L 7 SO 4636/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 SO 525/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 4636/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 10. August 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung von Sozialhilfe bzw. höherer Sozialhilfe für den Zeitraum vom 25. Juni 2003 bis 31. Dezember 2004.

Der 1946 geborene Kläger wurde im August 2000 arbeitslos und bezog bis 22. März 2003 Arbeitslosengeld. Er ist Eigentümer einer im Jahr 1997 zum Kaufpreis von 685.000,00 DM erworbenen Eigentumswohnung, die er seit April 2003 selbst bewohnt. In einem im Internet veröffentlichten Inserat vom März 2005, vorgelegt vom Kläger im Klageverfahren, wurde die Eigentumswohnung wie folgt beschrieben: "Sehr aufwendig restauriertes Baudenkmal aus dem 14. Jahrhundert, gläserner Aufzug, Granitböden und historisch sichtbare Balken im Hausflur ... Parkettböden, nach Süden ausgerichtete 17 qm-Terrasse mit Blick auf Donau, Stadtmauer und Münster, sichtbare historische Deckenbalken, Bad mit Granitböden, zwei Waschbecken, begehbarer Dusche und abgetrenntem WC ... exklusive Wohnung am längsten Fluss Europas und am höchsten Kirchturm der Welt in Ulms ältestem Gasthof, einstige Fürstenherberge für Kaiser und Könige ... Kaufpreis: 480.000,00 EUR, Wohnfläche: ca. 100 qm, Zimmer: 3,5"

Die Wohnung hat nach einem Gutachten der Beklagten einen Verkehrswert von 232.460,00 EUR. Zum Stand 31. Dezember 2003 hatte der Kläger bei der H. noch ein Hypothekendarlehen in Höhe von 356.818,68 EUR. Ein Teil der Wohnung war bis zum 15. Juli 2004 vermietet, woraus der Kläger monatliche Einnahmen in Höhe von 250,00 EUR erzielte.

Nachdem die Bewilligung der im Anschluss an das Arbeitslosengeld vom Kläger beantragten Arbeitslosenhilfe zunächst ausblieb, beantragte er am 25. Juni 2003 bei der Beklagten Sozialhilfe. Mit Bescheid vom 7. Juli 2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger ein Darlehen nach § 15b des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) für Juni 2003 in Höhe von 154,60 EUR und Juli 2003 in Höhe von 776,00 EUR. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und wandte sich gegen die Leistungshöhe sowie die darlehensweise Gewährung. Hinsichtlich der Leistungshöhe machte er insbesondere höhere Aufwendungen für die Finanzierung seiner Eigentumswohnung geltend. In der Folgezeit bezog der Kläger weiter darlehensweise Sozialhilfe in Höhe von monatlich 776,00 EUR bzw. im Januar 2004 in Höhe von 784,27 EUR.

Im Februar 2004 bewilligte die Agentur für Arbeit dem Kläger Arbeitslosenhilfe für die Zeit ab dem 17. April 2003. Insgesamt bezog der Kläger Arbeitslosenhilfe mit einem wöchentlichen Leistungsbetrag von 276,50 EUR bis 31. Dezember 2003, anschließend bis 22. März 2004 in Höhe von wöchentlich 284,48 EUR und vom 23. März bis 31. Dezember 2004 in Höhe von wöchentlich 278,60 EUR. Auf einen von der Beklagten angemeldeten Erstattungsanspruch leistete die Agentur für Arbeit einen Betrag in Höhe von 5.821,12 EUR. Mit Bescheid vom 20. Februar 2004 verfügte die Beklagte die Einstellung der Sozialhilfegewährung zum 31. Januar 2004 und verwies zur Begründung auf den Bezug von Arbeitslosenhilfe.

Hiergegen erhob der Kläger ebenfalls Widerspruch und machte geltend, mit der Arbeitslosenhilfe seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten zu können. Der Erwerb der Eigentumswohnung im Jahr 1997 sei steuerlich über Sonderabschreibungen für denkmalgeschütztes Bauen über zehn Jahre gefördert worden, was zur Folge habe, dass ein Verkauf vor dem 1. Januar 2008 zu einer steuerlichen Belastung von ca. 75.000,00 EUR führe. Ferner seien Bewerbungskosten in Höhe von 468,52 EUR monatlich zu berücksichtigen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2005 wies die Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück. Der Kläger erziele ein monatliches Einkommen in Höhe von 1.465,27 EUR zuzüglich 250,00 EUR Mieteinnahmen bis 15. Juli 2004, während sich sein Bedarf ohne Berücksichtigung der Unterkunftskosten auf monatlich 583,62 EUR belaufe. Damit verbleibe ein Betrag in Höhe von 1.131,65 EUR zur Finanzierung der Unterkunftskosten. Hinzuzurechnen seien die erzielten Steuervorteile in Höhe von 625,00 EUR monatlich. Ohne Berücksichtigung der Tilgungsraten sei von tatsächlichen Unterkunftskosten in Höhe von 1.640,61 EUR auszugehen, die jedoch die Grenze des Angemessenen überschritten. Bei der Eigentumswohnung des Klägers handele es sich um ein außergewöhnlich exklusives Objekt, das sich deutlich von den auf dem Immobilienmarkt üblichen Angeboten abhebe. Die Wohnungsgröße liege bei 100 qm, angemessen sei eine Größe von 60 qm, weshalb Zinsaufwendungen nur im Umfang von 60% anerkannt werden könnten. Bei Zugrundelegung des Mietspiegels für Ulm und Neu-Ulm ergäben sich angemessene Unterkunftskosten in Höhe von lediglich 345,15 EUR. Hinsichtlich der Bewerbungskosten fehle es an einer Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers. Soweit die Leistungsgewährung zunächst darlehensweise erfolgt sei, habe sich dies durch die Erstattung seitens der Agentur für Arbeit erledigt.

Hiergegen richtet sich die am 3. März 2005 zum Sozialgericht Ulm (SG) erhobene Klage. Während des Klageverfahrens hat die Beklagte mit Teilanerkenntnis vom 8. Mai 2006 dem Kläger für den Zeitraum vom 15. Juli bis 31. Dezember 2004 Sozialhilfe in Höhe von 228,00 EUR monatlich (insgesamt 1.254,00 EUR) gewährt; der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen. Mit Urteil vom 10. August 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Kläger ein weiterer Anspruch nicht zustehe. Sein Einkommen habe im streitgegenständlichen Zeitraum zwischen 1.465,27 EUR und 1.715,27 EUR gelegen. Als Einkommen seien Arbeitslosenhilfe, Wohngeld und Mieteinnahmen zu berücksichtigen. Der anzuerkennende Bedarf des Klägers habe nicht über 1.693,29 EUR monatlich gelegen. Diesen Bedarf habe er bis zum 14. Juli 2004 durch sein Einkommen abdecken können. Für die Folgezeit sei der Kläger durch das Anerkenntnis der Beklagten klaglos gestellt. Sein Einkommen und die auf der Grundlage des Anerkenntnisses gewährte Sozialhilfe deckten den Bedarf. Die vom Kläger geltend gemachten Bewerbungskosten seien nicht vom notwendigen Lebensunterhalt im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG umfasst, es bestehe auch keine andere gesetzliche Grundlage für einen Anspruch gegen den Sozialhilfeträger. Die Beklagte habe zutreffend auf die Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit hingewiesen. Die berücksichtigungsfähigen Kosten der Unterkunft - einschließlich Nebenkosten - hätten nicht über 1.109,67 EUR monatlich gelegen. Die tatsächlichen Aufwendungen beliefen sich auf 2.259,13 EUR monatlich, nicht zu berücksichtigen seien dem Grunde nach Tilgungsleistungen. Die vom Kläger aufgebrachten Schuldzinsen überstiegen das Maß des Angemessenen, da die von ihm bewohnte Eigentumswohnung selbst nicht angemessen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) sei. Soweit die Beklagte als Bedarf im Hinblick auf die Schuldzinsen einen Betrag von 796,34 EUR als angemessen erkannt habe, sei hierin kein Rechtsfehler zum Nachteil des Klägers zu erkennen. Jedenfalls seien keine weitergehenden Aufwendungen anzuerkennen. Es könne offenbleiben, ob der geltend gemachte Anspruch des Klägers auch deswegen nicht in Betracht komme, weil die Eigentumswohnung einzusetzendes Vermögen darstelle.

Gegen das Urteil hat der Kläger am 7. September 2006 Berufung eingelegt. Er macht nach wie vor geltend, sein Einkommen sei im streitigen Zeitraum mit "0" anzusetzen. Die Beklagte selbst habe bei der Wohngeldbewilligung kein Einkommen angerechnet. Vom Finanzamt sei für die Jahre 2004 und 2004 sogar ein Negativeinkommen festgestellt worden. Bezüglich Wohngeld und Mieteinnahmen sei der Kläger der Auffassung, dass diese außer Ansatz zu bleiben hätten, da sie in voller Höhe für die geschuldeten Tilgungsraten eingesetzt worden seien. Darüber hinaus seien auch Absetzungen von seinem Einkommen vorzunehmen. Schließlich sei dem Kläger gegenüber keine formelle Wohnkostenreduzierungsaufforderung erfolgt. Hinsichtlich der Bewerbungskosten halte er das Urteil nicht für durchgreifend, da ihm auch von der Agentur für Arbeit die Kosten nicht erstattet worden seien.

Der Kläger beantragt:

Das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 10. August 2006 wird aufgehoben.

Unter Abänderung der Bescheide vom 3. Juli 2003 und 20. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Februar 2005 wird die Beklagte verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 25. Juni 2003 bis 31. Dezember 2004 Sozialhilfe in Höhe von monatlich 2.277,01 EUR zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das SG habe zu Recht festgestellt, dass die Wohnung des Klägers unangemessen groß und teuer sei. Angesichts der Tatsache, dass die Beklagte ihrerseits bei der Berechnung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung Schuldzinsen von 796,34 EUR berücksichtigt habe, habe für das SG letztlich die Frage offenbleiben können, ob und in welchem Umfang der anerkannte Betrag über der Angemessenheitsgrenze im Sinne des § 12 BSHG gelegen habe. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass die dem Kläger gewährten Hilfen mehr oder weniger deutlich über den für die damaligen Verhältnisse angemessenen Kosten lägen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die Berufung, über die der Senat nach erteiltem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufung wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat in der streitbefangenen Zeit vom 25. Juni 2003 bis 31. Dezember 2004 keinen Anspruch auf höhere Leistungen der Sozialhilfe gegenüber der Beklagten.

Nach § 11 Abs. 1 BSHG ist Hilfe zum Lebensunterhalt dem zu gewähren, der seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem aus seinem Einkommen und Vermögen, beschaffen kann. Die Eigentumswohnung des Klägers stellt verwertbares Vermögen im Sinne des § 88 Abs. 1 BSHG dar, insbesondere ist sie nicht geschützt nach Abs. 2 Nr. 7 der Vorschrift. Danach ist als Vermögensgegenstand nur privilegiert ein angemessenes Hausgrundstück, das vom Hilfesuchenden selbst bewohnt wird. Zweck der Regelung ist nicht der Schutz der Immobilie als Vermögensgegenstand, sondern allein der Schutz der Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses "Wohnen" und als räumlicher Lebensmittelpunkt (vgl. BVerwGE 59, 294, 300 m.w.N.; zur Arbeitlosenhilfe vgl. Bundessozialgericht (BSG) BSGE 49, 30, 31 = SozR 4220 § 6 Nr. 3; BSGE 84, 48, 51 = SozR 3-4220 § 6 Nr. 7; zum Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vgl. BSG SozR 4-4200 § 12 Nr. 3 = FEVS 58, 241). Zur Bestimmung der angemessenen Größe verwies § 88 Abs. 2 Nr. 7 Satz 3 BSHG bis zum 31. Dezember 2001 ausdrücklich auf die Wohnflächengrenzen des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3, Abs. 2 Zweites Wohnungsbaugesetz (2. WoBauG). Danach sollte mit öffentlichen Mitteln nur der Bau von angemessen großen Wohnungen innerhalb der nachstehenden Grenzen gefördert werden: Familienheime mit nur einer Wohnung - 130 qm, eigengenutzte Eigentumswohnungen und Kaufeigentumswohnungen - 120 qm. Überschreitungen von 20 qm pro Person waren möglich, wenn die Mehrfläche zu einer angemessenen Unterbringung eines Haushalts mit mehr als vier Personen erforderlich war (§ 82 Abs. 3 Satz 1 2. WoBauG). Auch nach Aufhebung des 2. WoBauG wendet der Senat die dort genannten Wohnflächengrenzen zur Beibehaltung einer bundeseinheitlichen Regelung weiter an, denn das nunmehr die soziale Wohnraumförderung regelnde Wohnraumförderungsgesetz vom 13. September 2001 (BGBl. I S. 2376) sieht Ausführungsgesetze der Länder vor, welche erhebliche Spannbreiten für die angemessene Wohnfläche aufweisen (vgl. hierzu BSG SozR 4-4200 § 12 Nr. 3 m.w.N.). Ob die im 2. WoBauG festgelegte Grenze, die für einen Vierpersonenhaushalt gilt, bei weniger Bewohnern herabzusetzen ist, ist umstritten (dafür Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht (OVG), FEVS 46, 192, 196; BVerwG, NJW 1993, 1024 (zur alten Fassung der Vorschrift); dagegen OVG Nordrhein-Westfalen, FEVS 46, 314, 317; vgl. zum SGB II hierzu auch BSG SozR 4-4200 § 12 Nr. 3). Hierauf kommt es jedoch nicht an, da auch unabhängig von der Wohnfläche im Hinblick auf Ausstattung und Wert der Wohnung von Angemessenheit nicht ausgegangen werden kann. Ohne Zweifel wird der für den öffentlich geförderten bzw. steuerbegünstigten Wohnungsbau übliche Standard deutlich überschritten. Die Wohnung des Klägers stellt daher kein geschütztes Vermögen dar, sondern ist grundsätzlich zu verwerten. Im Hinblick auf fehlende sofortige Verwertungsmöglichkeiten, gerade auch in Anbetracht der hohen hypothekarischen Belastung der Eigentumswohnung, welche einen Kaufpreis deutlich über dem von der Beklagten ermittelten Verkehrswert erfordert, käme jedoch eine Hilfeleistung als Darlehen nach § 89 BSHG, die der Kläger sinngemäß hilfsweise begehrt, in Betracht. Allerdings besteht auch unter diesem Gesichtspunkt kein Anspruch des Klägers, da er seinen sozialhilferechtlich anzuerkennenden Bedarf mit dem ihm zur Verfügung stehenden Einkommen decken konnte.

Dem Kläger stand als Einkommen zur Verfügung Arbeitslosenhilfe in Höhe von 276,50 EUR wöchentlich (= 1.198,17 EUR monatlich) in der Zeit vom 25. Juni bis 31. Dezember 2003, in Höhe von 284,48 EUR wöchentlich (= 1.232,75 EUR monatlich) vom 1. Januar bis 22. März 2004 sowie in Höhe von 278,60 EUR wöchentlich (= 1.207,27 EUR monatlich) in der Zeit vom 23. März bis 31. Dezember 2004. Zusätzlich verfügte der Kläger über Wohngeld in Höhe von 258,00 EUR monatlich sowie Miete in Höhe von 250,00 EUR monatlich bis 14. Juli 2004. Abzusetzen sind vom Einkommen nach § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG die Beiträge zur Hausratversicherung (vgl. Niedersächsisches OVG FEVS 42,104, 108) in Höhe von 11,31 EUR monatlich sowie nach § 76 Abs. 2 Nr. 4 BSHG der VDK-Beitrag in Höhe von 4,50 EUR monatlich. Von den Mieteinnahmen können abgesetzt werden nach § 76 Abs. 2 Nr. 4 BSHG i.V.m. § 7 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung (DVO) des § 76 BSHG vom 28. November 1962 (BGBl. I S. 692), geändert durch Gesetz vom 21.12.2000 (BGBl. I S. 1983) Schuldzinsen, entgegen der Auffassung des Klägers jedoch nicht Tilgungsleistungen. Wohngeld gehört dagegen nicht zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Sinne des § 7 Abs. 1 der DVO zu § 76 BSHG i.V.m. § 21 Abs. 1 und 3 des Einkommenssteuergesetzes (EStG). Aus diesem Grund sind vom Wohngeld auch Schuldzinsen nicht abzusetzen. Entsprechend hatte der Kläger im Zeitraum vom 25. Juni bis 31. Dezember 2003 ein monatliches Einkommen in Höhe von 1.440,36 EUR, in der Zeit vom 1. Januar bis 22. März 2004 in Höhe von 1.474,94 EUR und in der Zeit vom 23. März bis 31. Dezember 2004 in Höhe von 1.449,46 EUR zur Verfügung.

Nicht vom Einkommen abzusetzen sind die Bewerbungskosten des Klägers. Im Widerspruchsverfahren hat der Kläger geltend gemacht, er habe pro Monat 1.235,43 EUR durchschnittlich an Bewerbungskosten aufgewendet. Hierzu hat er - ausgehend von einer Vorstellungsreise wöchentlich - pauschal die Kosten für eine Reise zum geographischen Mittelpunkt Deutschlands nach Kassel mit dem PKW zuzüglich Übernachtungspauschale, Verpflegungsmehraufwand und Material- und Portopauschale zugrunde gelegt (vgl. Bl. 152 Verwaltungsakte). Abgesehen davon, dass jegliche Spezifizierung fehlt und die Aufwendungen im Einzelnen nicht belegt sind, können Aufwendungen in dieser Höhe, welche sogar die bewilligte Arbeitslosenhilfe übersteigen, nicht als notwendige Ausgaben im Sinne von § 76 Abs. 2 Nr. 4 BSHG betrachtet werden.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte im Wohngeldbescheid vom 8. Dezember 2004 ein anzurechnendes monatliches Einkommen des Klägers von 0,00 EUR festgesetzt hat. Zum einen haben die Berechnungsgrundlagen im Wohngeldbescheid für die Festsetzung der Sozialhilfe keinerlei Bindungswirkung. Zum anderen verhält sich die Beklagte entgegen der Auffassung des Klägers insoweit auch nicht widersprüchlich. Die unterschiedliche Einkommensanrechnung folgt vielmehr aus den jeweils maßgeblichen gesetzlichen Grundlagen. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Wohngeldgesetz (WoGG) ist das maßgebliche Jahreseinkommen nach diesem Gesetz vorbehaltlich der Abs. 2 und 3 sowie §§ 11, 12 WoGG die Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1, 2 und 5a EStG. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG sind Einkünfte die Überschüsse der Einnahmen über die Werbungskosten im Sinne von §§ 8 bis 9a EStG. Dagegen sind nach § 76 Abs. 2 Nr. 4 BSHG nur die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben abzusetzen.

Auf der Bedarfsseite sind für den Kläger zu berücksichtigen der Regelsatz in Höhe von 297,00 EUR, die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 479,00 EUR monatlich bis 31. Dezember 2003, 487,27 EUR für die Zeit vom 1. Januar bis 30. April 2004 und in Höhe von 488,79 EUR für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Dezember 2004. Abzuziehen davon ist jeweils der von der Bundesagentur für Arbeit dem Kläger gemäß § 207a Sozialgesetzbuch Drittes Buch bewilligte Anteil in Höhe von 188,01 EUR für die Zeit bis 31. Dezember 2003, 197,24 EUR für die Zeit vom 1. Januar bis 22. März 2004 und 193,17 EUR für die Zeit vom 23. März bis 31. Dezember 2004 (vgl. Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 4. Juni 2004, Bl. 129 Verwaltungsakte). Weiter sind zu berücksichtigen für den Kläger als Kosten der Unterkunft Hausgeld, Grundsteuer und Müllgebühr in Höhe von insgesamt 313,34 EUR monatlich.

Streitig ist insoweit allerdings die Höhe der zu berücksichtigenden Schuldzinsen. Im Juni 2003 beliefen sich die Schuldzinsen auf 1.353,79 EUR monatlich, im Dezember 2004 auf 1.314,89 EUR monatlich. Die Schuldentilgung gehört nicht zu den notwendigen Unterkunftskosten (vgl. BVerwG FEVS 19, 447) und wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Als Unterkunftskosten für das selbst genutzte Eigenheim oder die Eigentumswohnung zählen die notwendigen Ausgaben, die nach § 7 Abs. 2 DVO zu § 76 bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen sind. Insoweit gehören hierzu auch die Schuldzinsen. Bei der Bestimmung der Angemessenheit der Aufwendungen ist zu prüfen, ob das Eigenheim selbst nach seiner Größe und Ausstattung angemessen ist und ob die mit dem Eigenheim verbundenen Lasten nicht deshalb unangemessen sind, weil der Hilfebedürftige das Eigenheim zu unangemessenen Bedingungen erworben hat (vgl. BVerwGE 77, 232). Vorliegend übersteigen die vom Kläger aufgebrachten Schuldzinsen, wie das SG zutreffend festgestellt hat, das Maß des Angemessenen schon deshalb, weil die vom Kläger bewohnte Eigentumswohnung selbst nicht angemessen ist (vgl. hierzu oben).

Grundsätzlich kann die ortsübliche Nettokaltmiete als Grenze für den angemessenen Finanzierungsaufwand angesetzt werden (vgl. BSG SozR 4-4200 § 12 Nr. 3). Nach den Ausführungen der Beklagten liegt die Nettokaltmiete für eine 45 qm große Wohnung in Ulm bei 268,65 EUR. Ob zu diesem Preis tatsächlich eine ausreichende Anzahl entsprechender Wohnungen auf dem freien Wohnungsmarkt verfügbar ist, kann vorliegend dahingestellt bleiben, da auch bei der Annahme einer Vergleichsmiete bis 780,50 EUR der Bedarf des Klägers im gesamten Zeitraum gedeckt wäre. Bei einer derartigen Miethöhe steht für den Senat außer Zweifel, dass im streitigen Zeitraum eine ausreichende Anzahl verfügbarer und zumutbarer Wohnungen in Ulm vorhanden war. Für den Zeitraum bis einschließlich 14. Juli 2004 ist der Bedarf auch dann gedeckt, wenn die von der Beklagten anerkannten Schuldzinsen in Höhe von 796,34 EUR monatlich zugrunde gelegt werden. Abzuziehen sind in diesem Zeitraum jeweils 250,00 EUR monatlich an Mieteinnahmen, welche zur Deckung der anzuerkennenden Schuldzinsen heranzuziehen sind. Für die Zeit ab 15. Juli 2004 entfällt der Abzug der Mieteinnahmen von den Schuldzinsen, zu berücksichtigen ist insoweit jedoch, dass die Beklagte im Klageverfahren im Wege des Teilanerkenntnisses dem Kläger bereits 228,00 EUR monatlich gewährt hat. Unter Berücksichtigung dieser Zahlung hatte der Kläger für die Schuldzinsen immer noch einen Betrag in Höhe von 780,50 EUR zur Verfügung. Es ist offensichtlich, dass dieser Betrag die ortsübliche Vergleichsmiete für Wohnungen bis 45 qm jedenfalls bei Weitem übersteigt. Rechtsfehler zum Nachteil des Klägers sind somit nicht ersichtlich. Damit ergibt sich auf der Bedarfsseite folgendes Bild:

25.6.-31.12.2003 1.1.-22.3.2004 23.3.-14.7.2004 15.7.-31.12.2004 Regelsatz 297,00 297,00 297,00 297,00 Beiträge KV/PV 479,00 487,27 487,27 ab 1.5.: 488,79 488,79./. Anteil BA 188,01 197,24 193,17 193,17 Hausgeld etc. 313,34 313,34 313,34 313,34./. Warmwasser 9,00 9,00 9,00 9,00 Schuldzinsen 796,34 796,34 796,34 780,50./. Mieteinnahme 250,00 250,00 250,00./. Teilanerkennt. 228,00 Summe 1.438,67 1.437,71 1.441,78 ab 1.5.: 1.443,30 1.449,46

Entgegen der Auffassung des Klägers ist auch für einen Übergangszeitraum keine Berücksichtigung der tatsächlichen Wohnkosten vorzunehmen. Die Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung zur Durchführung des § 22 BSHG vom 20. Juli 1962 (BGBl. I S. 515) in der Fassung der Verordnung vom 7. Oktober 1991 (BGBl. I S. 1991, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Dezember 2000, BGBl. I S. 1983), wonach die Aufwendungen für die Unterkunft, die den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, solange anzuerkennen sind, als es den betroffenen Personen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, betrifft ausdrücklich nur die Übernahme von Unterkunftskosten des Hilfebedürftigen, nicht aber den hier vorliegenden Fall der erforderlichen Verwertung von Wohnungseigentum (vgl. BSG, Urteil vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 37/06 R - (juris); LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2007 - L 9 B 136/07 AS ER - (juris)). In einem solchen Fall, in dem ein Hilfeanspruch allein deshalb in Betracht kommt, weil eine als Vermögen zu berücksichtigende nicht angemessene Wohnung nicht sofort verwertet werden kann, würde es eine unzulässige Finanzierung eines nicht geschützten Vermögensgegenstands darstellen, wenn hier - vorübergehend - die gesamten Schuldzinsen übernommen würden.

Weitere Bedarfe des Klägers sind nicht ersichtlich. Den zunächst geltend gemachten Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung hat der Kläger schon im Verwaltungsverfahren nach Rücksprache mit seinem Hausarzt ausdrücklich nicht mehr beansprucht. Ebenso ergibt sich kein höherer Bedarf unter Berücksichtigung der vom Kläger behaupteten Bewerbungskosten. Eine Anspruchsgrundlage hierfür ist im BSHG nicht ersichtlich. Etwas anderes folgt erst recht nicht daraus, dass der Kläger - wie er im Erörterungstermin ausgeführt hat - Bewerbungskosten bei der Bundesagentur für Arbeit im Hinblick auf die ihm zu niedrig erscheinenden Sätze erst gar nicht geltend gemacht hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 BSHG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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