L 3 R 129/05

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 10 RA 520/04
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 R 129/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 28. Juni 2005 wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist das Vorliegen der Rentenversicherungspflicht der Klägerin wegen ihrer Tätigkeit als Krankengymnastin in der Zeit vom 1. März 2000 bis 31. Oktober 2003 streitig.

Die am XX.XXXXXXXXX 1971 geborene Klägerin war nach vorangegangener abhängiger Beschäftigung ab 1. April 1999 als Krankengymnastin selbständig tätig und behandelte zumindest bis zum Ende des hier streitigen Zeitraums Kassenpatienten auf ärztliche Verordnung hin.

Nachdem im sozialgerichtlichen Verfahren S 10 RA 472/00 die Klage gegen den – auf den Antrag der Klägerin auf Pflichtversicherung als Selbständige hin ergangenen – Beitragsbescheid vom 12. April 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2000 (bezüglich der Zeit vom 1. April 1999 bis 29. Februar 2000) durch rechtskräftiges Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 12. Februar 2003 abgewiesen worden war, erließ die Beklagte den Beitragsbescheid vom 28. Juli 2003, mit welchem sie die Beträge für die Zeit vom 1. März 2000 bis 31. Oktober 2003 festsetzte. Aufgrund des Widerspruchs der Klägerin mit Antrag auf einkommensgerechte Beitragszahlung ersetzte die Beklagte diesen Bescheid durch den Beitragsbescheid vom 15. Oktober 2003 und stellte die Beitragsschuld mit 8.519,80 Euro fest. Den dagegen gerichteten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2004 zurück.

Die Klage, welche die Klägerin mit Zweifeln an der Versicherungspflicht gemäß § 2 Satz 1 Nr. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) begründete, hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 28. Juni 2005 abgewiesen: Die Beitragshöhe sei zutreffend ermittelt. Auch verfassungsrechtliche Gesichtspunkte sprächen nicht gegen das Vorliegen der Versicherungspflicht.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Berufung – zunächst ohne Abgabe einer Begründung – eingelegt. In der mündlichen Verhandlung hat sie die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. November 2006 (6 A 10271/06, in: GesR 2007, 222) vorgelegt und vorgetragen, dadurch werde die bisherige Rechtsprechung zur Versicherungspflicht von Krankengymnasten in Frage gestellt.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 28. Juni 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2004 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin in ihrer Tätigkeit als selbständige Physiotherapeutin (Krankengymnastin) nicht der Rentenversicherungspflicht unterliegt, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die in der Sitzungsniederschrift vom 18. September 2007 aufgeführten Akten und Unterlagen verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin (vgl. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ist nicht begründet.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Senat sieht deshalb von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Annahme einer Versicherungspflicht für Krankengymnasten gemäß § 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom 11. November 2003, 12 RA 2/03 R, USK 2003-52), der sich der Senat ausdrücklich anschließt. Inzwischen ist auch eine Nichtzulassungsbeschwerde zu dieser Rechtsfrage mit Beschluss des Bundessozialgerichts vom 12. Januar 2007 (B 12 R 14/06 B, Juris) zurückgewiesen und die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen worden (25. Mai 2007, 1 BvR 1045/07, nicht veröffentlicht).

Die vom Bevollmächtigten der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegte Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz gibt keinen Anlass, die bisherige Rechtsprechung in Frage zu stellen, denn dort wird lediglich geprüft, ob den dortigen Klägern, die als staatlich geprüfte Masseure und Physiotherapeuten in einer gemeinschaftlich betriebenen freien Praxis tätig sind, die Erlaubnis zu erteilen sei, die Heilkunde nach Maßgabe von § 1 Heilpraktikergesetz selbständig auszuüben. Als Grund für die Antragstellung war angegeben worden, dass infolge der zunehmenden Reglementierungen bei der Behandlung gesetzlich Krankenversicherter ein verstärktes Bedürfnis nach privat zu vergütenden Heilmittelleistungen aufgetreten sei. In der Begründung macht das Gericht bei der Frage, ob die streitige Erlaubniserteilung zu Gefahren für die Volksgesundheit führen würde, Ausführungen dazu, dass im Rahmen der Ausbildung zum Physiotherapeuten neben Kenntnissen und Fertigkeiten in der physikalischen Therapie auch Kenntnisse über diagnostische Verfahren zur Befunderhebung vermittelt würden, die den Auszubildenden befähigten, Behandlungsindikationen selbständig zu erkennen. Ferner werde durch die Ausbildung sichergestellt, dass der Physiotherapeut seine notwendigen Befunde und Diagnosen selbständig erbringen könne. Er sei daher zu therapievorbereitenden Untersuchungen in der Lage, wenn der verschreibende Arzt auf seiner Heilmittelverordnung nur das Leitsymptom angebe. Deswegen sei dieser Personenkreis zumindest ebenso qualifiziert wie (sonstige) Heilpraktiker. Entgegen der Behauptung der Klägerin wird in dieser Entscheidung nichts zu einer fehlenden Bindung an die ärztliche Verordnung ausgeführt. Das Gericht geht nur auf die berufliche Qualifikation von Krankengymnasten ein, den Rahmen, der ihnen durch die ärztliche Verordnung im Einzelfall gelassen wird, fachkundig auszufüllen. Da das Treffen von Detailentscheidungen zu jeder fachlich qualifizierten beruflichen Tätigkeit – selbst zu einer, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt wird – gehört, berühren diese Ausführungen die bisherige Rechtsprechung der Sozialgerichte zur Versicherungspflicht von Krankengymnasten nicht. Entgegen der Auffassung der Klägerin unterstellt sie nicht, die berufliche Qualifikation ermögliche keine eigenständige Diagnosestellung, sondern stellt darauf ab, dass es dem auf Verordnung durch den Arzt tätig werdenden Krankengymnasten im gesetzlichen Krankenversicherungssystem nicht erlaubt ist, seine Diagnose anstelle der des Arztes zu setzen. Er ist vielmehr an den ihm vom Arzt vorgegebenen Rahmen gebunden.

Die Beklagte hat im angegriffenen Beitragsbescheid die Beitragshöhe zutreffend berechnet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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