Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AL 1773/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 1937/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.02.2007 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Bezugsdauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld im Streit.
Der 1948 geborene Kläger meldete sich am 10.11.2005 mir Wirkung zum 01.01.2006 bei der Beklagten arbeitslos. Der Kläger war zuletzt vom 01.01.1997 bis zum 31.12.2005 als Lagerist bei der Firma L. L. GmbH in St. beschäftigt, wobei er seit dem 20.09.2005 Krankengeld bezog. Der Kläger erklärte sich uneingeschränkt bereit, alle Möglichkeiten zur Beendigung seiner Beschäftigungslosigkeit zu ergreifen, und verneinte die Frage der Beklagten danach, ob er arbeitsunfähig sei.
Mit Bescheid vom 11.01.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 01.01.2006 für 960 Kalendertage.
Als der Beklagten auffiel, dass der Kläger auch im Januar 2006 weiterhin im Bezug von Krankengeld stand, nahm sie die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit bestandskräftigem Bescheid vom 18.01.2006 rückwirkend ab dem 01.01.2006 zurück (der Bescheid selbst ist in der Verwaltungsakte nicht vorhanden).
Am 20.02.2006 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos. Seine Krankenkasse legte eine Bescheinigung vor, dass Krankengeld letztmalig für den 19.02.2006 bewilligt worden ist.
Mit Bescheid vom 15.03.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 20.02.2006, wobei die Anspruchsdauer nunmehr nur noch 540 Kalendertage betrug.
Der Kläger legte am 28.03.2006 Widerspruch gegen die kürzere Anspruchsdauer ein. Seine erste Arbeitslosmeldung sei bereits im Oktober/November 2005 erfolgt. Ihm sei bereits mit Bewilligungsbescheid vom 11.01.2006 Arbeitslosengeld mit einer Anspruchsdauer von 960 Kalendertagen zuerkannt worden. Dieser Bescheid sei wegen seines damaligen Krankengeldbezuges lediglich ausgesetzt worden mit dem Hinweis, dass bei Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit kein neuer Antrag zu stellen sei. Daraus sei zu schließen gewesen, dass der Krankengeldbezug keine Veränderung der Anspruchsdauer zur Folge haben würde.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31.03.2006 als unbegründet zurück. Die unrichtige Bewilligungsentscheidung sei für die Zeit ab dem 01.01.2006 rückwirkend aufgehoben worden. Erstmalig ab dem 20.02.2006 habe der Kläger auch neben der tatsächlichen Beschäftigungslosigkeit das Merkmal der Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung als Voraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld nach § 119 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) erfüllt. Da die Anspruchsvoraussetzung erstmals zum 20.02.2006 erfüllt worden seien, gelte für den Kläger nicht mehr die Übergangsregelung in § 434 l Abs. 1 SGB III, wonach eine längere Anspruchsdauer im Falle des Klägers möglich gewesen wäre, wenn dieser die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld zu einem früheren Zeitpunkt erfüllt hätte. Die bis zum 31.12.2003 geltende Fassung des § 127 SGB III könne daher im Falle des Klägers nicht mehr angewandt werden.
Der Kläger hat über seine Bevollmächtigten am 20.04.2006 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben. Es sei zutreffend, dass der Kläger erst am 20.02.2006 wieder für einfache Arbeiten arbeitsfähig gewesen sei. Eine Übergangsbestimmung für Arbeitnehmer, welche zu Beginn der Arbeitslosigkeit erkrankten, sei in § 434 l SGB III für § 127 Abs. 3 SGB III nicht enthalten. Es erscheine jedoch willkürlich, einen Arbeitslosen deshalb hinsichtlich der Bezugsdauer schlechter zu stellen, weil er zu Beginn oder während der Arbeitslosigkeit erkranke. Daher stelle sich die grundsätzliche Frage, ob es rechtens sein könne, dass bei Unterbrechung der Arbeitslosigkeit durch Krankheit der einmal erworbene Zeitraum für die Anspruchsdauer sodann wegen einer Gesetzesänderung bei der erneuten Bewilligung von Arbeitslosengeld gekürzt werden könne. Daher sei richtigerweise im vorliegenden Fall noch die Übergangsregelung des § 434 Abs. 1 SGB III anzuwenden. Als angemessene Alternative käme allenfalls in Betracht, dass der Zeitraum der Erkrankung von der einmal erwachsenen Anspruchsdauer abgezogen werde. Der Kläger gab in der mündlichen Verhandlung des SG am 14.02.2007 an, dass es sein Fehler gewesen sei, dass er auf seinem Antrag vom 22.11.2005 angekreuzt habe, nicht arbeitsunfähig erkrankt zu sein. Es sei jedoch zuvor besprochen worden, dass er arbeitsunfähig sei. Er sei auch auf Krücken bei der Arbeitsagentur erschienen. Er sei davon überzeugt gewesen, arbeitslos zu sein. Er habe sich bei der Arbeitsagentur ja auch arbeitsuchend gemeldet und sei mehrfach dort gewesen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 14.02.2007 als unbegründet abgewiesen. Die Klage sei als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig. Es bestehe ein ausreichendes Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage, welche sich lediglich gegen die festgestellte Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes richtet, weil die zeitliche Dauer des Anspruchs ebenso wie die Höhe des Bemessungsentgeltes durch den Bescheid konstitutiv festgestellt werde. Die Klage sei jedoch nicht begründet, weil der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld erst nach dem 31.01.2006 entstanden sei und deswegen die Übergangsvorschrift des § 434 l SGB III nicht anzuwenden sei. Die bis zum 19.02.2006 vorliegende Arbeitsunfähigkeit des Klägers habe grundsätzlich dessen Verfügbarkeit im Sinne von § 119 Abs. 5 Nr. 1 SGB III ausgeschlossen. Das ergebe sich auch aus dem Umkehrschluss aus § 126 Abs. 1 Satz 1 SGB III, der nicht nötig wäre, wenn Arbeitsunfähigkeit die Verfügbarkeit nicht ausschlösse. Damit sei der Kläger erstmalig am 20.02.006 arbeitslos im Sinne des Gesetzes gewesen. Demnach sei die Neuregelung des § 127 Abs. 2 SGB III einschlägig, wonach die Höchstdauer des Arbeitslosengeldanspruchs auf 18 Monate wie im Falle des Klägers festgestellt begrenzt sei. Die frühere Arbeitslosmeldung des Klägers im November 2005 ändere hieran nichts, da die hierauf folgende Bewilligung bestandskräftig aufgehoben worden sei. Die Bewilligung zum 20.02.2006 sei daher eine Neufeststellung und nicht etwa die erneute Feststellung eines bereits zuvor und dann gegebenenfalls unterbrochenen Anspruchs auf Arbeitslosengeld. Besondere Gründe des Vertrauensschutzes seien dem Kläger nicht zuzubilligen. Zwar erwachse ihm aus seiner Krankheit im Januar 2006 ein besonderer Nachteil, weswegen das vorliegende Ergebnis im Hinblick auf den Eigentumsschutz der Versicherungsbeiträge zur Arbeitslosenversicherung in Art. 14 Grundgesetz (GG) zu bedenken sei. Im Falle des Klägers sei ein besonderer Vertrauensschutz jedoch nicht notwendig, da die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds schon zum 01.01.2004 gekürzt worden sei und § 434 l Abs. 1 SGB III selbst bereits eine Übergangsregelung darstelle, die gerade aus verfassungsrechtlichen Erwägungen heraus besondere Härten bei der relativ straffen Kürzung der Bezugsdauer abmildern solle. Die Übergangsfrist von 2 Jahren und 1 Monat erscheine insgesamt als außerordentlich lang bemessen. Sie habe genügend Zeit geboten, sich auf die neue Rechtslage einzustellen. Eine solche Vertrauensschutzvorschrift aus verfassungsrechtlichen Gründen könne deswegen nicht aus den selben Gründen erneut weitergehend eingeengt werden. Wenn sie den verfassungsrechtlichen Anforderungen genüge, sei sie als abschließende Entscheidung des Gesetzgebers, ob und wieweit Vertrauensschutz gewährt werden soll, hinzunehmen. Das Urteil des SG wurde den Bevollmächtigten des Klägers am 07.03.2007 zugestellt.
Die Bevollmächtigten des Klägers haben am 10.04.2007 (Dienstag nach Ostermontag) beim SG Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG sei der erste Bewilligungsbescheid mit einer Anspruchsdauer von 960 Kalendertage weiterhin maßgebend. Der Bescheid sei nämlich nicht insgesamt durch den Aufhebungsbescheid vom 18.01.2006 aufgehoben worden, sondern nur insoweit, als er sich auf die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Wirkung ab dem 01.01.2006 beziehe. Die Entscheidung beruhe auf § 142 SGB III, der ein Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld im Falle des Bezugs von Krankengeld feststelle. Nur darauf habe sich die Aufhebungsentscheidung erstreckt. Der Kläger habe daraus nicht folgern können, dass ihm nach Beendigung des Anspruchs auf Krankengeld sodann auch die Bezugsdauer von 960 Kalendertagen streitig gemacht werde; die Aufhebung nach § 48 SGB X reiche nämlich nur soweit, wie die wesentliche Änderung reiche. Dass dem Kläger auch das "Stammrecht" und die Bezugsdauer genommen werden sollten, sei aus dem Aufhebungsbescheid nicht ersichtlich gewesen. Allein deswegen habe sich der Kläger auch nicht gegenüber dem Bescheid vom 18.01.2006 zur Wehr gesetzt. Zusätzlich sei auch zu berücksichtigen, dass ein Anspruch auf Krankengeld wohl zu Unrecht zuerkannt worden sei, was allerdings für den Kläger nicht ersichtlich gewesen sei. Das Arbeitsverhältnis habe zum 31.12.2005 geendet, und für die Zeit danach sei ein Restleistungsvermögen vorhanden gewesen, welches sich auf einfache Tätigkeiten erstreckt habe. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld habe daher bestanden. So betrachtet sei der Kläger bereits ab dem 01.01.2006 verfügbar gewesen und habe richtigerweise auch bezogen auf sein Restleistungsvermögen einen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt. Es wäre eventuell daran zu denken, dass nachträglich der Anspruch auf Krankengeld wieder aufgehoben werden müsse. Der Kläger sei insoweit nicht beraten worden. Es sei jedoch offensichtlich gewesen, dass ihm an der längeren Bezugsdauer entsprechende Übergangsvorschrift von 960 Kalendertagen gelegen gewesen sei.
Der Kläger beantragt, teils sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.02.2007 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 15.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 31.03.2006 dahingehend abzuändern, dass die Bezugsdauer des in dem Bescheid festgestellten Anspruchs auf Arbeitslosengeld 960 Tage beträgt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig. Mit bindendem Bescheid vom 18.01.2006 sei die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld ganz zurückgenommen worden. Bedingt durch die nicht mitgeteilte Arbeitsunfähigkeit hätten die Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitslosengeld nicht vorgelegen. Ein Anspruch von Arbeitslosengeld sei daher nicht zum 01.01.2006, sondern erst zum 20.02.2006 entstanden.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des Sozialgerichts sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden und ausführlichen Entscheidungsgründe in dem angegriffenen Urteil des SG Bezug genommen, denen der Senat sich ausdrücklich anschließt.
Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:
Nach § 127 Abs. 2 SGB III ist die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld bereits seit dem 01.01.2004 grundsätzlich auf maximal 18 Monate beschränkt. Lediglich für Personen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zum 31.01.2006 entstanden ist, ist § 127 SGB III in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung (mit einer längeren Bezugsdauer) weiterhin anzuwenden, § 434 l Abs. 1 SGB III.
Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass dem Kläger, der bereits bei der Auflösung seines Arbeitsverhältnisses im Jahr 2005 durch seine derzeitigen Bevollmächtigten beraten und vertreten wurde, sich bereits frühzeitig auf die ab dem 01.01.2004 geltende kürzere Bezugsdauer einstellen konnte. Außerdem mussten ihm durch seine anwaltliche Beratung auch die Vertrauensschutzregelung in § 434 l Abs. 1 SGB III sowie der Stichtag des 31.01.2006 bekannt sein.
In dieser Situation konnte der Kläger den ersten Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 11.01.2006 bereits nach seinem Empfängerhorizont nicht so verstehen, dass ungeachtet des Stichtags in § 434 l Abs. 1 SGB III die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld über 960 Tage auch für den Fall gelten solle, dass ein Anspruch auf Arbeitslosengeld erstmalig für einen Zeitpunkt nach dem 31.01.2006 bestehen sollte. Dies gilt umso mehr, als der Kläger den ersten Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 11.01.2006 überhaupt erst durch die fälschliche Angabe seiner Arbeitsfähigkeit gegenüber der Beklagten ermöglicht hat, was die Beklagte umgehend nach Bekanntwerden der Arbeitsunfähigkeit des Klägers bis zum 19.02.2006 nach § 45 SGB X korrigiert hat.
Die weiter durch den Bevollmächtigten des Klägers im Berufungsverfahren aufgeworfene Frage, ob tatsächlich überhaupt Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe und nicht vielmehr von einer Arbeitsfähigkeit jedenfalls ab dem 01.01.2006 auszugehen sei, ist vorliegend nicht weiter zu vertiefen. Denn sofern der Kläger insoweit einen früheren Anspruchsbeginn des Bezugs von Arbeitslosengeld erreichen will, handelt es sich nach § 99 Abs. 1 SGG gegenüber dem vom SG entschiedenen Streitgegenstand um eine Klageänderung, die nicht sachdienlich ist und der auch die Beklagte nicht zugestimmt hat.
Die fehlende Sachdienlichkeit ergibt sich daraus, dass bisher weder die Beklagte noch das SG tatsächliche Feststellungen zur Arbeitsfähigkeit des Klägers im Januar 2006 getroffen haben; schließlich hat der Klägerbevollmächtigte noch mit Schriftsatz vom 19.04.2006 selbst vor dem SG vorgetragen, es sei von einer Arbeitsunfähigkeit des Klägers bis zum 19.02.2006 auszugehen. Zudem liegen auch bestandskräftige Bescheide über die Nichtgewährung von Arbeitslosengeld und über die Gewährung von Krankengeld für den Monat Januar 2006 vor.
Auch die durch den Klägerbevollmächtigten aufgeworfene Frage nach einer fehlerhaften Beratung durch die Beklagte ist vorliegend irrelevant. Denn auch eine angenommene fehlerhafte Beratung durch die Beklagte hätte keinen Einfluss auf die Arbeitsunfähigkeit des Klägers vom 20.09.2005 bis zum 19.02.2006 gehabt, welche vorliegend eine Bezugsdauer von 960 Tagen Arbeitslosengeld ausschließt.
Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Problematik wird auf die Ausführungen des SG Bezug genommen. Da in § 434 l Abs. 1 SGB III bereits eine großzügig bemessene Übergangsvorschrift vorlag, ist der Senat nicht davon überzeugt, dass insofern im Falle des Klägers wegen dessen Erkrankung bereits ab September 2005 eine zusätzliche Übergangsvorschrift erforderlich ist.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen daher auch insoweit nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Bezugsdauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld im Streit.
Der 1948 geborene Kläger meldete sich am 10.11.2005 mir Wirkung zum 01.01.2006 bei der Beklagten arbeitslos. Der Kläger war zuletzt vom 01.01.1997 bis zum 31.12.2005 als Lagerist bei der Firma L. L. GmbH in St. beschäftigt, wobei er seit dem 20.09.2005 Krankengeld bezog. Der Kläger erklärte sich uneingeschränkt bereit, alle Möglichkeiten zur Beendigung seiner Beschäftigungslosigkeit zu ergreifen, und verneinte die Frage der Beklagten danach, ob er arbeitsunfähig sei.
Mit Bescheid vom 11.01.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 01.01.2006 für 960 Kalendertage.
Als der Beklagten auffiel, dass der Kläger auch im Januar 2006 weiterhin im Bezug von Krankengeld stand, nahm sie die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit bestandskräftigem Bescheid vom 18.01.2006 rückwirkend ab dem 01.01.2006 zurück (der Bescheid selbst ist in der Verwaltungsakte nicht vorhanden).
Am 20.02.2006 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos. Seine Krankenkasse legte eine Bescheinigung vor, dass Krankengeld letztmalig für den 19.02.2006 bewilligt worden ist.
Mit Bescheid vom 15.03.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 20.02.2006, wobei die Anspruchsdauer nunmehr nur noch 540 Kalendertage betrug.
Der Kläger legte am 28.03.2006 Widerspruch gegen die kürzere Anspruchsdauer ein. Seine erste Arbeitslosmeldung sei bereits im Oktober/November 2005 erfolgt. Ihm sei bereits mit Bewilligungsbescheid vom 11.01.2006 Arbeitslosengeld mit einer Anspruchsdauer von 960 Kalendertagen zuerkannt worden. Dieser Bescheid sei wegen seines damaligen Krankengeldbezuges lediglich ausgesetzt worden mit dem Hinweis, dass bei Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit kein neuer Antrag zu stellen sei. Daraus sei zu schließen gewesen, dass der Krankengeldbezug keine Veränderung der Anspruchsdauer zur Folge haben würde.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31.03.2006 als unbegründet zurück. Die unrichtige Bewilligungsentscheidung sei für die Zeit ab dem 01.01.2006 rückwirkend aufgehoben worden. Erstmalig ab dem 20.02.2006 habe der Kläger auch neben der tatsächlichen Beschäftigungslosigkeit das Merkmal der Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung als Voraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld nach § 119 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) erfüllt. Da die Anspruchsvoraussetzung erstmals zum 20.02.2006 erfüllt worden seien, gelte für den Kläger nicht mehr die Übergangsregelung in § 434 l Abs. 1 SGB III, wonach eine längere Anspruchsdauer im Falle des Klägers möglich gewesen wäre, wenn dieser die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld zu einem früheren Zeitpunkt erfüllt hätte. Die bis zum 31.12.2003 geltende Fassung des § 127 SGB III könne daher im Falle des Klägers nicht mehr angewandt werden.
Der Kläger hat über seine Bevollmächtigten am 20.04.2006 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben. Es sei zutreffend, dass der Kläger erst am 20.02.2006 wieder für einfache Arbeiten arbeitsfähig gewesen sei. Eine Übergangsbestimmung für Arbeitnehmer, welche zu Beginn der Arbeitslosigkeit erkrankten, sei in § 434 l SGB III für § 127 Abs. 3 SGB III nicht enthalten. Es erscheine jedoch willkürlich, einen Arbeitslosen deshalb hinsichtlich der Bezugsdauer schlechter zu stellen, weil er zu Beginn oder während der Arbeitslosigkeit erkranke. Daher stelle sich die grundsätzliche Frage, ob es rechtens sein könne, dass bei Unterbrechung der Arbeitslosigkeit durch Krankheit der einmal erworbene Zeitraum für die Anspruchsdauer sodann wegen einer Gesetzesänderung bei der erneuten Bewilligung von Arbeitslosengeld gekürzt werden könne. Daher sei richtigerweise im vorliegenden Fall noch die Übergangsregelung des § 434 Abs. 1 SGB III anzuwenden. Als angemessene Alternative käme allenfalls in Betracht, dass der Zeitraum der Erkrankung von der einmal erwachsenen Anspruchsdauer abgezogen werde. Der Kläger gab in der mündlichen Verhandlung des SG am 14.02.2007 an, dass es sein Fehler gewesen sei, dass er auf seinem Antrag vom 22.11.2005 angekreuzt habe, nicht arbeitsunfähig erkrankt zu sein. Es sei jedoch zuvor besprochen worden, dass er arbeitsunfähig sei. Er sei auch auf Krücken bei der Arbeitsagentur erschienen. Er sei davon überzeugt gewesen, arbeitslos zu sein. Er habe sich bei der Arbeitsagentur ja auch arbeitsuchend gemeldet und sei mehrfach dort gewesen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 14.02.2007 als unbegründet abgewiesen. Die Klage sei als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig. Es bestehe ein ausreichendes Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage, welche sich lediglich gegen die festgestellte Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes richtet, weil die zeitliche Dauer des Anspruchs ebenso wie die Höhe des Bemessungsentgeltes durch den Bescheid konstitutiv festgestellt werde. Die Klage sei jedoch nicht begründet, weil der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld erst nach dem 31.01.2006 entstanden sei und deswegen die Übergangsvorschrift des § 434 l SGB III nicht anzuwenden sei. Die bis zum 19.02.2006 vorliegende Arbeitsunfähigkeit des Klägers habe grundsätzlich dessen Verfügbarkeit im Sinne von § 119 Abs. 5 Nr. 1 SGB III ausgeschlossen. Das ergebe sich auch aus dem Umkehrschluss aus § 126 Abs. 1 Satz 1 SGB III, der nicht nötig wäre, wenn Arbeitsunfähigkeit die Verfügbarkeit nicht ausschlösse. Damit sei der Kläger erstmalig am 20.02.006 arbeitslos im Sinne des Gesetzes gewesen. Demnach sei die Neuregelung des § 127 Abs. 2 SGB III einschlägig, wonach die Höchstdauer des Arbeitslosengeldanspruchs auf 18 Monate wie im Falle des Klägers festgestellt begrenzt sei. Die frühere Arbeitslosmeldung des Klägers im November 2005 ändere hieran nichts, da die hierauf folgende Bewilligung bestandskräftig aufgehoben worden sei. Die Bewilligung zum 20.02.2006 sei daher eine Neufeststellung und nicht etwa die erneute Feststellung eines bereits zuvor und dann gegebenenfalls unterbrochenen Anspruchs auf Arbeitslosengeld. Besondere Gründe des Vertrauensschutzes seien dem Kläger nicht zuzubilligen. Zwar erwachse ihm aus seiner Krankheit im Januar 2006 ein besonderer Nachteil, weswegen das vorliegende Ergebnis im Hinblick auf den Eigentumsschutz der Versicherungsbeiträge zur Arbeitslosenversicherung in Art. 14 Grundgesetz (GG) zu bedenken sei. Im Falle des Klägers sei ein besonderer Vertrauensschutz jedoch nicht notwendig, da die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds schon zum 01.01.2004 gekürzt worden sei und § 434 l Abs. 1 SGB III selbst bereits eine Übergangsregelung darstelle, die gerade aus verfassungsrechtlichen Erwägungen heraus besondere Härten bei der relativ straffen Kürzung der Bezugsdauer abmildern solle. Die Übergangsfrist von 2 Jahren und 1 Monat erscheine insgesamt als außerordentlich lang bemessen. Sie habe genügend Zeit geboten, sich auf die neue Rechtslage einzustellen. Eine solche Vertrauensschutzvorschrift aus verfassungsrechtlichen Gründen könne deswegen nicht aus den selben Gründen erneut weitergehend eingeengt werden. Wenn sie den verfassungsrechtlichen Anforderungen genüge, sei sie als abschließende Entscheidung des Gesetzgebers, ob und wieweit Vertrauensschutz gewährt werden soll, hinzunehmen. Das Urteil des SG wurde den Bevollmächtigten des Klägers am 07.03.2007 zugestellt.
Die Bevollmächtigten des Klägers haben am 10.04.2007 (Dienstag nach Ostermontag) beim SG Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG sei der erste Bewilligungsbescheid mit einer Anspruchsdauer von 960 Kalendertage weiterhin maßgebend. Der Bescheid sei nämlich nicht insgesamt durch den Aufhebungsbescheid vom 18.01.2006 aufgehoben worden, sondern nur insoweit, als er sich auf die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Wirkung ab dem 01.01.2006 beziehe. Die Entscheidung beruhe auf § 142 SGB III, der ein Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld im Falle des Bezugs von Krankengeld feststelle. Nur darauf habe sich die Aufhebungsentscheidung erstreckt. Der Kläger habe daraus nicht folgern können, dass ihm nach Beendigung des Anspruchs auf Krankengeld sodann auch die Bezugsdauer von 960 Kalendertagen streitig gemacht werde; die Aufhebung nach § 48 SGB X reiche nämlich nur soweit, wie die wesentliche Änderung reiche. Dass dem Kläger auch das "Stammrecht" und die Bezugsdauer genommen werden sollten, sei aus dem Aufhebungsbescheid nicht ersichtlich gewesen. Allein deswegen habe sich der Kläger auch nicht gegenüber dem Bescheid vom 18.01.2006 zur Wehr gesetzt. Zusätzlich sei auch zu berücksichtigen, dass ein Anspruch auf Krankengeld wohl zu Unrecht zuerkannt worden sei, was allerdings für den Kläger nicht ersichtlich gewesen sei. Das Arbeitsverhältnis habe zum 31.12.2005 geendet, und für die Zeit danach sei ein Restleistungsvermögen vorhanden gewesen, welches sich auf einfache Tätigkeiten erstreckt habe. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld habe daher bestanden. So betrachtet sei der Kläger bereits ab dem 01.01.2006 verfügbar gewesen und habe richtigerweise auch bezogen auf sein Restleistungsvermögen einen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt. Es wäre eventuell daran zu denken, dass nachträglich der Anspruch auf Krankengeld wieder aufgehoben werden müsse. Der Kläger sei insoweit nicht beraten worden. Es sei jedoch offensichtlich gewesen, dass ihm an der längeren Bezugsdauer entsprechende Übergangsvorschrift von 960 Kalendertagen gelegen gewesen sei.
Der Kläger beantragt, teils sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.02.2007 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 15.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 31.03.2006 dahingehend abzuändern, dass die Bezugsdauer des in dem Bescheid festgestellten Anspruchs auf Arbeitslosengeld 960 Tage beträgt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig. Mit bindendem Bescheid vom 18.01.2006 sei die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld ganz zurückgenommen worden. Bedingt durch die nicht mitgeteilte Arbeitsunfähigkeit hätten die Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitslosengeld nicht vorgelegen. Ein Anspruch von Arbeitslosengeld sei daher nicht zum 01.01.2006, sondern erst zum 20.02.2006 entstanden.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des Sozialgerichts sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden und ausführlichen Entscheidungsgründe in dem angegriffenen Urteil des SG Bezug genommen, denen der Senat sich ausdrücklich anschließt.
Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:
Nach § 127 Abs. 2 SGB III ist die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld bereits seit dem 01.01.2004 grundsätzlich auf maximal 18 Monate beschränkt. Lediglich für Personen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zum 31.01.2006 entstanden ist, ist § 127 SGB III in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung (mit einer längeren Bezugsdauer) weiterhin anzuwenden, § 434 l Abs. 1 SGB III.
Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass dem Kläger, der bereits bei der Auflösung seines Arbeitsverhältnisses im Jahr 2005 durch seine derzeitigen Bevollmächtigten beraten und vertreten wurde, sich bereits frühzeitig auf die ab dem 01.01.2004 geltende kürzere Bezugsdauer einstellen konnte. Außerdem mussten ihm durch seine anwaltliche Beratung auch die Vertrauensschutzregelung in § 434 l Abs. 1 SGB III sowie der Stichtag des 31.01.2006 bekannt sein.
In dieser Situation konnte der Kläger den ersten Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 11.01.2006 bereits nach seinem Empfängerhorizont nicht so verstehen, dass ungeachtet des Stichtags in § 434 l Abs. 1 SGB III die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld über 960 Tage auch für den Fall gelten solle, dass ein Anspruch auf Arbeitslosengeld erstmalig für einen Zeitpunkt nach dem 31.01.2006 bestehen sollte. Dies gilt umso mehr, als der Kläger den ersten Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 11.01.2006 überhaupt erst durch die fälschliche Angabe seiner Arbeitsfähigkeit gegenüber der Beklagten ermöglicht hat, was die Beklagte umgehend nach Bekanntwerden der Arbeitsunfähigkeit des Klägers bis zum 19.02.2006 nach § 45 SGB X korrigiert hat.
Die weiter durch den Bevollmächtigten des Klägers im Berufungsverfahren aufgeworfene Frage, ob tatsächlich überhaupt Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe und nicht vielmehr von einer Arbeitsfähigkeit jedenfalls ab dem 01.01.2006 auszugehen sei, ist vorliegend nicht weiter zu vertiefen. Denn sofern der Kläger insoweit einen früheren Anspruchsbeginn des Bezugs von Arbeitslosengeld erreichen will, handelt es sich nach § 99 Abs. 1 SGG gegenüber dem vom SG entschiedenen Streitgegenstand um eine Klageänderung, die nicht sachdienlich ist und der auch die Beklagte nicht zugestimmt hat.
Die fehlende Sachdienlichkeit ergibt sich daraus, dass bisher weder die Beklagte noch das SG tatsächliche Feststellungen zur Arbeitsfähigkeit des Klägers im Januar 2006 getroffen haben; schließlich hat der Klägerbevollmächtigte noch mit Schriftsatz vom 19.04.2006 selbst vor dem SG vorgetragen, es sei von einer Arbeitsunfähigkeit des Klägers bis zum 19.02.2006 auszugehen. Zudem liegen auch bestandskräftige Bescheide über die Nichtgewährung von Arbeitslosengeld und über die Gewährung von Krankengeld für den Monat Januar 2006 vor.
Auch die durch den Klägerbevollmächtigten aufgeworfene Frage nach einer fehlerhaften Beratung durch die Beklagte ist vorliegend irrelevant. Denn auch eine angenommene fehlerhafte Beratung durch die Beklagte hätte keinen Einfluss auf die Arbeitsunfähigkeit des Klägers vom 20.09.2005 bis zum 19.02.2006 gehabt, welche vorliegend eine Bezugsdauer von 960 Tagen Arbeitslosengeld ausschließt.
Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Problematik wird auf die Ausführungen des SG Bezug genommen. Da in § 434 l Abs. 1 SGB III bereits eine großzügig bemessene Übergangsvorschrift vorlag, ist der Senat nicht davon überzeugt, dass insofern im Falle des Klägers wegen dessen Erkrankung bereits ab September 2005 eine zusätzliche Übergangsvorschrift erforderlich ist.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen daher auch insoweit nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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