L 4 AL 360/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 3 AL 1804/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 AL 360/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Juni 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist die Höhe des der Klägerin zu gewährenden Ausbildungsgeldes.

Die 1983 geborene Klägerin, der vom Versorgungsamt ein Grad der Behinderung von 60 und das Merkzeichen "G" zuerkannt worden ist, hat in der Zeit vom 15. September 2003 bis zum 22. August 2006 (letzter Prüfungstag) eine Ausbildung zur Fachwerkerin für Zierpflanzenbau absolviert. Hierfür gewährte die Beklagte der bei ihrer Mutter und deren Ehemann lebenden Klägerin als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben neben nicht streitigen Reisekosten dem Grunde nach Ausbildungsgeld, das jedoch mit 0,- Euro festgesetzt wurde, da das anzurechnende Einkommen der Mutter den Bedarf übersteige (Bescheid vom 24. Oktober 2003 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16. Februar 2004, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2004 für die Zeit vom 15. September 2003 bis zum 28. Februar 2005).

Mit der am 26. März 2004 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Einkünfte des Ehemanns der Mutter lägen unter dem Sozialhilfesatz, sodass ihre Mutter ihm gegenüber unterhaltspflichtig sei. Außerdem sei der Steuerabzug nicht zutreffend vorgenommen worden. Die steuerlichen Vorteile, die die Mutter durch das Ehegattensplitting und die geringen Einkünfte ihres Ehemanns genieße, dürften nicht berücksichtigt werden, da der Ehemann der Mutter bei der Berechnung des Ausbildungsgeldes nicht zähle. Bei der Mutter sei demgegenüber fiktiv die Steuerbelastung anzusetzen, die sie als Alleinerziehende mit einem Kind gehabt hätte.

Mit Bescheid vom 9. März 2005 in der Fassung des Bescheides vom 6. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2005 hat der Beklagte auch für die Zeit vom 1. März 2005 bis zum 31. August 2006 Ausbildungsgeld in Höhe von 0,- Euro gewährt. Die hiergegen gerichtete Klage (Az.: S 64 AS 277/06) hat das Sozialgericht durch Beschluss vom 27. Februar 2006 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zu dem vorliegenden Verfahren verbunden und mit Urteil vom 13. Juni 2006 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf "höheres" Ausbildungsgeld im Zeitraum vom 15. September 2003 bis 31. August 2006, denn die Bescheide seien rechtmäßig. Zwar habe die Klägerin dem Grunde nach einen Anspruch auf Ausbildungsgeld (§§ 97 Abs. 1, 98 Abs. 1 Nr. 2, 103 Satz 1 Nr. 2, 104 Abs. 1 Nr. 1 SGB III), ihr Bedarf von 282,00 bzw. 353,00 Euro monatlich (§ 105 Abs. 1 SGB III) werde jedoch durch das anrechenbare Einkommen ihrer Mutter gedeckt. Die Ermittlung des Einkommens und dessen Anrechnung erfolge gemäß § 71 Abs. 2 Satz 1 SGB III nach § 11 Abs. 4 BAföG sowie den Vorschriften des 4. Abschnitts des BAföG entsprechend. Maßgebend sei damit für den ersten Bewilligungszeitraum 15. September 2003 bis 28. Februar 2005 nach § 24 Abs. 1 BAföG auf die Einkommensverhältnisse der Mutter der Klägerin im Jahr 2001 abzustellen. Damals habe die Mutter positive Einkünfte in Höhe von 72.098,29 Euro gehabt, von denen von den Eheleuten zu zahlende Einkommenssteuer entsprechend dem Verhältnis des Einkommens der Mutter gegenüber dem des Ehemannes (6.408,02 Euro) auf das Einkommen der Mutter anzurechnen seien (von insgesamt 15.400,71 Euro Einkommenssteuer seien daher 14.143,64 Euro beim Einkommen der Mutter abzusetzen). Abzgl. eines weiteren Absetzungsbetrages für die soziale Sicherheit nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BAföG in Höhe von 16.500,00 Euro habe sich somit ein jährliches Einkommen der Mutter von 41.454,65 Euro (3.454,55 Euro monatlich) ergeben.

Für das Begehren der Klägerin, nicht die tatsächlich gezahlten Steuern anteilig vom Einkommen der Mutter abzusetzen, sondern die Steuern, welche die Mutter als Alleinerziehende fiktiv zu zahlen hätte, d.h. ohne die steuerliche Begünstigung des Ehegattensplittings und der Kinderfreibeträge für die Kinder des Ehemanns, sei eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich. Vielmehr sei gemäß § 24 Abs. 2 Satz 3 BAföG der Inhalt der bestandskräftigen Steuerbescheide maßgebend. Hiervon sei sodann gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BAföG nur die tatsächlich geleistete Einkommenssteuer in Abzug zu bringen. Durch diese gesetzliche Regelung sollten die Ämter für Ausbildungsförderung und damit auch die Beklagte bei der Gewährung von Ausbildungsgeld von eigenen Ermittlungen zum berücksichtigungsfähigen Einkommen befreit werden. Dass bei der Einkommensberechnung nur die tatsächliche Steuerbelastung berücksichtigt werde, sei zudem auch unter sozialstaatlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Schließlich hätten die Mutter der Klägerin und ihr Ehemann tatsächlich nicht die Steuern gezahlt, die die Mutter der Klägerin als Alleinerziehende zu zahlen gehabt hätte. Die Mutter sei damit wirtschaftlich leistungsfähiger als eine Alleinerziehende in ihrer Situation wäre. Unerheblich sei hierbei, dass die Begünstigung nur durch die Ehe mit dem Ehemann, der nicht für die Klägerin unterhaltspflichtig sei, zustande gekommen sei. Schließlich sei von dem Einkommen der Mutter noch nach § 108 Abs. 2 Nr. 2 SGB III ein Freibetrag in Höhe von 1630,00 Euro abzusetzen (§ 108 Abs. 2 SGB III), sodass das berücksichtigungsfähige monatliche Einkommen 1824,55 Euro betrage. Selbst wenn man stattdessen unter Berücksichtigung des Ehemanns der Mutter den Elternpaarfreibetrag absetze, verbleibe noch ein anrechenbares Einkommen der Mutter von monatlich 734,80 Euro, das den Bedarf der Klägerin von 282,00 bzw. 353,00 Euro deutlich übersteige.

Das gleiche gelte dem Grunde nach für den Bewilligungszeitraum vom 1. März 2005 bis 31. August 2006. Das anrechenbare Einkommen (auch bei vollem Steuerabzug und Elternpaarfreibetrag) übersteige den Bedarf der Klägerin um ein Vielfaches.

Gegen dieses ihr am 30. Juni 2006 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 31. Juli 2006 (Montag). Die Klägerin wiederholt ihr bisheriges Vorbringen und meint, die vom Sozialgericht vorgenommene Berechnung sei nicht verfassungskonform. Durch die Hochzeit ihrer Mutter mit ihrem Stiefvater werde sie selbst schlechter gestellt, als wenn die Mutter allein erziehend wäre; darüber hinaus ließen sich keine wirtschaftlichen Vorteile aus der Ehe ziehen, da der Stiefvater leistungsunfähig sei.

Die Klägerin beantragt gemäß Schriftsatz vom 8. März 2007,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Juni 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. Oktober 2003 in der Fassung des Bescheides vom 16. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. März 2005 in der Fassung des Bescheides vom 6. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2005 aufzuheben, soweit ihr kein Ausbildungsgeld bewilligt wird, und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 15. September 2003 bis zum 31. Oktober 2006 ein Ausbildungsgeld in Höhe von monatlich 282,00 Euro, somit insgesamt in Höhe von 10.011,00 Euro zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Aus den Verwaltungsakten der Beklagten ergibt sich, dass die Klägerin die Ausbildung mit dem letzten Prüfungstag am 22. August 2006 abgeschlossen hat. Daraufhin hat die Beklagte mit Bescheid vom 14. August 2006 die Entscheidung über die Bewilligung der Berufsausbildungsbeihilfe gemäß § 48 Abs. 1 SGB X mit Wirkung vom 23. August 2006 aufgehoben, da die Berufsausbildungsbeihilfe längstens bis zum Ablauf des letzten Prüfungstages gewährt werde.

Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten und zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (2 Bände), die Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung gewesen sind, Bezug genommen.

II.

Der Senat konnte durch Beschluss entscheiden, denn die Voraussetzungen hierfür liegen vor, und die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Sätze 1 und 2 SGG).

Soweit die Klägerin ihr Begehren im Berufungsverfahren auf die Zeit bis zum 31. Oktober 2006 erstreckt und damit über ihren erstinstanzlichen Antrag (bis zum 31. August 2006) hinausgeht, ist die Berufung unzulässig, denn insoweit ist die Klägerin durch das erstinstanzliche Urteil nicht beschwert. Die Berufung findet gegen die Urteile des Sozialgerichts statt (§ 143 SGG).

Im Übrigen ist die Berufung zulässig, jedoch nicht begründet. Für die Zeit ab dem 23. August 2006 gilt dies schon deshalb, weil Berufsausbildungsbeihilfe nur bis zum Ende der Ausbildungszeit bewilligt werden kann, längstens bis zum Ablauf des letzten Prüfungstages (§ 73 SGB III), hier also nur bis zum 22. August 2006. Dem entsprechend hat die Beklagte mit Bescheid vom 14. August 2006 die Entscheidung über die Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe auf diesen Zeitraum begrenzt.

Auch im Übrigen ist die Berufung unbegründet, denn das sorgfältig und überzeugend begründete Urteil des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Der Senat schließt sich der vorgenommenen rechtlichen Beurteilung in vollem Umfang an und nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (§ 142 Absatz 2 Satz 3 SGG). Das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren gibt keinen Anlass zu weiteren Ausführungen, denn neue Gesichtspunkte werden nicht vorgetragen. Es bleibt darauf hinzuweisen, dass die von der Klägerin gewünschte Einkommensberechnung grundsätzlich nicht vorgesehen ist. Bei der Anrechnung von Einkommen ist stets von dem vorliegenden Steuerbescheid des vorletzten Jahres vor Beginn des Bewilligungszeitraums auszugehen (§ 24 Abs. 1 und 2 BAföG). Das zeigt deutlich, dass es auf fiktive Berechnungen, wie von der Klägerin angestrebt, in keinem Fall ankommen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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