Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SO 2829/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 4175/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die Berechnung des über die häusliche Ersparnis hinausgehenden "angemessenen Kostenanteils" von dem in einem Pflegeheim untergebrachten Leistungsempfänger hat in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens, unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu erfolgen. Dabei ist nach Abs. 3 des § 92a SGB XII auch die bisherige Lebenssituation des im Haushalt verbliebenen (Ehe-)partners sowie der im Haushalt lebenden unverheirateten Kinder zu berücksichtigen.
Der Antragsgegner hat vorläufig bis zur Entscheidung der Hauptsache in der 1. Instanz die Kosten der vollstationären Unterbringung des Antragstellers in der Einrichtung P.-G.-Werk e.V. unter Anrechnung eines Kostenbeitrags des Antragstellers von 406,- EUR monatlich ab 1. Oktober 2007 zu tragen; im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers für das Beschwerdeverfahren.
Gründe:
I.
Streitig ist die Höhe der dem Antragsteller (Ast) vom Antragsgegner (Ag) gewährten Leistungen im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt.
Der im Juni 1939 geborene Ast ist verheiratet und bezieht Altersrente in Höhe von insgesamt 1.695,82 EUR; seine Ehefrau verfügt über kein eigenes Einkommen. Seit 26. März 2003 ist der Ast wegen der Folgen eines im August 2002 erlittenen Schlaganfalls (voll)stationär in der Einrichtung P.-G.-Werk e. V. untergebracht. Seine Ehefrau ist als Betreuerin für den Aufgabenkreis "Aufenthaltsbestimmung und Sorge für die Gesundheit" bestellt. Der Ag bewilligte mit Bescheid vom 12. September 2003 dem Grunde nach Leistungen im Rahmen der Hilfe zur Pflege nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Den vom Ast aus seinem Einkommen zu tragenden Kostenanteil bezifferte der Ag - nach anfänglich 188,- EUR von April bis Juni 2003 und 190,- EUR von Juli 2003 bis Dezember 2004 - wie folgt: ab 1. Januar 2005: zunächst 755,20 EUR (Bescheid vom 11. Januar 2005), dann abgeändert in 655,52 EUR (Bescheid vom 27. Januar 2005); ab 1. Juli 2006: 667,02 EUR (Bescheid vom 18. Juli 2006); ab 1. Oktober 2006: 662,40 EUR (Bescheid vom 8. Januar 2007); ab 7. Dezember 2006: 406,- EUR und ab 1. Oktober 2007: 600,54 EUR (Bescheid vom 11. September 2007). Gegen die Bescheide vom 11. und 27. Januar 2005 legte der Ast Widerspruch ein, den der Ag mit Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2005 als unbegründet zurückwies. Die hiergegen erhobene Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG; S 7 SO 5217/05) wurde im Hinblick auf die Gesetzesinitiative des Bundesrates zu § 82 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) mit Beschluss vom 19. April 2006 zum Ruhen gebracht. Auch gegen die Bescheide vom 18. Juli 2006 und 8. Januar 2007 legte der Ast Widerspruch ein, über die - soweit ersichtlich - bisher nicht entschieden worden ist (Bl. K129 VerwA). Da der Ast über den 1. Januar 2005 hinaus lediglich einen Kostenanteil von 190,- EUR an die Einrichtung abführte, kündigte diese wegen aufgelaufener Rückstände in Höhe von 11.554,85 EUR den Heimvertrag zum 21. Mai 2007; sie zog die Kündigung jedoch wieder zurück, nachdem der Ast den festgesetzten Kostenbeitrag für Mai 2007 (406,- EUR) sowie einen Teil der Restschuld bar eingezahlt hatte. Am 21. Mai 2007 hat der Ast beim SG beantragt, den Ag im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, die Kosten für die Heimunterbringung vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu übernehmen und seinen eigenen Kostenanteil auf monatlich maximal 242,- EUR festzusetzen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, die Differenz zwischen seinem tatsächlichen Einkommen und dem nach § 85 SGB XII betrage - bei Berücksichtigung der tatsächlichen Mietkosten - 94,67 EUR. Die Inanspruchnahme dieses Einkommens oberhalb der Einkommensgrenze sei im Hinblick auf die durch die täglichen Besuche entstehenden Kosten unangemessen und unzumutbar. Der Ag ist dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz entgegengetreten; ein Anordnungsgrund liege im Hinblick auf die Rücknahme der Kündigung nicht mehr vor. Die Einrichtung hat mit Schreiben vom 11. Juli 2007 mitgeteilt, es sei nicht richtig, dass sie sich generell verpflichtet habe, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens auf eine Kündigung des Heimvertrags mit dem Ast zu verzichten; sie habe lediglich die ausgesprochene Kündigung zurückgezogen, da der aktuell fällige Kostenbeitrag geleistet worden sei. Würde sich zukünftig das Zahlungsverhalten ändern, hätte dies Auswirkungen auf das weitere Vorgehen. Mit Beschluss vom 1. August 2007 hat das SG den Eilantrag mangels eines Anordnungsanspruchs sowie -grunds abgelehnt.
Gegen den am 6. August 2007 zugestellten Beschluss hat der Ast am 27. August 2007 Beschwerde eingelegt.
II.
Die Beschwerde des Ast hat teilweise Erfolg.
Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat (§ 174; Beschluss vom 12. September 2007), ist zulässig und teilweise begründet.
Die Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes stellt § 86b SGG dar. Nach dessen Abs. 2 Satz 2 ist eine einstweilige Anordnung (eA) auch zur Regelung eines vorläu-figen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist dann der Fall, wenn dem Ast ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Bundesverfas sungsgericht (BVerfG) vom 25. Oktober 1988 in BVerfGE 79, 69/74, vom 19. Oktober 1997 BVerfGE 46, 166/179 und vom 22. November 2002 in NJW 2003, 1236; Niese!, Der Sozialgerichtsprozess, 4. Aufl, RdNr 643). Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist die Eilbedürf- tigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs - das ist der materiell-rechtliche An- spruch, auf den der Ast sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der Ast glaubhaft zu machen ( 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG i.V.m. § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung (ZPO); Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 86b RdNr 41). Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vor liegen des Anordnungsgrundes sind weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 in Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruchs der Erlass einer einstweiligen Anordnung (eA) abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit Existenz sichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Ast zu entscheiden (vgl. BVerfG vom 12. Mai 2005 und vom 22. November 2002 aaO).
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anordnungsanspruch ist § 92a SGB XII, der durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2. Dezember 2006 mit Wirkung vom 7. Dezember 2006 eingeführt worden ist und den Einkommenseinsatz bei Leistungen für Einrichtungen regelt. Nach dessen Absatz 1 kann die Aufbringung der Mittel für die Leistungen in der Einrichtung nach dem Dritten (Hilfe zum Lebensunterhalt) und Vierten (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) Kapitel von einer Person, die Leistungen in einer stationären Einrichtung erhält, von dieser und ihrem nicht getrennt lebenden Ehegatten aus dem gemeinsamen Einkommen verlangt werden, soweit Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 16/2711) begrenzt Abs. 1 die Heranziehung zu den Kosten der erbrachten Leistungen auf die tatsächlich vorliegenden Einsparungen für den Lebensunterhalt, wenn eine Person in einer stationären Einrichtung lebt. Die Regelung stellt darüber hinaus ausdrücklich sicher, dass die Einkommensschonregelung auch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung Anwendung findet. § 92a Abs. 2 SGB XII bestimmt, dass, wenn - wie hier - eine Person auf voraussichtlich längere Zeit Leistungen in einer stationären Einrichtung bedarf, die Aufbringung der Mittel über die häusliche Ersparnis des Abs. 1 hinaus in angemessenem Umfang verlangt werden soll. Hierzu ergibt sich aus der Gesetzesbegründung (aaO), dass mit der Änderung dem Grundsatz der Gleichbehandlung Rechnung getragen wird und damit die sich aus dem bisherigen Recht (§ 82 Abs. 4 SGB XII) ergebende Privilegierung der zu Hause lebenden und überwiegend vom Heimbewohner unterhaltenen (Ehe-)Partner beseitigt worden ist. Welche Beteiligung an den Kosten der Heimunterbringung angemessen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Neben der Dauer der erforderlichen Aufwendungen sind die besonderen Belastungen des Leistungsberechtigten und nach Abs. 3 der Vorschrift auch die bisherige Lebenssituation des im Haushalt verbliebenen (Ehe-)Partners sowie der im Haushalt lebenden unverheirateten Kinder zu berücksichtigen; insoweit handelt es sich im Verhältnis zu § 19 Abs. 1 und 2 SGB XII um eine Spezialnorm. Welcher Selbstbehalt dem im Haushalt verbliebenen (Ehe-)Partner zu belassen ist, richtet sich ebenfalls nach den Gegebenheiten des Einzelfalles, wobei dem Betroffenen nach dem Willen des Gesetzgebers (aaO) ein angemessener Betrag oberhalb des sozialhilferechtlich notwendigen Lebensunterhalts verbleiben soll. Bei der Prüfung der Frage des Selbstbehalts des im Haushalt verbliebenen (Ehe-)Partners ist dem Sozialhilfeträger vom Gesetzgeber weiterhin Ermessen eingeräumt worden, was die Träger der Sozialhilfe in die Lage versetzen soll, die frühere Praxis nach dem BSHG fortzuführen (aaO). In Anwendung dieser rechtlichen Grundsätze kann vom Senat ein Anordnungsanspruch nicht ausgeschlossen werden. Zunächst ist aus dem angegriffenen Bescheid vom 8. Januar 2007 (der den vom Ast aufzubringende Eigenanteil an den Unterbringungskosten auf 406,- EUR festgesetzt hat), in keiner Weise zu erkennen, ob und wie der Ag das ihm eingeräumte Ermessen ausgeübt hat. Im Übrigen hat der Ag in diesem Bescheid seiner Prüfung für den Zeitraum ab 7. Dezember 2006 den - aufgehobenen - § 82 Abs. 4 SGB XII zu Grunde gelegt; die geltende Vorschrift des § 92a SGB XII hat er - ersichtlich - nicht geprüft und damit auch insbesondere nicht den Gesichtspunkt, dass die bisherige Lebenssituation des im Haushalt Verbliebenen zu berücksichtigen ist. Was den Bescheid vom 11. September 2007 (Festsetzung des Eigenanteils an den Heimunterbringungskosten auf 600, 54 EUR monatlich), der nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist, anbetrifft, hat der Ag seine Entscheidung zwar auf § 92a SGB XII gestützt, die Bezugnahme auf § 19 Abs. 1 SGB XII erscheint jedoch im Hinblick auf die speziellere Regelung des § 92a Abs. 3 SGB XII rechtswidrig (s. BT-Drucks. aaO). Die Ausübung von Ermessen ist auch in diesem Bescheid nicht zu erkennen. Darüber hinaus ist für den Senat in keiner Weise nachvollziehbar, aus welchen Gründen sich für den Zeitraum ab 7. Dezember 2006 bei der selben gesetzlichen Grundlage und unverändertem Sachverhalt in der Höhe wesentlich voneinander abweichende Berechnungen ergeben. Aus diesen Gründen vermag der Senat einen Anordnungsanspruch nicht auszuschließen. Auch ein Anordnungsgrund wird vom Senat im Hinblick auf das Schreiben der Einrichtung vom 11. Juli 2007 und der erneuten Aufstockung des Eigenanteils auf 662,40 EUR ab 1. Oktober 2007 bejaht; eine Kündigung für den Fall, das der Ast seinen vom Ag festgesetzten Kostenanteil nicht zahlt, hat die Einrichtung nicht ausgeschlossen.
Bei der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung bejaht der Senat aus den dargelegten Gründen sowohl den Anordnungsanspruch als auch den -grund. Die Berechnung im Einzelnen ist allerdings unter Berücksichtigung der oben genannten rechtlichen Grundsätze dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Bei seiner Entscheidung hat der Senat einerseits darauf abgestellt, dass nach der gesetzlichen Neuregelung in § 92a Abs. 2 SGB XII der Eigenanteil des Ast über dem Betrag der häuslichen Ersparnis, der von der Prozessbevollmächtigten mit 242,- EUR in Ansatz gebracht ist, liegen wird und insoweit die Beschwerde zurückzuweisen ist. Ferner hat der Senat berücksichtigt, dass bisher, dh von Mai bis September 2007, der Betrag von 406,- EUR tatsächlich geleistet werden konnte. Deswegen hält es der Senat für vertretbar, dem Ast bis zur Hauptsacheentscheidung in der 1. Instanz über den hier streitigen Anspruch die Weiterzahlung dieses Betrags zuzumuten, zumal der Ehefrau des Ast nach Abzug dieses Betrags 1.289,82 EUR verbleiben, mit denen sie vorläufig ihre monatlichen Kosten für Wohnung und Lebensunterhalt decken kann. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass die Kostenaufstellung in der Beschwerdebegründung zum Teil nicht belegt (Miete 722,42 EUR; 94,80 EUR Kfz-Versicherung), zum Teil nicht plausibel ist (Kosten des Ast für Getränke und Obst, für zusätzliche Pflege- und Hygieneartikel, für Waschpulver), andererseits die angemessenen Kosten für die Besuchsfahrten zu berücksichtigen sein werden. Ob dagegen der festgesetzte Eigenanteil von 600,54 EUR unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der bisherigen Lebenssituation der Ehefrau des Ast angemessen ist, erscheint zweifelhaft; dies hat der Ag nach Klärung und Berücksichtigung der bisherigen Lebenssituation der Ehefrau des Ast bei pflichtgemäßer Ausübung seines Ermessens zu prüfen, weshalb der Ag vorläufig die über den festgesetzten Eigenanteil von 406,- EUR hinausgehenden Kosten der Heimunterbringung des Ast bis zur Entscheidung in der Hauptssache zu tragen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§177 SGG).
Der Antragsgegner trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers für das Beschwerdeverfahren.
Gründe:
I.
Streitig ist die Höhe der dem Antragsteller (Ast) vom Antragsgegner (Ag) gewährten Leistungen im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt.
Der im Juni 1939 geborene Ast ist verheiratet und bezieht Altersrente in Höhe von insgesamt 1.695,82 EUR; seine Ehefrau verfügt über kein eigenes Einkommen. Seit 26. März 2003 ist der Ast wegen der Folgen eines im August 2002 erlittenen Schlaganfalls (voll)stationär in der Einrichtung P.-G.-Werk e. V. untergebracht. Seine Ehefrau ist als Betreuerin für den Aufgabenkreis "Aufenthaltsbestimmung und Sorge für die Gesundheit" bestellt. Der Ag bewilligte mit Bescheid vom 12. September 2003 dem Grunde nach Leistungen im Rahmen der Hilfe zur Pflege nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Den vom Ast aus seinem Einkommen zu tragenden Kostenanteil bezifferte der Ag - nach anfänglich 188,- EUR von April bis Juni 2003 und 190,- EUR von Juli 2003 bis Dezember 2004 - wie folgt: ab 1. Januar 2005: zunächst 755,20 EUR (Bescheid vom 11. Januar 2005), dann abgeändert in 655,52 EUR (Bescheid vom 27. Januar 2005); ab 1. Juli 2006: 667,02 EUR (Bescheid vom 18. Juli 2006); ab 1. Oktober 2006: 662,40 EUR (Bescheid vom 8. Januar 2007); ab 7. Dezember 2006: 406,- EUR und ab 1. Oktober 2007: 600,54 EUR (Bescheid vom 11. September 2007). Gegen die Bescheide vom 11. und 27. Januar 2005 legte der Ast Widerspruch ein, den der Ag mit Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2005 als unbegründet zurückwies. Die hiergegen erhobene Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG; S 7 SO 5217/05) wurde im Hinblick auf die Gesetzesinitiative des Bundesrates zu § 82 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) mit Beschluss vom 19. April 2006 zum Ruhen gebracht. Auch gegen die Bescheide vom 18. Juli 2006 und 8. Januar 2007 legte der Ast Widerspruch ein, über die - soweit ersichtlich - bisher nicht entschieden worden ist (Bl. K129 VerwA). Da der Ast über den 1. Januar 2005 hinaus lediglich einen Kostenanteil von 190,- EUR an die Einrichtung abführte, kündigte diese wegen aufgelaufener Rückstände in Höhe von 11.554,85 EUR den Heimvertrag zum 21. Mai 2007; sie zog die Kündigung jedoch wieder zurück, nachdem der Ast den festgesetzten Kostenbeitrag für Mai 2007 (406,- EUR) sowie einen Teil der Restschuld bar eingezahlt hatte. Am 21. Mai 2007 hat der Ast beim SG beantragt, den Ag im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, die Kosten für die Heimunterbringung vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu übernehmen und seinen eigenen Kostenanteil auf monatlich maximal 242,- EUR festzusetzen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, die Differenz zwischen seinem tatsächlichen Einkommen und dem nach § 85 SGB XII betrage - bei Berücksichtigung der tatsächlichen Mietkosten - 94,67 EUR. Die Inanspruchnahme dieses Einkommens oberhalb der Einkommensgrenze sei im Hinblick auf die durch die täglichen Besuche entstehenden Kosten unangemessen und unzumutbar. Der Ag ist dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz entgegengetreten; ein Anordnungsgrund liege im Hinblick auf die Rücknahme der Kündigung nicht mehr vor. Die Einrichtung hat mit Schreiben vom 11. Juli 2007 mitgeteilt, es sei nicht richtig, dass sie sich generell verpflichtet habe, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens auf eine Kündigung des Heimvertrags mit dem Ast zu verzichten; sie habe lediglich die ausgesprochene Kündigung zurückgezogen, da der aktuell fällige Kostenbeitrag geleistet worden sei. Würde sich zukünftig das Zahlungsverhalten ändern, hätte dies Auswirkungen auf das weitere Vorgehen. Mit Beschluss vom 1. August 2007 hat das SG den Eilantrag mangels eines Anordnungsanspruchs sowie -grunds abgelehnt.
Gegen den am 6. August 2007 zugestellten Beschluss hat der Ast am 27. August 2007 Beschwerde eingelegt.
II.
Die Beschwerde des Ast hat teilweise Erfolg.
Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat (§ 174; Beschluss vom 12. September 2007), ist zulässig und teilweise begründet.
Die Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes stellt § 86b SGG dar. Nach dessen Abs. 2 Satz 2 ist eine einstweilige Anordnung (eA) auch zur Regelung eines vorläu-figen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist dann der Fall, wenn dem Ast ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Bundesverfas sungsgericht (BVerfG) vom 25. Oktober 1988 in BVerfGE 79, 69/74, vom 19. Oktober 1997 BVerfGE 46, 166/179 und vom 22. November 2002 in NJW 2003, 1236; Niese!, Der Sozialgerichtsprozess, 4. Aufl, RdNr 643). Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist die Eilbedürf- tigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs - das ist der materiell-rechtliche An- spruch, auf den der Ast sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der Ast glaubhaft zu machen ( 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG i.V.m. § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung (ZPO); Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 86b RdNr 41). Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vor liegen des Anordnungsgrundes sind weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 in Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruchs der Erlass einer einstweiligen Anordnung (eA) abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit Existenz sichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Ast zu entscheiden (vgl. BVerfG vom 12. Mai 2005 und vom 22. November 2002 aaO).
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anordnungsanspruch ist § 92a SGB XII, der durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2. Dezember 2006 mit Wirkung vom 7. Dezember 2006 eingeführt worden ist und den Einkommenseinsatz bei Leistungen für Einrichtungen regelt. Nach dessen Absatz 1 kann die Aufbringung der Mittel für die Leistungen in der Einrichtung nach dem Dritten (Hilfe zum Lebensunterhalt) und Vierten (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) Kapitel von einer Person, die Leistungen in einer stationären Einrichtung erhält, von dieser und ihrem nicht getrennt lebenden Ehegatten aus dem gemeinsamen Einkommen verlangt werden, soweit Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 16/2711) begrenzt Abs. 1 die Heranziehung zu den Kosten der erbrachten Leistungen auf die tatsächlich vorliegenden Einsparungen für den Lebensunterhalt, wenn eine Person in einer stationären Einrichtung lebt. Die Regelung stellt darüber hinaus ausdrücklich sicher, dass die Einkommensschonregelung auch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung Anwendung findet. § 92a Abs. 2 SGB XII bestimmt, dass, wenn - wie hier - eine Person auf voraussichtlich längere Zeit Leistungen in einer stationären Einrichtung bedarf, die Aufbringung der Mittel über die häusliche Ersparnis des Abs. 1 hinaus in angemessenem Umfang verlangt werden soll. Hierzu ergibt sich aus der Gesetzesbegründung (aaO), dass mit der Änderung dem Grundsatz der Gleichbehandlung Rechnung getragen wird und damit die sich aus dem bisherigen Recht (§ 82 Abs. 4 SGB XII) ergebende Privilegierung der zu Hause lebenden und überwiegend vom Heimbewohner unterhaltenen (Ehe-)Partner beseitigt worden ist. Welche Beteiligung an den Kosten der Heimunterbringung angemessen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Neben der Dauer der erforderlichen Aufwendungen sind die besonderen Belastungen des Leistungsberechtigten und nach Abs. 3 der Vorschrift auch die bisherige Lebenssituation des im Haushalt verbliebenen (Ehe-)Partners sowie der im Haushalt lebenden unverheirateten Kinder zu berücksichtigen; insoweit handelt es sich im Verhältnis zu § 19 Abs. 1 und 2 SGB XII um eine Spezialnorm. Welcher Selbstbehalt dem im Haushalt verbliebenen (Ehe-)Partner zu belassen ist, richtet sich ebenfalls nach den Gegebenheiten des Einzelfalles, wobei dem Betroffenen nach dem Willen des Gesetzgebers (aaO) ein angemessener Betrag oberhalb des sozialhilferechtlich notwendigen Lebensunterhalts verbleiben soll. Bei der Prüfung der Frage des Selbstbehalts des im Haushalt verbliebenen (Ehe-)Partners ist dem Sozialhilfeträger vom Gesetzgeber weiterhin Ermessen eingeräumt worden, was die Träger der Sozialhilfe in die Lage versetzen soll, die frühere Praxis nach dem BSHG fortzuführen (aaO). In Anwendung dieser rechtlichen Grundsätze kann vom Senat ein Anordnungsanspruch nicht ausgeschlossen werden. Zunächst ist aus dem angegriffenen Bescheid vom 8. Januar 2007 (der den vom Ast aufzubringende Eigenanteil an den Unterbringungskosten auf 406,- EUR festgesetzt hat), in keiner Weise zu erkennen, ob und wie der Ag das ihm eingeräumte Ermessen ausgeübt hat. Im Übrigen hat der Ag in diesem Bescheid seiner Prüfung für den Zeitraum ab 7. Dezember 2006 den - aufgehobenen - § 82 Abs. 4 SGB XII zu Grunde gelegt; die geltende Vorschrift des § 92a SGB XII hat er - ersichtlich - nicht geprüft und damit auch insbesondere nicht den Gesichtspunkt, dass die bisherige Lebenssituation des im Haushalt Verbliebenen zu berücksichtigen ist. Was den Bescheid vom 11. September 2007 (Festsetzung des Eigenanteils an den Heimunterbringungskosten auf 600, 54 EUR monatlich), der nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist, anbetrifft, hat der Ag seine Entscheidung zwar auf § 92a SGB XII gestützt, die Bezugnahme auf § 19 Abs. 1 SGB XII erscheint jedoch im Hinblick auf die speziellere Regelung des § 92a Abs. 3 SGB XII rechtswidrig (s. BT-Drucks. aaO). Die Ausübung von Ermessen ist auch in diesem Bescheid nicht zu erkennen. Darüber hinaus ist für den Senat in keiner Weise nachvollziehbar, aus welchen Gründen sich für den Zeitraum ab 7. Dezember 2006 bei der selben gesetzlichen Grundlage und unverändertem Sachverhalt in der Höhe wesentlich voneinander abweichende Berechnungen ergeben. Aus diesen Gründen vermag der Senat einen Anordnungsanspruch nicht auszuschließen. Auch ein Anordnungsgrund wird vom Senat im Hinblick auf das Schreiben der Einrichtung vom 11. Juli 2007 und der erneuten Aufstockung des Eigenanteils auf 662,40 EUR ab 1. Oktober 2007 bejaht; eine Kündigung für den Fall, das der Ast seinen vom Ag festgesetzten Kostenanteil nicht zahlt, hat die Einrichtung nicht ausgeschlossen.
Bei der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung bejaht der Senat aus den dargelegten Gründen sowohl den Anordnungsanspruch als auch den -grund. Die Berechnung im Einzelnen ist allerdings unter Berücksichtigung der oben genannten rechtlichen Grundsätze dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Bei seiner Entscheidung hat der Senat einerseits darauf abgestellt, dass nach der gesetzlichen Neuregelung in § 92a Abs. 2 SGB XII der Eigenanteil des Ast über dem Betrag der häuslichen Ersparnis, der von der Prozessbevollmächtigten mit 242,- EUR in Ansatz gebracht ist, liegen wird und insoweit die Beschwerde zurückzuweisen ist. Ferner hat der Senat berücksichtigt, dass bisher, dh von Mai bis September 2007, der Betrag von 406,- EUR tatsächlich geleistet werden konnte. Deswegen hält es der Senat für vertretbar, dem Ast bis zur Hauptsacheentscheidung in der 1. Instanz über den hier streitigen Anspruch die Weiterzahlung dieses Betrags zuzumuten, zumal der Ehefrau des Ast nach Abzug dieses Betrags 1.289,82 EUR verbleiben, mit denen sie vorläufig ihre monatlichen Kosten für Wohnung und Lebensunterhalt decken kann. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass die Kostenaufstellung in der Beschwerdebegründung zum Teil nicht belegt (Miete 722,42 EUR; 94,80 EUR Kfz-Versicherung), zum Teil nicht plausibel ist (Kosten des Ast für Getränke und Obst, für zusätzliche Pflege- und Hygieneartikel, für Waschpulver), andererseits die angemessenen Kosten für die Besuchsfahrten zu berücksichtigen sein werden. Ob dagegen der festgesetzte Eigenanteil von 600,54 EUR unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der bisherigen Lebenssituation der Ehefrau des Ast angemessen ist, erscheint zweifelhaft; dies hat der Ag nach Klärung und Berücksichtigung der bisherigen Lebenssituation der Ehefrau des Ast bei pflichtgemäßer Ausübung seines Ermessens zu prüfen, weshalb der Ag vorläufig die über den festgesetzten Eigenanteil von 406,- EUR hinausgehenden Kosten der Heimunterbringung des Ast bis zur Entscheidung in der Hauptssache zu tragen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§177 SGG).
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