L 11 KR 19/07

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 19 KR 30/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KR 19/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 13.11.2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Haushaltshilfe für den Zeitraum vom 05.06. bis 31.07.2004.

Die Klägerin und ihr Ehemann leben mit ihren gemeinsamen in den Jahren 1991, 1993 und 1996 geborenen Kindern in einem Haushalt. Am 21.11.2003 wurde bei der Klägerin eine Verkürzung- und Korrekturosteotomie des rechten Oberschenkels mit gleichzeitiger Remobilisierung des Kniegelenks durchgeführt. In der Zeit vom 15.04.2004 bis zum 23.04.2004 fand ein erneuter stationärer Krankenhausaufenthalt statt, da die Restlängendifferenz durch eine Verlängerungsosteotomie des linken Oberschenkels mit externem Fixateur korrigiert wurde. Für die Zeit vom 15.04.2004 bis einschließlich 04.06.2004 bewilligte die Beklagte im unterschiedlichen Umfang und teilweise unter Aussparung der Wochenenden der Klägerin eine Haushaltshilfe, die der behandelnde Orthopäde Dr. H für notwendig gehalten hatte.

Am 01.09.2004 legte die Klägerin eine weitere ärztliche Bescheinigung des Dr. H über die Notwendigkeit einer Haushaltshife in der Zeit vom 05.06. bis 31.07.2004 vor. Dr. H führte darin aus, die Haushaltshilfe sei wegen einer chronischen Erkrankung erforderlich. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28.09.2004 ab. Eine Haushaltshilfe werde nur befürwortet, wenn nach ärztlicher Bescheinigung die Weiterführung des Haushaltes wegen akuter Erkrankungen nicht möglich sei.

Auf den dagegen gerichteten Widerspruch der Klägerin vom 06.10.2004, zu dessen Begründung sie die Auffassung vertrat, ihre Gehbehinderung sei auf eine aktuelle Operation zurückzuführen und derzeit nicht chronisch, sondern als Akuterkrankung anzusehen holte die Beklage das nach Aktenlage erstattete Gutachten des MDK (H E) vom 31.03.2005 ein und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.02.2006 aus den Gründen des angefochtenen Bescheides zurück.

Hiergegen richtete sich die am 16.02.2006 beim Sozialgericht Köln erhobene Klage, mit der die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgte. Wegen ihres Kleinwuchses sei sie seit 1999 in unterschiedlichen Abständen stationär behandelt worden und dann jeweils nach den Klinikaufenthalten wieder zu Hause gewesen. Ihr Ehemann habe sie anfangs noch unterstützt, dann aber nur teilweise mit geholfen, dies auch nur widerwillig. Nach der Sitte des Landes, aus dem sie stammten, sei es nicht üblich, dass Ehemänner im Haushalt mitarbeiteten, sie ließen sich vielmehr wie Paschas bedienen. Im übrigen sei es ihm nicht zumutbar gewesen, Hilfeleistung zu erbringen, da er zum einen teilweise selber krank gewesen sei, zum anderen aufgrund seiner Berufstätigkeiten morgens um 03.00 Uhr das Haus verlasse und erst um 13.30 Uhr nach Hause komme. Alle drei Kinder gingen noch zur Schule, kämen in den frühen Nachmittagszeiten nach Hause und gingen dann wieder bis ca. 17.00 Uhr zur Hausaufgabenhilfe. Bis dahin müsse für die Kinder das Essen bereitet werden, das könne nur durch eine Haushaltshilfe geschehen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.09.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.02.2006 zu verurteilen, der Klägerin Haushaltshilfe gem. § 12 Abs. 1 b der Satzung der AOK Rheinland in der Zeit vom 05.06. bis 31.07.2004 zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezog sich zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 13.11.2006 abgewiesen. Zur Begründung hat es zunächst Bezug genommen auf die Gründe der angefochtenen Widerspruchsentscheidung und hat darüber hinaus ausgeführt, der Klagebegründung lasse sich kein Grund entnehmen, der eine abweichende Beurteilung rechtfertige. Soweit der Kläger nicht geneigt sei, eine mögliche Unterstützung der Haushaltsführung zu leisten, könnten dafür Kosten der Solidargemeinschaft nicht aufgebürdet werden. Möge es auch der kulturellen Herkunft des Heimatlandes entsprechen, dass Ehemänner sich vor Hausarbeiten freihielten, stehe dies zwar im Belieben in einer Lebensplanung, allerdings habe er dann auch die dafür notwendigen Kosten selbst zu tragen. Darüber hinaus seien die Kinder - von einer kurzen Mittagspause abgesehen - erst ab 17.00 Uhr zu Hause, so dass die nötigen Einkäufe vom Ehemann entweder an Vormittagen, wenn er Spätschicht hatte oder aber am Vortag, wenn er Frühschicht hatte, hätten verrichtet werden können. Auch hätten die Mahlzeiten so vorbereitet werden können, das die im übrigen gehfähige Klägerin sie nur noch hätte erwärmen müssen. Ferner sei zu berücksichtigen, dass zwei der drei Kinder bereits 11 und 13 Jahre alt gewesen seien und damit ebenfalls unter Anleitung die Mahlzeiten hätten zubereiten können.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 26.02.2007. Die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung sei fehlerhaft. Es sei nicht hinreichend gewürdigt worden, dass der Ehemann der Klägerin nicht in der Lage gewesen sei, diese zu entlasten, dies habe vielmehr nur durch eine dritte Person erfolgen können. Im übrigen habe der Zeitpunkt der Rückkehr der Kinder aus der Schule vor dem der Rückkehr des Ehemannes von seinem Arbeitsplatz gelegen. Im übrigen sei es ihm auch nicht zumutbar gewesen, nach einem langen und schweren Arbeitstag sich auch noch um die Kinder und den Haushalt zu kümmern.

Die Klägerin beantragt nach dem Inhalt ihrer Schriftsätze,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 13.011.2006 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.09.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.02.2006 zu verurteilen, ihr die Kosten für die in der Zeit vom 05.06. bis 31.07.2004 in Anspruch genommene Haushaltshilfe in Höhe von 1.400,00 Euro zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte, die der Senat beigezogen und deren Inhalt er seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat sowie den Vortrag der Beteiligten im übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte durch Beschluss entscheiden, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu angehört worden (§ 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)).

Die zulässige Berufung ist nicht begründet, denn zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 28.09.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.02.2006 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, denn sie hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer Haushaltshilfe bzw. Erstattung der durch die in Anspruch genommene Haushaltshilfe entstandenen Kosten.

Da die Klägerin ausweislich der sich in der Verwaltungsakte befindlichen Unterlagen in der Zeit vom 24.06.2004 bis 31.07.2004 eine Haushaltshilfe im zeitlichen Umfang von 140 Stunden je 10,00 Euro/Std. in Anspruch genommen hat, ist streitig nicht der Sachleistungsanspruch als solcher, sondern der Kostenerstattungsanspruch. Dieser richtet sich nach § 13 Abs. 3 Satz 1 des Sozialgesetzbuches (SGB) V. Konnte nach dieser Vorschrift die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaff-te Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entsprechenden Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Anhaltspunkte für einen Notfall sind nicht vorgetragen und aus der Akte auch nicht ersichtlich.

Die Kostenerstattung kann sich somit nur nach der zweiten Alternative der zitierten Vorschrift richten. Der Kostenerstattungsanspruch, der in seinem Umfang abhängig ist vom Sachleistungsanspruch scheitert vorliegend bereits daran, dass die Klägerin den erforderlichen Beschaffungsweg nicht eingehalten hat. Haushaltshilfe wird nach den gesetzlichen Vorschriften abschnittsweise bewilligt nach Prüfung der dafür erforderlichen Voraussetzungen. Für den streitigen Zeitraum (25.06.2004 bis 31.07.2004) hat die Klägerin jedoch bereits vor der Beantragung und damit zwingend auch vor der Entscheidung der Beklagten eine Haushaltshilfe in Anspruch genommen. Aus diesem Grunde kann die Ablehnung der Beklagten nicht kausal für die entstandenen Kosten sein.

Ungeachtet dessen liegen aber auch die materiell rechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Haushaltshilfe nicht vor.

Nach § 38 Abs. 1 SGB V erhalten Versicherte eine Haushaltshilfe, wenn ihnen wegen Krankenhausbehandlung oder wegen einer Leistung nach § 23 Abs. 2 SGB V (Zusatz: ambulante Vorsorgeleistungen in anerkannten Kurorten), oder Abs. 4 (stationärer Aufent-halt in Vorsorgeeinrichtungen), § 24 SGB V (Zusatz: medizinische Vorsorge für Mütter und Väter), § 37 SGB V (Zusatz: häusliche Krankenpflege), § 40 SGB V (Zusatz: Leistungen für medizinische Rehabilitation) oder 41 (Zusatz medizinische Rehabilitation für Mütter und Väter) die Weiterführung des Haushaltes nicht möglich ist. Voraussetzung ist nach Satz 2 ferner, dass im Haushalt ein Kind lebt, das bei Beginn der Haushaltshilfe das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor, da die Klägerin im streitigen Zeitraum weder im Krankenhaus behandelt worden ist noch eine der sonstigen genannten Leistungen in Anspruch genommen hat.

Darüber hinaus kann nach § 38 Abs. 2 SGB V die Satzung der Beklagten bestimmen, dass die Krankenkasse in anderen als denen in Absatz 1 genannten Fällen Haushaltshilfe erbringt, wenn Versicherten wegen Krankheit die Weiterführung des Haushaltes nicht möglich ist. Von dieser Ermächtigung hat die Beklagte in § 12 (Mehrleistungen zur Haushaltshilfe) ihrer Satzung in der Fassung vom 01.04.2004 Gebrauch gemacht.

Danach kann außer in den in § 38 Abs. 1 SGB V genannten Fällen die Beklagte eine Haushaltshilfe auch dann zur Verfügung stellen, soweit eine andere im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen kann, wenn

a) nach ärztlicher Bescheinigung die Weiterführung des Haushaltes wegen akuter schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit nicht möglich ist, längstens jedoch für die Dauer von 4 Wochen, oder

b) nach ärztlicher Bescheinigung die Weiterführung des Haushaltes wegen akuter schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit oder wegen einer aus medizinischer Gründen erforderlichen Abwesenheit als Begleitperson eines versicherten Angehörigen nicht möglich ist und im Haushalt ein Kind lebt, das bei Beginn der Haushaltshilfe das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist, längstens jedoch für die Dauer von 52 Wochen.

Darüber hinaus kann in begründeten Ausnahmefällen Haushaltshilfe in angemessenem Umfang zur Verfügung gestellt werden, wenn dem Versicherten die Weiterführung des Haushaltes wegen Krankheit nicht möglich ist Abs. 2 der Satzung).

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor, denn bei der Klägerin mangelt es an der für alle Fälle des Abs. 1 erforderlichen akuten Erkrankung. Hierunter ist im medizinischem Sinne ein unvermittelt auftretender, schnell und heftig verlaufender Zustand zu verstehen (Duden, Das Fremdwörterbuch, Band 5). Von einem solchen unvermittelt aufgetretenen Zustand kann jedoch nicht ausgegangen werden, da die gesundheitliche Situation der Klägerin zurückzuführen ist auf die erstmals im November 2003 erfolgte Verkürzungs- und Korrekturosteotomie des rechten Beines und die in deren Gefolge notwendig gewor-dene und im April 2004 durchgeführte Verlängerungsosteotomie zur Korrektur der Rest-längendifferenz des linken Oberschenkels. Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, dass hierin kein akuter Krankheitszustand im Sinne der zitierten Definition gesehen werden kann. Darüber hinaus hat auch der behandelnde Orthopäde der Klägerin, Herr Dr. H, in seinem Antrag vom 01.09.2004 angegeben, dass die Haushaltshilfe wegen einer chronischen Erkrankung notwendig ist. Diese Feststellung hat der von der Beklagten eingeschaltete MDK in seinem Gutachten vom 31.03.2005 bestätigt.

Der streitige Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 12 Abs. 2 der Satzung der Beklagten, denn das zum Vorliegen eines begründeten Ausnahmefalls ist weder etwas vorgetragen worden noch lässt sich ein solcher feststellen. Soweit die Klägerin die Auffassung ist, ihrem Ehemann sei es aufgrund seiner Weltanschauung und seiner beruflichen Belastung nicht zumutbar, Arbeiten im Haushalt zu übernehmen, verweist der Senat hierzu auf die zutreffenden Ausführungen der sozialgerichtlichen Entscheidung, die er sich zu eigen macht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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