L 4 RA 24/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 6 RA 5551/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 RA 24/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. November 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Bewertung seiner Beitragszeiten vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1978 nach der Leistungsgruppe 1 B der Anlage I zum Fremdrentengesetz (FRG); er will damit erreichen, die Hinzuverdienstgrenze nach § 313 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a SGB VI zu erhöhen, indem sich für das letzte Kalenderjahr vor dem Eintritt der Berufsunfähigkeit (für 1978) mehr Entgeltpunkte ergeben.

Der wohl Ende 1944 im Konzentrationslager Ausschwitz-Birkenau geborene Kläger, dessen Geburtsdatum auf den 1. Januar 1945 festgelegt wurde, ist anerkannter Vertriebener, lebt seit 1980 in Bund besitzt seit 1985 die deutsche Staatsangehörigkeit. Bis 1971 studierte er in K (Polen) Jura und legte im Juni 1971 die Magisterprüfung ab. Im Mai 1976 bestand er das polnische Richter- und Notarexamen. Er arbeitete ab November 1973 in Polen als Notar, zuletzt als Leiter des staatlichen Notariats in S. Dort war er bis September 1979 tätig. Seit 1980 lebt der Kläger in B und arbeitet hier seit dem 1. Februar 1987 als Registrator in der Senatsverwaltung für Justiz.

Auf einen Rentenantrag des Klägers vom Januar 1990 und nach erfolgreicher Durchführung eines sozialgerichtlichen Streitverfahrens bewilligte die Beklagte dem Kläger im März 1995 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 1. Januar 1990 auf der Grundlage eines am 30. April 1979 eingetretenen Versicherungsfalles. Die polnische Beitragszeit vom 23. Juni 1971 bis 16. August 1975 wurde in die Leistungsgruppe 3 B, die Beitragszeit ab 17. August 1975 in die Leistungsgruppe 2 B der Anlage I zum FRG eingestuft. Im Hinblick auf diese Einstufung strengte der Kläger ein weiteres sozialgerichtliches Streitverfahren an, in dem er unter anderem beantragte, den Beschäftigungszeitraum vom 17. November 1973 bis zum 16. August 1975 in die Leistungsgruppe 2 B der Anlage I zum FRG einzustufen. Am 27. Oktober 1997 schlossen die Beteiligten im Berufungsverfahren L 16 An 6/97 einen Vergleich, der folgenden Wortlaut hatte:

1. Die Beklagte verpflichtet sich, die Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 1. Januar 1990 neu festzustellen und dabei bei der Bewertung der Beitragszeiten dem Kläger bereits ab Januar 1975 die Leistungsgruppe 2 der Anlage I B zu § 22 FRG zuzubilligen.

2. Der Kläger macht weitergehende Ansprüche nicht mehr geltend.

Diesen Vergleich führte die Beklagte mit Rentenbescheid vom 12. Januar 1998 aus und stellte die Rente des Klägers ab dem 1. Januar 1990 neu fest.

Später stellte die Beklagte die Berufsunfähigkeitsrente des Klägers mit Bescheid vom 13. Oktober 2000 wiederum neu fest. Der Zahlbetrag betrug ab dem 1. Dezember 2000 monatlich 1.443,33 DM. Der Bescheid enthielt einen Hinweis darauf, dass ab dem 1. Januar 2001 für alle Bezieher einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit Hinzuverdienstgrenzen gelten. Ab diesem Zeitpunkt bestehe die uneingeschränkte Verpflichtung, jegliches Arbeitsentgelt mitzuteilen.

Im Hinblick darauf übersandte die Beklagte dem Kläger im Oktober 2000 ein Formblatt zur Überprüfung des Hinzuverdienstes ab Januar 2001. Im Januar 2001 reichte der Kläger bei der Beklagten einen Lohnnachweis für Januar 2001 ein, aus dem sich ein Bruttoarbeitsentgelt von 4.529,50 DM ergab.

Mit Rentenbescheid vom 15. März 2001 berechnete daraufhin die Beklagte die bisherige Rente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 1. Mai 2001 unter Berücksichtigung der Hinzuverdienstgrenze neu. Ab dem 1. Mai 2001 ergab sich ein monatlicher Zahlbetrag von 962,23 DM. Den Rentenbescheid vom 13. Oktober 2000 hob die Beklagte gleichzeitig mit Wirkung für die Zukunft ab dem 1. Mai 2001 nach § 48 SGB X auf. Diese Aufhebung sei zulässig, weil sich die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die beim Erlass des Rentenbescheides vorgelegen hätten, wesentlich geändert hätten und diese Änderung für die Zukunft immer zu berücksichtigen sei. Ob auch die Voraussetzungen für die rückwirkende Aufhebung des Rentenbescheides ab dem 1. Januar 2001 vorlägen, werde noch geprüft. Die Berechnungen der Hinzuverdienstgrenze wurden ausführlich in Anlage 19 des Bescheides dargestellt. Mit weiterem Rentenbescheid vom 23. April 2001 nahm die Beklagte eine Neuberechnung der Berufsunfähigkeitsrente des Klägers auch für die Zeit ab 1. Januar 2001 vor. Für die Zeit ab 1. Juni 2001 ergebe sich ein Zahlbetrag von 962,23 DM; für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. April 2001 sei es zu einer Überzahlung von 1.924,40 DM gekommen, die zu erstatten sei. Der Rentenbescheid vom 13. Oktober 2000 werde nun mit Wirkung vom 1. Januar 2001 nach § 48 SGB X aufgehoben. Diese Aufhebung sei statthaft, weil der gemäß §§ 313, 96 a SGB VI i. d. F. ab 1. Januar 2001 anzurechnende Hinzuverdienst aus Beschäftigung den Tatbestand des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X erfülle. Es handele sich um einen typischen Sachverhalt, so dass die Aufhebung der Bewilligung nicht im Ermessen der Verwaltung stehe.

Gegen die Bescheide vom 15. März 2001 und 23. April 2001 legte der Kläger jeweils Widerspruch ein. In einem erläuternden Schreiben vom 30. Mai 2001 legte die Beklagte daraufhin ausführlich den rechtlichen Hintergrund der Verwaltungsentscheidungen dar. Ab dem 1. Januar 2001 müsse auch im Falle des Klägers Arbeitseinkommen aus abhängiger Beschäftigung bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit angerechnet werden. Die individuellen Hinzuverdienstgrenzen bei einer Rente wegen Berufsunfähigkeit würden unter anderem auf der Grundlage der Entgeltpunkte des letzten Kalenderjahres vor Eintritt der Berufsunfähigkeit ermittelt. Im maßgeblichen Kalenderjahr 1978 sei der Kläger in Polen als Notar tätig gewesen. Nach Maßgabe der Anlage I zum Fremdrentengesetz sei diese Tätigkeit in die Leistungsgruppe 2 B der Angestelltenversicherung eingestuft worden. Der danach ermittelten Hinzuverdienstgrenze sei entsprechend dem Vergütungsnachweis ein monatlicher Hinzuverdienst in Höhe von 4.529,50 DM gegenüberzustellen. Danach bestehe ab Januar 2001 gemäß § 313 Abs. 2 SGB VI ein Anspruch auf Berufsfähigkeitsrente in Höhe von zwei Dritteln, so dass die bisher berücksichtigten Entgeltpunkte in Höhe von 48,5703 gemäß § 66 Abs. 4 SGB VI entsprechend diesem Verhältnis im Umfang von 32,3802 Punkten der Berechnung des monatlichen Rentenzahlbetrages zu Grunde zu legen seien. Der Anspruch auf die Berufsunfähigkeitsrente dem Grunde nach bleibe unberührt, verändert habe sich allein der Anspruch der Höhe nach.

Nachdem der Kläger auch danach seine Widersprüche aufrechterhielt, wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers mit Bescheid vom 27. August 2001 zurück. Der Bescheid vom 13. Oktober 2000 sei zu Recht für die Zeit ab 1. Januar 2001 aufgehoben worden, weil ab diesem Zeitpunkt wegen des vom Kläger erzielten Hinzuverdienstes lediglich ein Anspruch auf eine Rente in Höhe von zwei Dritteln der Vollrente bestehe. Die überzahlte Leistung für die Zeit von Januar bis April 2001 in Höhe von 1.924,40 DM habe der Kläger nach § 50 SGB X zu erstatten. Soweit der Kläger begehre, seine Beitragszeiten für das Jahr 1978 nach der Leistungsgruppe 1 B der Anlage I zum FRG einzustufen, setze dies voraus, dass der Angestellte unternehmerische Funktionen zumindest hinsichtlich eines Teilbereichs des Unternehmens oder der Dienststelle selbständig und selbstverantwortlich wahrgenommen, über besondere Erfahrungen verfügt und die Tätigkeit sich in einem Rahmen abgespielt habe, dem erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zugekommen sei. Diese Merkmale müssten kumulativ vorliegen. Das Begehren des Klägers scheitere schon an dem Erfordernis der "besonderen Erfahrungen". Nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen könne allein die Ausübung eines Berufs mit abgeschlossener Hochschulausbildung noch nicht die Einstufung in die Leistungsgruppe 1 B bewirken. Herangezogen werden müsse vielmehr die Dauer der besonders qualifizierten Beschäftigung. Demzufolge seien bei Akademikern Zeiten nach Vollendung des 45. Lebensjahres mit der Leistungsgruppe 1 B abzugelten, wenn nach Abschluss der akademischen Ausbildung bis zum 45. Lebensjahr durchgehend eine der Ausbildung entsprechende Berufstätigkeit ausgeübt worden sei. In diesen Fällen müsse dann von einer besonderen Berufserfahrung und einem hohen beruflichen Können und damit von der Übertragung verantwortlicher Aufgaben größeren Ausmaßes ausgegangen werden. Unter Beachtung dieser Leitlinien sei die Einstufung des Kalenderjahres 1978, in dem der Kläger das 33. Lebensjahr vollendet habe, in die Leistungsgruppe 2 B nicht zu beanstanden.

Mit der am 14. September 2001 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er macht im Wesentlichen geltend, ein besonders herausgehobenes juristisches Amt bekleidet zu haben, Kreisleiter des Staatlichen Notariatbüros gewesen zu sein und lediglich dem Landgerichtspräsidenten unterstellt gewesen zu sein. Er habe Dispositionsbefugnis über andere Richter und Notare besessen und ausgeübt.

Mit Urteil vom 28. November 2003 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei auch mit Blick auf den gerichtlichen Vergleich vom 27. Oktober 1997 (L 16 An 6/97) zulässig, denn dort sei nur die Leistungsgruppenzuordnung für den Zeitraum von 17. November 1973 bis zum 16. August 1975 streitig gewesen, während im vorliegenden Rechtsstreit die Leistungsgruppenzuordnung für das Kalenderjahr 1978 streitgegenständlich sei. Die im vorliegenden Verfahren angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig. Insbesondere könne der Kläger nicht beanspruchen, die im Kalenderjahr 1978 zurückgelegten Beitragszeiten nach der Leistungsgruppe 1 B der Anlage I zum FRG bewerten zu lassen. Ermächtigungsgrundlage für den Bescheid vom 15. März 2001 sei § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach sei ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft zwingend aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisssen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen hätten, eine wesentliche Änderung eintrete. Aufgrund der Einführung des § 313 SGB VI, der anordne, dass die ab Januar 2001 für die Rente wegen Erwerbsminderung neu gestalteten Gruppen von Hinzuverdienstgrenzen auch für die bereits vor dem 1. Januar 2001 bezogenen Renten wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit gelten, seien die monatlichen Zahlungsansprüche des Klägers ab dem 1. Januar 2001 teilweise untergegangen. Dies stelle eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X dar. Bei der Ermittlung der Hinzuverdienstgrenzen gemäß § 313 Abs. 3 SGB VI habe die Beklagte Entgeltpunkte in zutreffender Höhe zugrunde gelegt. Eine andere Bewertung der Beitragszeiten des Klägers im Kalenderjahr 1978, die möglicherweise zu höheren Entgeltpunkten führen würde, scheide aus, denn die Zuordnung dieses Zeitraums zur Leistungsgruppe 2 B der Anlage I zum FRG sei zutreffend. Nach der Definition der Leistungsgruppe 1 B und der insoweit ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung setze die Zuordnung zur Leistungsgruppe 1 B ein hohes Maß an beruflichen Erfahrungen voraus. Diese notwendige berufliche Erfahrung werde auch von einem Versicherten mit abgeschlossener Hochschulausbildung im Allgemeinen nicht vor Vollendung des 45. Lebensjahres erreicht. Ein aus der Natur der Sache begründetes, bloß fachliches Weisungsrecht gegenüber anderen Mitarbeitern genüge nicht für die Einordnung in die Leistungsgruppe 1 B. Hieran gemessen komme eine Einordnung in die Leistungsgruppe 1 B nicht in Betracht. Der Kläger sei im Jahre 1978 erst 33 Jahre alt gewesen. Es sei nichts dafür erkennbar, dass er 1978 eine berufliche Position inne gehabt habe, die ihn aus den allgemeinen Positionen seiner Berufskollegen der Leistungsgruppe 2 B deutlich herausgehoben hätte. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger erst ab November 1973 als Notar tätig gewesen sei und erst im Mai 1976 das Richter- und Notarexamen abgelegt habe. 1978 sei er demnach erst seit 5 Jahren in dem Beruf des Notars tätig gewesen, davon erst eineinhalb Jahre als examinierter Richter und Notar. Nach allgemeiner Lebenserfahrung sei davon auszugehen, dass innerhalb der ersten 5 Berufsjahre in aller Regel keine Position erreicht werde, die die Position von Berufskollegen übersteige, die ihrerseits bereits in die Leistungsgruppe 2 B einzustufen seien und damit selbst über besondere Erfahrungen verfügten. Auch der Bescheid vom 23. April 2001 sei rechtmäßig, soweit er die Rentenbewilligung mit Wirkung vom 1. Januar 2001 korrigiert habe. Soweit die Rechtsgrundlage in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X vorschreibe, dass der Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufgehoben werden "solle", müsse der Leistungsträger nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts den Verwaltungsakt in der Regel rückwirkend aufheben. Nur in atypischen Fällen sei davon abzusehen; ein solcher liege hier nicht vor. Schon mit Bescheid vom 13. Oktober 2000 sei der Kläger auf die zum 1. Januar 2001 eingeführten Hinzuverdienstgrenzen hingewiesen worden, so dass er sich auf die Absenkung der Berufsunfähigkeitsrente hätte einstellen können. Die vom Gesetz vorgesehenen Fristen habe die Beklagte gewahrt.

Gegen das ihm am 20. Januar 2004 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 20. Februar 2004. Er macht im Wesentlichen geltend: Im polnischen Justizsystem habe er den Beruf eines Notars und Richters ausgeübt, zuständig für Grundbuch-, Mahnverfahren, Urkunden- und Wechselprozesse, besoldet nach der polnischen Gehaltsgruppe R 2. Er habe in diesem vielseitigen Amt über das komplette Wissen im Bereich des polnischen BGB, der ZPO, und sonstiger zivilrechtlicher und steuerrechtlicher Vorschriften verfügen müssen. Seine Berufsposition habe den Beruf eines Richters und Notars in sich vereinigt. Er sei unmittelbar und allein dem polnischen Justizminister in Warschau unterstellt gewesen. Der Landgerichtspräsident sei nur zuständig gewesen für die Auszahlung der Besoldung, Urlaubsgenehmigung etc. Gegenüber anderen Richtern bzw. Staatsanwälten sei seine Position deutlich herausgehoben gewesen. Dass er allein zwei Jahre lang alle seine Dienstaufgaben zur Zufriedenheit seines Dienstherren, des polnischen Justizministers, gemeistert habe, müsse als objektiver Beweis für sein komplettes Fachwissen und seine Berufsfertigkeit akzeptiert werden. Allein aufgrund seines Alters dürfe er nicht abqualifiziert werden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. November 2003 sowie die Renten- bescheide der Beklagten vom 15. März 2001 und vom 23. April 2001, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2001, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung ihres Bescheides vom 13. Oktober 2000 die Beitragszeiten des Klägers vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1978 nach der Leistungsgruppe 1 B der Anlage I zum FRG zu bewerten und auf dieser Grundlage sowohl die Berufsunfähigkeitsrente des Klägers ab Januar 1990 als auch die ab Januar 2001 geltende Hinzuverdienstgrenze neu zu berechnen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das mit der Berufung angegriffene Urteil des Sozialgerichts Berlin für zutreffend.

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verfahrensakten S 13 An 7675/95 / L 16 An 6/97 und S 39/3 An 2319/91 sowie des Verwaltungsvorganges der Beklagten (4 Bände) Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Entscheidungsfindung war.

II.

Der Senat kann die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG durch Beschluss zurückweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewertung der Beitragszeiten des Jahres 1978 nach der Leistungsgruppe 1 B der Anlage I zum Fremdrentengesetz. Auch im Übrigen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat nach eigener Sachprüfung auf die zutreffende, vollständige und überzeugende Begründung des erstinstanzlichen Urteils Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Eine Einstufung der Beitragszeiten des Klägers im Jahre 1978 nach Leistungsgruppe 1 B kommt schlechthin nicht in Betracht. In Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung hat das Sozialgericht den hohen Maßstab insoweit zutreffend definiert. Erforderlich für die gesetzlich zu verlangende umfassendere Dispositionsbefugnis der Angestellten der Leistungsgruppe 1 B ist in der Regel eine unternehmerische Funktion jedenfalls hinsichtlich eines wesentlichen Teilbereichs des Unternehmens oder der Dienststelle, die selbstständig und verantwortlich wahrgenommen werden muss. Wesentlich ist im Übrigen, dass ein Angestellter, der zur Leistungsgruppe 1 B gehört, auch ein besonders hohes Maß beruflicher Erfahrung im übertragenen Tätigkeitsbereich besitzt, das die bereits als besondere Erfahrung definierten Merkmale der Leistungsgruppe 2 B übersteigt. Bei Akademikern – wie dem Kläger – kommt die höchste Leistungsgruppe 1 B in der Regel frühestens nach langjähriger Berufstätigkeit mit Vollendung des 45. Lebensjahres in Betracht, wenn das erforderliche besonders hohe Maß an beruflicher Erfahrung über die besonderen Erfahrungen der Leistungsgruppe 2 B hinaus erworben ist. Diese Höherstufung aus der Leistungsgruppe 2 B in die Leistungsgruppe 1 B ist auch nicht automatisch vorzunehmen. Neben den besonderen Berufserfahrungen ist eine Steigerung der Aufsichts- und Dispositionsbefugnis in Folge des weiteren beruflichen Aufstiegs zu verlangen. Zur besonderen Erfahrung bei entsprechendem beruflichen Erfolg muss im Übrigen die weitgehende unternehmerische Entscheidungsbefugnis hinzukommen. Ein aus der Natur der Sache begründetes, bloß fachliches Weisungsrecht gegenüber anderen Mitarbeitern genügt nicht für die Einordnung in die Leistungsgruppe 1 B. Denn Angestellte in leitender Stellung mit Aufsichts- und Dispositionsbefugnis können in der Regel nur solche Personen sein, die als Leiter einer größeren Dienststelle über Anstellung, Einsatz und Entlassung des dazu gehörigen Personals, mithin über Bestand und Entwicklung des Unternehmens bzw. Betriebes zu bestimmen haben (vgl. zu alledem die vom Sozialgericht zitierte Rechtsprechung sowie LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. Juni 2001, L 13 RA 6/01, zitiert nach juris). Es liegt auf der Hand, dass der Kläger, der sein polnisches Richter- und Notarexamen erst Mitte 1976 erworben hatte und zudem 1978 erst das 33. Lebensjahr vollendet hatte, nicht für eine Einstufung in Leistungsgruppe 1 B in Betracht kommt. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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