L 7 SO 4642/07 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 15 SO 6385/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 4642/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 31. August 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers, der das Sozialgericht Stuttgart (SG) nicht abgeholfen hat (vgl. § 174 Satz 1 1. Halbs. SGG) ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat den am 22. August 2007 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit welcher der Antragsteller Mehrbedarfszuschläge wegen kostenaufwändiger Ernährung für die Zeiträume vom 1. August 2001 bis 31. Dezember 2004 und vom 1. August 2006 bis 1. April 2007 nach den Bestimmungen des § 23 Abs. 4 des Bundessozialhilfegesetzes bzw. des § 30 Abs. 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in Höhe von insgesamt 2.507,07 Euro begehrt, zu Recht abgelehnt.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).

Vorliegend kommt, wie das SG zutreffend erkannt hat, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164 (beide auch in juris; jeweils m.w.N.)). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. schon Beschluss vom 15. Juni 2005 - L 7 SO 1594/05 ER-B - (juris) unter Verweis auf Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NVwZ 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 - a.a.O. und 17. August 2005 a.a.O.; Puttler in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), 2. Auflage, Rdnr. 78; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, 4. Auflage, § 123 Rdnr. 62 (alle m.w.N.)). Die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung ist im Übrigen regelmäßig zu verneinen, soweit Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Rechtsschutzantrags abgelaufene Zeiträume erhoben werden (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. schon Beschlüsse vom 1. und 17. August 2005 a.a.O.; Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 1. Auflage, Rdnr. 259 (alle m.w.N.)).

Zu Recht hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der Begründung abgelehnt, dass für das Begehren des Antragstellers der Anordnungsgrund als Voraussetzung für den erstrebten vorläufigen Rechtsschutz fehlt. Der Antragsteller verlangt den Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung für Zeiträume, die bereits weit in der Vergangenheit zurückliegen. Es fehlt sonach an dem nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG erforderlichen Gegenwartsbezug und damit auch am Anordnungsgrund (§ 920 Abs. 2 ZPO), nämlich der besonderen Dringlichkeit des Rechtsschutzbegehrens; dies darf der Senat nicht unbeachtet lassen. Denn die Regelungsanordnung dient zur "Abwendung" wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung aktueller - noch bestehender - Notlagen notwendig sind (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. schon Senatsbeschlüsse vom 1. Juni 2005 - L 7 SO 2060/05 ER-B - und 1. August 2005 a.a.O.; ferner Senatsbeschlüsse vom 28. März 2007 - 1214/07 ER-B - (juris), 9. Mai 2007 - L 7 SO 1778/07 ER-B - und 9. August 2007 - L 7 AS 3512/07 ER-B -). Einen Ausgleich für Rechtsbeeinträchtigungen in der Vergangenheit herbeizuführen ist sonach grundsätzlich nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes; eine Ausnahme ist bei einer begehrten Regelungsanordnung lediglich dann zu machen, wenn die Notlage noch bis in die Gegenwart fortwirkt und den Betroffenen in seiner menschenwürdigen Existenz bedroht (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2005 a.a.O., 28. März 2007 a.a.O. und 9. Mai 2007 a.a.O.; ferner Krodel, NZS 2007, 20, 21 (m.w.N.)).

Einen derartigen Nachholbedarf hat der Antragsteller indessen nicht glaubhaft gemacht. Auch mit den von ihm mit Schreiben vom 10. Oktober 2007 zu den Akten gereichten Unterlagen vermag der Antragsteller eine gegenwärtige Notlage nicht zu begründen. Der Antragsteller erhält von der Antragsgegnerin mit Blick auf den Beschluss des SG vom 18. April 2007 (S 15 SO 2591/07 ER) derzeit (und solange keine Änderung eintritt) monatlich einen Mehrbedarfszuschlag in Höhe von 51,13 Euro vorbehaltlich der Entscheidung im Hauptsacheverfahren. Den von ihm geltend gemachten Mehrbedarf für eine spezielle Diabeteskost kann er gegenwärtig über diese Zahlungen finanzieren. Für die Vergangenheit kommt eine zweckentsprechende Verwendung der beanspruchten Mehrbedarfszuschläge ohnehin nicht mehr in Betracht. Dem Antragsteller ist es deshalb zuzumuten, den Ausgang der Klageverfahren vor dem SG (S 15 SO 2235/07 und S 15 SO 3281/07) abzuwarten, welche den Mehrbedarf für die Zeit ab 1. August 2006 bzw. für den Zeitraum vom 1. August 2001 bis 31. Dezember 2004 zum Gegenstand haben.

Nach allem sind die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung hier nicht gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG (vgl. Bundessozialgericht SozR 3-1500 § 193 Nr. 6).

Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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