L 1 B 38/07 AS

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 4 AS 6/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 1 B 38/07 AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 30.05.2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Nichtabhilfebeschluss vom 12.07.2007) hat in der Sache keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass der Klägerin Prozesskostenhilfe nicht zu bewilligen ist.

Nach § 73a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die Annahme einer hinreichenden Erfolgsaussicht genügt eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar SGG, 8. Auflage 2005, § 73a Rn. 7, m.w.N.). Danach ist eine hinreichende Erfolgsaussicht gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und/oder in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer a.a.O. Rn. 7a).

Der Senat hält es entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht für angezeigt, den Ehemann der Klägerin an dem Rechtsstreit zu beteiligen. Aufgrund der ablehnenden Entscheidung der Beklagten mag dieser zwar in seinen wirtschaftlichen Interessen betroffen sein, da sein Renteneinkommen in die Bedürftigkeitsprüfung einbezogen wird. Allerdings kann der Ehemann - obwohl er gemeinsam mit der Klägerin eine Bedarfsgemeinschaft bildet - als Bezieher einer Rente wegen Alters selber keine Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) erhalten (vgl. § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II). Angesichts dessen erscheint eine Einbeziehung des Ehemannes allein vor dem Hintergrund seiner wirtschaftlichen Betroffenheit als nicht angemessen (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 23.11.2006 - Az.: B 11b AS 1/06 R, sozialgerichtsbarkeit.de).

In der Sache hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zutreffend abgelehnt. Insoweit nimmt der Senat nach eigener Prüfung gemäß § 142 Abs. 2 Satz 2 SGG Bezug auf die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss.

Auch bei günstigster Betrachtung lässt sich ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht begründen. Im Hinblick auf die Bedarfsgemeinschaft ergibt sich für die Zeit ab Antragstellung zunächst gemäß § 20 Abs. 3 SGB II eine monatliche Regelleistung von 622,00 Euro und für die Zeit ab 01.07.2007 in Höhe von 625,00 Euro. Legt man anstelle der Berechnung der Beklagten gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 82 des Zwölften Buchs des Sozialgesetzbuches (VO zu § 82 SGB XII) mit Blick auf öffentliche Abgaben einen monatlichen Betrag von 78,98 Euro und für sonstige Bewirtschaftungskosten gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 VO zu § 82 SGB XII 3,76 Euro zugrunde, so ergibt sich ein Betrag von 82,74 Euro. Im Hinblick auf die monatlichen Schuldzinsen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VO zu § 82 SGB XII) kann im PKH-Verfahren ein monatlicher Betrag von 27,96 Euro angesetzt werden, ohne dass auf die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 29.03.2007 geäußerten Bedenken näher einzugehen ist. Geht man zudem entgegen der Beklagten davon aus, dass sich das Grundstück der Klägerin nicht nur in einer mittleren, sondern in einer guten Wohnlage befindet, so errechnet sich unter Zugrundelegung des Mietspiegels 2005 gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 VO zu § 82 SGB XII ein monatlicher Erhaltungsaufwand von 45,20 Euro (5,65 Euro x 80 m² x 12 = 5.424,00 Euro x 10 %:12 - zu der Frage, ob derartige "Vorabpauschalen" unter der Geltung des SGB II dem Grunde nach überhaupt zu berücksichtigen sind vgl. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 17.11.2006 - Az.: L 8 AS 3298/06, Juris - Revision anhängig unter B 14/11b 1/07 R). Setzt man überdies die Heizkosten ohne einen 18 %igen Abzug für die Warmwasseraufbereitung mit monatlich 84,41 Euro an (zur Berechnung bei einmaligen Kosten zur Beschaffung von Heizmaterial vgl. BSG, Beschluss vom 16.05.2007 - Az.: B 7b 40/06 R, sozialgerichtsbarkeit.de), so errechnet sich für die Kosten der Unterkunft ein monatlicher Betrag von 240,31 Euro, mithin zzgl. Regelleistung ein monatlicher Gesamtbedarf von insgesamt 862,31 Euro bzw. ab 01.07.2007 in Höhe von 865,31 Euro.

Der Gesamtbedarf von 862,31 Euro bzw. 865,31 Euro ist dem der Bedarfsgemeinschaft zufließenden (bereinigten) Einkünften gegenüber zu stellen. Das Renteneinkommen des Ehemannes der Klägerin beläuft sich nach den vorliegenden Unterlagen monatlich auf insgesamt 1.322,05 Euro (1234,95 "Bruttorente" aus der gesetzlichen Rentenversicherung + 87,10 Euro Rentenbeihilfe der SOKA Bau). Abzüglich der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung (insgesamt 120,41 Euro), des seit dem 01.07.2005 zu entrichtenden Sonderbeitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 0,9 % monatlich (insgesamt 11,89 Euro - vgl. § 241a Abs. 1 SGB V) sowie der Versicherungspauschale von 30,00 Euro (vgl. § 3 Satz 1 Nr. 1 Alg II-V) steht der Bedarfsgemeinschaft damit jedenfalls ein monatlich zufließender Betrag von etwa 1.159,75 Euro zur Verfügung. Dieser monatliche Einkommenszufluss übersteigt auch den unter günstigsten Annahmen ermittelten Bedarf um 297,44 Euro bzw. 294,44 Euro (ab 01.07.2007). Der Zufluss erhöht sich weiterhin dadurch, dass der Klägerin für die Zeit ab 01.03.2007 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (Zahlbetrag ab 01.07.2007: 123,37 Euro) zuerkannt worden ist. Da das Gesamteinkommen deutlich über dem Gesamtbedarf liegt, muss hier nicht abschließend darüber entschieden werden, ob die zur Hälfte im Eigentum der Klägerin stehenden Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 9783,00 m2 bzw. 80,00 m2 durch Veräußerung, Verpachtung oder Beleihung verwertbar sind.

Im Hinblick auf die von der Klägerin geltend gemachten Tilgungleistungen für den zu bedienenden Kredit ist zu beachten, dass sich diese nach den von der Klägerin überreichten Unterlagen auf monatlich auf 256,28 Euro belaufen (haben), so dass auch bei einer Berücksichtigung das monatliche Gesamteinkommen den Gesamtbedarf überstiege. Auf die in Rechtsprechung und Schrifttum kontrovers diskutierte Frage, ob sich Tilgungsraten bedarfserhöhend auswirken, muss vorliegend daher nicht eingegangen werden.

Entgegen der von den Klägern vertretenen Ansicht ist der weiterhin geltend gemachte - in Zukunft entstehende - Erhaltungsaufwand für die Erneuerung der Fenster, der Dachrinnen und der Fallrohre nicht bedarfserhöhend zu berücksichtigen. Es handelt sich hierbei um Maßnahmen, die, wie die Kläger selber vortragen, darauf ausgerichtet sind, den Wert der Immobilie (einigermaßen) zu erhalten. Zum Erhaltungsaufwand können allerdings nur diejenigen Maßnahmen gerechnet werden, die periodisch regelmäßig anfallen und sich auf notwendige Kleinreparaturen, regelmäßig anfallende Wartungsarbeiten, Schönheitsreparaturen und Ausbesserungsarbeiten beziehen. Größere wertsteigernde Reparatur-, Modernisierungs- und Erneuerungsarbeiten zählen demgegenüber nicht hierzu. Es ist nicht Aufgabe der aus Steuermitteln finanzierten Leistungen nach dem SGB II und XII, grundlegende Sanierungs- und Erhaltungsarbeiten zu finanzieren (vgl. LSG Niedersachsen, Beschluss vom 31.03.2006 - Az.: L 7 AS 343/05 ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.07.2007 - Az.: L 18 B 932/07 AS ER, Juris; Berlit in LPK-SGB II 2. Auflage 2007, § 22, Rn. 22, m.w.N.).

Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Rechtskraft
Aus
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