L 6 B 381/07 AL PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 54 AL 3496/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 6 B 381/07 AL PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 04. Juni 2007 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde des Klägers gegen den im Tenor bezeichneten Beschluss des Sozialgerichts (SG) Berlin, mit dem der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten abgelehnt wurde, hat keinen Erfolg.

Nach § 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetzes (SGG) iVm § 114 Abs 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) kann Prozesskostenhilfe nur bewilligt werden, wenn neben dem Vorliegen der persönlichen und wirtschaftlichen Voraus¬setzungen die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ein Rechtsanwalt kann nach Maßgabe des § 121 Abs 2 ZPO nur beigeordnet werden, wenn und soweit Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist.

§ 114 ZPO stellt auf die beabsichtigte Rechtsverfolgung ab, weshalb die Bewilligung von Prozesskostenhilfe grundsätzlich nicht mehr in Betracht kommt, wenn das Verfahren, für das sie begehrt wird, so wie hier, bereits durch Gerichtsbescheid des Sozialgerichts (SG) vom 04. Juni 2007 abgeschlossen ist. Eine Ausnahme hiervon gilt, wenn das SG - so wie hier - über ein rechtzeitiges und vollständiges Prozesskostenhilfegesuch verspätet – nämlich erst am Tage der Entscheidung über die Klage – befindet. In einem solchen Fall kann – sofern sowohl die Prozesskostenhilfe als auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts vor Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens ordnungsgemäß beantragt worden ist – Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes auch rückwirkend bewilligt werden, sofern er damals bereits für den Kläger im Rechtsstreit tätig war. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussichten ist der Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags (Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl, RdNr 46 zu § 166 und Olbertz in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, RdNr 57 zu § 166, Stand Januar 2007, jeweils mwN) Eine hinreichende Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Rechtsverfolgung war jedoch schon zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs zu verneinen. Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist nur anzunehmen, wenn nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage es ausreichend wahrscheinlich ist, dass dem Begehren des Klägers ganz oder teilweise entsprochen werden kann. Dies war aber nicht der Fall.

Der Klage, mit der der Kläger seinen Anspruch verfolgt hat, die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Verwaltungsentscheidungen zu verurteilen, ihm auch für die Zeit vom 21. August 2005 bis zum 10. Januar 2006 (143 Tage) Arbeitslosengeld zu gewähren, fehlte eine hinreichende Erfolgsaussicht. Sein am 01. August 2004 für die Dauer von 360 Tagen erworbener Anspruch auf Arbeitslosengeld ist mit Ablauf des 20. August 2005 erschöpft gewesen (vgl hinsichtlich der Einzelheiten die Aufstellung im Schriftsatz der Beklagten vom 13. März 2007, Bl 109 f Gerichtsakte), da auch Tage (hier: 143 Tage, nämlich vom 01.August 2004 bis zum 06. September 2004, vom 12. Oktober 2004 bis zum 30. November 2004 und vom 06. Dezember 2004 bis zum 31. Januar 2005 (Ende des Arbeitsverhältnisses des Klägers)), für die der Anspruch auf Arbeitslosengeld in Anwendung des § 143 Abs 3 Satz 1 SGB III (früher § 117 Abs 4 Satz 1 Arbeitsföderungsgesetz (AFG)) erfüllt wird, die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld nach § 128 Abs 1 Nr 1 Halbsatz 1 SGB III mindern (Bundessozialgericht (BSG) Urteil vom 20. Juni 2002 – B 7 AL 108/01 R, juris RdNr 36 = SozR 3-4300 § 143 Nr 4 S 12; Urteil vom 24. Juli 1987 – 7 RAr 4/85, juris RdNr 18 = SozR 4100 § 117 Nr 16 S 73).

Die Minderung der Anspruchsdauer entfällt allerdings nach der Rechtsprechung des BSG aus Billigkeitsgründen rückwirkend wieder von dem Zeitpunkt an, zu dem die Beklagte Ersatz für das gezahlte Arbeitslosengeld erhalten hat. Dem Arbeitslosen wird in Höhe der erstatteten Leistung eine "Gutschrift" auf die Anspruchsdauer zugesprochen. Hierfür ist ohne Belang, ob der übergegangene Arbeitsentgeltanspruch vom Arbeitgeber befriedigt wird, der Arbeitnehmer das empfangene Arbeitslosengeld erstattet oder ein zum Schadensersatz Verpflichteter die Beklagte entschädigt (BSG Urteil vom 11. Juni 1987 – 7 RAr 16/86, juris RdNr 23 = SozR 4100 § 117 Nr 18 S 89 f). Maßgebend ist allein, dass der Beklagten ihre diesbezüglichen Aufwendungen ersetzt werden, was indes im vorliegenden Fall nicht geschehen ist.

Deswegen entfällt die eingetretene Minderung nach der Rechtsprechung des BSG entfällt nicht bereits dann, wenn die Beklagte den übergegangenen Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht beitreibt, obwohl sie es könnte (BSG Urteil vom 11. Juni 1987 – 7 RAr 16/86, juris RdNr 24 = SozR 4100 § 117 Nr 18 S 90). Aus dem gleichen Grunde ist ohne Belang, dass die Beklagte sich dem Ansinnen des Klägers (Schreiben vom 11. November 2005; Bl 430 ff Verwaltungsakte (VA)) verweigert hat (Schreiben vom 17. November 2005; Bl 441 VA), ihm eine "Einziehungsermächtigung mit (gewillkürter) Prozessstandschaft" zu erteilen , damit er auch den auf die Beklagte übergegangenen Teil der Entgeltansprüche für die Zeit vom 01. August 2004 bis zum 30. November 2004 (berechtigterweise) vor dem Arbeitsgericht einklagen konnte (vgl zu dieser grds bestehenden und gerade auch vom BSG aufgezeigten Möglichkeit: BSG Urteil vom 29. November 1988 – 11/7 RAr 79/87, juris RdNr 18 = SozR 4100 § 117 Nr 23 S 129). Davon abgesehen konnte die Beklagte eine solche Einziehungsermächtigung nicht mehr erteilen, weil sie bereits mit Schreiben vom 10. November 2005 (Bl 427 VA) dem Ratenzahlungsangebot des Arbeitgebers (Schreiben vom 07. November 2005; Bl 425 VA) hinsichtlich ihres sich auf vorgenannten Zeitraum (01. August 2004 bis zum 30. November 2004) beziehenden Erstattungsanspruchs zugestimmt hatte.

Die Entscheidung ist nicht mit einer Beschwerde an das BSG anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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