L 4 AL 1321/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 3 AL 3604/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 AL 1321/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. Oktober 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) und deren Rückforderung wegen fehlender Bedürftigkeit.

Der 1959 geborene Kläger, der von 1982 bis 1993 als Löter und anschließend bis 1995 als Parkettleger beschäftigt war, bezog seit dem 9. Dezember 1995 bis zum 31. Januar 2004 mit Unterbrechungen Alhi zunächst nach einem Bemessungsentgelt von wöchentlich 650,- DM, das im Laufe der Jahre abgesenkt wurde; im Juli 1998 betrug das wöchentliche Bemessungsentgelt 620 DM, ab 1. Januar 2002 295,- EUR und zuletzt ab 1. Januar 2004 285,- EUR. Sowohl in seinem ersten Antrag auf Gewährung von Alhi vom 20. Januar 1996 als auch in allen späteren Anträgen, mit denen der Kläger zugleich das Merkblatt für Arbeitslose ("Ihre Rechte – Ihre Pflichten") erhalten und bestätigt hatte, von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben, verneinte der Kläger die ausdrücklich gestellte Frage nach vorhandenem Vermögen.

Im Dezember 2003 erhielt die Beklagte vom zuständigen Finanzamt Kenntnis von Vermögen des Klägers bei der Zentralbank der Türkischen Republik in Höhe von 94.077,78 EUR. Auf das Anhörungsschreiben der Beklagten vom 18. Februar 2004 verwies der Kläger auf eine am 11. September 2003 gegenüber dem Finanzamt abgegebene Erklärung, wonach er 66.348,75 DM, die er von seiner inzwischen verstorbenen Schwester treuhänderisch für ihre Söhne erhalten habe, auf seinen Namen am 6. Februar 1995 an die türkische Bank überwiesen, diesen Betrag zuzüglich Zinsen später abgehoben und am 6. Juni 2003 an S Y und S S Y für die Söhne der verstorbenen Schwester übergeben habe. Diese schriftliche Aussage des Klägers wurde von verschiedenen Verwandten durch Unterschrift bestätigt. Nach den vorliegenden Kontounterlagen hatte der Kläger bei der Zentralbank der Türkischen Republik verschiedene Konten. Am 8. Dezember 1995 besaß er zwei Bankkonten, die einen Guthabenstand von 66.348,75 DM (Endnummer) bzw. von 103.000,- DM (Endnummer ) aufwiesen. Ende Juni 1998 hatte das Konto mit der Endnummer einen Guthabenstand von 78.158,83 DM, ein weiteres Konto mit der Endnummer ein Guthabenstand von 121.334,- DM.

Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 1. April 2004 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeiten vom 9. Dezember 1995 bis 19. Oktober 1996, vom 18. November 1996 bis 12. Juli 1997, vom 18. August 1997 bis 20. August 1998, vom 6. Oktober 1998 bis 28. Januar 2001, vom 18. November 2001 bis 31. Dezember 2001 und vom 1. Januar 2002 bis 31. Januar 2004 in Höhe von 51.013,27 EUR auf und forderte die Erstattung der zu Unrecht gezahlten Leistungen. Die Beklagte stützte ihre Entscheidung auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X und führte aus, die Bewilligung sei von Anfang an fehlerhaft erfolgt, weil der Kläger in den jeweiligen Anträgen vorsätzlich, zumindest aber grob fahrlässig falsche Angaben zu seiner Vermögenssituation gemacht habe. Die Frage in den Antragsformularen nach vorhandenem Vermögen und die Hinweise hierzu im Merkblatt zur Notwendigkeit der Angaben von Vermögen seien so eindeutig, dass die Nichtangabe der Geldanlage den vorhandenen Schuldvorwurf rechtfertige. Die Geldanlagen liefen alle auf seinen Namen und seien nicht als Treuhandkonto gekennzeichnet; Verträge zur treuhänderischen Nutzung der Geldbeträge lägen ebenfalls nicht vor. Neben der zu Unrecht gezahlten Arbeitslosenhilfe habe der Kläger für die genannten Zeiten Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 11.408,50 EUR und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 1.238,48 EUR zu erstatten, so dass eine Gesamtforderung in Höhe von 63.660,25 EUR bestehe.

Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2004 zurück: Die Behauptung, es habe sich um Vermögen von Angehörigen gehandelt, werde als Schutzbehauptung angesehen. Wer als verdeckter Treuhänder den Rechtsschein der Vermögensinhaberschaft erzeuge, müsse sich hieran auch im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung messen lassen. Der hilfsweise Vortrag im Widerspruchsverfahren, es handele sich um Vermögen zur Alterssicherung, sei lediglich eine Schutzbehauptung. Da der Widerspruchsführer behaupte, dass es sich nicht um sein Geld gehandelt habe, könne es nicht zu seiner Alterssicherung bestimmt gewesen sein.

Mit der hiergegen am 30. Juni 2004 erhobenen Klage hat der Kläger insbesondere geltend gemacht, es bestehe ein umfassendes Verwertungsverbot der Erkenntnisse aus den Kontrollmeldungen der türkischen Zentralbank bei Personen, die von dem seit dem 1. Januar 2004 geltenden Steuerstrafgesetz (Amnestiegesetz) Gebrauch gemacht hätten. Im Übrigen habe die Beklagte es unterlassen, ausdrücklich zu prüfen, ob ein Härtefall vorliege, so dass die Aufhebung und Rückforderung von Alhi schon deswegen rechtswidrig sei.

Mit Urteil vom 10. Oktober 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Die seit Dezember 1995 ergangenen Bewilligungsbescheide seien bei ihrem Erlass alle rechtswidrig begünstigend gewesen, weil der Kläger aufgrund des vorhandenen Vermögens zu keinem Zeitpunkt einen Anspruch auf Bewilligung von Alhi gehabt habe. Im Zeitpunkt der erstmaligen Beantragung und Leistungsbewilligung im Dezember 1995 sei der Kläger für zumindest 133 Wochen (und damit bis Ende Juni 1998) nicht bedürftig gewesen. Nach § 137 Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AfG) i. V. m. § 6 Arbeitslosenhilfeverordnung 1974 (AlhiV 1974) sei Vermögen zu berücksichtigen gewesen, soweit es verwertbar und die Verwertung zumutbar gewesen sei und der Wert des Vermögens 8.000,- Deutsche Mark für den Arbeitslosen und seinen Ehepartner überstiegen habe. Unter Außerachtlassung des Kontos mit der Endnummer, auf dem sich nach Angaben des Klägers Treuhandvermögen befunden habe, habe der Kläger im Dezember 1995 über ein zumutbar verwertbares Vermögen von zumindest 87.000,- DM (103.000,- DM auf dem Konto mit der Endnummer abzüglich 16.000,- DM Freibetrag) verfügt. Dieses Vermögen habe nicht dem Verwertungsverbot nach § 6 Abs. 3 Nr. 3 AlhiV 1974 unterlegen, denn die Zweckbestimmung einer angemessenen Alterssicherung sei nicht anzuerkennen. Zum einen habe der Kläger diese Bestimmung lediglich hilfsweise vorgetragen, was gegen eine entsprechende Zweckbestimmung spreche. Außerdem lägen auch keine hinreichenden objektiven Anhaltspunkte für eine solche Zweckbestimmung vor, denn der Kläger habe selbst im Widerspruchsverfahren vorgetragen, dass das Vermögen im Juli 2003 bereits verbraucht worden sei. Da im Dezember 1995 das Bemessungsentgelt des Klägers 650,- DM wöchentlich betragen habe, habe das Vermögen in Höhe von 87.000,- DM die Bedürftigkeit gemäß § 9 AlhiV 1974 für 133 Wochen bis Ende Juni 1998 ausgeschlossen.

Im Juli 1998 habe der Kläger erneut zumutbar verwertbares Vermögen in Höhe von 18.334,- DM gehabt, denn zu dem Zeitpunkt seien auf dem Konto mit der Endnummer zumindest 121.334,- DM gewesen. Von diesem Betrag seien der Freibetrag von 16.000,- DM und das bereits berücksichtigte Vermögen von 87.000,- DM abzuziehen, so dass aufgrund des Bemessungsentgelts der Arbeitslosenhilfe von 620,- DM im Juli 1998 der Kläger erneut für 29 Wochen und damit bis Mitte Januar 1999 nicht bedürftig gewesen sei.

Im Januar 1999 und seither habe der Kläger bereits deswegen keinen Anspruch auf Alhi, weil er nach § 190 Abs. 4 SGB III i. V. m. §§ 191 Abs. 1, 192 SGB III die Vorfrist für den Bezug dieser Leistung nicht mehr erfüllt habe. Seit Dezember 1995 – der erstmaligen Antragstellung auf Gewährung von Alhi – seien im Januar 1999 bereits mehr als 3 Jahre vergangen gewesen. Damit sei auch unerheblich, dass bei der Prüfung der Bewilligung von Alhi gemäß AlhiV 2002 nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine Härtefallprüfung zu erfolgen habe. Der Kläger habe bereits vor Geltung der AlhiV 2002 keinen Anspruch auf Alhi mehr gehabt. Auf vorhandenes Vermögen und in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit einer Härtefallprüfung komme es deshalb nicht an. Zutreffend habe die Beklagte die Aufhebung der Bewilligung von Alhi auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X gestützt, denn der Kläger habe vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtige Angaben gemacht, was im Einzelnen ausgeführt wird. Darüber hinaus habe der Kläger gewusst oder er hätte wissen müssen, dass die Bewilligungsbescheide wegen Nichtanrechnung seines Vermögens rechtswidrig gewesen seien (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Auch die sonstigen Aufhebungsvoraussetzungen nach § 45 SGB X lägen vor; insbesondere habe die Beklagte die Frist zur Aufhebung von einem Jahr ab Kenntnis der die Aufhebung rechtfertigenden Tatsachen gemäß § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten. Der Aufhebung stehe entgegen der Ansicht des Klägers auch kein Verwertungsverbot nach § 13 des Gesetzes über die strafbefreiende Erklärung (Stra-BEG) entgegen. Es sei bereits fraglich, ob das Gesetz für diese Fälle überhaupt anwendbar sei; jedenfalls betreffe es aber nur strafbefreiende Erklärungen in dem Zeitraum vom 31. Dezember 2003 bis 1. Januar 2005 (§ 1 Stra-BEG). Das Finanzamt habe jedoch bereits im Laufe des Jahres 2003 Kenntnis vom Auslandsvermögen des Klägers erhalten und die erste Erklärung des Klägers zum Vermögen datiere vom Oktober 2003. Damit sei das Stra-BEG in seinem Fall nicht anwendbar. Nach § 50 Abs. 1 SGB X sei daher die von der Beklagten in dem Zeitraum vom 9. Dezember 1995 bis 31. Januar 2004 gezahlte Alhi zu erstatten. Darüber hinaus müsse der Kläger nach § 335 Abs. 1 Satz 1 die in dieser Zeit gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung erstatten.

Gegen das ihm am 11. November 2005 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 6. Dezember 2005. Zur Begründung heißt es, zutreffend habe das Sozialgericht das Guthaben zur Kontonummer als Treuhandvermögen anerkannt. Aber auch bei dem Guthaben von 103.000,- DM auf dem Konto habe es sich um wieder angelegtes Fremdgeld gehandelt, das er von seinem Bruder S S Y in Teilbeträgen bar in DM in der Türkei erhalten habe. Dieser habe ihm das Geld zur Anlage auf sein Konto für Auslandstürken übergeben, um die günstigen Zinsen der türkischen Nationalbank für sich zu nutzen. Er selbst erinnere sich nicht mehr daran, ob und welchen Teilbetrag er jeweils direkt bei der türkischen Nationalbank in A eingezahlt habe oder ob und welche der einzelnen Beträge er in die Bundesrepublik mitgenommen habe, um sie hier bei der D B zur Anlage bei der türkischen Nationalbank einzuzahlen. Jedenfalls habe er dieses Geld, ergänzt um einen weiteren noch aufklärbaren Betrag von ca. 5.300,- DM, am 29. Juni 1995 auf dem Konto angelegt, am 29. Juni 1997 mit Zinsen auf das Konto übertragen, nach einigen Abhebungen am 29. Juni 2001 auf das Konto übertragen und schließlich nach Abzug eines weiteren Auszahlungsbetrages am 27. September 2001 in Höhe von 8.940,- EUR am 30. Juni 2003 in Höhe von 63.328,24 EUR an S S Y bar vor Ort in der Türkei wieder ausgezahlt. An Einzelheiten könne er sich nicht mehr erinnern; Belege über die Geldtransaktionen lägen nicht vor; sie seien bei einem Wohnungsbrand vernichtet worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. Oktober 2005 sowie den Bescheid vom 1. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2004 aufzuheben, hilfsweise teilweise aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Ergänzend führt sie aus, die jetzigen Ausführungen des Klägers zum Konto Nr., wonach es sich hierbei ebenfalls um Treuhandvermögen handeln solle, erschienen nicht glaubwürdig, da diese erst jetzt im Berufungsverfahren gemacht worden seien. Im Übrigen seien bisher keine Unterlagen vorgelegt worden, die die behaupteten Treuhandverhältnisse belegen würden. Bloße Erklärungen von Familienangehörigen genügten hierfür nicht. Nach der "Entbindungsurkunde" vom 2. Juli 2003 von S S Y seien alle dem Schuldverhältnis mit seinem Bruder – dem Kläger – zugrunde liegenden Schuldscheine verloren gegangen. Diese notariell beurkundete Erklärung könne jedoch nicht als ausreichend angesehen werden, denn sie sei, ebenso wie die übrigen vorliegenden Erklärungen, erst nach den Feststellungen der Finanzbehörde über das Vorhandensein des Vermögens erstellt worden. Notwendig sei, dass der Kläger die vollständigen Kontobewegungen für die streitigen Zeiträume nachweise, dass er mitteile und nachweise, woraus sich die Ansprüche der Familienangehörigen auf Auszahlung bestimmter Geldbeträge ergäben, und dass er nachweise, wann und wofür Geldbeträge abgehoben und verbraucht worden seien. Soweit den Unterlagen nunmehr neben den behaupteten Übergaben von Bargeld noch eine Überweisung in Höhe von 18.223,48 DM von einer Versicherung/Bank in L im Dezember 1993 an den Kläger zu entnehmen sei, sei nicht erkennbar, dass dieser Betrag auf einem der bisher genannten Konten eingegangen sei, so dass der Kläger noch über mindestens ein weiteres Konto verfügt haben müsse. Der Zeitraum 1993 sei zwar nicht streitbefangen, es sei jedoch davon auszugehen, dass der Kläger auch im Jahr 1995 noch über weiteres als bisher bekanntes Vermögen verfügt habe.

Der Kläger hat sich trotz der Aufforderung des Gerichts, sich zu den einzelnen von der Beklagten angesprochenen Punkten zu äußern und Belege vorzulegen, nicht weiter geäußert. Auch der Auflage, seinen Pass mit Ausreisevermerken von 1991 bis 2003 für kurze Zeit einzureichen, ist der Kläger nicht nachgekommen.

Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (2 Bände Kdn.-Nr.) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat die Sach- und Rechtslage mit seinem Urteil vom 10. Oktober 2005 zutreffend beurteilt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung bzw. teilweise Aufhebung des angefochtenen Bescheides, denn dieser ist rechtmäßig.

Gegenstand der Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) ist der Bescheid vom 1. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2004, mit dem die Beklagte die ursprüngliche Bewilligung von Alhi für die im Einzelnen benannten Zeiträume zwischen dem 9. Dezember 1995 und dem 31. Januar 2004 auf der Grundlage des § 45 SGB X zurückgenommen und überzahlte Leistungen sowie Beiträge gemäß § 50 SGB X bzw. § 335 SGB III zurückgefordert hat. Ob der angefochtene Bescheid zu Recht ergangen ist, hängt zunächst davon ab, ob der jeweilige Alhi-Bewilligungsbescheid, bezogen auf den streitgegenständlichen Zeitraum, von Anfang an rechtswidrig war (§ 45 Abs. 1 SGB X). Maßgebend ist weiter, dass nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden darf, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist, und dass sich der Begünstigte nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X auf Vertrauen nicht berufen kann, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Bei Rechtmäßigkeit der Rücknahmeentscheidung nach § 45 SGB X ist die Beklagte zur Rückforderung der erbrachten Leistungen und Beiträge berechtigt und verpflichtet (§§ 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X, 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III).

Ob die ursprüngliche Alhi-Bewilligung rechtswidrig war, beurteilt sich danach, ob der Kläger in den fraglichen Zeiträumen bedürftig gewesen ist oder nicht. Dabei ist auf die während des Aufhebungszeitraums (ab 9. Dezember 1995) geltenden Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) vom 25. Juni 1969 (BGBl. I 582) und die AlhiV vom 7. August 1974 (BGBl. I 1929) in der Fassung der derzeit geltenden Änderungen abzustellen, wie das Sozialgericht zutreffend erkannt hat. Die Bedürftigkeit zählt zu den Voraussetzungen des Anspruchs auf Alhi (§ 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AFG); nach § 137 Abs. 2 AFG ist der Arbeitslose nicht bedürftig im Sinne des § 134 Abs. 1 Nr. 3 AFG, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen oder z. B. das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten die Gewährung von Alhi offenbar nicht gerechtfertigt ist. Hierzu enthält die auf der Grundlage des § 137 Abs. 3 AFG ergangene AlhiV 1974 in ihren §§ 6 – 9 nähere Regelungen. Vermögen ist danach zu berücksichtigen, soweit es verwertbar und die Verwertung zumutbar ist und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar ist, jeweils 8.000,- DM übersteigt (vgl. § 6 Abs. 1 AlhiV). Die Verwertung ist dagegen u. a. nicht zumutbar, wenn das Vermögen zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt ist (§ 6 Abs. 3 Nr. 3 AlhiV).

Unter Anwendung der genannten einschlägigen Normen hat das Sozialgericht zutreffend entschieden, dass der Kläger seit Dezember 1995 bis Mitte Januar 1999 nicht bedürftig war. Dass der Kläger im Januar 1999 die maximale Vorfrist von 3 Jahren für den Anspruch auf Alhi nach § 190 Abs. 4 i. V. m. §§ 191 Abs. 1, 192 SGB III nicht mehr erfüllte, hat das Sozialgericht ebenso zutreffend herausgearbeitet wie das Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X zur Aufhebung der von Anfang an rechtswidrigen Bewilligung von Alhi seit dem 9. Dezember 1995. Der Senat nimmt daher nach eigener Überprüfung in vollem Umfang Bezug auf die überzeugenden Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren rechtfertigt keine andere Entscheidung.

Soweit der Kläger nunmehr behauptet, auch bei dem Guthaben auf dem Konto mit der Endziffer in Höhe von 103.000,- DM habe es sich um (wieder angelegtes) Fremdgeld gehandelt, sieht der Senat dies als Schutzbehauptung an, denn entsprechende Angaben sind bisher von dem Kläger nicht gemacht worden. Im Übrigen ist das Vorbringen des Klägers zu den in diesem Zusammenhang im Einzelnen behaupteten Geldtransaktionen (vgl. Schriftsatz vom 5. Dezember 2005) teilweise nicht in Übereinstimmung zu bringen mit seinem Vorbringen im Klageverfahren (vgl. Schriftsatz vom 8. Juni 2005) und schon deshalb wenig glaubhaft; darüber hinaus fehlt es nicht nur an genauen Angaben, wann welche Bargeldbeträge im Einzelnen an wen wo übergeben worden sein sollen – der Kläger erinnert sich hieran nach eigenen Angaben nicht mehr genau -, sondern insbesondere auch an geeigneten Belegen hierfür. Der Auflage, seinen Reisepass zur Überprüfung der Aus- und Einreisevermerke für die hier streitigen Zeiträume wegen behaupteter Bargeldübergaben vorzulegen, ist der Kläger nicht nachgekommen.

Die Ermittlungsmöglichkeiten des Senats sind damit erschöpft. Eine Vernehmung der Brüder des Klägers als Zeugen, wie dies der Kläger angeregt hat, hält der Senat nicht für sachgerecht, denn Schuldverpflichtungen unter nahen Angehörigen müssen in allen wesentlichen Punkten einem Fremdvergleich standhalten, also dem zwischen fremden Dritten Üblichen entsprechen (vgl. BFH, Beschluss vom 25. Juni 2002 – X P 30/01-, veröffentlicht in JURIS). Es dürfte aber nicht dem zwischen fremden Dritten üblichen Geschäftsgebaren entsprechen, Geldbeträge in der genannten Größenordnung ohne schriftliche vertragliche Absicherung und noch dazu im Wege der Bargeldübergabe zur Verfügung zu stellen. Da keinerlei geeignete Unterlagen die Behauptung des Klägers, es handele sich um Fremdgeld, stützen können, ist die Behauptung nicht nachgewiesen. Zwar trifft grundsätzlich die Beklagte die objektive Beweislast für das Vorliegen der Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Bewilligungsbescheide. Bei Unaufklärbarkeit von Vorgängen, die – wie im vorliegenden Fall – der Sphäre des Klägers zuzuordnen sind, ist jedoch von einer Beweislastumkehr auszugehen. Die Beweislast für die Behauptung des Klägers, dass es sich bei dem unter seinem Namen angelegten Geld um Fremdvermögen handelt, trägt der Kläger mit der Folge, dass es bei fehlendem Nachweis für die Behauptung dabei bleibt, dass unter dem Namen des Klägers festgelegtes Vermögen ihm auch zuzuordnen ist (vgl. BSG-Urteil vom 24. Mai 2006 – B 11a AL 7/05 R -, recherchiert in JURIS).

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen. Der Senat konnte durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG entscheiden. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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