherten bedeutet hätte. Dieser Gefahr habe auch nicht durch den Einsatz eines Rettungswagens begegnet werden können. Die Frage, ob die Forderung berechtigt und der stationäre Aufenthalt des Versicherten notwendig gewesen sei, beurteile sich aus der Sicht des behandelnden Krankenhausarztes. Nur mit einer nachvollziehbaren medizinischen Begründung könne die Beklagte dessen Einschätzung widerlegen. Dies müsse zeitnah und nach einer Überprüfung vor Ort geschehen. Diesen Erfordernissen sei die Beklagte nicht nachgekommen, das Gutachten des MDK sei ihr der Klägerin – erst am 11. April 2002 zugeleitet worden. Eine Auseinandersetzung zwischen dem MDK und dem Krankenhausarzt, die § 2 Abs. 6 des Überprüfungsvertrages erfordere, habe nicht stattgefunden, obwohl sie möglich gewesen wäre. § 9 Abs. 7 des Vertrages sehe eine Zahlungspflicht der Krankenkassen innerhalb von 14 Kalen¬dertagen nach Rechnungseingang vor.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 681,57 EUR nebst 2 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deut- schen Bundesbank hieraus seit dem 15. März 2002 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ausgeführt, wegen des Wirtschaftlichkeitsgebots sei die stationäre Behandlung gegenüber einer ambulanten Behandlung subsidiär. Sie habe zeitnah den MDK zur Überprüfung der Frage eingeschaltet, ob eine weitere stationäre Behandlung des Versicherten über den 18. Februar 2002 hinaus bis zum 21. Feb¬ruar notwendig gewesen sei. Diese habe die Notwendigkeit trotz der Nachblutungsgefahr und der geltend gemachten Schmerzzustände verneint. Mangels eines weiteren Anspruchs der Klägerin stelle sich die Frage einer verspäteten Zahlung nicht.
Das Sozialgericht hat ein Gutachten des Chirurgen Dr. S eingeholt, den es in der mündlichen Verhandlung am 23. Mai 2005 ergänzend als Sachverständigen gehört hat. Mit Urteil vom selben Tag hat es die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entstehe grundsätzlich mit der Inanspruchnahme der Leistung des Krankenhauses durch den Versicherten. Sie entfalle nur dann, wenn sich die Entscheidung des Krankenhausarztes nach seinen jeweiligen Erkenntnismöglichkeiten als nicht vertretbar herausstelle. Die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung sei medizinisch zu beurteilen, und zwar nach § 2 des Überprüfungsvertrages grundsätzlich während der andauernden Behandlung. Es sei unerheblich, ob das vertraglich vereinbarte Überprüfungsverfahren eingehalten worden sei. Die Beklagte habe keine Stellungnahme des Krankenhauses angefordert und der MDK habe die Überprüfung nicht im Krankenhaus während des stationären Aufenthalts des Versicherten durchgeführt. Die Einschätzung des behandelnden Krankenhausarztes setze einen Anscheinsbeweis, der nur durch substantiierte Einwendungen im Einzelfall erschüttert werden könne. Daran fehle es. Der MDK habe nur allgemeine Ausführungen über den Heilungsverlauf nach Hämorrhoidaloperationen gemacht und auch die ergänzende Stellungnahme des Krankenhausarztes vom 18. April 2002 nicht gewürdigt. Maßgeblich sei weiterhin, ob die Einschätzung des behandelnden Arztes vertretbar gewesen sei. Dies habe der Sachverständige Dr. S bejaht. Wegen der Gefahr der Nachblutungen, die gehäuft zwischen dem siebten und neunten postoperativen Tag aufträten und der ganz erheblichen Schmerzempfindlichkeit sei nach seiner Einschätzung stets eine fallabhängige Beurteilung erforderlich, die auch berücksichtigen müsse, inwieweit der Patient in der Lage sei, seine eigene gesundheitliche Situation und das Gefährdungspotential im Fall einer Nachblutung einzuschätzen und darauf zu reagieren. Gerade diese persönliche Einschätzung könne nur durch einen persönlichen Eindruck gewonnen werden und ergebe sich nicht aus der Krankenakte. Mit dieser Einschätzung gehe der Sachverständige Dr. S mit der medizinischen Auffassung des Proktologen Dr. Ka einher, die dieser in zahlreichen Parallelverfahren vertreten habe.
Gegen die ihr am 22. Juli 2005 zugestellte Entscheidung hat die Beklagte am 28. Juli 2005 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht Berufung eingelegt. Sie trägt vor, Dr. S sei in seinem schriftlichen Gutachten noch davon ausgegangen, dass die Entscheidung der Krankenhausärzte über die Dauer der notwendigen Behandlung nicht vertretbar gewesen sei. Bei dem Versicherten sei eine typische Hämorrhoid¬ektomie durchgeführt worden, postoperativ habe er Schmerzmittel erhalten. In der Krankenakte seien Auffälligkeiten nicht erwähnt, der postoperative Verlauf sei komplikationslos gewesen. Gerade wenn eine fachliche Beurteilung fallabhängig erfolgen müsse, sei es unerheblich, was der Proktologe Dr. Ka in anderen Verfahren vertreten habe. Maßgeblich sei vielmehr allein, welche Gründe im vorliegenden Fall des Versicherten für die lange Behandlungsdauer sprächen. Hierüber ergebe sich aus der Krankenakte nichts.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 23. Mai 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stützt sich auf das angefochtene Urteil und hält an ihrer erstinstanzlich vertretenen Rechtsauffassung fest.
Der Senat hat den Chirurgen Dr. S als Sachverständigen vernommen. Die den Versicherten betreffende Behandlungsakte des Krankenhauses, die Verwaltungsakte der Beklagten und die Verfahrensakte haben dem Senat vorgelegen. Zur Ergänzung wird darauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck ist zulässig und begründet. Das Urteil des Sozialgerichts war aufzuheben, denn die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Vergütung der Kosten des stationären Aufenthalts des Versicherten vom 19. bis 21. Februar 2002.
Die Klägerin erhebt zutreffend eine echte Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn sie begehrt die Verurteilung der Beklagten zu einer Leistung, auf die grundsätzlich bei gegebenen Leistungsvoraussetzungen – ein Rechtsanspruch besteht. Ein Verwaltungsakt konnte nicht ergehen, weil sich das klagende Krankenhaus und die Beklagte gleichgeordnet gegenüberstehen (BSG, SozR 3 2500 § 112 Nr. 3; Urteil des erkennenden Senats vom 22. März 2006, L 5 KR 160/04).
Der geltend gemachte Vergütungsanspruch der Klägerin stützt sich auf § 109 Abs. 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) in Verbindung mit der entsprechenden Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten. Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Daher müssen bei ihm die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der entsprechenden Leistungen gegeben sein, d. h. also die Vorraussetzungen für die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit im Sinne des § 39 SGB V (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Urteil vom 22. März 2006, L 5 KR 160/04). Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit besteht, wenn die Behandlung des Versicherten den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht. Nach § 107 Abs. 1 SGB V sind Krankenhäuser Einrichtungen, die der Krankenhausbehandlung oder Geburtshilfe dienen, fachlich-medi¬zinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen, über ausreichende, ihrem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen, nach wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeiten und mit Hilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichem Personal sowie Pflege-, Funktions- und medizinisch technischem Personal darauf eingerichtet sind, vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern oder Geburtshilfe zu leisten, wobei die Patienten dort auch untergebracht und verpflegt werden können (BSG, Urteil vom 7. Juli 2005, B 3 KR 40/04 R). Die Mittel müssen regelmäßig nicht alle zum Einsatz gebracht werden. Unter Berücksichtigung des einzelnen Falles ist vielmehr eine Gesamtschau anzustellen, in der die einzelnen Einrichtungsmerkmale eines Krankenhauses zu gewichten sind. Im Rahmen dieser Gesamtschau ist die Abgrenzung zu Rehabilitationseinrichtungen und zu den Möglichkeiten einer ambulanten Behandlung vorzunehmen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V erfordert es, dass solche Behandlungsformen vorrangig durchzuführen sind, wenn sie ausreichen. Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses entsteht unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistungen durch den Patienten nur dann, wenn seine Krankenhausbehandlung notwendig ist. Diese Notwendigkeit muss objektiv gegeben sein. Ob dies der Fall ist, ist nicht im Wege einer nachträglichen Betrachtung (ex post) zu beantworten, sondern aus einer Vorausschau (ex ante); es ist damit auf eine Prognose des behandelnden Krankenhausarztes abzustellen (BSG, Urteil vom 7. Juli 2005, B 3 KR 40/04 R). Dessen Einschätzung stellt einen Anscheinsbeweis für das Vorliegen der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit der Versicherten dar. Nur dann, wenn seine ärztliche Entscheidung nicht vertretbar ist, ist sie nicht verbindlich (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2001, B 3 KR 11/01 R). Entscheidungserheblich ist aber nicht, ob es unter medizinischen Gesichtspunkten vertretbar war, den Versicherten stationär im Krankenhaus aufzunehmen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V erstreckt sich auch auf die Krankenhausbehandlung; danach müssen Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, dürfen das Maß des Notwendigen aber nicht überschreiten. Maßgeblich ist daher, ob es unter medizinischen Gründen vertretbar war, dass der behandelnde Krankenhausarzt in seiner vorausschauenden Betrachtungsweise die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung annahm (Urteil des Senats vom 13. Juni 2007, L 5 KR 61/06). Die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung kann unabhängig von der Vertragslage, die nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 SGB V zwischen den Beteiligten besteht, auch noch nachträglich verneint und der von der Einweisungsentscheidung des behandelnden Krankenhausarztes ausgehende Anscheinsbeweis erschüttert werden. Jedoch gehen im Rahmen der nachträglichen Überprüfung aufkommende Beweisschwierigkeiten zu Lasten der Krankenkasse, sofern die vertraglichen Vereinbarungen von ihr nicht eingehalten worden sind (Urteil des Senats vom 9. November 2005, L 5 KR 57/04). Die Entscheidung, ob ein Versicherter wegen einer behandlungsbedürftigen Krankheit in einem Krankenhaus versorgt werden muss, kann der behandelnde Arzt stets nur mit Blick auf die in Betracht kommenden Behandlungsalternativen treffen.
Die nach den dargestellten Maßstäben anzustellende Betrachtung kommt zu dem Ergebnis, dass die stationäre Behandlung des Versicherten in der Zeit vom 19. bis 21. Februar 2002 nicht notwendig gewesen ist und der Versicherte bereits ab 18. Februar aus dem Krankenhaus der Klägerin hätte entlassen werden können.
Bei dem Versicherten wurde am 13. Februar 2002 eine Hämorrhoidektomie durchgeführt, bei der prolabierende Hämorrhoiden, Marisquen und eine Analfissur mitsamt einer Analfistel entfernt wurden. Der Behandlungsverlauf erfolgte regelrecht, es sind in der Behandlungsakte lediglich Analgetika zur Schmerzbekämpfung und Sitzbäder als medizinische Maßnahmen genannt. Weitere Behandlungen, Beschwerden oder besondere Umstände sind weder in der Behandlungsakte erwähnt noch wurden sie von dem behandelnden Arzt Dr. K später genannt. Der Sachverständige Dr. S hat in seiner Vernehmung durch den Senat darauf hingewiesen, dass Operationen des vorliegenden Ausmaßes, das er als normal eingestuft hat, üblicherweise im Rahmen einer stationären Behandlung durchgeführt werden. Die durchschnittliche Verweildauer nach den DRG’s betrage 4,2 Tage. Es sei aber auch ambulante Behandlungen möglich. Hiermit steht er im Einklang mit seiner Aussage vor dem Sozialgericht. Wesentlich ist sein Hinweis darauf, dass eine generelle Verweildauer nicht genannt werden kann, sondern der notwendige Aufenthalt sich nach den individuellen Verhältnissen des jeweiligen Behandlungsfalles richtet. Er hat dem behandelnden Arzt einen sehr weiten Einschätzungsspielraum zuerkannt, der alle unmittelbar oder mittelbar mit der Behandlung im Zusammenhang stehenden Faktoren bei seiner vorausschauenden Einschätzung berücksichtigen muss. Dieser Ansatz dürfte zwischen den Beteiligten unstreitig sein. Problematisch ist, ob die abstrakte Gefährdung durch nachträglich auftretende Blutungen Anlass für eine länger dauernde Krankenhausbehandlung sein kann.
Das Risiko einer Nachblutung schätzt Dr. S auf 1 bis 3 % ein, wobei mit zunehmendem Zeitablauf das Blutungsrisiko abnimmt, zwischen dem 4. und 9. Tag allerdings wiederum eine Steigerung verzeichnet wird. Diese Quantifizierung ist für den Senat allerdings nicht allein entscheidungserheblich, sondern kennzeichnet lediglich die Größenordnung, in der das Risiko anzusiedeln ist. Sie entbindet nicht von der notwendigen Betrachtung des Einzelfalles. Maßgebend ist hier, dass allgemeine Qualitätsstandards für eine notwendige Behandlungsdauer nach Analoperationen nicht aufgestellt wurden. Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass unter medizinischen Gesichtspunkten keine allgemeine Notwendigkeit besteht, den Patienten acht Tage stationär zu behandeln. So verfuhr jedoch die Klägerin, indem sie in dem ersten Kostenübernahmeantrag bereits eine voraussichtliche Verweildauer von acht Tagen veranschlagt hat. Die notwendige Dauer des Krankenhausaufenthalts richtet sich nach den jeweiligen individuellen Umständen, die nach der Aussage von Dr. S zwar nicht in vorausschauender Betrachtungsweise genau benannt werden können; er hat jedoch darauf hingewiesen, dass in dem nachfolgenden Überprüfungsverfahren ein behandelnder Arzt in der Lage sein muss, die für ihn bestimmenden Faktoren in einer Weise zu benennen, dass sie im nachfolgenden Überprüfungsverfahren nachvollziehbar sind. Daran fehlt es hier. Weder in den Kostenübernahmeanträgen noch in den Stellungnahmen gegenüber dem MDK ist seitens der Ärzte der Klägerin ausgeführt worden, worin die besondere Notwendigkeit der Behandlungsdauer des Versicherten besteht. Diese wurde stets nur mit der abstrakten Gefahr von Nachblutungen begründet, nicht aber mit den konkreten Verhältnissen. Zwar setzt die Einschätzung des behandelnden Arztes einen Anscheinsbeweis, der seitens der Krankenkasse im Überprüfungsverfahren widerlegt werden muss. Dies ist jedoch anders, wenn von dem Krankenhaus keine einzelfallbezogene konkrete Begründung für die Behandlungsdauer gegeben ist. Wenn keine Anhaltspunkte für die Verweildauer angegeben werden und andererseits die Durchschnittswerte für einen wesentlich kürzeren Krankenhausaufenthalt sprechen – hier 4,2 Tage -, ist es für die Krankenkasse möglich, die Gründe von den Krankenhausärzten zu erfragen; werden entsprechende Gründe angegeben, obliegt es der Krankenkasse, diese zu widerlegen. Der Anscheinsbeweis des behandelnden Arztes reicht aber nicht so weit, dass die Krankenkasse auch ohne Angabe von Gründen in jedem Fall nachweisen muss, dass die stationäre Behandlung auch kürzer hätte ausfallen können. Dies gebietet der Sphärengedanke, denn das behandelnde Krankenhaus verfügt über die notwendigen Daten der Behandlung und ist eher in der Lage, die Notwendigkeit einer medizinischen Behandlung zu beurteilen und zu begründen. Die Krankenkasse ist demgegenüber stets auf die Reaktion dieser abgegebenen Begründung beschränkt. Indem die Klägerin die konkreten Gründe für die Behandlungsdauer des Versicherten nicht genannt hat, ist eine Notwendigkeit für den stationären Aufenthalt während der Zeit vom 19. bis 21. Februar 2002 nicht dargetan.
Der Senat stützt sich bei seiner Einschätzung auf die ergänzende Stellungnahme von Dr. S zu seinem Gutachten, das er vor dem Sozialgericht abgegeben hat. Die gesamte Aussage in dem ersten und zweiten Rechtszug ist insgesamt schlüssig. Die unterschiedlichen Ergebnisse resultieren allein aus dem offenen Rechtsbegriff der medizinisch vertretbaren Entscheidung und des Einschätzungsspielraums des behandelnden Arztes. Je nach einer Interpretation dieser Begriffe beurteilt sich die Notwendigkeit oder fehlende Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung. Dies ist jedoch eine Rechts-, nicht aber eine Tatsachenfrage, zu der der Sachverständige Stellung nehmen kann. Die von Dr. S dargelegten tatsächlichen Gesichtspunkte werden von den Beteiligten nicht angezweifelt, sie stehen im Einklang mit den in den Akten befindlichen weiteren Gutachten in anderen Behandlungsfällen von Dr. S und Dr. Ka. Differenzen ergeben sich stets nur in Abhängigkeit von den Begriffen der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung und des Blickwinkels der vorausschauenden Betrachtung. Der Senat hat daher keine Bedenken, den Ausführungen des Sachverständigen zu folgen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Der Streitwert orientiert sich an der Höhe der geltend gemachten Forderung.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 681,57 EUR für eine stationäre Krankenhausbehandlung.
Die Klägerin betreibt ein Krankenhaus, das im Krankenhausbedarfsplan des Landes Rheinland-Pfalz aufgenommen ist. Der 1963 geborene Versicherte der Beklagten G A wurde in der Zeit vom 12. bis 21. Februar 2002 wegen einer Marisquenbildung, prolabierender Hämorrhoiden, einer Analfissur und einer Analfistel im Krankenhaus der Klägerin stationär behandelt. Es wurde eine Hämorrhoidektomie durchgeführt, die Marisquen, die Fistel und die Fissur wurden exzisiert. Postoperativ wurden Sitzbäder und Salbenverbände verordnet. In dem Kostenübernahmeantrag vom 12. Februar 2002 veranschlagte die Klägerin eine voraussichtliche Verweildauer von acht Tagen. Die Beklagte befristete mit Schreiben vom 18. Februar die Kostenübernahme zunächst bis zum 16. Februar 2002. Am 20. Februar stellte die Klägerin einen Verlängerungsantrag für weitere fünf Tage; den notwendigen Aufenthalt begründete sie mit der Größe der Operationswunde. Am 21. Feb¬ruar 2002 zeigte sie der Beklagten die Entlassung an. Die Beklagte holte eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Rheinland-Pfalz, Gutachter S , vom 4. April 2002 ein, der ausführte, der Versicherte hätte ohne Gefahr am fünften postoperativen Tag die Operation fand am 13. Februar statt – in die weitere ambulante oder poststationäre Behandlung entlassen werden können. Von seinem Wohnort aus hätte er in kurzer Zeit notfallchirurgisch behandelt werden können. Der einweisende Arzt Dr. K nahm am 18. April und 13. Mai 2002 hierzu Stellung und verwies auf den Umfang des operativen Eingriffs sowie die Gefahr massiver arterieller Nachblutungen. Der Weg vom Wohnort des Versicherten in M bis zu einer Notbehandlung in Ma hätte eine tödliche Gefahr für ihn bedeutet. Eine achttägige postoperative Verweildauer sei daher auf jeden Fall zu vertreten. Der MDK blieb in Stellungnahmen vom 29. April und 30. August 2002 bei seiner Auffassung und führte aus, die Nachblutungsgefahr sinke täglich und sei ab dem sechsten postoperativen Tag nicht mehr relevant. Ein Rettungswagen des Notdienstes hätte den Versicherten in zehn Minuten erreichen können. Dessen geltend gemachte Schmerzzustände hätten auch ambulant durch hochpotente Analgetika behandelt werden können. Mit Schreiben vom 6. Mai 2002 stimmte die Beklagte einer weiteren Kostenübernahme bis zum 18. Februar zu.
Am 27. August 2002 hat die Klägerin beim Sozialgericht Lübeck Klage erhoben und die Kosten für den stationären Aufenthalt vom 19. bis 21. Februar in Höhe von 681,57 EUR geltend gemacht. Sie hat ausgeführt, der stationäre Aufenthalt des Versicherten sei in vollem Umfang medizinisch notwendig gewesen. Die Beklagte habe – wie in anderen Fällen – die notwendige Behandlungsdauer aus nicht nachvollziehbaren Gründen pauschal befristet und sich mit dem Einzelfall nicht auseinandergesetzt. Da die Operation bis weit in den Enddarm hineingereicht habe, habe die große Gefahr einer massiven arteriellen Nachblutung bestanden, die eine Lebensgefahr für den Versicherten bedeutet hätte. Dieser Gefahr habe auch nicht durch den Einsatz eines Rettungswagens begegnet werden können. Die Frage, ob die Forderung berechtigt und der stationäre Aufenthalt des Versicherten notwendig gewesen sei, beurteile sich aus der Sicht des behandelnden Krankenhausarztes. Nur mit einer nachvollziehbaren medizinischen Begründung könne die Beklagte dessen Einschätzung widerlegen. Dies müsse zeitnah und nach einer Überprüfung vor Ort geschehen. Diesen Erfordernissen sei die Beklagte nicht nachgekommen, das Gutachten des MDK sei ihr der Klägerin – erst am 11. April 2002 zugeleitet worden. Eine Auseinandersetzung zwischen dem MDK und dem Krankenhausarzt, die § 2 Abs. 6 des Überprüfungsvertrages erfordere, habe nicht stattgefunden, obwohl sie möglich gewesen wäre. § 9 Abs. 7 des Vertrages sehe eine Zahlungspflicht der Krankenkassen innerhalb von 14 Kalen¬dertagen nach Rechnungseingang vor.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 681,57 EUR nebst 2 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deut- schen Bundesbank hieraus seit dem 15. März 2002 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ausgeführt, wegen des Wirtschaftlichkeitsgebots sei die stationäre Behandlung gegenüber einer ambulanten Behandlung subsidiär. Sie habe zeitnah den MDK zur Überprüfung der Frage eingeschaltet, ob eine weitere stationäre Behandlung des Versicherten über den 18. Februar 2002 hinaus bis zum 21. Feb¬ruar notwendig gewesen sei. Diese habe die Notwendigkeit trotz der Nachblutungsgefahr und der geltend gemachten Schmerzzustände verneint. Mangels eines weiteren Anspruchs der Klägerin stelle sich die Frage einer verspäteten Zahlung nicht.
Das Sozialgericht hat ein Gutachten des Chirurgen Dr. S eingeholt, den es in der mündlichen Verhandlung am 23. Mai 2005 ergänzend als Sachverständigen gehört hat. Mit Urteil vom selben Tag hat es die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entstehe grundsätzlich mit der Inanspruchnahme der Leistung des Krankenhauses durch den Versicherten. Sie entfalle nur dann, wenn sich die Entscheidung des Krankenhausarztes nach seinen jeweiligen Erkenntnismöglichkeiten als nicht vertretbar herausstelle. Die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung sei medizinisch zu beurteilen, und zwar nach § 2 des Überprüfungsvertrages grundsätzlich während der andauernden Behandlung. Es sei unerheblich, ob das vertraglich vereinbarte Überprüfungsverfahren eingehalten worden sei. Die Beklagte habe keine Stellungnahme des Krankenhauses angefordert und der MDK habe die Überprüfung nicht im Krankenhaus während des stationären Aufenthalts des Versicherten durchgeführt. Die Einschätzung des behandelnden Krankenhausarztes setze einen Anscheinsbeweis, der nur durch substantiierte Einwendungen im Einzelfall erschüttert werden könne. Daran fehle es. Der MDK habe nur allgemeine Ausführungen über den Heilungsverlauf nach Hämorrhoidaloperationen gemacht und auch die ergänzende Stellungnahme des Krankenhausarztes vom 18. April 2002 nicht gewürdigt. Maßgeblich sei weiterhin, ob die Einschätzung des behandelnden Arztes vertretbar gewesen sei. Dies habe der Sachverständige Dr. S bejaht. Wegen der Gefahr der Nachblutungen, die gehäuft zwischen dem siebten und neunten postoperativen Tag aufträten und der ganz erheblichen Schmerzempfindlichkeit sei nach seiner Einschätzung stets eine fallabhängige Beurteilung erforderlich, die auch berücksichtigen müsse, inwieweit der Patient in der Lage sei, seine eigene gesundheitliche Situation und das Gefährdungspotential im Fall einer Nachblutung einzuschätzen und darauf zu reagieren. Gerade diese persönliche Einschätzung könne nur durch einen persönlichen Eindruck gewonnen werden und ergebe sich nicht aus der Krankenakte. Mit dieser Einschätzung gehe der Sachverständige Dr. S mit der medizinischen Auffassung des Proktologen Dr. Ka einher, die dieser in zahlreichen Parallelverfahren vertreten habe.
Gegen die ihr am 22. Juli 2005 zugestellte Entscheidung hat die Beklagte am 28. Juli 2005 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht Berufung eingelegt. Sie trägt vor, Dr. S sei in seinem schriftlichen Gutachten noch davon ausgegangen, dass die Entscheidung der Krankenhausärzte über die Dauer der notwendigen Behandlung nicht vertretbar gewesen sei. Bei dem Versicherten sei eine typische Hämorrhoid¬ektomie durchgeführt worden, postoperativ habe er Schmerzmittel erhalten. In der Krankenakte seien Auffälligkeiten nicht erwähnt, der postoperative Verlauf sei komplikationslos gewesen. Gerade wenn eine fachliche Beurteilung fallabhängig erfolgen müsse, sei es unerheblich, was der Proktologe Dr. Ka in anderen Verfahren vertreten habe. Maßgeblich sei vielmehr allein, welche Gründe im vorliegenden Fall des Versicherten für die lange Behandlungsdauer sprächen. Hierüber ergebe sich aus der Krankenakte nichts.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 23. Mai 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stützt sich auf das angefochtene Urteil und hält an ihrer erstinstanzlich vertretenen Rechtsauffassung fest.
Der Senat hat den Chirurgen Dr. S als Sachverständigen vernommen. Die den Versicherten betreffende Behandlungsakte des Krankenhauses, die Verwaltungsakte der Beklagten und die Verfahrensakte haben dem Senat vorgelegen. Zur Ergänzung wird darauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck ist zulässig und begründet. Das Urteil des Sozialgerichts war aufzuheben, denn die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Vergütung der Kosten des stationären Aufenthalts des Versicherten vom 19. bis 21. Februar 2002.
Die Klägerin erhebt zutreffend eine echte Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn sie begehrt die Verurteilung der Beklagten zu einer Leistung, auf die grundsätzlich bei gegebenen Leistungsvoraussetzungen – ein Rechtsanspruch besteht. Ein Verwaltungsakt konnte nicht ergehen, weil sich das klagende Krankenhaus und die Beklagte gleichgeordnet gegenüberstehen (BSG, SozR 3 2500 § 112 Nr. 3; Urteil des erkennenden Senats vom 22. März 2006, L 5 KR 160/04).
Der geltend gemachte Vergütungsanspruch der Klägerin stützt sich auf § 109 Abs. 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) in Verbindung mit der entsprechenden Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten. Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Daher müssen bei ihm die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der entsprechenden Leistungen gegeben sein, d. h. also die Vorraussetzungen für die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit im Sinne des § 39 SGB V (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Urteil vom 22. März 2006, L 5 KR 160/04). Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit besteht, wenn die Behandlung des Versicherten den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht. Nach § 107 Abs. 1 SGB V sind Krankenhäuser Einrichtungen, die der Krankenhausbehandlung oder Geburtshilfe dienen, fachlich-medi¬zinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen, über ausreichende, ihrem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen, nach wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeiten und mit Hilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichem Personal sowie Pflege-, Funktions- und medizinisch technischem Personal darauf eingerichtet sind, vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern oder Geburtshilfe zu leisten, wobei die Patienten dort auch untergebracht und verpflegt werden können (BSG, Urteil vom 7. Juli 2005, B 3 KR 40/04 R). Die Mittel müssen regelmäßig nicht alle zum Einsatz gebracht werden. Unter Berücksichtigung des einzelnen Falles ist vielmehr eine Gesamtschau anzustellen, in der die einzelnen Einrichtungsmerkmale eines Krankenhauses zu gewichten sind. Im Rahmen dieser Gesamtschau ist die Abgrenzung zu Rehabilitationseinrichtungen und zu den Möglichkeiten einer ambulanten Behandlung vorzunehmen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V erfordert es, dass solche Behandlungsformen vorrangig durchzuführen sind, wenn sie ausreichen. Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses entsteht unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistungen durch den Patienten nur dann, wenn seine Krankenhausbehandlung notwendig ist. Diese Notwendigkeit muss objektiv gegeben sein. Ob dies der Fall ist, ist nicht im Wege einer nachträglichen Betrachtung (ex post) zu beantworten, sondern aus einer Vorausschau (ex ante); es ist damit auf eine Prognose des behandelnden Krankenhausarztes abzustellen (BSG, Urteil vom 7. Juli 2005, B 3 KR 40/04 R). Dessen Einschätzung stellt einen Anscheinsbeweis für das Vorliegen der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit der Versicherten dar. Nur dann, wenn seine ärztliche Entscheidung nicht vertretbar ist, ist sie nicht verbindlich (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2001, B 3 KR 11/01 R). Entscheidungserheblich ist aber nicht, ob es unter medizinischen Gesichtspunkten vertretbar war, den Versicherten stationär im Krankenhaus aufzunehmen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V erstreckt sich auch auf die Krankenhausbehandlung; danach müssen Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, dürfen das Maß des Notwendigen aber nicht überschreiten. Maßgeblich ist daher, ob es unter medizinischen Gründen vertretbar war, dass der behandelnde Krankenhausarzt in seiner vorausschauenden Betrachtungsweise die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung annahm (Urteil des Senats vom 13. Juni 2007, L 5 KR 61/06). Die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung kann unabhängig von der Vertragslage, die nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 SGB V zwischen den Beteiligten besteht, auch noch nachträglich verneint und der von der Einweisungsentscheidung des behandelnden Krankenhausarztes ausgehende Anscheinsbeweis erschüttert werden. Jedoch gehen im Rahmen der nachträglichen Überprüfung aufkommende Beweisschwierigkeiten zu Lasten der Krankenkasse, sofern die vertraglichen Vereinbarungen von ihr nicht eingehalten worden sind (Urteil des Senats vom 9. November 2005, L 5 KR 57/04). Die Entscheidung, ob ein Versicherter wegen einer behandlungsbedürftigen Krankheit in einem Krankenhaus versorgt werden muss, kann der behandelnde Arzt stets nur mit Blick auf die in Betracht kommenden Behandlungsalternativen treffen.
Die nach den dargestellten Maßstäben anzustellende Betrachtung kommt zu dem Ergebnis, dass die stationäre Behandlung des Versicherten in der Zeit vom 19. bis 21. Februar 2002 nicht notwendig gewesen ist und der Versicherte bereits ab 18. Februar aus dem Krankenhaus der Klägerin hätte entlassen werden können.
Bei dem Versicherten wurde am 13. Februar 2002 eine Hämorrhoidektomie durchgeführt, bei der prolabierende Hämorrhoiden, Marisquen und eine Analfissur mitsamt einer Analfistel entfernt wurden. Der Behandlungsverlauf erfolgte regelrecht, es sind in der Behandlungsakte lediglich Analgetika zur Schmerzbekämpfung und Sitzbäder als medizinische Maßnahmen genannt. Weitere Behandlungen, Beschwerden oder besondere Umstände sind weder in der Behandlungsakte erwähnt noch wurden sie von dem behandelnden Arzt Dr. K später genannt. Der Sachverständige Dr. S hat in seiner Vernehmung durch den Senat darauf hingewiesen, dass Operationen des vorliegenden Ausmaßes, das er als normal eingestuft hat, üblicherweise im Rahmen einer stationären Behandlung durchgeführt werden. Die durchschnittliche Verweildauer nach den DRG’s betrage 4,2 Tage. Es sei aber auch ambulante Behandlungen möglich. Hiermit steht er im Einklang mit seiner Aussage vor dem Sozialgericht. Wesentlich ist sein Hinweis darauf, dass eine generelle Verweildauer nicht genannt werden kann, sondern der notwendige Aufenthalt sich nach den individuellen Verhältnissen des jeweiligen Behandlungsfalles richtet. Er hat dem behandelnden Arzt einen sehr weiten Einschätzungsspielraum zuerkannt, der alle unmittelbar oder mittelbar mit der Behandlung im Zusammenhang stehenden Faktoren bei seiner vorausschauenden Einschätzung berücksichtigen muss. Dieser Ansatz dürfte zwischen den Beteiligten unstreitig sein. Problematisch ist, ob die abstrakte Gefährdung durch nachträglich auftretende Blutungen Anlass für eine länger dauernde Krankenhausbehandlung sein kann.
Das Risiko einer Nachblutung schätzt Dr. S auf 1 bis 3 % ein, wobei mit zunehmendem Zeitablauf das Blutungsrisiko abnimmt, zwischen dem 4. und 9. Tag allerdings wiederum eine Steigerung verzeichnet wird. Diese Quantifizierung ist für den Senat allerdings nicht allein entscheidungserheblich, sondern kennzeichnet lediglich die Größenordnung, in der das Risiko anzusiedeln ist. Sie entbindet nicht von der notwendigen Betrachtung des Einzelfalles. Maßgebend ist hier, dass allgemeine Qualitätsstandards für eine notwendige Behandlungsdauer nach Analoperationen nicht aufgestellt wurden. Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass unter medizinischen Gesichtspunkten keine allgemeine Notwendigkeit besteht, den Patienten acht Tage stationär zu behandeln. So verfuhr jedoch die Klägerin, indem sie in dem ersten Kostenübernahmeantrag bereits eine voraussichtliche Verweildauer von acht Tagen veranschlagt hat. Die notwendige Dauer des Krankenhausaufenthalts richtet sich nach den jeweiligen individuellen Umständen, die nach der Aussage von Dr. S zwar nicht in vorausschauender Betrachtungsweise genau benannt werden können; er hat jedoch darauf hingewiesen, dass in dem nachfolgenden Überprüfungsverfahren ein behandelnder Arzt in der Lage sein muss, die für ihn bestimmenden Faktoren in einer Weise zu benennen, dass sie im nachfolgenden Überprüfungsverfahren nachvollziehbar sind. Daran fehlt es hier. Weder in den Kostenübernahmeanträgen noch in den Stellungnahmen gegenüber dem MDK ist seitens der Ärzte der Klägerin ausgeführt worden, worin die besondere Notwendigkeit der Behandlungsdauer des Versicherten besteht. Diese wurde stets nur mit der abstrakten Gefahr von Nachblutungen begründet, nicht aber mit den konkreten Verhältnissen. Zwar setzt die Einschätzung des behandelnden Arztes einen Anscheinsbeweis, der seitens der Krankenkasse im Überprüfungsverfahren widerlegt werden muss. Dies ist jedoch anders, wenn von dem Krankenhaus keine einzelfallbezogene konkrete Begründung für die Behandlungsdauer gegeben ist. Wenn keine Anhaltspunkte für die Verweildauer angegeben werden und andererseits die Durchschnittswerte für einen wesentlich kürzeren Krankenhausaufenthalt sprechen – hier 4,2 Tage -, ist es für die Krankenkasse möglich, die Gründe von den Krankenhausärzten zu erfragen; werden entsprechende Gründe angegeben, obliegt es der Krankenkasse, diese zu widerlegen. Der Anscheinsbeweis des behandelnden Arztes reicht aber nicht so weit, dass die Krankenkasse auch ohne Angabe von Gründen in jedem Fall nachweisen muss, dass die stationäre Behandlung auch kürzer hätte ausfallen können. Dies gebietet der Sphärengedanke, denn das behandelnde Krankenhaus verfügt über die notwendigen Daten der Behandlung und ist eher in der Lage, die Notwendigkeit einer medizinischen Behandlung zu beurteilen und zu begründen. Die Krankenkasse ist demgegenüber stets auf die Reaktion dieser abgegebenen Begründung beschränkt. Indem die Klägerin die konkreten Gründe für die Behandlungsdauer des Versicherten nicht genannt hat, ist eine Notwendigkeit für den stationären Aufenthalt während der Zeit vom 19. bis 21. Februar 2002 nicht dargetan.
Der Senat stützt sich bei seiner Einschätzung auf die ergänzende Stellungnahme von Dr. S zu seinem Gutachten, das er vor dem Sozialgericht abgegeben hat. Die gesamte Aussage in dem ersten und zweiten Rechtszug ist insgesamt schlüssig. Die unterschiedlichen Ergebnisse resultieren allein aus dem offenen Rechtsbegriff der medizinisch vertretbaren Entscheidung und des Einschätzungsspielraums des behandelnden Arztes. Je nach einer Interpretation dieser Begriffe beurteilt sich die Notwendigkeit oder fehlende Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung. Dies ist jedoch eine Rechts-, nicht aber eine Tatsachenfrage, zu der der Sachverständige Stellung nehmen kann. Die von Dr. S dargelegten tatsächlichen Gesichtspunkte werden von den Beteiligten nicht angezweifelt, sie stehen im Einklang mit den in den Akten befindlichen weiteren Gutachten in anderen Behandlungsfällen von Dr. S und Dr. Ka. Differenzen ergeben sich stets nur in Abhängigkeit von den Begriffen der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung und des Blickwinkels der vorausschauenden Betrachtung. Der Senat hat daher keine Bedenken, den Ausführungen des Sachverständigen zu folgen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Der Streitwert orientiert sich an der Höhe der geltend gemachten Forderung.
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