Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 8 AS 116/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 B 260/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 06.09.2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin, der das Sozialgericht (SG) mit Beschluss vom 26.09.2007 nicht abgeholfen hat, ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Denn das SG hat den Antrag der Antragstellerin zu Recht abgelehnt, die Antragsgegnerin zur Übernahme der Mietkaution gemäß § 22 Abs. 3 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) einstweilen zu verpflichten.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -, BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927).
1. Das SG hat zu Recht ausgeführt, das die Antragstellerin einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht hat; der Senat nimmt auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
2. Das Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung. Denn es nicht zu erkennen, dass die Antragstellerin derzeit rechtliche Nachteile erleidet, sofern sie die Mietkaution an ihren Vermieter nicht erbringt. Die Antragstellerin hat nicht vorgetragen, dass ihr Vermieter insoweit bereits rechtliche Schritte erwogen oder sogar eingeleitet hätte. Der von der Antragstellerin befürchtete Eintrag in die "Schufa" dürfte - soweit ersichtlich - erst bei ergebnislosen Vollstreckungsversuchen erfolgen, also erst dann, wenn der Vermieter vor dem Zivilgericht einen Zahlungstitel erstritten und sich erfolglos um dessen Vollstreckung bemüht hat.
3. Es konnte deshalb im einstweiligen Rechtsschutzverfahren dahinstehen, ob die Antragstellerin auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Es wird vielmehr im Hauptsacheverfahren zu klären sein, ob die Antragstellerin von der Antragsgegnerin die Übernahme der Mietkaution gemäß § 22 Abs. 3 SGB II verlangen kann. Nach dieser Regelung kann eine Mietkaution bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger übernommen werden (§ 22 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 SGB II). Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann (§ 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II).
Das SG wird in der Hauptsache zu prüfen haben, ob der Umzug der Antragstellerin "durch den kommunalen Träger" veranlasst worden ist. Ungeachtet der Frage, ob mit dem "kommunalen Träger" im Sinne des § 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II der bis zum Umzug örtlich zuständige kommunale Träger und/oder der am Ort der neuen Unterkunft zuständige kommunale Träger gemeint ist (vgl. § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II), wird zu ermitteln sein, ob der Grundsicherungsträger den Umzug der Antragstellerin "veranlasst" hat (§ 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II). Für eine derartige Veranlassung könnte sprechen, dass die Antragsgegnerin sowie der bisher zuständige Grundsicherungsträger in Stuttgart der gesetzlichen Vorgabe nicht nachgekommen sind, bei der Erfüllung ihrer Aufgaben eng zusammen zu arbeiten. Diese Verpflichtung zur engen Zusammenarbeit ergibt sich bereits aus § 86 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Auch die Entstehungsgeschichte des § 22 Abs. 3 SGB II belegt dieses Erfordernis der engen Zusammenarbeit. § 22 Abs. 3 SGB II wurde durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006 (BGBl. I S. 1706) geändert. Diese Änderung erfolgte insbesondere deshalb , um "bisher aufgetretene Probleme bei der Zuständigkeitsabgrenzung" zu beheben (BT-Drucksache 16/1410, S. 23 und 24). So sollen nach der Gesetzesbegründung bereits bei der Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für die neue Unterkunft der bisherige kommunale Träger und der für die neue Unterkunft zuständige kommunale Träger zusammenarbeiten (BT-Drucksache 16/1410, S. 23). Diese enge Zusammenarbeit ist hier erkennbar unterblieben.
Entgegen der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin ist jedoch nicht nur der Grundsicherungsträger in Stuttgart diesem Gebot enger Zusammenarbeit nicht nachgekommen, sondern auch die Antragsgegnerin selbst. Denn sie war bereits vor dem Umzug der Antragstellerin in ihr Zuständigkeitsgebiet mit dem Fall der Antragstellerin konkret befasst. Mit Schreiben vom 18.06.2007 teilte sie der Antragstellerin auf deren Nachfrage hin die aus ihrer Sicht angemessenen Kosten einer Unterkunft in Münster mit. Wenn die Antragsgegnerin mit dem Grundsicherungsträger in Stuttgart zusammengearbeitet und demzufolge Kontakt aufgenommen hätte, hätte sich herausgestellt, dass im Rahmen des Umzuges der Antragstellerin auch klärungsbedürftig war, ob eine Mietkaution zu übernehmen ist. Denn dieses Begehren hatte die Antragstellerin bereits gegenüber dem Grundsicherungsträger in Stuttgart zum Ausdruck gebracht. Sofern die von der Antragstellerin namentlich benannten Mitarbeiter des Grundsicherungsträgers in Stuttgart der Klägerin "zugesichert" haben sollten, dass die Antragsgnerin die Mietkaution übernehmen wird, könnte dies vor dem dargestellten Hintergrund (ebenfalls) dafür sprechen, dass "der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst" worden ist (§ 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II); auf die Frage, ob eine deratige "Zusicherung" des Grundsicherungsträgers aus Stuttgart die Antragsgegnerin zu binden vermag, käme es dann nicht mehr an.
Die Kostenentscheidung erfolgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin, der das Sozialgericht (SG) mit Beschluss vom 26.09.2007 nicht abgeholfen hat, ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Denn das SG hat den Antrag der Antragstellerin zu Recht abgelehnt, die Antragsgegnerin zur Übernahme der Mietkaution gemäß § 22 Abs. 3 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) einstweilen zu verpflichten.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -, BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927).
1. Das SG hat zu Recht ausgeführt, das die Antragstellerin einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht hat; der Senat nimmt auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
2. Das Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung. Denn es nicht zu erkennen, dass die Antragstellerin derzeit rechtliche Nachteile erleidet, sofern sie die Mietkaution an ihren Vermieter nicht erbringt. Die Antragstellerin hat nicht vorgetragen, dass ihr Vermieter insoweit bereits rechtliche Schritte erwogen oder sogar eingeleitet hätte. Der von der Antragstellerin befürchtete Eintrag in die "Schufa" dürfte - soweit ersichtlich - erst bei ergebnislosen Vollstreckungsversuchen erfolgen, also erst dann, wenn der Vermieter vor dem Zivilgericht einen Zahlungstitel erstritten und sich erfolglos um dessen Vollstreckung bemüht hat.
3. Es konnte deshalb im einstweiligen Rechtsschutzverfahren dahinstehen, ob die Antragstellerin auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Es wird vielmehr im Hauptsacheverfahren zu klären sein, ob die Antragstellerin von der Antragsgegnerin die Übernahme der Mietkaution gemäß § 22 Abs. 3 SGB II verlangen kann. Nach dieser Regelung kann eine Mietkaution bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger übernommen werden (§ 22 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 SGB II). Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann (§ 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II).
Das SG wird in der Hauptsache zu prüfen haben, ob der Umzug der Antragstellerin "durch den kommunalen Träger" veranlasst worden ist. Ungeachtet der Frage, ob mit dem "kommunalen Träger" im Sinne des § 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II der bis zum Umzug örtlich zuständige kommunale Träger und/oder der am Ort der neuen Unterkunft zuständige kommunale Träger gemeint ist (vgl. § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II), wird zu ermitteln sein, ob der Grundsicherungsträger den Umzug der Antragstellerin "veranlasst" hat (§ 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II). Für eine derartige Veranlassung könnte sprechen, dass die Antragsgegnerin sowie der bisher zuständige Grundsicherungsträger in Stuttgart der gesetzlichen Vorgabe nicht nachgekommen sind, bei der Erfüllung ihrer Aufgaben eng zusammen zu arbeiten. Diese Verpflichtung zur engen Zusammenarbeit ergibt sich bereits aus § 86 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Auch die Entstehungsgeschichte des § 22 Abs. 3 SGB II belegt dieses Erfordernis der engen Zusammenarbeit. § 22 Abs. 3 SGB II wurde durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006 (BGBl. I S. 1706) geändert. Diese Änderung erfolgte insbesondere deshalb , um "bisher aufgetretene Probleme bei der Zuständigkeitsabgrenzung" zu beheben (BT-Drucksache 16/1410, S. 23 und 24). So sollen nach der Gesetzesbegründung bereits bei der Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für die neue Unterkunft der bisherige kommunale Träger und der für die neue Unterkunft zuständige kommunale Träger zusammenarbeiten (BT-Drucksache 16/1410, S. 23). Diese enge Zusammenarbeit ist hier erkennbar unterblieben.
Entgegen der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin ist jedoch nicht nur der Grundsicherungsträger in Stuttgart diesem Gebot enger Zusammenarbeit nicht nachgekommen, sondern auch die Antragsgegnerin selbst. Denn sie war bereits vor dem Umzug der Antragstellerin in ihr Zuständigkeitsgebiet mit dem Fall der Antragstellerin konkret befasst. Mit Schreiben vom 18.06.2007 teilte sie der Antragstellerin auf deren Nachfrage hin die aus ihrer Sicht angemessenen Kosten einer Unterkunft in Münster mit. Wenn die Antragsgegnerin mit dem Grundsicherungsträger in Stuttgart zusammengearbeitet und demzufolge Kontakt aufgenommen hätte, hätte sich herausgestellt, dass im Rahmen des Umzuges der Antragstellerin auch klärungsbedürftig war, ob eine Mietkaution zu übernehmen ist. Denn dieses Begehren hatte die Antragstellerin bereits gegenüber dem Grundsicherungsträger in Stuttgart zum Ausdruck gebracht. Sofern die von der Antragstellerin namentlich benannten Mitarbeiter des Grundsicherungsträgers in Stuttgart der Klägerin "zugesichert" haben sollten, dass die Antragsgnerin die Mietkaution übernehmen wird, könnte dies vor dem dargestellten Hintergrund (ebenfalls) dafür sprechen, dass "der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst" worden ist (§ 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II); auf die Frage, ob eine deratige "Zusicherung" des Grundsicherungsträgers aus Stuttgart die Antragsgegnerin zu binden vermag, käme es dann nicht mehr an.
Die Kostenentscheidung erfolgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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