Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 SF 193/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Das Gesuch der Antragstellerin den Richter am Sozialgericht wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird zurückgewiesen.
Gründe:
Gemäß § 60 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 42 Abs. 1 und 2 Zivilprozessordnung findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies ist der Fall, wenn ein am Verfahren Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei objektiver und vernünftiger Betrachtung davon ausgehen darf, dass der Richter nicht unvoreingenommen entscheiden werde. Die nur subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, ist dagegen nicht Maßstab der Prüfung. Dies zugrunde gelegt hat die Antragstellerin hier keinen Grund glaubhaft gemacht, der Anlass bieten könnte, an der Unparteilichkeit des Richters zu zweifeln.
Für richterliche Hinweise gilt, dass Meinungsäußerungen eines Richters nicht gegen dessen Unvorein¬ge¬nom¬men¬heit und Objektivität sprechen. Solche Hinweise eines Richters liegen im Allgemeinen im wohlverstandenen Interesse der Beteiligten. Diesen ist gewöhnlich daran gelegen, die Einstellung des Richters zu den für den Prozessausgang maßgeblichen rechtlichen Problemen zu erfahren. Auf diese Weise erhalten sie Gelegenheit, ihre eigene, von der des Richters abweichende Ansicht näher zu erläutern und dabei zusätzliche entscheidungserhebliche Gesichtspunkte stärker hervorzuheben. Eine verständige Partei wird diesem Verfahren den Vorzug geben vor einer eher passiven richterlichen Prozessleitung, welche die Beteiligten auf sich allein gestellt lässt.
Eine Besorgnis der Befangenheit kann sich allenfalls aus der Art und Weise ergeben, wie ein Rich¬ter seine Meinung vorträgt. Ein Grund kann bestehen, wenn der Richter in ungewöhnlicher, nach der Prozesslage nicht verständlicher Weise subjektive Gewissheit erkennen lässt, so dass die Beteiligten Anlass haben können zu befürchten, er sei ihren Argumenten gegenüber nicht mehr aufgeschlossen und habe sich seine Auffassung schon abschließend gebildet. Ein solcher Sachverhalt liegt nicht vor.
Im vorliegenden Fall hat der abgelehnte Richter in einem Schreiben an die Klägerin angeregt, die Klage zurückzunehmen, weil er wohl der Meinung war, die Klage sei, weil sie von Bevollmächtigten erhoben sei, die zu ihrer Vertretung nicht berechtigt seien, "unheilbar unzulässig".
Ein Richter kann jedoch grundsätzlich nicht mit der Begründung, eine verfahrens- und/oder materiell-rechtlich falsche Entscheidung getroffen zu haben, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Fehlerhafte Entscheidungen sind vielmehr ausschließlich mit den gegebenen Rechtsbehelfen anzugreifen. Gleiches gilt, wenn ein Richter eine möglicherweise fehlerhafte Entscheidung ankündigt oder wie hier eine möglicherweise fehlerhafte Rechtsauffassung mitteilt und "anregt" die Klage zurückzunehmen.
Dass diese Anregung des Richters in "fast nötigender Weise" erfolgt sei, wie die Bevollmächtigten der Klägerin vortragen, ist nicht nachvollziehbar. Im Gegenteil hat der Richter durch die Verwendung des Begriffes "dürfte" zu erkennen gegeben, dass es sich bei seinen Annahmen in tatsächlicher (Mitgliedschaft im DGB) und rechtlicher Hinsicht um vorläufige handelt, die korrigiert werden können.
Auch die Tatsache, dass sich der Richter mit seinem Aufklärungsschreiben an die Klägerin direkt und nicht über ihre Bevollmächtigten an sie gewandt hat, begründet nicht den Anschein der Befangenheit. Offensichtlich ist der Richter dabei davon ausgegangen, dass die den Bevollmächtigten der Klägerin erteilte Vollmacht nichtig sei, was im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshof (BGH) zur Nichtigkeit einer Vollmacht bei Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz (vgl. BGH in NJW 2002, 66) nachvollziehbar, wenn auch nicht überzeugend wäre, da die Vollmacht hier ursprünglich von der Mutter der Klägerin ausgestellt worden war und bislang weder feststeht, ob die Mutter der Klägerin bzw. die Klägerin selbst Mitglieder des DGB sind oder dies nicht der Fall ist – allein bei dem am 02.03. 2006 geb. Kläger zu 2) kann dies mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden-. Außerdem verlangt die Rechtsprechung in der Sozialgerichtsbarkeit in solchen Fällen in der Regel einen Beschluss des Gerichts, mit dem die Zurückweisung ausgesprochen wird (vgl. Keller/Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer Rdnrn. 11ff. zu § 73 SGG).
Dass die vor einer solchen Zurückweisung erfolgten Prozesshandlungen der Bevollmächtigten wirksam und nicht unheilbar nichtig sind, entspricht zwar der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Keller/Leitherer a.a.O. Rdnr. 11c m. w. N.) lässt aber gleichwohl, wie bereits oben ausgeführt, nicht auf eine Befangenheit des abgelehnten Richters schließen.
Die von den Bevollmächtigten zitierte Entscheidung des OLG Köln (NJW- RR 2000, 592 ff.) hat mit dem vorliegenden Sachverhalt keine Gemeinsamkeiten (dort: Verletzung der Wartepflicht des § 47 ZPO, Ablehnung eines Befangenheitsantrags als unzulässig) so dass sich ein Eingehen auf diese Entscheidung erübrigt.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Gemäß § 60 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 42 Abs. 1 und 2 Zivilprozessordnung findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies ist der Fall, wenn ein am Verfahren Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei objektiver und vernünftiger Betrachtung davon ausgehen darf, dass der Richter nicht unvoreingenommen entscheiden werde. Die nur subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, ist dagegen nicht Maßstab der Prüfung. Dies zugrunde gelegt hat die Antragstellerin hier keinen Grund glaubhaft gemacht, der Anlass bieten könnte, an der Unparteilichkeit des Richters zu zweifeln.
Für richterliche Hinweise gilt, dass Meinungsäußerungen eines Richters nicht gegen dessen Unvorein¬ge¬nom¬men¬heit und Objektivität sprechen. Solche Hinweise eines Richters liegen im Allgemeinen im wohlverstandenen Interesse der Beteiligten. Diesen ist gewöhnlich daran gelegen, die Einstellung des Richters zu den für den Prozessausgang maßgeblichen rechtlichen Problemen zu erfahren. Auf diese Weise erhalten sie Gelegenheit, ihre eigene, von der des Richters abweichende Ansicht näher zu erläutern und dabei zusätzliche entscheidungserhebliche Gesichtspunkte stärker hervorzuheben. Eine verständige Partei wird diesem Verfahren den Vorzug geben vor einer eher passiven richterlichen Prozessleitung, welche die Beteiligten auf sich allein gestellt lässt.
Eine Besorgnis der Befangenheit kann sich allenfalls aus der Art und Weise ergeben, wie ein Rich¬ter seine Meinung vorträgt. Ein Grund kann bestehen, wenn der Richter in ungewöhnlicher, nach der Prozesslage nicht verständlicher Weise subjektive Gewissheit erkennen lässt, so dass die Beteiligten Anlass haben können zu befürchten, er sei ihren Argumenten gegenüber nicht mehr aufgeschlossen und habe sich seine Auffassung schon abschließend gebildet. Ein solcher Sachverhalt liegt nicht vor.
Im vorliegenden Fall hat der abgelehnte Richter in einem Schreiben an die Klägerin angeregt, die Klage zurückzunehmen, weil er wohl der Meinung war, die Klage sei, weil sie von Bevollmächtigten erhoben sei, die zu ihrer Vertretung nicht berechtigt seien, "unheilbar unzulässig".
Ein Richter kann jedoch grundsätzlich nicht mit der Begründung, eine verfahrens- und/oder materiell-rechtlich falsche Entscheidung getroffen zu haben, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Fehlerhafte Entscheidungen sind vielmehr ausschließlich mit den gegebenen Rechtsbehelfen anzugreifen. Gleiches gilt, wenn ein Richter eine möglicherweise fehlerhafte Entscheidung ankündigt oder wie hier eine möglicherweise fehlerhafte Rechtsauffassung mitteilt und "anregt" die Klage zurückzunehmen.
Dass diese Anregung des Richters in "fast nötigender Weise" erfolgt sei, wie die Bevollmächtigten der Klägerin vortragen, ist nicht nachvollziehbar. Im Gegenteil hat der Richter durch die Verwendung des Begriffes "dürfte" zu erkennen gegeben, dass es sich bei seinen Annahmen in tatsächlicher (Mitgliedschaft im DGB) und rechtlicher Hinsicht um vorläufige handelt, die korrigiert werden können.
Auch die Tatsache, dass sich der Richter mit seinem Aufklärungsschreiben an die Klägerin direkt und nicht über ihre Bevollmächtigten an sie gewandt hat, begründet nicht den Anschein der Befangenheit. Offensichtlich ist der Richter dabei davon ausgegangen, dass die den Bevollmächtigten der Klägerin erteilte Vollmacht nichtig sei, was im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshof (BGH) zur Nichtigkeit einer Vollmacht bei Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz (vgl. BGH in NJW 2002, 66) nachvollziehbar, wenn auch nicht überzeugend wäre, da die Vollmacht hier ursprünglich von der Mutter der Klägerin ausgestellt worden war und bislang weder feststeht, ob die Mutter der Klägerin bzw. die Klägerin selbst Mitglieder des DGB sind oder dies nicht der Fall ist – allein bei dem am 02.03. 2006 geb. Kläger zu 2) kann dies mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden-. Außerdem verlangt die Rechtsprechung in der Sozialgerichtsbarkeit in solchen Fällen in der Regel einen Beschluss des Gerichts, mit dem die Zurückweisung ausgesprochen wird (vgl. Keller/Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer Rdnrn. 11ff. zu § 73 SGG).
Dass die vor einer solchen Zurückweisung erfolgten Prozesshandlungen der Bevollmächtigten wirksam und nicht unheilbar nichtig sind, entspricht zwar der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Keller/Leitherer a.a.O. Rdnr. 11c m. w. N.) lässt aber gleichwohl, wie bereits oben ausgeführt, nicht auf eine Befangenheit des abgelehnten Richters schließen.
Die von den Bevollmächtigten zitierte Entscheidung des OLG Köln (NJW- RR 2000, 592 ff.) hat mit dem vorliegenden Sachverhalt keine Gemeinsamkeiten (dort: Verletzung der Wartepflicht des § 47 ZPO, Ablehnung eines Befangenheitsantrags als unzulässig) so dass sich ein Eingehen auf diese Entscheidung erübrigt.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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