Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 4804/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 4832/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. August 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die teilweise Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) und die Rückforderung erbrachter Leistungen streitig.
Der 1972 geborenen Klägerin wurde vom Arbeitsamt, jetzt Agentur für Arbeit, Karlsruhe (AA) bis zur Erschöpfung des Anspruches ab 14.12.2001 Arbeitslosengeld (Alg) zuletzt in Höhe von wöchentlich 366,10 DM (Bemessungsentgelt 990 DM, Leistungsgruppe A/0) bezahlt.
In der Zeit vom 01.08.2002 bis 30.11.2002 stand die Klägerin bei der Z. Generalagentur K. zur Ausbildung in einem Beschäftigungsverhältnis. Sie erhielt ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt vom monatlich 1.820,70 EUR, inklusive einer Reisekostenpauschale von mtl. 307 EUR.
Am 26.11.2002 meldete sich die Klägerin beim AA erneut arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg. Sie bestätigte mit ihrer Unterschrift, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. In der Lohnsteuerkarte der Klägerin für das Jahr 2002 war die Steuerklasse I eingetragen. Die Klägerin teilte dem AA auf dessen Anfrage u.a. mit, sie wechsele in die Steuerklasse III. Mit Bescheid vom 28.02.2003 bewilligte das AA der Klägerin ab 01.12.2002 Alhi in Höhe von wöchentlich 249,83 EUR (Bemessungsentgelt 900 EUR, Leistungsgruppe A/0, Leistungstabelle 2002, Leistungssatz 53 %). Ab 01.01.2003 betrug der wöchentliche Leistungssatz 247,31 EUR.
Unter dem 30.11.2003 beantragte die Klägerin die Fortzahlung von Alhi. Sie bestätigte wiederum mit ihrer Unterschrift, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Mit Bescheid vom 18.12.2003 wurde der Klägerin Alhi ab 01.12.2003 in Höhe von wöchentlich 241,01 EUR (Bemessungsentgelt 870 EUR, Leistungsgruppe A/0, 53 %) weiterbewilligt. Zu diesem Bescheid teilte die Klägerin dem AA mit, entgegen der berücksichtigten Leistungsgruppe A habe sie seit ihrer Heirat am 25.10.2002 tatsächlich die Lohnsteuerklasse III. In der am 01.12.2003 ausgestellten Lohnsteuerkarte der Klägerin für das Jahr 2004 war die Lohnsteuerklasse III/0,5 eingetragen. Ab 01.01.2004 wurde der Klägerin Alhi in Höhe von wöchentlich 299,60 EUR (Leistungsgruppe C/0) bewilligt (Bescheid vom 12.01.2004).
Mit Bescheid vom 17.03.2004 teilte die AA der Klägerin mit, da die Steuerklassenänderung erst ab 01.01.2004 vorgenommen worden sei, könne erst ab 01.01.2004 die Zuordnung zur Leistungsgruppe C erfolgen. Hiergegen legte die Klägerin am 07.04.2004 Widerspruch ein, mit dem sie unter Vorlage von Bescheinigungen des Finanzamtes Rastatt vom 30.03.2004 und der Gemeinde D. vom 26.01.2004 geltend machte, ihr habe im Jahr 2003 (seit dem Zeitpunkt ihrer Heirat) die Steuerklasse III zugestanden; für das Jahr 2003 habe sie keine Lohnsteuerkarte erhalten.
Die AA stellte im Widerspruchsverfahren weitere Ermittlungen zur Lohnsteuerklasse der Klägerin an. Außerdem stellte die AA für die Zeit vom 01.12.2002 bis 30.04.2004 - ausgehend von einem Bemessungsentgelt am 01.12.2002 in Höhe von wöchentlich 460 EUR und der Leistungsgruppe C/0 für den genannten Zeitraum - eine Überzahlung von Alhi in Höhe von insgesamt 5.549,96 EUR (Blätter 141 bis 143 der Leistungsakte der Beklagten) fest.
Mit Bescheid vom 29.04.2004 half die AA dem Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 17.03.2004 ab.
Mit Schreiben vom 29.04.2004 teilte die AA die Klägerin mit, ihr sei seit dem 01.12.2002 ein Betrag von 5.549,96 EUR zu Unrecht bezahlt worden. Die fehlerhafte Zahlung sei durch einen Berechnungsfehler zustande gekommen, weil die der Leistung zugrunde liegenden Berechnungsdaten nicht von DM in Euro umgerechnet worden seien. Sie habe die Überzahlung zwar nicht verursacht. Sie hätte jedoch am Betrag der bewilligten Leistung leicht erkennen können, dass ihr Leistungen in dieser Höhe nicht zustünden. Hierzu äußerte sich die Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 21.06.2004 unter Vorlage von Belegen ausführlich dahin, dass eine Rückforderung nicht berechtigt sei, da ein Fehler nicht nachvollziehbar sei und sie die erhaltenen Leistungen gutgläubig verbraucht habe.
Mit Bescheid vom 16.07.2004 nahm die AA die Bewilligung von Alhi für die Zeit ab 01.12.2002 teilweise zurück und forderte zu Unrecht erbrachte Leistung (für den Zeitraum bis 30.04.2004) in Höhe von 5.549,96 EUR von der Klägerin zurück. Ein Berechnungsblatt zum Überzahlungsbetrag war beigefügt.
Hiergegen legte die Klägerin am 23.07.2004 Widerspruch ein. Sie verwies zur Begründung auf ihre bisherigen Ausführungen. Ergänzend trug sie vor, aus dem Rückforderungsbescheid gehe der von der AA behauptete Berechnungsfehler nicht hervor. Sie habe Alg und Alhi nur unregelmäßig ausgezahlt erhalten. Von grober Fahrlässigkeit könne keine Rede sein. Auch insoweit lasse der Bescheid vom 16.07.2004 eine Stellungnahme vermissen.
Nach einem ausführlichen Hinweisschreiben der AA vom 06.08.2004 an die Klägerin zur Sach- und Rechtslage wies die Widerspruchsstelle der AA den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 16.07.2004 mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.2004 unter Bezug auf das Schreiben vom 06.08.2004 als unbegründet zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin am 22.11.2004 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Zur Begründung führte sie aus, der behauptete Berechnungsfehler sei ihr nicht ersichtlich. Auf der Kassenanordnung finde sich immerhin der Vermerk, dass alles "rechnerisch" und "sachlich richtig" sei. Unlauterkeitsgründe gemäß § 45 Absatz 2 Satz 3 Ziffern 1 bis 3 SGB X lägen nicht vor. Grobe Fahrlässigkeit könne ihr - nach dem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab - nicht vorgeworfen werden. Sie habe nicht gewusst, dass Alhi grundsätzlich geringer sei als das zuvor bezogene Alg. Zwischen dem Bezug von Alg und der Auszahlung von Alhi habe ein volles Kalenderjahr gelegen. Angesichts dieser langen Zeitspanne und der Säumnis der Beklagten bei der Auszahlung erst im März 2003 sei sie nicht verpflichtet, eine die Zeit von Januar 2003 bis März 2003 abdeckende Einmalzahlung der Beklagten auf deren Richtigkeit zu überprüfen. Hinzu komme die Umstellung von DM auf Euro. Ihr sei aufgrund der Halbierung der Geldbeträge nicht aufgefallen, dass die an sie ausbezahlte Alhi höher als das Alg gewesen sei. Umgekehrt sei sie beim Blick auf die Zahlen subjektiv über den niedrigen Betrag verwundert gewesen. Eine unterstellte Überzahlung sei nicht leicht erkennbar gewesen. Nachdem nicht einmal zwei Sachbearbeitern der Beklagten eine Überzahlung erkannt hätten, wie solle sie selbst die angebliche Unrichtigkeit der Bewilligungsbescheide grob fahrlässig verkannt haben. Auch aus Gründen des Vertrauensschutzes dürften die angeblich rechtswidrigen Bewilligungsbescheide nicht zurückgenommen werden. Sie habe die ihr Monat für Monat ausbezahlte Alhi verbraucht. Auszahlungen der Beklagten seien auf das Konto ihres Ehemannes erfolgt, der die gezahlte Leistung in Teilbeträgen bar an sie ausbezahlt habe. Für sie sei nicht erkennbar gewesen, für welchen Zeitraum von der Beklagten Alhi gezahlt worden sei. Nicht einmal der Sachbearbeiter der Beklagten habe dies bemerkt.
Die Beklagte trat in mehreren Schriftsätzen der Klage entgegen. Die Klägerin habe auch ohne Kontoauszug die Fehlerhaftigkeit des Bescheides erkennen können.
Mit Gerichtsbescheid vom 22.08.2006 wies das SG die Klage ab. Es stütze seine Entscheidung auf § 45 SGB X. Die Voraussetzungen für eine rückwirkende Rücknahme der Leistungsbewilligung lägen nach dieser Vorschrift vor. Maßgeblich sei nicht, ob der Klägerin die Einzelheiten eines Bearbeitungsfehlers hätten auffallen müssen. Maßgeblich sei vielmehr, ob die Klägerin bei Bewilligung und Erhalt der Leistung hätte erkennen müssen, dass die Leistungsbewilligung nicht habe richtig sein können. Bei der Klägerin liege insoweit zumindest ein grob fahrlässiges Nichtwissen vor. Die Klägerin habe zuvor Alg in Höhe von 366,10 DM bezogen und - nach einer fast einjährigen Unterbrechung - Alhi in Höhe von umgerechnet 488,63 DM. Es sei mit der Beklagten davon auszugehen, dass es zum Allgemeinwissen gehöre, dass Alhi niedriger als das Alg sei. Darüber hinaus hätte nach dem Bemessungsentgelt von ca. 900 EUR das Monatseinkommen umgerechnet über 7.000 DM betragen. Dieser Betrag entspreche einem Mehrfachen dessen, was die Klägerin in der Vergangenheit an Arbeitsentgelt erzielt habe. Aufgrund dieser großen Differenzen hätten auch einem rechtlich unerfahrenen Laien Zweifel an der Richtigkeit der bewilligten Leistungen kommen müssen, ohne dass er über umfangreiche Berechnungskenntnisse der Leistungen der Beklagten verfüge.
Gegen den am 30.08.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 22.09.2006 Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und ergänzend ausgeführt, nach dem subjektiven Fahrlässigkeitsbegriff liege bei ihr grobe Fahrlässigkeit nicht vor. Der Berechnungsfehler sei nicht so offenkundig gewesen, dass dieser ihr hätte ins Auge stechen müssen. Erkennen zwei Sachbearbeiter der Beklagten bei angewandtem 4-Augen-Prinzip die Unrichtigkeit der Bewilligungsbescheide nicht, lasse sich dies nicht zu ihren Lasten als grob fahrlässiges Nichtwissen auslegen. Ihre persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit sowie ihr Einsichtsvermögen sei vom SG nicht geprüft geschweige denn berücksichtigt worden. Sie sei eine ungelernte Hilfskraft. Höherwertige Tätigkeiten habe sie nie ausgeübt. Dass sie sich gleichwohl nach über einem Jahr an die Höhe ihres Alg noch genau erinnern können solle, überziehe die strengen Anforderungen für die Annahme des Vorliegens einer groben Fahrlässigkeit. Die Überzahlung sei gerade nicht leicht erkennbar gewesen. Außerdem habe sie im März 2003 erstmals Alhi erhalten. Die von der Beklagten am 04.03.2003 und 31.03.2003 geleisteten Zahlungen seien ohne Angabe von Verwendungszwecken bzw. Zeiträumen auf das Konto ihres damaligen Ehemannes überwiesen und von diesem in Teilbeträgen bar an sie ausbezahlt worden.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. August 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. November 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreites ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Akten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat nach § 124 Abs. 2 SGG mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage ist § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Hiervon ist das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend ausgegangen und hat die maßgeblichen Rechtsvorschriften und Grundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
Die angefochtenen Bescheide sind nicht formell rechtswidrig. Die Klägerin ist insbesondere vor Erlass des Bescheides vom 16.07.2004 ordnungsgemäß angehört worden.
Bei der Klägerin ist im Zeitraum vom 01.12.2002 bis 30.04.2002 eine rechtswidrige Überzahlung von Alhi dadurch eingetreten, dass das der Leistungsbewilligung im genannten Zeitraum zugrunde zu legende Bemessungsentgelt hinsichtlich der zum 01.01.2002 erfolgten Währungsumstellung nicht von DM auf Euro umgerechnet wurde. Dies steht für den Senat aufgrund des Inhalts der von der Beklagten vorgelegten Leistungsakte der Klägerin fest. Hierdurch ist nach den Berechnungen der Beklagten eine Überzahlung von Alhi im genannten Zeitraum in Höhe von insgesamt 5.549,46 EUR eingetreten. Dieser Überzahlungsbetrag ist nicht zu beanstanden. Der Senat nimmt hierzu auf Blätter 141 bis 143 der Leistungsakte Bezug. Die Berechnung der Beklagten lässt keinen Fehler (zu Lasten der Klägerin) erkennen. Insbesondere hat die Beklagte die der Klägerin im streitigen Zeitraum zustehende Alhi unter Berücksichtigung der für sie günstigeren Leistungsgruppe C/0 errechnet.
Bei der Klägerin liegen auch die Voraussetzungen für eine rückwirkende teilweise Aufhebung der Bewilligung von Alhi im streitigen Zeitraum vor, da sich die Klägerin gemäß § 45 Absatz 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X auf schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der Leistungsbewilligungen nicht berufen kann, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend ausgeführt hat. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung ebenfalls zu dem Ergebnis, dass der Klägerin zumindest infolge grober Fahrlässigkeit die Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung nicht bekannt war. Er macht sich die im angefochtenen Gerichtsbescheid hierzu gemachten Ausführungen zur Begründung seiner eigenen Entscheidung voll zu eigen, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen verweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend bleibt auszuführen:
Ob die Klägerin aufgrund der zwei "Einmalzahlungen" von Alhi im März 2003 für den Zeitraum Januar bis März 2003 in der Lage war, die Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung ohne weiteres zu erkennen, ist ebenso unerheblich wie der von ihr vorgetragene Umstand, dass die Alhi vom ihrem damaligen Ehemann in Teilbeträgen von dessen Konto in bar an sie ausbezahlt worden sein soll. Dies wäre für die Frage, ob der Klägerin grobe Fahrlässigkeit zu Last fällt, nur von Bedeutung, wenn der Klägerin - rechtsgrundlos - über die bewilligte Höhe hinaus Alhi gezahlt und nunmehr zurückgefordert worden wäre, was vorliegend aber nicht der Fall ist. Maßgeblich ist vielmehr, dass die Klägerin allein aus der Höhe der bewilligten Alhi, wie sie sich aus den Bewilligungsbescheiden ergibt, ohne weiteres hätte erkennen müssen, dass der bewilligte Betrag deutlich über dem Betrag des vormals bewilligten Alg lag und weiter nach dem in den Bewilligungsbescheiden klar genannten Bemessungsentgelt ein Monatseinkommen von über 7.000 DM erfordert hätte, das die Klägerin bei weitem niemals erzielt hatte, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Bereits diese klar erkennbaren auffälligen Differenzen rechtfertigen es auch zur Überzeugung des Senats, der Klägerin grobe Fahrlässigkeit zu Last zu legen.
Dass der Klägerin in zeitlicher Hinsicht die Höhe des Alg zur Zeit der Bewilligung von Alhi nicht mehr genau in Erinnerung war, wie sie vorgetragen hat, entlastet sie nicht. Denn im Hinblick auf die große Differenz des bewilligten Alg (366, 10 DM wöchentlich ) und der Alhi (umgerechnet 488,63 DM wöchentlich) musste sich der Klägerin die Fehlerhaftigkeit der Bewilligung auch dann aufdrängen, wenn sie sich die ungefähre Höhe des Alg in Erinnerung ruft, ohne dass es dazu einer eingehenden Überprüfung bedurft hätte. Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, aufgrund der Halbierung der Geldbeträge durch die Euro-Umstellung sei ihr nicht aufgefallen, dass die an sie ausgezahlte Alhi höher als das Alg gewesen sei. Dies trifft für den reinen Zahlbetrag zu. Dass der Klägerin unbekannt war, dass die "Halbierung" auf dem entsprechend höheren Geldwert des Euro beruht, hält der Senat für ausgeschlossen und wird im Übrigen von der Klägerin auch nicht behauptet. Die - wiederholte - schlichte Behauptung der Klägerin, nicht gewusst zu haben, dass Alhi grundsätzlich niedriger sei, als das zuvor bezogene Alg, ist nicht glaubhaft. Es hätte hierzu näherer Darlegungen bedurft, weshalb sie hiervon ausgegangen ist und ausgehen durfte. Unabhängig davon wäre die schlichte Unkenntnis der unterschiedlichen Höhe des Anspruches auf Alg und Alhi im Hinblick auf den allgemeinen Bekanntheitsgrad dieser Tatsache grob fahrlässig, so dass sich die Klägerin mit diesem Vorbringen selbst dann nicht entlasten kann, wenn es zutreffend sein sollte.
Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nicht über die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit oder das Einsichtsvermögen verfügt, die klar erkennbare Rechtswidrigkeit der Bewilligung von Alhi zu erkennen, sind nicht vorhanden. In der Leistungsakte findet sich dafür kein Hinweis. Vielmehr zeigt ihr - vor dem Tätigwerden ihres Prozessbevollmächtigten - gemachtes Vorbringen im Widerspruchsverfahren wegen der zugrunde zu legenden Leistungsgruppe (maßgeblichen Steuerklasse), dass sie über ein ausreichendes Urteils- und Einsichtsvermögen sowie Kritikfähigkeit verfügt. Es besteht deshalb kein Anlass, den Sachverhalt hierzu weiter aufzuklären.
Die Voraussetzungen des § 45 Absatz 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X sind damit auch zur Überzeugung des Senats bei der Klägerin erfüllt. Auf Vertrauensschutz kann sich die Klägerin deshalb nicht berufen. Dass die Klägerin die eingetretene Überzahlung von Alhi nicht verursacht hat und auch die Sachbearbeiter der Beklagten den Berechnungsfehler zunächst nicht erkannt haben, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Diese Umstände könnten nur bei einer zu treffenden Ermessenentscheidung der Beklagten einbezogen werden. Nach § 330 Abs. 2 SGB III ist jedoch vorliegend auch bei atypischen Fällen kein Ermessen auszuüben, sondern eine gebundene Entscheidung zu treffen. Die Beklagte war deshalb berechtigt und auch verpflichtet, die Leistungsbewilligung rückwirkend teilweise aufzuheben.
Die Jahresfrist nach §§ 48 Abs. 4 Satz 1, 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist gewahrt.
Aus der rückwirkenden Aufhebung der Leistungsbewilligung folgt die Verpflichtung, überzahlte Leistungen zurückzuzahlen (§ 50 Abs. 1 SGB X).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die teilweise Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) und die Rückforderung erbrachter Leistungen streitig.
Der 1972 geborenen Klägerin wurde vom Arbeitsamt, jetzt Agentur für Arbeit, Karlsruhe (AA) bis zur Erschöpfung des Anspruches ab 14.12.2001 Arbeitslosengeld (Alg) zuletzt in Höhe von wöchentlich 366,10 DM (Bemessungsentgelt 990 DM, Leistungsgruppe A/0) bezahlt.
In der Zeit vom 01.08.2002 bis 30.11.2002 stand die Klägerin bei der Z. Generalagentur K. zur Ausbildung in einem Beschäftigungsverhältnis. Sie erhielt ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt vom monatlich 1.820,70 EUR, inklusive einer Reisekostenpauschale von mtl. 307 EUR.
Am 26.11.2002 meldete sich die Klägerin beim AA erneut arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg. Sie bestätigte mit ihrer Unterschrift, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. In der Lohnsteuerkarte der Klägerin für das Jahr 2002 war die Steuerklasse I eingetragen. Die Klägerin teilte dem AA auf dessen Anfrage u.a. mit, sie wechsele in die Steuerklasse III. Mit Bescheid vom 28.02.2003 bewilligte das AA der Klägerin ab 01.12.2002 Alhi in Höhe von wöchentlich 249,83 EUR (Bemessungsentgelt 900 EUR, Leistungsgruppe A/0, Leistungstabelle 2002, Leistungssatz 53 %). Ab 01.01.2003 betrug der wöchentliche Leistungssatz 247,31 EUR.
Unter dem 30.11.2003 beantragte die Klägerin die Fortzahlung von Alhi. Sie bestätigte wiederum mit ihrer Unterschrift, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Mit Bescheid vom 18.12.2003 wurde der Klägerin Alhi ab 01.12.2003 in Höhe von wöchentlich 241,01 EUR (Bemessungsentgelt 870 EUR, Leistungsgruppe A/0, 53 %) weiterbewilligt. Zu diesem Bescheid teilte die Klägerin dem AA mit, entgegen der berücksichtigten Leistungsgruppe A habe sie seit ihrer Heirat am 25.10.2002 tatsächlich die Lohnsteuerklasse III. In der am 01.12.2003 ausgestellten Lohnsteuerkarte der Klägerin für das Jahr 2004 war die Lohnsteuerklasse III/0,5 eingetragen. Ab 01.01.2004 wurde der Klägerin Alhi in Höhe von wöchentlich 299,60 EUR (Leistungsgruppe C/0) bewilligt (Bescheid vom 12.01.2004).
Mit Bescheid vom 17.03.2004 teilte die AA der Klägerin mit, da die Steuerklassenänderung erst ab 01.01.2004 vorgenommen worden sei, könne erst ab 01.01.2004 die Zuordnung zur Leistungsgruppe C erfolgen. Hiergegen legte die Klägerin am 07.04.2004 Widerspruch ein, mit dem sie unter Vorlage von Bescheinigungen des Finanzamtes Rastatt vom 30.03.2004 und der Gemeinde D. vom 26.01.2004 geltend machte, ihr habe im Jahr 2003 (seit dem Zeitpunkt ihrer Heirat) die Steuerklasse III zugestanden; für das Jahr 2003 habe sie keine Lohnsteuerkarte erhalten.
Die AA stellte im Widerspruchsverfahren weitere Ermittlungen zur Lohnsteuerklasse der Klägerin an. Außerdem stellte die AA für die Zeit vom 01.12.2002 bis 30.04.2004 - ausgehend von einem Bemessungsentgelt am 01.12.2002 in Höhe von wöchentlich 460 EUR und der Leistungsgruppe C/0 für den genannten Zeitraum - eine Überzahlung von Alhi in Höhe von insgesamt 5.549,96 EUR (Blätter 141 bis 143 der Leistungsakte der Beklagten) fest.
Mit Bescheid vom 29.04.2004 half die AA dem Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 17.03.2004 ab.
Mit Schreiben vom 29.04.2004 teilte die AA die Klägerin mit, ihr sei seit dem 01.12.2002 ein Betrag von 5.549,96 EUR zu Unrecht bezahlt worden. Die fehlerhafte Zahlung sei durch einen Berechnungsfehler zustande gekommen, weil die der Leistung zugrunde liegenden Berechnungsdaten nicht von DM in Euro umgerechnet worden seien. Sie habe die Überzahlung zwar nicht verursacht. Sie hätte jedoch am Betrag der bewilligten Leistung leicht erkennen können, dass ihr Leistungen in dieser Höhe nicht zustünden. Hierzu äußerte sich die Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 21.06.2004 unter Vorlage von Belegen ausführlich dahin, dass eine Rückforderung nicht berechtigt sei, da ein Fehler nicht nachvollziehbar sei und sie die erhaltenen Leistungen gutgläubig verbraucht habe.
Mit Bescheid vom 16.07.2004 nahm die AA die Bewilligung von Alhi für die Zeit ab 01.12.2002 teilweise zurück und forderte zu Unrecht erbrachte Leistung (für den Zeitraum bis 30.04.2004) in Höhe von 5.549,96 EUR von der Klägerin zurück. Ein Berechnungsblatt zum Überzahlungsbetrag war beigefügt.
Hiergegen legte die Klägerin am 23.07.2004 Widerspruch ein. Sie verwies zur Begründung auf ihre bisherigen Ausführungen. Ergänzend trug sie vor, aus dem Rückforderungsbescheid gehe der von der AA behauptete Berechnungsfehler nicht hervor. Sie habe Alg und Alhi nur unregelmäßig ausgezahlt erhalten. Von grober Fahrlässigkeit könne keine Rede sein. Auch insoweit lasse der Bescheid vom 16.07.2004 eine Stellungnahme vermissen.
Nach einem ausführlichen Hinweisschreiben der AA vom 06.08.2004 an die Klägerin zur Sach- und Rechtslage wies die Widerspruchsstelle der AA den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 16.07.2004 mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.2004 unter Bezug auf das Schreiben vom 06.08.2004 als unbegründet zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin am 22.11.2004 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Zur Begründung führte sie aus, der behauptete Berechnungsfehler sei ihr nicht ersichtlich. Auf der Kassenanordnung finde sich immerhin der Vermerk, dass alles "rechnerisch" und "sachlich richtig" sei. Unlauterkeitsgründe gemäß § 45 Absatz 2 Satz 3 Ziffern 1 bis 3 SGB X lägen nicht vor. Grobe Fahrlässigkeit könne ihr - nach dem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab - nicht vorgeworfen werden. Sie habe nicht gewusst, dass Alhi grundsätzlich geringer sei als das zuvor bezogene Alg. Zwischen dem Bezug von Alg und der Auszahlung von Alhi habe ein volles Kalenderjahr gelegen. Angesichts dieser langen Zeitspanne und der Säumnis der Beklagten bei der Auszahlung erst im März 2003 sei sie nicht verpflichtet, eine die Zeit von Januar 2003 bis März 2003 abdeckende Einmalzahlung der Beklagten auf deren Richtigkeit zu überprüfen. Hinzu komme die Umstellung von DM auf Euro. Ihr sei aufgrund der Halbierung der Geldbeträge nicht aufgefallen, dass die an sie ausbezahlte Alhi höher als das Alg gewesen sei. Umgekehrt sei sie beim Blick auf die Zahlen subjektiv über den niedrigen Betrag verwundert gewesen. Eine unterstellte Überzahlung sei nicht leicht erkennbar gewesen. Nachdem nicht einmal zwei Sachbearbeitern der Beklagten eine Überzahlung erkannt hätten, wie solle sie selbst die angebliche Unrichtigkeit der Bewilligungsbescheide grob fahrlässig verkannt haben. Auch aus Gründen des Vertrauensschutzes dürften die angeblich rechtswidrigen Bewilligungsbescheide nicht zurückgenommen werden. Sie habe die ihr Monat für Monat ausbezahlte Alhi verbraucht. Auszahlungen der Beklagten seien auf das Konto ihres Ehemannes erfolgt, der die gezahlte Leistung in Teilbeträgen bar an sie ausbezahlt habe. Für sie sei nicht erkennbar gewesen, für welchen Zeitraum von der Beklagten Alhi gezahlt worden sei. Nicht einmal der Sachbearbeiter der Beklagten habe dies bemerkt.
Die Beklagte trat in mehreren Schriftsätzen der Klage entgegen. Die Klägerin habe auch ohne Kontoauszug die Fehlerhaftigkeit des Bescheides erkennen können.
Mit Gerichtsbescheid vom 22.08.2006 wies das SG die Klage ab. Es stütze seine Entscheidung auf § 45 SGB X. Die Voraussetzungen für eine rückwirkende Rücknahme der Leistungsbewilligung lägen nach dieser Vorschrift vor. Maßgeblich sei nicht, ob der Klägerin die Einzelheiten eines Bearbeitungsfehlers hätten auffallen müssen. Maßgeblich sei vielmehr, ob die Klägerin bei Bewilligung und Erhalt der Leistung hätte erkennen müssen, dass die Leistungsbewilligung nicht habe richtig sein können. Bei der Klägerin liege insoweit zumindest ein grob fahrlässiges Nichtwissen vor. Die Klägerin habe zuvor Alg in Höhe von 366,10 DM bezogen und - nach einer fast einjährigen Unterbrechung - Alhi in Höhe von umgerechnet 488,63 DM. Es sei mit der Beklagten davon auszugehen, dass es zum Allgemeinwissen gehöre, dass Alhi niedriger als das Alg sei. Darüber hinaus hätte nach dem Bemessungsentgelt von ca. 900 EUR das Monatseinkommen umgerechnet über 7.000 DM betragen. Dieser Betrag entspreche einem Mehrfachen dessen, was die Klägerin in der Vergangenheit an Arbeitsentgelt erzielt habe. Aufgrund dieser großen Differenzen hätten auch einem rechtlich unerfahrenen Laien Zweifel an der Richtigkeit der bewilligten Leistungen kommen müssen, ohne dass er über umfangreiche Berechnungskenntnisse der Leistungen der Beklagten verfüge.
Gegen den am 30.08.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 22.09.2006 Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und ergänzend ausgeführt, nach dem subjektiven Fahrlässigkeitsbegriff liege bei ihr grobe Fahrlässigkeit nicht vor. Der Berechnungsfehler sei nicht so offenkundig gewesen, dass dieser ihr hätte ins Auge stechen müssen. Erkennen zwei Sachbearbeiter der Beklagten bei angewandtem 4-Augen-Prinzip die Unrichtigkeit der Bewilligungsbescheide nicht, lasse sich dies nicht zu ihren Lasten als grob fahrlässiges Nichtwissen auslegen. Ihre persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit sowie ihr Einsichtsvermögen sei vom SG nicht geprüft geschweige denn berücksichtigt worden. Sie sei eine ungelernte Hilfskraft. Höherwertige Tätigkeiten habe sie nie ausgeübt. Dass sie sich gleichwohl nach über einem Jahr an die Höhe ihres Alg noch genau erinnern können solle, überziehe die strengen Anforderungen für die Annahme des Vorliegens einer groben Fahrlässigkeit. Die Überzahlung sei gerade nicht leicht erkennbar gewesen. Außerdem habe sie im März 2003 erstmals Alhi erhalten. Die von der Beklagten am 04.03.2003 und 31.03.2003 geleisteten Zahlungen seien ohne Angabe von Verwendungszwecken bzw. Zeiträumen auf das Konto ihres damaligen Ehemannes überwiesen und von diesem in Teilbeträgen bar an sie ausbezahlt worden.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. August 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. November 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreites ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Akten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat nach § 124 Abs. 2 SGG mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage ist § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Hiervon ist das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend ausgegangen und hat die maßgeblichen Rechtsvorschriften und Grundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
Die angefochtenen Bescheide sind nicht formell rechtswidrig. Die Klägerin ist insbesondere vor Erlass des Bescheides vom 16.07.2004 ordnungsgemäß angehört worden.
Bei der Klägerin ist im Zeitraum vom 01.12.2002 bis 30.04.2002 eine rechtswidrige Überzahlung von Alhi dadurch eingetreten, dass das der Leistungsbewilligung im genannten Zeitraum zugrunde zu legende Bemessungsentgelt hinsichtlich der zum 01.01.2002 erfolgten Währungsumstellung nicht von DM auf Euro umgerechnet wurde. Dies steht für den Senat aufgrund des Inhalts der von der Beklagten vorgelegten Leistungsakte der Klägerin fest. Hierdurch ist nach den Berechnungen der Beklagten eine Überzahlung von Alhi im genannten Zeitraum in Höhe von insgesamt 5.549,46 EUR eingetreten. Dieser Überzahlungsbetrag ist nicht zu beanstanden. Der Senat nimmt hierzu auf Blätter 141 bis 143 der Leistungsakte Bezug. Die Berechnung der Beklagten lässt keinen Fehler (zu Lasten der Klägerin) erkennen. Insbesondere hat die Beklagte die der Klägerin im streitigen Zeitraum zustehende Alhi unter Berücksichtigung der für sie günstigeren Leistungsgruppe C/0 errechnet.
Bei der Klägerin liegen auch die Voraussetzungen für eine rückwirkende teilweise Aufhebung der Bewilligung von Alhi im streitigen Zeitraum vor, da sich die Klägerin gemäß § 45 Absatz 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X auf schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der Leistungsbewilligungen nicht berufen kann, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend ausgeführt hat. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung ebenfalls zu dem Ergebnis, dass der Klägerin zumindest infolge grober Fahrlässigkeit die Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung nicht bekannt war. Er macht sich die im angefochtenen Gerichtsbescheid hierzu gemachten Ausführungen zur Begründung seiner eigenen Entscheidung voll zu eigen, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen verweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend bleibt auszuführen:
Ob die Klägerin aufgrund der zwei "Einmalzahlungen" von Alhi im März 2003 für den Zeitraum Januar bis März 2003 in der Lage war, die Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung ohne weiteres zu erkennen, ist ebenso unerheblich wie der von ihr vorgetragene Umstand, dass die Alhi vom ihrem damaligen Ehemann in Teilbeträgen von dessen Konto in bar an sie ausbezahlt worden sein soll. Dies wäre für die Frage, ob der Klägerin grobe Fahrlässigkeit zu Last fällt, nur von Bedeutung, wenn der Klägerin - rechtsgrundlos - über die bewilligte Höhe hinaus Alhi gezahlt und nunmehr zurückgefordert worden wäre, was vorliegend aber nicht der Fall ist. Maßgeblich ist vielmehr, dass die Klägerin allein aus der Höhe der bewilligten Alhi, wie sie sich aus den Bewilligungsbescheiden ergibt, ohne weiteres hätte erkennen müssen, dass der bewilligte Betrag deutlich über dem Betrag des vormals bewilligten Alg lag und weiter nach dem in den Bewilligungsbescheiden klar genannten Bemessungsentgelt ein Monatseinkommen von über 7.000 DM erfordert hätte, das die Klägerin bei weitem niemals erzielt hatte, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Bereits diese klar erkennbaren auffälligen Differenzen rechtfertigen es auch zur Überzeugung des Senats, der Klägerin grobe Fahrlässigkeit zu Last zu legen.
Dass der Klägerin in zeitlicher Hinsicht die Höhe des Alg zur Zeit der Bewilligung von Alhi nicht mehr genau in Erinnerung war, wie sie vorgetragen hat, entlastet sie nicht. Denn im Hinblick auf die große Differenz des bewilligten Alg (366, 10 DM wöchentlich ) und der Alhi (umgerechnet 488,63 DM wöchentlich) musste sich der Klägerin die Fehlerhaftigkeit der Bewilligung auch dann aufdrängen, wenn sie sich die ungefähre Höhe des Alg in Erinnerung ruft, ohne dass es dazu einer eingehenden Überprüfung bedurft hätte. Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, aufgrund der Halbierung der Geldbeträge durch die Euro-Umstellung sei ihr nicht aufgefallen, dass die an sie ausgezahlte Alhi höher als das Alg gewesen sei. Dies trifft für den reinen Zahlbetrag zu. Dass der Klägerin unbekannt war, dass die "Halbierung" auf dem entsprechend höheren Geldwert des Euro beruht, hält der Senat für ausgeschlossen und wird im Übrigen von der Klägerin auch nicht behauptet. Die - wiederholte - schlichte Behauptung der Klägerin, nicht gewusst zu haben, dass Alhi grundsätzlich niedriger sei, als das zuvor bezogene Alg, ist nicht glaubhaft. Es hätte hierzu näherer Darlegungen bedurft, weshalb sie hiervon ausgegangen ist und ausgehen durfte. Unabhängig davon wäre die schlichte Unkenntnis der unterschiedlichen Höhe des Anspruches auf Alg und Alhi im Hinblick auf den allgemeinen Bekanntheitsgrad dieser Tatsache grob fahrlässig, so dass sich die Klägerin mit diesem Vorbringen selbst dann nicht entlasten kann, wenn es zutreffend sein sollte.
Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nicht über die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit oder das Einsichtsvermögen verfügt, die klar erkennbare Rechtswidrigkeit der Bewilligung von Alhi zu erkennen, sind nicht vorhanden. In der Leistungsakte findet sich dafür kein Hinweis. Vielmehr zeigt ihr - vor dem Tätigwerden ihres Prozessbevollmächtigten - gemachtes Vorbringen im Widerspruchsverfahren wegen der zugrunde zu legenden Leistungsgruppe (maßgeblichen Steuerklasse), dass sie über ein ausreichendes Urteils- und Einsichtsvermögen sowie Kritikfähigkeit verfügt. Es besteht deshalb kein Anlass, den Sachverhalt hierzu weiter aufzuklären.
Die Voraussetzungen des § 45 Absatz 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X sind damit auch zur Überzeugung des Senats bei der Klägerin erfüllt. Auf Vertrauensschutz kann sich die Klägerin deshalb nicht berufen. Dass die Klägerin die eingetretene Überzahlung von Alhi nicht verursacht hat und auch die Sachbearbeiter der Beklagten den Berechnungsfehler zunächst nicht erkannt haben, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Diese Umstände könnten nur bei einer zu treffenden Ermessenentscheidung der Beklagten einbezogen werden. Nach § 330 Abs. 2 SGB III ist jedoch vorliegend auch bei atypischen Fällen kein Ermessen auszuüben, sondern eine gebundene Entscheidung zu treffen. Die Beklagte war deshalb berechtigt und auch verpflichtet, die Leistungsbewilligung rückwirkend teilweise aufzuheben.
Die Jahresfrist nach §§ 48 Abs. 4 Satz 1, 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist gewahrt.
Aus der rückwirkenden Aufhebung der Leistungsbewilligung folgt die Verpflichtung, überzahlte Leistungen zurückzuzahlen (§ 50 Abs. 1 SGB X).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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