L 5 KA 5139/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KA 4289/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 5139/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 3/08 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Das WOPG enthält keine Möglichkeit, die Besonderheiten "junger Wachstumskassen" zu berücksichtigen. Die Umsetzungsvereinbarungen der Partner der Bundesmantelverträge sind für die angeschlossenen Krankenkassen auch dann bindend, wenn die speziellen Umstände einer während des Jahres 2001 erfolgten Kassenneugründung nicht berücksichtigt werden.
NZB anhängig unter B 6 KA 3/08 B
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.8.2006 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt ¼ , die Beklagte ¾ der die Kosten beider Rechtszüge.

Der Streitwert wird auf 5.912,31 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt (nach erneuter Überprüfung) zuletzt noch die Zahlung eines von der Beklagten zurückbehaltenen Restbetrags der Gesamtvergütung für die Quartale 1/02 bis 3/03 in Höhe von 4.257,29 EUR (zu Beginn des Berufungsverfahrens noch 5.912,31 EUR).

Die Beklagte, am 1.4.2001 gegründete gesetzliche Krankenkasse mit Sitz außerhalb des Landes Baden-Württemberg, unterliegt dem mit Gesetz vom 11.12.2001 (BGBl. I, S. 3526 - WOPG) zum 1.1.2002 eingeführten Wohnortprinzip und ist eine so genannte "einstrahlende Krankenkasse". Über die vertragsärztliche Versorgung ihrer im Bezirk der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) wohnenden Mitglieder werden Gesamtverträge abgeschlossen. Vertragspartner (u.a. des BKK-Gesamtvertrag vom 22.8.1978, SG-Akte S. 124) sind (hier) die Klägerin, die aus der zum 1.1.2005 vollzogenen Fusion der bis dahin im Land Baden-Württemberg bestehenden vier Kassenärztlichen Vereinigungen hervorgegangen ist, und - für die Beklagte - der Landesverband der Betriebskrankenkassen Baden-Württemberg (BKK-LV BW).

Mit dem zum 01.01.2002 in Kraft getretenen Gesetz zur Einführung des Wohnortprinzips bei Honorarvereinbarungen für Ärzte und Zahnärzte (BGBl. I.S. 3526) (Wohnortprinzipgesetz - WOPG) sind Bestimmungen zur Berechnung der Gesamtvergütung für vertrags(zahn)ärztliche bzw. vertragspsychotherapeutische Leistungen für die bereichsfremden (nicht im Bezirk der jeweiligen KV ansässigen) Krankenkassen getroffen worden. Art. 2 § 1 WOPG legt als Übergangsregelung hierfür fest, dass der Ausgangsbetrag für die für das Jahr 2002 erstmalig nach dem Wohnortprinzip zu vereinbarenden Gesamtvergütungen sich jeweils durch Multiplikation folgender Faktoren ergeben solle:

1. des Betrags, der sich bei einer Teilung der für das Jahr 2001 geltenden Gesamtvergütung durch die Zahl der Mitglieder der Krankenkassen ergibt; 2. der Zahl der Mitglieder der Krankenkassen mit Wohnort im Bezirk der vertragsschließenden kassenärztlichen Vereinigung. Die Zahl der Mitglieder der Krankenkasse ist nach dem Vordruck KM 6 der Statistik über die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung zum 1.7.2001 zu bestimmen.

Art. 2 § 1 WOPG sieht also eine Ermittlung der Gesamtvergütung nach Kopfpauschalen vor. Ergänzende Regelungen zur Umsetzung des WOPG haben der BKK-Bundesverband und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) in einer dem Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) als Anlage 14 beigefügten Vereinbarung festgelegt (siehe S. 182 - 195 SG-Akte); die Vereinbarung ist Bestandteil des BMV-Ä. In § 3 Anlage 14 BMV-Ä sind Bestimmungen zur Festlegung des Ausgangsbetrags nach Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG getroffen. Weitere Einzelregelungen sind in Protokollnotizen zu Anlage 14 BMV-Ä festgehalten.

Für die Jahre 2002 und 2003 haben die (vormalige) KV Nordwürttemberg und der BKK-LV BW Vergütungsregelungen getroffen (SG-Akte S. 9, 40; im Folgenden: BKK-Vergütungsvereinbarung). In einem Schiedsspruch vom 30.5.2004 hatte das Landesschiedsamt Niedersachsen beschlossen, dass für die ab 1.1.2000 bis 31.12.2001 neu errichteten Betriebskrankenkassen die Kopfpauschale pro Mitglied und Quartal für den Zeitraum 1.1.2000 bis 30.9.2002 180 DM (92,03 EUR) für alle über die KV Niedersachsen abzurechnenden Leistungen betrage. Für den Zeitraum 1.10.2002 bis 31.12.2003 betrage die Kopfpauschale pro Mitglied und Quartal 195,19 DM für alle über die KV Niedersachsen abzurechnenden Leistungen (SG-Akte S. 148)

In den streitigen Quartalen weigerte sich die Beklagte, die von der Klägerin errechnete Gesamtvergütung (vollständig) zu zahlen. Auch die Abschlagszahlungen für die Quartale 1/03 und 2/03 wurden nicht vollständig entrichtet.

Wegen der ausstehenden Abschlagszahlungen für die Quartale 1/03 und 2/03 erhob die Klägerin bereits am 5.11.2003 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (Verfahren S 11 KA 5914/03). In diesem Verfahren trug sie vor, Abschlagszahlungen könne sie gem. § 85 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) i. V. m. § 9 Abs. 4 BKK-Gesamtvertrag, § 4 Abs. 4 Satz 1 Anlage 14 BMV-Ä und Nr. 8 der. Protokollnotizen zu Anlage 14 BMV-Ä beanspruchen. Nach § 4 Abs. 4 Satz 2 Anlage 14 BMV-Ä betrage die monatliche Abschlagszahlung grundsätzlich 32 % des Produkts aus der Multiplikation der nach § 3 Abs. 2 und 3 Anlage 14 BMV-Ä jeweils für das Quartal festgestellten Gesamtvergütung je Mitglied mit der gemäß § 5 Anlage 14 BMV-Ä gemeldeten Zahl der Mitglieder des Vorquartals, wobei Nr. 8 der Protokollnotizen zu Anlage 14 BMV-Ä für die hier streitgegenständlichen Quartale 1/03 und 2/03 vorsehe, dass auf die Mitgliederzahl des jeweiligen "Vorvorquartals" abzustellen sei. Als Basis zur Abschlagsberechnung für das Quartal 1/03 gelte gem. § 3 Abs. 2, 3 Anlage 14 BMV-Ä eine Kopfpauschale von 131,90 EUR, wobei zusätzlich eine Abstimmung zwischen ihr, der Klägerin, und dem BKK-LV BW berücksichtigt werden müsse. Vorliegend sei eine Mitgliederzahl von 73 maßgeblich. Basis der Abschlagsberechnung für das Quartal 2/03 sei eine Kopfpauschale von 131,90 EUR, die maßgebliche Mitgliederzahl betrage 99. Daraus errechneten sich Abschlagszahlungen von 3.100 EUR bzw. 4.200 EUR (kaufmännisch gerundet), insgesamt 7.300 EUR. Hiervon seien 6.690 EUR noch nicht gezahlt. Die Beklagte sei nicht berechtigt, die Abschlagszahlungen zu kürzen. Die Regelungen im maßgeblichen Gesamtvertrag sowie im BMV-Ä seien auch für die einzelne Betriebskrankenkasse verbindlich. Die Beklagte könne nicht einwenden, die Gesamtvergütung entspreche nicht dem Inanspruchnahmeverhalten ihrer Mitglieder. Das Morbiditätsrisiko liege bei einer nach Kopfpauschalen berechneten Gesamtvergütung stets auf Seiten der Ärzte, weshalb eine Verminderung aus Morbiditätsgründen durch die Krankenkassen ausgeschlossen sei.

Am 7.7.2004 erhob die Klägerin außerdem Klage wegen noch nicht gezahlter Gesamtvergütungsanteile (Verfahren S 11 KA 4289/04). In diesem Verfahren trug sie vor, gem. § 85 Abs. 1 Satz 1 SGB V i. V. m. der BKK-Vergütungsvereinbarung 2002 bzw. 2003 habe sie Anspruch auf vollständige Zahlung der Gesamtvergütung. Diese errechne sich für das Jahr 2002 wie folgt:

Die Gesamtvergütung für das Quartal 1/02 ergebe sich aus Nr. 2 der Protokollnotizen zur Anlage 14 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä); danach werde der in den Quartalen 2/01 bis 4/01 pro Mitglied durchschnittlich entrichtete Betrag mit der Anzahl der Mitglieder im Quartal 1/02 vervielfacht. Für die übrigen Quartale des Jahres 2002 beginne der Berechnungsvorgang (zur Ermittlung der Kopfpauschale) gem. Nr. 2.1 BKK-Vergütungsvereinbarung 2002 (als Bestandteil des BKK-Gesamtvertrags) mit dem Ausgangsbetrag nach § 3 Abs. 2 Anlage 14 BMV-Ä je Mitglied der Beklagten in ihrem (der Klägerin) Bezirk aus dem jeweiligen Vorjahresquartal. Dieser Ausgangsbetrag ergebe sich aus der Teilung der Gesamtvergütung für das Jahr 2001 durch die Zahl der Kassenmitglieder diesen Jahres. Er werde sodann gem. Nr. 2.1 BKK-Vergütungsvereinbarung 2002 nach Maßgabe der dort festgelegten Modalitäten zunächst vermindert und anschließend gem. Nr. 2.2 BKK-Vergütungsvereinbarung wieder um 1,64 Prozent erhöht. Die so errechnete Kopfpauschale werde gem. Nr. 2.2 BKK-Vergütungsvereinbarung 2002 mit der Zahl der Mitglieder im jeweiligen Quartal vervielfacht. Dabei müsse man beachten, dass die Kopfpauschale zunächst in die Teilbereiche "ohne psychotherapeutische Leistungen", "psychotherapeutische Leistungen ohne Kostenerstattung", "Kostenerstattung bei psychotherapeutischen Leistungen" und "besondere psychotherapeutische Leistungen" aufgeteilt und danach wieder zusammengeführt werde. Auf dieser Basis ergäben sich folgende budgetierte Gesamtvergütungsanteile: Quartal 1/02: 3.769,18 EUR, 2/02: 5.294,75 EUR, 3/02: 5.790,59 EUR, 4/02: 11.052,48 EUR, insgesamt: 25.907,00 EUR. Zusätzlich zur budgetierten Gesamtvergütung habe sie (die Klägerin) gegen die Beklagte einen Anspruch auf Einzelleistungsvergütungen aus der BKK-Vergütungsvereinbarung 2002. Insoweit sei zu differenzieren zwischen Leistungen durch Ärzte mit Sitz im Bezirk der Beklagten und durch solche mit Sitz außerhalb des Bezirks der KV Nordwürttemberg (Fremdärzte), die im Bezirk der KV Nordwürttemberg wohnende Mitglieder der Beklagten behandelt hätten. In den Quartalen 1/02 bis 4/02 bestünden folgende Einzelleistungsvergütungsansprüche: Ärzte mit Sitz im Bezirk der KV Nordwürttemberg:375,80 EUR, 467,28 EUR, 921,26 EUR, 1.175,32 EUR, insgesamt: 2.939,66 EUR; Fremdärzte 2,60 EUR, 25,61 EUR, 1.396,52 EUR, 60,98 EUR, insgesamt: 1.485,71 EUR. Der Gesamtvergütungsanspruch belaufe sich im Jahr 2002 auf insgesamt 30.332,37 EUR.

Für das Jahr 2003 errechne sich der Gesamtvergütungsanspruch wie folgt:

Auszugehen sei von den budgetierten Gesamtvergütungsanteilen für die jeweiligen Quartale des Jahres 2002; diese würden um die Einzelleistungen aus den Anlagen 1 und 5 mit der insoweit abgestimmten BKK-Vergütungsvereinbarung 2003 vermindert (Nr. 2.1 BKK-Gesamtvertrag 2003). Der errechnete Wert werde durch die Zahl der Mitglieder der Beklagten aus dem jeweiligen Quartal des Jahres 2002 geteilt; das ergebe die Kopfpauschale. Diese werde sodann mit der Zahl der Mitglieder der Beklagten im jeweiligen Quartal des Jahres 2003 vervielfacht. Danach errechneten sich für die Quartale 1/03 bis 3/03 folgende budgetierte Gesamtvergütungsanteile: Quartal 1/03: 12.780,03 EUR, 2/02: 14.926,50 EUR, 3/03: 12.633,60 EUR, insgesamt: 40.340,13 EUR. Hinzukämen nach der BKK-Vergütungsvereinbarung 2003 noch Ansprüche auf Einzelleistungsvergütungen. Diese betrügen in den Quartalen 1/03 bis 3 /03 hinsichtlich der Ärzte mit Sitz im Bezirk der KV Nordwürttemberg 2.318,06 EUR, 1.796,52 EUR, 3.631,67 EUR, insgesamt 7.719,25 EUR, hinsichtlich der Fremdärzte 98,03 EUR, 123,74 EUR, 28,79 EUR, insgesamt 250,58 EUR. Der Gesamtvergütungsanspruch für das Jahr 2003 belaufe sich auf 48.309,96 EUR.

Insgesamt schulde die Beklagte für die streitigen Quartale eine Gesamtvergütung in Höhe von 78.642,33 EUR. Offen sei noch ein Betrag von 12.564,79 EUR. Im Verfahren S 11 KA 5914/03 (wegen Kürzung der Abschlagszahlungen) sei ein Betrag vom 6.690,00 EUR rechtshängig. Im Verfahren S 11 KA 5914/03 sei daher noch ein Betrag von 5.874,79 EUR im Streit. Nachdem die Beklagte im November 2005 nochmals Zahlungen geleistet hatte, bezifferte die Klägerin den noch ausstehenden Restbetrag mit lediglich noch 5.912,31 EUR (SG-Akte S. 166).

Die Kopfpauschalen für die Quartale 2/02, 3/02 und 4/02 beliefen sich auf 101,03 EUR, 94,76 EUR und 114,08 EUR. Da die Beklagte erst im Quartal 1/01 errichtet worden sei, sei für das Quartal 1/02 in Ermangelung eines Ausgangsbetrags der durchschnittliche Betrag der Kopfpauschalen sämtlicher Betriebskrankenkassen gebildet worden. Der Schiedsspruch vom 30.5.2004 beziehe sich ausschließlich auf Leistungen, die über die KV Niedersachsen abgerechnet würden und gelte daher nicht für Leistungen, die mit ihr abzurechnen seien.

Die Beklagte trug vor, sie sei an den BKK-Gesamtvertrag zwischen der Klägerin und dem BKK-LV BW nicht gebunden, weil ihr Kassensitz in Niedersachsen liege und sie dem BKK-LV BW daher nicht angehöre. Die Klägerin habe die Kopfpauschale fehlerhaft errechnet. Das Landes-schiedsamt Niedersachsen habe mit Schiedsspruch vom 30.5.2004 (SG-Akte S. 148) bestätigt, dass die vor dem Landesschiedsamt am 16.11.1999 vereinbarte Kopfpauschale (für die mit der KV Niedersachsen abzurechnenden Leistungen) von 180 DM (92,03 EUR) für neu errichtete BKKs und damit auch für sie gelte. Diesen Betrag habe die KV Niedersachsen als Ausgangsbetrag (Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG) an die KBV gemeldet. Der Schiedsspruch sei weder beanstandet noch sei Klage erhoben worden. Sie habe daher der Klägerin zu Recht (nur) eine Kopfpauschale von 92,03 EUR überwiesen.

Davon abgesehen werde das von der Klägerin angewandte Verfahren zur Ermittlung der Kopfpauschale gerügt. Die Kopfpauschalen hätten im Jahr 2002 erstmals nach dem Wohnortprinzip ermittelt werden müssen, und zwar auf der Grundlage der Gesamtvergütungen des Jahres 2001. Sie sei erst zum 1.4.2001 gegründet worden und deshalb im Jahr 2001 nur neun Monate am Markt tätig gewesen. In diesem Jahr habe sie über eine verhältnismäßig geringe Mitgliederzahl und ein verglichen mit anderen Krankenkassen geringes Gesamtvergütungsvolumen verfügt. Bei korrekter Anwendung des WOPG müsste sich dies auf die Kopfpauschale des Jahres 2002 auswirken. Das sei jedoch nicht geschehen. Im Bereich der Innungskrankenkassen habe man die Problematik "junger Wachstumskassen" erkannt und in einer Sondervereinbarung berücksichtigt, nämlich in § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 Anlage 16 BMV-Ä. Für die Betriebskrankenkassen fehle eine vergleichbare Regelung zum Schutz junger Kassen. Für sie sei das Verfahren zur Ermittlung der Kopfpauschale (ausschließlich) in Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG, der Anlage 14 BMV-Ä sowie Nr. 2 der Protokollnotizen zu Anlage 14 BMV-Ä sowie regionalen Gesamtvereinbarungen festgelegt. Nach ihrer Auffassung verstießen insbesondere § 3 Anlage 14 BMV-Ä und die genannte Protokollnotizbestimmung offenkundig und schwerwiegend gegen Art. 2 § 1 WOPG und seien deshalb nichtig. Derart qualifizierte Rechtsverstöße in vertragsärztlichen Normverträgen dürfe sie auch geltend zu machen. Hierfür seien aus Ihrer Sicht die folgenden Erwägungen maßgeblich:

Gem. § 82 Abs. 2 SGB V vereinbarten die Gesamtvertragspartner die Kopfpauschalen für die Gesamtvergütung. Im Hinblick auf die Einführung des Wohnortprinzips habe der Gesetzgeber hierfür in Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG eine Übergangsregelung getroffen. Sie lege fest, wie der Ausgangsbetrag zu ermitteln sei, der den Vereinbarungen (über die Kopfpauschale) für das Jahr 2002 erstmals zugrunde gelegt werden müsse. Die Umsetzungsbestimmungen, die die Gesamtvertragspartner in Anlage 14 BMV-Ä vereinbart hätten, verstießen in schwerwiegender Weise gegen Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG; dadurch werde sie überproportional stark finanziell belastet.

Der Ausgangsbetrag des Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG, der zum Stichtag 1.7.2001 errechnet werde, bezeichne als reine Verhältniszahl den auf eine einzelne KV nach dem Verhältnis der in ihrem Bezirk wohnenden Kassenmitglieder zur Gesamtzahl der Kassenmitglieder entfallenden Anteil an der von der Krankenkasse im Jahr 2001 insgesamt gezahlten Gesamtvergütung (Vgl. auch die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 14/6400 S. 5 i. V. m. BT-Drs. 14/5960, S. 5). Zur Bildung der Ausgangsbasis werde das von der jeweiligen Krankenkasse im Jahr 2001 gezahlte Honorarvolumen entsprechend der Zahl ihrer in den verschiedenen Versorgungsregionen wohnenden Versicherten rechnerisch auf diese Regionen aufgeteilt. Hierbei werde für jede Krankenkasse aus den im Jahr 2001 für die Versorgung aller Versicherten gezahlten Honorarvolumina ein bundesweiter Durchschnittsbetrag je Versicherten ermittelt, der mit der Zahl der Versicherten der Krankenkasse mit Wohnsitz in der jeweiligen Versorgungsregion multipliziert werde. Diese Regelung habe zur Folge, so die Gesetzesbegründung zu Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG, "dass in allen Vertragsregionen, in den neuen Ländern wie in den alten Ländern, für die jeweilige Krankenkasse, auch für die so genannte Erstreckungskasse, die in den vergangenen Jahren unterschiedliche Kopfpauschalen für Mitglieder in den alten und in den neuen Ländern gezahlt hätten, ein Durchschnittsbetrag je Versicherten in gleicher Höhe als Ausgangsbasis für die Honorarverhandlungen des Jahres 2002 zugrunde zu legen sei". Gem. § 3 Abs. 5 Anlage 14 BMV-Ä sei die festgestellte Gesamtvergütung 2001 je Mitglied und Kasse den Betriebskrankenkassen sowie den KVen schriftlich bekannt zu geben. Aus welcher Mitteilung sie, die Klägerin, die ihren Kopfpauschalen zu Grunde liegende Gesamtvergütung ableite, sei nicht ersichtlich. Für sie, die Beklagte, sei die Mitteilung des BKK-Landesverbandes Niedersachsen-Bremen vom 14.2.2005 maßgeblich; danach errechne sich der Ausgangsbetrag nach Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG wie folgt: Gesamtvergütung 2001 246.283,99 EUR/, Mitgliederzahl (Stichtag 1.7.2001 Statistik KM 6) 881 = 279,5 5 EUR; Mitgliederzahl Baden-Württemberg am 1.7.2001 13 = 3.634,15 EUR. Der letztgenannte Betrag sei für den Bezirk der Klägerin als Ausgangsbetrag i. S. des Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG ausschlaggebend. Pro Quartal betrage er 908,53 EUR, woraus sich bei einer Mitgliederzahl von 13 ein Prokopfanteil von 69,88 EUR errechne. Nur von diesem Ausgangsbetrag her könne die Gesamtvergütung weiterentwickelt werden. Das sei vorliegend aber nicht geschehen.

Nach dem Willen des Gesetzgebers, der in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck komme, habe das Wohnortprinzip für die gesetzliche Krankenversicherung kostenneutral eingeführt werden sollen. Zusätzliche Leistungsausgaben sollten nicht entstehen, da die Neuregelung nur eine andere regionale Verteilung der Gesamtvergütung vorsehe. Auch das Beitragssatzniveau solle nicht beeinflusst werden. Von diesen Zielsetzungen des Gesetzes weiche die Bestimmung in § 3 Anlage 14 BMV-Ä zu ihren Lasten ab. Als Folge der rechtswidrigen Regelungen in Anlage 14 BMV-Ä bzw. der zugehörigen Protokollnotizen seien die Ausgangsbeträge 2002 in den einzelnen KV-Bezirken im Ergebnis höher als der prozentuale Anteil, der der jeweiligen KV am Gesamtvergütungsvolumen 2001 der Krankenkasse zustehe.

Unzulässig sei insoweit zunächst, die Ausgangsbeträge (wie in § 3 Anlage 14 BMV-Ä vorgesehen) quartalsweise zu ermitteln, da es sich bei dem nach dem WOPG zu ermittelnden Ausgangsbetrag um einen einheitlichen Jahresbetrag handele. Da sie, die Beklagte, erst am 1.4.2001 gegründet worden sei, habe nach der von den Gesamtvertragspartnern (auf Bundesebene) festgelegten Berechnungsmethode nur der Ausgangsbetrag für die Quartale 2/01 bis 4/2001 errechnet werden können. Für das Quartal 1/01 habe man nach Maßgabe der Protokollnotizen zu Anlage 14 BMV-Ä einen fiktiven Wert angesetzt. Dieser führe bei ihr zu einer überproportional ansteigenden Belastung und einer extremen Verzerrung der Berechnungsgrundlagen, was so mit den Vorgaben des WOPG nicht vereinbar sei. Hätten man den Ausgangsbetrag dagegen auf das gesamte Jahr bezogen ermittelt, wäre allein die für die Quartale 2/01 bis 4/01 gezahlte Gesamtvergütung maßgeblich gewesen. Gänzlich unterblieben sei die vom WOPG vorgeschriebene Multiplikation des Betrages der im Jahr 2001 pro Kopf gezahlten Gesamtvergütung mit der Zahl der Mitglieder mit Wohnsitz im Bezirk der vertragsschließenden KV zum Stichtag 01.07.2001. Diese Fehler führten dazu, dass die quartalsweise ermittelten Ausgangsbeträge nicht mehr das Verhältnis der Anteile der einzelnen KV an der von ihr, der Beklagten, gezahlten Gesamtvergütung des Jahres 2001 widerspiegelten. Wenn dann noch zur Ermittlung des Ausgangsbetrags für das Quartal 1/02 der Durchschnitt der Ausgangsbeträge der Quartale 2/02 bis 4/02 herangezogen werde, entstünden letztendlich völlig willkürliche Ergebnisse.

Nach der Protokollnotiz Nr. 2 (Satz 2) zur Anlage 14 BMV-Ä werde die Gesamtvergütung je Mitglied für das Quartal 1/02 als Durchschnitt der Gesamtvergütung je Mitglied der Quartale 2/01 bis 4/01 festgesetzt. Dieser Rechenschritt sei nach der - die quartalsweise Ermittlung des Ausgangsbetrags vorsehenden - Systematik der Anlage 14 BMV-Ä notwendig. Da sie erst am 1.4.2001 gegründet worden sei, könne man für den Ausgangsbetrag des Quartals 2/01 nicht an das Quartal 1/01 anknüpfen. Die Gesamtvertragspartner hätten dieses Problem durchaus gesehen und mit der genannten Bestimmung der Protokollnotizen lösen wollen. Diese bringe die Problematik aber "erst ans Licht". Rechnerisch werde sie wie eine Krankenkasse behandelt, die im Jahr 2001 während aller vier Quartale am Markt tätig gewesen sei. Man stelle sie so, als hätte sie im Jahr 2001 eine um 1/3 höhere Gesamtvergütung gezahlt, da ihr auf Grund der im BMV-Ä festgelegten quartalsweisen Ermittlung des Ausgangsbetrages eine fiktive Gesamtvergütung für das Quartal 1/01 zugerechnet werde. Das habe verheerende finanzielle Auswirkungen, weil so die Kopfpauschale übermäßig anwachse und ihre Wirtschaftskraft erheblich gefährdet werde. Dadurch würden zugleich das vom Gesetzgeber gewollte Prinzip der Kostenneutralität durchbrochen und das Prinzip der prozentualen Aufteilung des Gesamtvergütungsvolumens 2001 auf die jeweiligen KV-Bezirke unterlaufen.

Für den Bereich der Innungskrankenkassen sei das Problem erkannt worden. Die hierfür geltenden Umsetzungsregelungen enthielten eine Zusatzvereinbarung, die es für den Bereich der Betriebskrankenkassen so nicht gebe (Anlage 16 BMV-Ä). Sie laute wie folgt (§ 3 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 Anlage 16 BMVÄ):

Die Höhe der Gesamtvergütung 2001 je Mitglied ergibt sich je Krankenkasse aus dem Betrag, der sich bei einer Teilung der für das Jahr 2001 geltenden Gesamtvergütung gemäß Abs. 3 ff. durch die Zahl der Mitglieder der Krankenkasse ergibt. Hierfür ist die Zahl der Mitglieder je Krankenkasse nach dem Vordruck KM6 der Statistik über die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung zum 1.7.2001 zu verwenden; weicht diese Mitgliederzahl von dem Durchschnitt der monatlichen Zahlen der Mitglieder je Krankenkasse nach dem Vordruck KM1 der Statistik über die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 2001 ab, ist diese Abweichung bei der Vereinbarung zur Höhe der Gesamtvergütung gem. § 85 Abs. 2 SGB V für das Jahr 2002 zu berücksichtigen.

Hier sei also ausdrücklich bedacht, dass die Mitgliederzahlen bei einer "jungen" Krankenkasse zum Stichtag 1.7.2001 nicht die tatsächlichen Verhältnisse widerspiegelten. Eine solche Regelung hätte man auch für sie als Betriebskrankenkasse treffen müssen. Dass dies unterblieben sei, stelle ein schwerwiegendes Versäumnis dar und führe ebenfalls zur Nichtigkeit der gesamtvertraglichen Vereinbarungen. Damit fehle es der von der Klägerin ermittelten Kopfpauschale insgesamt an einer wirksamen Rechtsgrundlage.

Die Klägerin machte abschließend geltend, § 3 Anlage 14 BMV-Ä verstoße nicht gegen das WOPG. Den Partnern des Bundesmantelvertrages stehe bei der Vereinbarung ihres normativ wirkenden Regelwerks ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Diesen hätten sie ohne Rechtsverletzung genutzt. § 3 Anlage 14 BMV-Ä bestimme die Ermittlung des Ausgangsbetrags zur Umsetzung des WOPG und die Bekanntgabe der danach festgestellten Kopfpauschale für das Jahr 2001 an die Betriebskrankenkassen und die KVen. Rechtlich unerheblich sei, dass man für den Bereich der Betriebskrankenkassen eine Regelung nach dem Vorbild des die Innungskrankenkassen betreffenden § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 Anlage 16 BMVÄ nicht vereinbart habe. Das wäre sicherlich zulässig, für die Vertragspartner aber keineswegs zwingend gewesen. Hier sei allein Anlage 14 BMV-Ä maßgeblich. Die Sondervorschriften in Anlage 16 BMV-Ä könnten auch nicht entsprechend angewendet werden. Der zuständige BKK-Bundesverband und die KBV hätten eine Regelung dieser Art vereinbaren können, wenn sie es gewollt hätten. Das sei jedoch offensichtlich nicht der Fall gewesen.

Auch die in Protokollnotiz Nr. 2 zu Anlage 14 BMV-Ä getroffene Regelung sei rechtsgültig. Die Ausgangsbeträge für das Jahr 2001 bildeten die Grundlage zur Festsetzung der Kopfpauschalen für das Jahr 2002. Diese sollten den durchschnittlichen Leistungsbedarf der Versicherten einer Kassenart widerspiegeln. Dementsprechend dürfe der Referenzzeitraum für die Bemessung einer fortzuschreibenden Kopfpauschale nicht kürzer sein als der Zeitraum, für den die Gesamtvergütung zu vereinbaren sei. Wäre nur auf die von der Beklagten geleisteten Gesamtvergütungen der Quartale 2/01 bis 4/01 abgestellt worden, hätte sich infolge der Division durch die Mitgliederzahl 2001 eine wesentlich geringere Kopfpauschale ergeben, als dies dem Bedarf im Jahr 2002, in dem die Beklagte ganzjährig als Kostenträger für die Behandlungen ihrer Mitglieder fungiere, entspreche. Die Auslassung des Quartals 1/01 wäre daher rechtswidrig gewesen.

Die in der Klagebegründung angeführten Zahlen ergäben sich aus den der KBV nach § 5 Abs. 1 Anlage 14 BMV-Ä zugeleiteten Meldungen.

Schließlich werde auch das dem WOPG zu Grunde liegende Prinzip der Kostenneutralität nicht verletzt. Die mit dem Wohnortprinzip vollzogene Systemänderung bestehe darin, dass eine Krankenkasse die Kopfpauschale nicht mehr (allein) an ihre "Sitz-KV" zahle, sondern an sämtliche KVen, in deren Bezirk Mitglieder ihrer Krankenkasse wohnten. Die Gesamtvergütung werde damit nur aufgeteilt, jedoch nicht angehoben. Auch ohne Einführung des Wohnortprinzips hätte sich für die Beklagte bei der Vereinbarung der Gesamtvergütung für das Jahr 2002 das Problem gestellt, dass das Quartal 1/01 als Referenzzeitraum nicht zur Verfügung stehe, weshalb man insoweit mit fiktiven Werten hätte arbeiten müssen. Das WOPG habe daher nicht zu Mehrkosten geführt, die andernfalls nicht aufgetreten wären.

Das Verfahren S 11 KA 5914/03 ruhte zunächst (Ruhensbeschluss vom 11.2.2004). Mit Beschluss vom 30.8.2006 wurde es (nach Wiederanruf neues Aktenzeichen S 11 KA 7457/05) mit dem Verfahren S 11 KA 4289/04 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Mit Urteil vom 30.8.2006 verurteilte das Sozialgericht die Beklagte, an die Klägerin 5.912,31 EUR zu zahlen. Zur Begründung führte es aus, der Klaganspruch beruhe auf § 85 Abs. 1 i. V. m. § 83 SGB V (in der Fassung des WOPG). Die Beklagte sei nach Maßgabe der Anlage 14 BMV-Ä sowie der für die Jahre 2002 und 2003 zwischen der KV Nordwürttemberg und dem BKK-LV BW abgeschlossenen Gesamtverträgen verpflichtet, die vereinbarte Gesamtvergütung an die Klägerin ungekürzt zu entrichten. Die Beträge, die die Klägerin mitgeteilt habe, ergäben sich aus Meldungen nach § 5 Abs. 1 Anlage 14 BMV-Ä. Auf den Schiedsspruch des Landesschiedsamts Niedersachsen vom 30.5.2004 könne sich die Beklagte nicht berufen. Dieser Schiedsspruch betreffe nach seinem Wortlaut ohnehin nur das von der KV Niedersachsen zu verteilende Honorar.

Die Beklagte sei auch an die BKK-Vergütungsvereinbarungen 2002 und 2003 gebunden, da sie gem. § 83 SGB V auch Gesamtverträge gegen sich gelten lassen müsse, die ein für sie fremder, aber für ihre Kassenart zuständiger Landesverband abgeschlossen habe. Gesamtvertragliche Vereinbarungen über die Veränderung der Gesamtvergütung i. S. des § 85 Abs. 3 Satz 1 SGB V würden auf Antrag einer Krankenkasse nicht gerichtlich überprüft; andernfalls würde die gesetzliche Abschlusskompetenz der zuständigen Landesverbände unterlaufen, die ihrerseits für die Funktionsfähigkeit des Gesamtvergütungssystems unverzichtbar sei (BSG, Urt. vom 28.9.2005, - B 6 KA 71/04 R -). Nicht höchstrichterlich geklärt und auch hier nicht entscheidungserheblich sei, ob eine Krankenkasse gegenüber einer die Gesamtvergütung gem. § 85 Abs. 1 SGB V einfordernden KV die Nichtigkeit des Gesamtvertrags einwenden könne. Nichtigkeitsgründe lägen nämlich nicht vor.

Gem. § 58 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) sei ein koordinationsrechtlicher öffentlich-rechtlicher Vertrag (§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB X) nichtig, wenn sich dies aus der entsprechenden Anwendung der Vorschriften des BGB ergebe. Zur Nichtigkeit vertragsärztlicher Normverträge könnten aber nur qualifizierte Rechtsverstöße führen. Solche lägen etwa vor, wenn vertraglicher Gestaltung verschlossene, zwingende Rechtsnormen verletzt seien oder ein bestimmtes Ziel nicht durch den Vertragschluss erreicht werden dürfe. In Betracht kämen daher in erster Linie Verbotsgesetze i. S. des § 134 BGB. Allerdings könne nicht jede zwingende Vorschrift (im Wege der dazu notwendigen Auslegung - BSG, Beschluss vom 22.12.1998, - B 6 KA 48/98 B -) als Verbotsgesetz eingestuft werden, wie die in § 58 Abs. 2 Nr. 2 SGB X aufgeführten Nichtigkeitsgründe verdeutlichten. Notwendig sei vielmehr ein schwerwiegender Gesetzesverstoß mit über den Einzelfall hinausreichenden Auswirkungen auf die Rechtsordnung. Das sei insbesondere dann anzunehmen, wenn die Folgenlosigkeit der Gesetzesverletzung die faktische Geltungskraft der in Frage stehenden Norm untergraben würde oder wenn eine Missachtung grundlegender Wertentscheidungen zum Ausdruck komme.

Die Bestimmungen des Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG enthielten keine Verbotsnormen, die gem. § 58 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 134 BGB die Nichtigkeit gesamtvertraglicher Vereinbarungen – hier der Regelungen in § 3 Abs. 3 Anlage 14 BMV-Ä und Nr. 2 Satz 2 der Protokollnotiz hierzu - bewirken könnten. Auch die Vorschriften in § 85 Abs. 4 SGB V und § 85 Abs. 2 Satz 2 SGB V würden nicht als Verbotsgesetze angesehen (BSG, SozR 3-2500 § 115 Nr. 1, S. 6; Urteil vom 28.9.2005, - B 6 KA 71/04 R -; zu Regelungen über die Gesamtvergütung im allgemeinen SG Frankfurt, Urt. vom 24.1.2001, - S 27 KA 2548/99 -). Ausschlaggebend sei, dass Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG den Gesamtvertragspartnern einen erheblichen Gestaltungsspielraum belasse. So sei von der Festlegung eines "Ausgangbetrags" die Rede. Der Gesetzgeber sehe daher Weiterentwicklungen durch gesamtvertragliche Vereinbarungen vor. Gesamtverträge erschöpften sich aber nicht in der Anpassung der Kopfpauschale, sondern enthielten meist zahlreiche vergütungsrelevante Einzelregelungen, bei denen die widerstreitenden Interessen der Vertragspartner zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden könnten und müssten. Auch dies stehe der isolierten Prüfung einzelner Bestimmungen in Gesamtverträgen regelmäßig entgegen (BSG, Urt. vom 28.9.2005, a. a. O.). Die quartalsweise Festlegung der Ausgangsbeträge nach § 3 Abs. 3 BMV-Ä sei (lediglich) eine Weiterentwicklung der Vorgaben im WOPG. Auch die Bestimmung in Nr. 2 Satz 2 der Protokollnotiz zu Anlage 14 BMV-Ä sei nicht zu beanstanden. Folgte man der Auffassung der Beklagten, müsste die Gesamtvergütung, die sie im Jahr 2001 für (nur) drei Quartale erbracht habe, für die vier Quartale des Jahres 2002 ausreichen. Damit würde die Gesamtvergütung nach der Berechnung der Beklagten um ein Drittel zu niedrig ausfallen. Der Gesetzgeber habe mit den Übergangsregelungen des WOPG eine Grundlage für die Verhandlungen über die Gesamtvergütungen nach dem Übergang vom Kassensitz- zum Wohnortprinzip schaffen wollen. Dabei habe er alle Sonderfälle weder berücksichtigen können noch wollen; das gelte auch für die Fallgestaltung, dass eine Krankenkasse ihre Tätigkeit erst im Laufe des Jahres 2001 aufgenommen habe. Insoweit drängten sich ergänzende Regelungen der Gesamtvertragspartner im BMV-Ä geradezu auf; die Befugnis dazu folge aus § 82 Abs. 1 SGB V.

Schließlich könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg darauf berufen, als junge Wachstumskasse werde sie durch das Stichtagsprinzip gleichheitswidrig (Art. 3 Abs. 1 GG) benachteiligt. Gem. Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG sei für die Bemessung des Ausgangsbetrages die Zahl der Kassenmitglieder zum 1.7.2001 maßgeblich; gleiches gelte nach § 3 Abs. 2 Anlage 14 BMV-Ä. Daraus könnten solchen Kassen Nachteile erwachsen, deren Mitgliederzahl nach dem Stichtag 1.7.2001 stark angewachsen sei, da sich übers Jahr betrachtet eine (zu) hohe Gesamtvergütung ergebe, die zu einer entsprechend höheren Kopfpauschale führe. Für den Bereich der Innungskrankenkassen habe man diesen Sonderfall in Anlage 16 BMV-Ä (dort § 2 Abs. 2) berücksichtigt. Die Stichtagsregelung sei jedoch im Gesetz (WOPG) angelegt und für den Bereich der Betriebskrankenkassen von den Gesamtvertragspartnern in Anlage 14 BMV-Ä nur fortgeführt worden. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG scheide schon deshalb aus, weil Krankenkassen keine Grundrechtsträger gem. Art. 19 Abs. 3 GG seien. Ihre Hauptaufgabe bestehe im Vollzug einer zur Erfüllung der staatlichen Grundaufgabe Krankenversicherungsschutz geschaffenen detaillierten Sozialgesetzgebung (etwa BVerfG, Beschluss vom 18.7.2005, - 2 BvF 2/01 -). Davon abgesehen dürfe und müsse das Gesetzgeber pauschalieren und typisieren, um komplexe Regelungsmaterien normieren zu können. Die Festlegung von Stichtagen sei dafür unentbehrlich.

Auf das ihr am 19.9.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 12.10.2006 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, bei der Berechnung der Kopfpauschale für das Quartal 1/02 sei der Klägerin ein bislang unbemerkter Fehler unterlaufen. Bei richtiger Anwendung der Protokollnotiz zu Anlage 14 BMV-Ä ergebe sich für dieses Quartal ein Ausgangsbetrag von 93,18 EUR, während die Klägerin 103,29 EUR angesetzt habe.

Im Kern wende sie sich jedoch nach wie vor gegen das Verfahren zur Berechnung des Ausgangsbetrages i. S. des Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG. Sie sei eine "junge" und bis heute stark wachsende Krankenkasse und wolle erreichen, dass man dem angemessen Rechnung trage. Das Berechnungsverfahren der Klägerin bewirke aber, dass die Kopfpauschale pro Mitglied von Jahr zu Jahr prozentual deutlich stärker ansteige als die Zahl ihrer Mitglieder. Dadurch werde sie über das Maß ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit hinaus belastet und sehe mittelfristig ihre Existenz gefährdet. Der Gesetzgeber habe Effekte dieser Art bei Einführung des WOPG nicht beabsichtigt.

Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG enthalte eine Regelungslücke. Der im Gesetz festgelegte Stichtag solle die durchschnittliche Mitgliederzahl einer Krankenkasse im Jahr 2001 widerspiegeln. Bei ihr als am 1.4.2001 neu gegründeter Krankenkasse führe dieser Stichtag jedoch zu überproportionalen Kostensteigerungen. Das habe der Gesetzgeber nicht gewollt. Das Gericht möge im Wege richterlicher Rechtsfortbildung für sie einen anderen Stichtag finden; dieser solle die durchschnittliche Mitgliederzahl des Jahres 2001 genauer erfassen. Auch die in § 3 Anlage 14 BMV-Ä vereinbarte Quartalsrechnung verstoße schwer und offenkundig gegen Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG. Sie trage dazu bei, dass die Kopfpauschalen kontinuierlich wachsender Krankenkasse über die Folgejahre zwangsläufig stärker anstiegen als die Mitgliederzahlen.

Der Gesetzgeber habe angenommen, mit Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG und dem in dieser Vorschrift festgelegten Stichtag 1.7.2001 alle denkbaren Fälle geregelt zu haben. Die Situation der im Jahr 2001 neu gegründeten Krankenkassen habe er indessen nicht bedacht. Diese würden durch das in § 3 Abs. 2 und 3 Anlage 14 BMV-Ä vorgegebene Berechnungsverfahren ungerecht behandelt. Das gelte umso mehr, je später die Krankenkasse (im Jahr 2001) gegründet worden sei und je weniger Mitglieder sie am Stichtag 1.7.2001 gehabt habe. Dann sei nämlich der Divisor zur Errechnung des Ausgangsbetrages (Mitgliederzahl) entsprechend klein mit der Folge eines höheren Ausgangsbetrages und einer höheren Kopfpauschale. Für eine (hypothetisch) am 1.7.2001 mit einem Mitglied gegründete Krankenkasse machte die im Jahr 2001 insgesamt gezahlte Gesamtvergütung den Ausgangsbetrag aus, unabhängig von der Entwicklung der Mitgliederzahlen in den Folgemonaten. Im Verlauf des Jahres 2001 stark gewachsene Krankenkasse würden dadurch extrem benachteiligt. Ihre, der Beklagten, Mitgliederzahlen seien vom 2. zum 3. Quartal 2001 um 41 % und vom 3. zum 4. Quartal 2001 um 24 % gestiegen. Einen Vorgang dieser Art habe der Gesetzgeber offenkundig nicht berücksichtigt. Die daraus folgende Regelungslücke dürfe nur das Gericht - im Wege teleologischer Reduktion - schließen. Die Gesamtvertragspartner seien dazu nicht befugt, da Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG die Berechnungsformel abschließend vorgebe und den Gesamtvertragspartnern keinen Ausfüllungsspielraum zugestehe. Vor allem der zweite Faktor zur Ermittlung des Ausgangsbetrages (Mitgliederzahl) dürfe nicht abgeändert werden. Die Gesamtvertragspartner dürften allenfalls Regelungen dazu treffen, wie der nach Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG ermittelte Ausgangsbetrag bei den Verhandlungen über die Gesamtvergütung 2002 weiter zu verwenden sei.

Das Gericht solle für junge, im Jahr 2001 gegründete Krankenkassen mit Mitgliederwachstum (bspw.) einen anderen Stichtag (als das Gesetz) festlegen oder (in Abänderung des WOPG) die durchschnittliche Mitgliederzahl der ersten vier Quartale nach Kassengründung für maßgeblich erklären. Dann könnte man für sie wie folgt rechnen: die Gesamtvergütung von 246.283,99 EUR im Jahr 2001 sei für 43.031 Mitglieder gezahlt worden. Bei einer Umlegung auf Quartale entfielen auf sie 1010 Mitglieder. Nach tatsächlichen Verhältnissen errechne sich eine durchschnittliche Kopfpauschale von 246.283,99 EUR: 3: 1010 = 81,2 8 EUR. Die realitätsfremde Konstruktion der Gesamtvertragspartner (auf Bundesebene) führe demgegenüber zu einer durchschnittlichen Kopfpauschale von 93,18 EUR (246.283,99 EUR: 3/881). Das bedeute für sie eine Kostensteigerung von 14,64 %. Damit seien das WOPG und der Grundsatz der Beitragssatzstabilität verletzt.

Die Notwendigkeit zur (richterlichen) Ausfüllung der Regelungslücke werde durch die Auseinandersetzungen zwischen der KV Niedersachsen und dem BKK-Landesverband Niedersachsen vor Einführung des Wohnortprinzips unterstrichen. Diese hätten zu dem bereits erwähnten Schiedsspruch des Landesschiedsamts Niedersachsen vom 30.5.2004 geführt mit dem Ergebnis einer Kopfpauschale von 180 DM pro Mitglied (für die KV Niedersachsen); diese akzeptiere sie vorläufig (auch) gegenüber der Klägerin für den Zeitraum ab 2002. Während der Verhandlungen über die (späteren) Regelungen in Anlage 14 BMV-Ä sei ein Klageverfahren der KV Niedersachsen gegen einen Beschluss des Landesschiedsamts Niedersachsen vom 16.11.1999 anhängig gewesen, weshalb eine nur sie, die Beklagte, betreffende Protokollnotiz zu Anlage 14 BMV-Ä aufgenommen worden sei. Die KV Niedersachsen habe ihre Klage später jedoch zurückgenommen.

Die für den Bereich der Innungskrankenkassen getroffene Sonderregelung in Anlage 16 BMV-Ä verdeutliche zusätzlich, dass auch für den Bereich der Betriebskrankenkassen eine ähnliche Vereinbarung hätte abgeschlossen werden müssen.

Alles in allem hätte in Anwendung der gesetzlichen Regelungen ein Durchschnittsbetrag pro Mitglied in Höhe von 279,55 EUR als Ausgangsbetrag für die Honorarverhandlungen des Jahres 2002 zugrunde gelegt werden müssen. Das sei nicht geschehen, weil in § 3 Anlage 14 BMV-Ä (mit der quartalsweise Berechnung) ein anderes Verfahren zur Ermittlung des Ausgangsbetrages vereinbart worden sei. Den zweiten in Art. 2 § 1 Abs. 1 Nr. 2 WOPG vorgeschriebenen Rechenschritt lasse § 3 Anlage 14 BMV-Ä aus. Stattdessen hätten die Vertragspartner auf Landesebene vereinbart, den Durchschnittsbetrag pro Quartal sofort in einem nächsten Rechenschritt mit der Mitgliederzahl im entsprechenden Quartal des Jahres 2002 zu vervielfachen. Diese Berechnungsweise führe zumindest bei solchen Krankenkassen, die eine schwankende Mitgliederentwicklung hätten, zu Ergebnissen, die mit dem WOPG nicht mehr vereinbar seien. Die fiktive Errechnung eines Ausgangsbetrages unter Anknüpfung an das Quartal 1/01, in dem sie noch nicht existiert habe, sei unzulässig. Letztendlich führe die Berechnung zu einer fiktiven Gesamtvergütung des Quartals 1/01 von 82.091,58 EUR. Zwar müsse eine Berechnungsmethode für dieses Quartal gefunden werden. Die Ausfüllung der insoweit bestehenden sei aber nicht Aufgabe der Gesamtvertragspartner, sondern des Gerichts.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.8.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und bekräftigt ihr bisheriges Vorbringen. Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG sei kein Verbotsgesetz (§ 134 BGB); bestimmte Methoden zur Umsetzung seines Regelungsgehalts würden nach dem Gesetzeswortlaut nicht untersagt. Auch der mit der Einführung des Wohnortprinzips verfolgte Zweck stehe den in § 3 Abs. 2 Anlage 14 BMV-Ä vereinbarten Regelungen nicht entgegen. Davon abgesehen hätten die Gesamtvertragspartner gegen die Vorgaben des Art. 2 § 1 WOPG auch nicht verstoßen. Insbesondere hätte ein anderer Stichtag als der 1.7.2001 nicht festgelegt werden müssen. Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG schreibe nur vor, dass die Gesamtvergütung des Jahres 2001 durch die Mitgliederzahl der Krankenkasse geteilt werden müsse. Daher seien zwangsläufig konkretisierende Bestimmungen zur Festlegung der Mitgliederzahl notwendig. Hierfür enthalte das Gesetz keinerlei Vorgaben, weshalb die Ausführungsvorschriften in § 3 Abs. 2 Anlage 14 BMV-Ä rechtlich nicht zu beanstanden seien. Entsprechendes gelte für die quartalsbezogene Berechnung des Ausgangsbetrages. Auch hierzu sei dem Gesetz nichts zu entnehmen, weshalb es auf Ausfüllung durch die Gesamtvertragspartner angelegt sei.

Schiedssprüche des Landesschiedsamts Niedersachsen seien hier rechtlich unerheblich. Seit Einführung des Wohnortprinzips müsse eine Krankenkasse die Kopfpauschale an die KV leisten, in deren Bezirk ihre Mitglieder wohnten. Deshalb unterliege sie auch den darüber abgeschlossenen Gesamtverträgen (für sie) fremder Landesverbände. Der BKK-Gesamtvertrag zwischen dem BKK-LV BW und ihrer, der Klägerin, Rechtsvorgängerin sei nicht Gegenstand des genannten Schiedsspruchs gewesen; dieser behandele nur die (allein) an die KV Niedersachsen zu entrichtende Gesamtvergütung.

Wie die für den Bereich der Innungskrankenkassen getroffene Vereinbarung in Anlage 16 BMV-Ä zeige, hätten die Gesamtvertragspartner auf Bundesebene um die von der Klägerin vorgebrachte Problematik "junger Wachstumskassen" gewusst. Gleichwohl hätten sie für den Bereich der Betriebskrankenkassen eine entsprechende Regelung nicht vereinbart. Für richterliche Rechtsfortbildung sei insoweit kein Raum.

Die Beteiligten haben dem Senat auf Anfrage übereinstimmend mitgeteilt, die ihnen von der Kassenärztlichen ‚Bundesvereinigung bzw. dem Bundesverband der Betriebskrankenkassen mitgeteilten Gesamtvergütungen der Beklagten nach Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG für die Quartale 2/01, 3/01 und 4/01 beliefen sich auf 66,94 EUR, 94,74 EUR und 117,87 EUR. Die KBV habe nach Vortrag der Klägerin zudem auf telefonische Nachfrage ausdrücklich bestätigt, dass in diese Ausgangsbeträge der Schiedsspruch der KV Niedersachsen nicht eingeflossen sei. Die Ausgangsbeträge seien vielmehr auf Grund des endgültigen Vertrags zwischen der KV Niedersachsen und dem BKK-Landesverband ermittelt worden.

Auf Vorhalt davon abweichender Ausgangsbeträge hat die Klägerin ihr Abrechnungen korrigiert und zuletzt nur noch 4.257,29 EUR geltend gemacht. Die neuen Abrechnungen wurden für die Quartale 2-4/02 vorgelegt. Für das Quartal 1/02 habe man den Durchschnitt der Ausgangsbeträge der Quartale 2-4/01 entsprechend Nr. 2 Satz 2 der Protokollnotizen zur Anlage 14 BMV-Ä angesetzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass der rechnerisch geschuldete Betrag lediglich 4.257,29 EUR beträgt und die Klägerin ihre Klage auf diesen Betrag beschränkt hat, hatte sich die Beklagte zuletzt mit der Berufung nur noch gegen eine Zahlung in dieser Höhe gewendet. Damit konnte sie jedoch nicht durchdringen.

Rechtsgrundlage des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs auf (vollständige) Zahlung der Gesamtvergütung sind die §§ 85 Abs. 1, 83 SGB V i. V. m. den Regelungen in § 14 BMV-Ä und den BKK-Vergütungsvereinbarungen 2002 und 2003. Die Klägerin hat diese Rechtsvorschriften fehlerfrei angewendet und nach ihnen die von der Beklagten für die streitigen Quartale geschuldete Gesamtvergütung errechnet. Nachdem die Klägerin hinsichtlich der Höhe der Ausgangsbeträge für die Quartale 1-4/o2 ihre Gesamtvergütungsanforderung korrigiert hat, sind weitere unrichtige Berechnungspositionen für den Senat weder ersichtlich noch von der Beklagten substantiiert geltend gemacht.

Die Anforderung der Gesamtvergütung durch die Klägerin ist nicht zu beanstanden. Sie ist insbesondere von zutreffenden Kopfpauschalen ausgegangen. Die Kopfpauschale für das Quartal 2/02 beträgt 66,94 EUR,die Kopfpauschale für das Quartal 3d/02 94,74 EUR und die für das 4. Quartal 117,87 EUR. Für das Quartal 1/02 wurde der Durchschnitt dieser Kopfpauschalen, nämlich 93,18 EUR der Berechnung zugrunde gelegt. Bei diesen Zahlen handelt es sich um die Gesamtvergütungsanteile, die die Kassenärztliche Bundesvereinigung der Klägerin als Ausgangsbetrag des Jahres 2001 mitgeteilt hatte. Die Kopfpauschalen für die Quartale 1 bis 3/03 bauen auf diesen Zahlen auf und sind zwischen den Beteiligten nicht weiter streitig. Die Beklagte hat, wie sich kurz vor der mündlichen Verhandlung noch herausgestellt hat, vom BKK-Bundesverband dieselben Zahlen mitgeteilt erhalten. Damit steht für den Senat fest, dass es sich bei den von der Klägerin als Ausgangsbetrag angesetzten Zahlen um die Zahlen handelt, die beiden Beteiligten nach §§ 3 Abs. 1 und 3 Anlage 14 BMV-Ä von der KBV bzw. dem BKK-Bundesverband als für die Beklagte maßgeblichen Ausgangsbetrag mitgeteilt worden sind.

Diese Zahlen sind sachlich-rechnerisch richtig, verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht und sind für die Beklagte bindend.

Grundlage für die Ermittlung eines verbindlichen Ausgangsbetrages ist Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG, der folgendes bestimmt: (1) Der Ausgangsbetrag für das Jahr 2002 erstmalig nach dem Wohnortprinzip gemäß § 83 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zu vereinbarenden Gesamtvergütungen ergibt sich jeweils durch Multiplikation folgender Faktoren: 1. des Betrages, der sich bei einer Teilung der für das Jahr 2001 geltenden Gesamtvergütung durch die Zahl der Mitglieder der Krankenkasse ergibt, 2. der Zahl der Mitglieder der Krankenkasse mit Wohnort im Bezirk der vertragsschließenden Kassenärztlichen Vereinigung. Die Zahl der Mitglieder der Krankenkasse ist nach dem Vordruck KM 6 der Statistik über die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung zum 01. Juli 2001 zu bestimmen. Zur Umsetzung dieser Vorschrift haben der Bundesverband der Betriebskrankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung eine Vereinbarung geschlossen, die als Anlage 14 dem BMV-Ä beigefügt wurde. Nach § 1 dieser Vereinbarung stellen der BKK Bundesverband und die KBV zum einen diejenigen Betriebskrankenkassen fest, für die das Wohnortprinzip bei Honorarvereinbarungen für Vertragsärzte anzuwenden ist und die jeweilige Höhe der Gesamtvergütung je Mitglied und Kasse in 2001 gemäß Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG für die Ermittlung des Ausgangsbetrages. Diese Feststellung hat nach § 3 Abs. 1 seitens des BKK-Bundesverbandes im Einvernehmen mit seinen Landesverbänden und Seiten der KBV im Einvernehmen mit den KVen zu erfolgen. Die Höhe der für das Jahr 2001 geltenden Gesamtvergütung wird sodann im Einvernehmen mit den KVen und den Beteiligten BKK-Landesverbänden quartalsweise auf der Grundlage des endgültigen Rechnungsbriefes bestimmt. Die Höhe ist den Betriebskrankenkassen sowie den Kassenärztlichen Vereinigungen nach Abs. 5 schriftlich bekannt zu geben. In einer Protokollnotiz ist unter 2) festgehalten: Sobald ein rechtskräftiges Urteil zur Klage der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen gegen den BKK-Landesverband Niedersachsen zur Feststellung der Nichtigkeit des vom Vorsitzenden des Landesschiedsamtes Niedersachsen für die vertragsärztliche Versorgung protokollierten "Vergleichs" vom 16.11.1999 zur Berechnung der Gesamtvergütung von BKK Neugründungen ergangen ist, erfolgt die Feststellung gemäß § 3 zur Gesamtvergütung 2001 je Mitglied für die BKKTUI Leisure Travel nach Maßgabe des Gesamtvertrages. Für das 1. Quartal 2002 wird die Gesamtvergütung je Mitglied als Durchschnitt der auf Basis von § 3 Abs. 2 und 3 festgestellten Gesamtvergütung je Mitglied des 2. bis 4. Quartals 2001 festgesetzt.

Die von der Klägerin der Beklagten in Rechnung gestellten Zahlen verstoßen nicht gegen die genannten Vorschriften nach Anlage 14 BMV-Ä. Die von der KBV bzw. dem BKK-Bundesverband mitgeteilten Zahlen wurden der Berechnung zugrunde gelegt. Diese Zahlen wurden auch quartalsweise gegliedert mitgeteilt. Schließlich wurde entsprechend Protokollnotiz zu 2) für die Beklagte für das Quartal 1/2002 der Durchschnitt der Gesamtvergütung je Mitglied des 2. bis 4. Quartals 2001 festgesetzt.

Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten verstoßen diese Regelungen nicht gegen Art. 2 § 1 Abs. 1 WOP-G.

Ob die KBV und der BKK-Bundesverband befugt sind, verbindlich die Ausgangsbeträge nach Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG festzustellen, kann in diesem Zusammenhang ebenso offenbleiben wie die Frage, ob die Beklagte aufgrund der für sie geltenden Verbindlichkeit bundesmantelvertragliche Regelungen an die mitgeteilten Zahlen gebunden ist. Selbst wenn eine solche Bindung nicht bestünde, wäre sie der Klägerin gegenüber zur Entrichtung der geforderten Gesamtvergütung verpflichtet, weil die Klägerin von zutreffenden Kopfpauschalen ausgegangen ist.

Die Zweifel der Beklagten an der Richtigkeit der Höhe der Kopfpauschalen sind nicht nachvollziehbar. Zunächst beruhen diese Zahlen auf den eigenen Angaben der Klägerin und der Beklagten gegenüber ihren Landesverbänden bzw. den jeweiligen Bundesverbänden. Dass insoweit Übermittlungsfehler eingetreten sein könnten, ist weder behauptet noch sonst wie ersichtlich. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann auch nicht einfach die Kopfpauschale, die dem Schiedsamtsspruch vom 30.05.2004 festgesetzt worden ist, als Kopfpauschale zugrunde gelegt werden. Nach Art. 2 § 1 Abs. 1 Nr. 1 ist auf die für das Jahr 2001 geltende Gesamtvergütung abzustellen. Unter Gesamtvergütung ist gemäß § 85 Abs. 2 Satz 2 das Ausgabevolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen zu verstehen. Diese Gesamtvergütung kann als Festbetrag, nach einer Kopfpauschale, einer Fallpauschale oder einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten ergibt. Die Argumentation der Beklagten, die das Abstellen auf eine Kopfpauschale verlangt, wäre nur dann richtig, wenn sich die Gesamtvergütung auf diese Kopfpauschale beschränken würde. Dies war indes offensichtlich nicht der Fall. Neben der Kopfpauschale müssen noch weitere Zahlungen an Kassenärztliche Vereinigungen geflossen sein, vergleichbar den Beträgen, die als Einzelleistungsvergütungen etwa in den BKK-Vergütungsvereinbarungen 2002 und 2003 auf regionaler Ebene in Nordwürttemberg vereinbart worden sind. Ob im vorliegenden Fall die Berufung auf die Kopfpauschale als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist, weil die Beklagte offensichtlich gegenüber ihrem Landesverband und gegenüber dem Bundesverband andere Zahlen verwendet und gemeldet hat als vorliegend in diesem Prozess, kann offenbleiben, weil es angesichts der aus anderen Gründen von der Klägerin verwendeten zutreffenden Zahlen hierauf nicht ankommt.

Es ist auch nicht zu beanstanden, dass in § 3 Abs. 3 die Ausgangsbeträge quartalsweise bestimmt werden. Ein Verstoß gegen Art. 2 § 1 Abs. 1 WOP-G liegt darin nicht. Letztere Vorschrift regelt den Ausgangsbetrag für das Jahr 2002, also einen Ausgangsbetrag für das ganze Jahr. Die Formulierung verbietet nicht, diesen Jahresausgangsbetrag auf Quartale zu verteilen, solange die Summe der Quartale den Jahresausgangsbetrag für 2001 nicht überschreitet. Insoweit lässt das Gesetz ausdrücklich Spielräume für die an der Gesamtvergütung beteiligten Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen. Dass eine Aufteilung in Quartale sinnvoll ist, zeigt die unterschiedliche Inanspruchnahme vertragsärztlicher Leistungen in den verschiedenen Quartalen. Wenn dem Rechnung getragen wird und nicht nur ein Durchschnittsbetrag entrichtet wird, so ist dies durchaus sachgerecht. Die Einwände der Beklagten sind zudem mathematisch nicht nachvollziehbar. Wenn die Gesamtvergütung in vier unterschiedliche Teile aufgeteilt wird, diese Teile aber jeweils durch die gleiche Mitgliederzahl dividiert werden, so kommt nichts anderes in der Summe heraus, als wenn die jährliche Gesamtvergütung durch die Zahl der Mitglieder geteilt wird.

Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Quartal 1/02 fiktiv aufgefüllt wird. Die Beklagte kann insbesondere nicht - was sie aber getan hat - verlangen, dass die Gesamtvergütung der Quartale 2/ bis 4/01 durch die nach Art. 2 § 1 Abs. 1 Satz 2 vorgeschriebene Zahl der Mitglieder dividiert wird. Art. 2 § 1 WOPG geht ersichtlich davon aus, dass der Ausgangsbetrag aufgrund von Gesamtvergütungen während des ganzen Jahres 2001 ermittelt wird. Die Vorschrift knüpft damit an den Ist-Zustand an, geht jedoch als Grundlage davon aus, dass dieser Ist-Zustand während des ganzen Jahres 2001 bestanden hat und nicht nur während Teilen dieses Jahres. Ein Ergebnis, wie es der Beklagten vorschwebt, wollte der Gesetzgeber somit ersichtlich nicht. Die Rechtsauffassung der Beklagten führt dazu, dass sie für das Jahr 2002 und die Folgejahre deutlich weniger Gesamtvergütung zur Verfügung stellen muss, als ihre Versicherten in Anspruch nehmen. Eine solche Auslegung kann Art. 2 §1 WOPG nicht gegeben werden. Bei dieser Sachlage ist es somit sachgerecht, wenn für das Quartal 1/01, in dem die Beklagte als Krankenkasse noch nicht existierte, auf die Durchschnittswerte der drei nachfolgenden Quartale abgestellt wird.

Die Argumentation der Beklagten gegen die Protokollnotizen 2 zur Anlage 14 BMV-Ä erstaunen darüber. Die Protokollnotizen zeigen, dass den Partnern der Bundesmantelverträge die Situation der Beklagten bekannt war. Sie haben eine speziell darauf abgestimmte Regelung getroffen, wobei nur schwer vorstellbar erscheint, dass dies ohne Kenntnis und Wissen der Beklagten erfolgt ist. Es erstaunt umso mehr, dass nunmehr im Verfahren gegenüber der Klägerin diesbezüglich Einwände erhoben werden.

Nach alledem sind die von der Klägerin zugrunde gelegten Ausgangsbeträge der Gesamtvergütung für die einzelnen Quartale des Jahres 2002 nicht zu beanstanden. Sie stehen insbesondere in Übereinstimmung mit Art. 2 § 1 WOPG.

Die von der Klägerin zugrunde gelegten Kopfpauschalen sind auch schon bereits deshalb von der Beklagten zu akzeptieren, weil es sich dabei um die einvernehmlich vom BKK-Bundesverband und der KBV festgestellten Zahlen handelt. Diese Bindung folgt aus der - verfassungsrechtlich unbedenklichen - Bestimmung in § 82 Abs. 1 SGB V. Danach bestimmen den allgemeinen Inhalt der Gesamtverträge die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen in Bundesmantelverträgen. Der Inhalt der Bundesmantelverträge ist Bestandteil der Gesamtverträge. Der Sinn der Bundesmantelverträge liegt darin, Drittwirkung zu entfalten. Sie richten sich an die KVen, die Vertragsärzte, die Landesverbände der Krankenkassen und die Krankenkassen selbst; ihnen kommt insoweit Rechtsnormcharakter zu (Hess in KassKomm § 82 RdNr. 8). Die normative Wirkung hat also zur Folge, dass die Vereinbarung Anlage 14 BMV-Ä nicht nur enta partes Bindung entfaltet, sondern enta omnes. Ob die Beklagte überhaupt befugt ist, sich gegen die in Bundesmantelverträgen vereinbarten Regelungen gerichtlich zur Wehr zu setzen, kann offen bleiben. Ein Normenkontrollverfahren kennt das sozialgerichtliche Verfahren nicht und eine Anfechtung im Einzelfall, nämlich eine Anfechtung der mitgeteilten Ausgangsbeträge, ist nicht erfolgt. Besteht aber eine Verbindlichkeit nicht nur gegenüber dem BKK-Landesverband und dem BKK-Bundesverband sondern auch gegenüber allen anderen von der bundesmantelvertraglichen Regelung betroffenen Einrichtungen nach dem SGB V, wie hier der Klägerin als KV, so kann die Beklagte bereits aus diesem Grund sich nicht gegen die Klageforderung der Klägerin wenden.

Entgegen der Auffassung der Beklagten bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass Teile der Vereinbarung zur Umsetzung des Gesetzes zur Einführung des Wohnortsprinzips (Anlage 14 BMV-Ä) nichtig sein könnten. Wie oben dargelegt, ist dies nicht der Fall. Darüber hinaus geht die Berufung auf eine angebliche Nichtigkeit bereits im Ansatz fehl.

Diese wendet sich vielmehr gegen die Gültigkeit der gesamtvertraglichen Regelungen in Anlage 14 BMV-Ä und hält die von der KBV bzw. dem BKK-Bundesverband gem. § 1 Anlage 14 BMV-Ä ermittelten und gem. § 3 Abs. 1Anlage 14 zum BMV-Ä mitgeteilten quartalsweisen Ausgangsbeträge für gesetzeswidrig ... Damit kann sie jedoch nicht durchdringen. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des Sozialgerichts, wonach die genannten Bestimmungen rechtswirksam sind und auch die Beklagte binden.

Die Bindung der Beklagten an genannte Vereinbarung zur Umsetzung des Gesetzes zur Einführung des Wohnortprinzips, die als Anlage 14 Teil des Bundesmantelvertrags ist folgt aus der verfassungsrechtlich unbedenklichen -Bestimmung in § 82 Abs. 1 SGB V. Danach bestimmen den allgemeinen Inhalt der Gesamtverträge die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen in Bundesmantelverträgen. Der Inhalt der Bundesmantelverträge ist Bestandteil der Gesamtverträge. Der Sinn der Bundesmantelverträge liegt darin, Drittwirkung zu entfalten. Sie richten sich an die KVen, die die Vertragsärzte, die Landesverbände der Krankenkassen und die Krankenkassen selbst; ihnen kommt insoweit Rechtsnormcharakter zu (Hess in KassKomm § 82 Rn 8).

Entgegen der Auffassung der Beklagten verstößt die Vereinbarung zur Umsetzung des Gesetzes zur Einführung des Wohnortprinzips nicht gegen höherrangiges Recht.

Zunächst trifft § 1 Anlage 14 BMV-Ä die Regelung, dass der Bundesverband der Betriebskrankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung die jeweilige Höhe der Gesamtvergütung je Mitglied und Kasse in 2001 gemäß Art. 2 § 1 Abs. 1 feststellen. Soweit ersichtlich wendet sich die Beklagte auch nicht gegen die Festlegungskompetenz der Partner dieses Bundesmantelvertraglichen Vereinbarung ... Vielmehr wirft sie ihnen vor, die Höhe der Gesamtvergütung falsch berechnet zu haben. Sie hält sich deswegen daran auch nicht gebunden und ist der Auffassung, ihre eigene Berechnung an die Stelle dieser Vorgabe setzen zu können

Ausgangspunkt ihrer Berechnung ist die Höhe der in 2001 gezahlte Gesamtvergütung

Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG verbietet weder die Herbeiführung eines bestimmten Erfolges noch einen bestimmten Vertragsinhalt.

Nach Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG resultiert der Ausgangsbetrag für die für das Jahr 2002 erstmals nach dem Wohnortprinzip gem. § 83 Abs. 1 Satz 1 SGB V zu vereinbarenden Gesamtvergütungen jeweils aus der Multiplikation der folgenden Faktoren: Betrag, der sich bei einer Teilung der für das Jahr 2001 geltenden Gesamtvergütung durch die Zahl der Mitglieder der Krankenkasse ergibt, vervielfacht mit der Zahl der Mitglieder der Krankenkasse mit Wohnort im Bezirk der vertragsschließenden KV. Dabei ist die Mitgliederzahl zum Stichtag 1.7.2001 maßgeblich (Art. 2 § 1 Abs. 1 Satz 2 WOPG). Nach ihrem (klaren) Wortlaut legt die Vorschrift damit zum einen eine Rechenformel fest. Zum anderen gebietet sie den Gesamtvertragspartnern, den mit dieser Rechenformel errechneten Betrag als so genannten Ausgangsbetrag den Gesamtvergütungsverhandlungen (nach § 83 Abs. 1 Satz 1 SGB V) für das Jahr 2002 zugrunde zu legen. Weitere (materielle) Regelungsgehalte enthält die Vorschrift nicht (vgl. auch LSG Sachsen, Urt. v. 26.7.2006, - L 1 KA 3/06 - Rdnr. 36 zu § 83 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Ihr sind insbesondere Verbote irgendwelcher Art nicht zu entnehmen. Sie sind auch im Wege der Gesetzesauslegung nicht zu begründen.

Art 2 § 1 Abs. 1 WOPG stellt - in Anlehnung an den Grundsatz der Vorjahresanknüpfung - ausdrücklich auf die tatsächlichen Verhältnisse des Bezugsjahrs 2001 ab. Die in diesem Jahr "geltende" Gesamtvergütung ist durch die Gesamtmitgliederzahl der Kasse am Stichtag 1.7.2001 zu teilen, der so errechnete Pro-Kopf-Betrag mit der Zahl der Mitglieder mit Wohnsitz im Bezirk der jeweils vertragsschließenden KV (Wohnsitz-KV) zu vervielfachen. Die gesetzliche Maßgeblichkeit der tatsächlichen Verhältnisse des Jahres 2001 bzw. hinsichtlich der Mitgliederzahl am Stichtag 1.7.2001 schließt alle damit verbundenen Implikationen ein (vgl. etwa LSG Sachsen, Urt. 26.7.2006, - L 1 KA 3/06 - hinsichtlich des Ausgangsbetrags bei Erstreckungskassen, Art. 2 § 1 Abs. 2, § 2 WOPG). Wie der Senat mit Urteil vom gleichen Tag im Verfahren L 5 KA 5214/06 entscheiden hat, gilt das beispielsweise für "Kassenbesonderheiten" hinsichtlich der Stützung des Punktwerts psychotherapeutischer Leistungen. Wurde die an die Sitz-KV zu entrichtende Gesamtvergütung 2001 nach Kopfpauschalen berechnet und war darin ein auf die Punktwertstützung psychotherapeutischer Leistungen entfallender Anteil enthalten, findet für die Berechnung des Ausgangsbetrags nach Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG eine Bereinigung der Gesamtvergütung des Jahres 2001 um diesen Anteil auch dann nicht statt, wenn nach den für die Wohnort-KV maßgeblichen Gesamtverträgen die Punktwertstützung im Rahmen einer (auch) nach Einzelleistungen berechneten Gesamtvergütung praktiziert wird.

Für die von der Beklagten geltend gemachte "Kassenbesonderheit" als im Jahr 2001 gegründeter "junger Wachstumskasse" mit steigendem Mitgliederbestand gilt nichts anderes. Die bislang einheitlich allein an die KV des Kassensitzes zu zahlende Gesamtvergütung muss nach Einführung des Wohnortprinzips regional aufgeteilt werden auf die KVen, in deren Bezirk Mitglieder der Krankenkasse wohnen und vertragsärztliche Leistungen in Anspruch nehmen. Die gesetzlich festgelegte Basis der entsprechenden Gesamtvergütungsverhandlungen für das Jahr 2002 – der Ausgangsbetrag i. S. d. Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG – fußt gem. Art. 2 § 1 Abs. 1 Nr. 1 WOPG auf einem bundesweit einheitlichen Pro-Kopf-Betrag der Krankenkasse (vgl. auch die Begründung des Gesetzentwurfs BT-Drs. 14/5960 S. 6 zu Artikel 2). Dieser ist gem. Art. 2 § 1 Abs. 1 Nr. 2 WOPG mit der Zahl der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der jeweils vertragsschließenden KV zu multiplizieren. Die Berechnung des bundeseinheitlichen Pro-Kopf-Betrags fußt ihrerseits auf der "geltenden" (Art. 2 § 1 Abs. 1 Nr. 1 WOPG), d. h. der tatsächlich vereinbarten Gesamtvergütung des Jahres 2001. Diese ist auch dann maßgeblich, wenn die Krankenkasse nicht während des gesamten Referenzjahrs 2001 bestanden hatte. Eine rechnerische Bereinigung der Gesamtvergütung findet (auch) in diesen Fällen nicht statt. Sie ist im Gesetz ersichtlich nicht vorgesehen.

Der vorstehend umschriebene Regelungsgehalt des Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG kann im Wege der Gesetzesauslegung weder verändert noch ergänzt werden. Das schließt schon der klare Gesetzeswortlaut aus. Davon abgesehen sind die von der Beklagten behaupteten zusätzlichen Regelungsgehalte auch aus dem Gesetzeszweck oder der Entstehungsgeschichte des Gesetzes nicht herzuleiten. Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG gebietet weder eine "Bereinigung" des Ausgangsbetrags noch setzt er eine "Obergrenze" fest. Mangels entsprechender Gebote kann von daraus abgeleiteten Verboten (i. S. d. § 134 Abs. 1 BGB i. V. m. § 58 Abs. 1 SGB X) - etwa der Zugrundelegung eines "unbereinigten" Ausgangsbetrags für während der Jahres 2001 gegründete "junge Wachstumskassen" - keine Rede sein (vgl. auch dazu Senatsurteil vom gleichen Tag im Verfahren L 5 KA 5214/95).

Der Zweck der in Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG getroffenen Regelung erschließt sich aus dem Übergang vom Kassensitz- zum Wohnortprinzip bei der Vereinbarung der Gesamtvergütung. Unter Geltung des Kassensitzprinzips vereinbarte die Krankenkasse die Gesamtvergütung ungeachtet des bundesweiten Mitgliederbestands mit der KV ihres Kassensitzes (Sitz-KV); nur an diese zahlte sie die Gesamtvergütung für die vertragsärztliche Versorgung aller Versicherten. Die anderen KVen, in deren Bezirk ebenfalls Mitglieder der Krankenkasse wohnten und behandelt wurden (Wohnort-KVen), erhielten die Vergütung über den Fremdkassenausgleich. Dadurch entstanden Verwerfungen, auf die die Beklagte im einzelnen zutreffend hingewiesen hat (vgl. dazu auch die Begründung des Gesetzentwurfs zur Einführung des Wohnortprinzips, BT-Drs. 14/5960). Zu deren Beseitigung wurde mit dem WOPG das Wohnortprinzip eingeführt. Nunmehr schließen die Landesverbände der Krankenkassen über die vertragsärztliche Versorgung der Versicherten ihrer Kassenart mit Wohnort in ihrem Bezirk Gesamtverträge ab (§ 83 Abs. 1 Satz 1 SGB V i. d. F. d. WOPG), nach deren Maßgabe die einzelne Krankenkasse an die jeweilige KV eine Gesamtvergütung für die vertragsärztliche Versorgung ihrer Versicherten mit Wohnort im Bezirk dieser KV entrichtet (§ 85 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Das WOPG verlieh den Landesverbänden der Krankenkassen allerdings nicht nur die ("bundesweite") Rechtsmacht zum Abschluss von Gesamtverträgen für alle Kassen ihrer Kassenart (§ 83 Abs. 1 Satz 1 SGB V i. d. F. WOPG) und damit auch für diejenigen, die dem jeweiligen Landesverband nicht angehören. Es legte in der hier streitigen Übergangsvorschrift des Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG außerdem fest, von welcher Grundlage die Gesamtvertragspartner bei der erstmaligen Vereinbarung von Gesamtvergütungen nach Einführung des Wohnortprinzips (für das Jahr 2002) auszugehen haben.

Über diese (punktuelle) Festlegung der Ausgangsbasis künftiger Vergütungsverhandlungen hinaus werden den Gesamtvertragspartnern jedoch mit dem WOPG keine weiteren Verhandlungsvorgaben gemacht; zu den eigentlichen Vergütungsverhandlungen selbst verhält sich Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG nicht. Vielmehr überlässt es das Gesetz den Gesamtvertragspartnern, ob und ggf. wie sie (im Rahmen des rechtlich Zulässigen) einen etwaigen "Bereinigungsbedarf" bei Abschluss der jeweiligen Gesamtvergütungsvereinbarungen berücksichtigen wollen. Das gilt auch für die Gesamtvertragspartner auf Bundesebene. Sie sind berechtigt, den Gesamtvertragspartnern auf Landes- bzw. KV-Ebene in den Bundesmantelverträgen weitere – ergänzende und präzisierende - Vorgaben zur Umsetzung des Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG zu machen, soweit diese nicht in Widerspruch zur gesetzlichen Regelung stehen. In diesem Rahmen können die Gesamtvertragspartner der Bundesmantelverträge ggf. auch "Bereinigungen" des Ausgangsbetrags vereinbaren, wenn sie kassen- oder kassenartbezogene Besonderheiten berücksichtigen wollen; dies ist bspw. für den Bereich der IKKs in Anlage 16 BMV-Ä auch geschehen.

Der für die Beklagte zuständige Bundesverband der Betriebskrankenkassen und die KBV haben als Anlage 14 BMV-Ä Vereinbarungen zur Umsetzung des Gesetzes zur Einführung des Wohnortprinzips getroffen. Diese werden durch als Protokollnotizen zur Anlage 14 BMV-Ä bezeichnete Zusatzvereinbarungen ergänzt. Hier sind vor allem die Vorschriften in § 3 Anlage 14 BMV-Ä sowie Nr. 2 Satz 2 der Protokollnotizen maßgeblich. Gem. § 3 Abs. 3 Anlage 14 BMV-Ä wird zur Feststellung des Ausgangsbetrags (Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG) die Höhe der für das Jahr 2001 geltenden Gesamtvergütung im Einvernehmen mit den KVen und den beteiligten Landesverbänden der Betriebskrankenkassen – nach in der Vorschrift festgelegten näheren Maßgaben (insbesondere abzüglich Vergütungen für Methadon-Substitutionsbehandlungen ( § 85 Abs. 2a SGB VB), Dialysesachkosten, Kosten für Prävention und Schutzimpfungen) – quartalsweise bestimmt. Gelingt die einvernehmliche Festlegung nicht termingerecht, stellt die KBV die Höhe der Gesamtvergütung im Einvernehmen mit dem BKK-Bundesverband fest. Nr. 2 Satz 2 der Protokollnotizen betrifft die Beklagte. Für sie soll für das Quartal 1/02 die Gesamtvergütung je Mitglied als Durchschnitt der auf Basis von § 3 Abs. 2 und 3 Anlage 14 BMV-Ä festgestellten Gesamtvergütung je Mitglied der Quartale 2/01 bis 4/01 festgesetzt werden.

Nach Auffassung des Senats sind diese Bestimmungen rechtsgültig. Die dagegen erhobenen Einwendungen der Beklagten können nicht überzeugen.

Die Bundesmantelverträge enthalten als öffentlich-rechtliche Verträge den allgemeinen Inhalt der Gesamtverträge und sind deren Bestandteil (§ 82 Abs. 1 SGB V). Ob deshalb - ungeachtet des Rechtsnormcharakters der Vertragsbestimmungen - im vorliegenden Rechtsstreit zwischen einer KV und einer Krankenkasse über die Gesamtvergütung vertragsärztlicher Leistungen auch hinsichtlich der im BMV-Ä getroffenen Regelungen auf die vertragsrechtlichen Nichtigkeitsgründe in § 58 Abs. 1 SGB X abzustellen wäre, mag dahinstehen. Die streitigen Vorschriften der Anlage 14 BMV-Ä bzw. der Protokollnotizen hierzu wahren das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nämlich uneingeschränkt. Sie stehen in Einklang mit ihrer gesetzlichen Rechtsgrundlage und verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht.

Da die Gesamtvertragspartner der Bundesmantelverträge als Normgeber das Gesetz nicht nur vollziehen, sonder autonom Recht setzen, kommt ihnen, wie jedem Normsetzer, ein Gestaltungsspielraum zu. Dieser ist umso mehr zu beachten, wenn - sei es auch nur mittelbar - Regelungen über die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme im Streit sind oder wenn es um die Bewältigung komplexer Sachverhalte geht, wie sie vielfach im Krankenversicherungs- und Vertragsarztrecht anzutreffen sind (BSG, Urt. v. 15.5.2002, - B 6 KA 33/01 R - m. w. N.). Der Gestaltungsspielraum des Normgebers beschränkt die Kontrolldichte des Gerichts Es hat das normgeberische Ermessen der Gesamtvertragspartner zu respektieren und darf deren Entscheidungen nur dann als nichtig verwerfen, wenn dessen rechtliche Grenzen verletzt sind. Das ist für die hier streitigen Regelungen der Anlage 14 BMV-Ä bzw. der Protokollnotizen hierzu nicht der Fall.

Die in § 3 Abs. 3 Satz 1 Anlage 14 BMV-Ä vorgesehene quartalsweise Bestimmung der für das Jahr 2001 geltenden Gesamtvergütung ist rechtlich unbedenklich, widerspricht insbesondere dem WOPG nicht. Dieses schreibt in Art. 2 § 1 Abs. 1 Nr. 1 nur vor, dass der für die Gesamtvergütungsvereinbarungen des Jahres 2002 maßgebliche Ausgangsbetrag auf der für das Referenzjahr 2001 geltenden Gesamtvergütung zu fußen hat. Ein Verbot zur Umsetzung dieser Vorgabe im Wege der Quartalsrechnung enthält das Gesetz nicht. Ein solches Verbot ist ihm auch im Wege der Auslegung nicht zu entnehmen, nachdem Gesamtvergütungen nicht jahres-, sondern quartalsweise vereinbart werden. Hätte die Quartalsrechnung bei der Festlegung des Ausgangsbetrags i. S. d. Art. 2 § 1 Abs. 1 ÄrzteWohnortG nicht stattfinden sollen, hätte dies im Gesetz ausdrücklich normiert werden müssen. Die Bestimmung in § 3 Abs. 2 Anlage 14 BMV-Ä steht ebenfalls in Einklang mit den Vorgaben des Art. 2 § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 WOPG, dessen Wortlaut im Wesentlichen (nur) wiedergegeben ist.

Die Regelung in Nr. 2 Satz 2 der Protokollnotizen zu Anlage 14 BMV-Ä ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Ungeachtet dessen, dass sie nur die Beklagte betrifft, ist sie als normativ wirkende Regelung des Bundesmantelvertrags einzustufen. Sie berücksichtigt, dass die Beklagte im Quartal 1/01 noch nicht bestanden hat und legt den Pro-Kopf-Betrag (Art. 2 § 1 Abs. 1 Nr. 1 ÄrzteWohnortG) für das diesem Quartal zugeordnete Quartal 1/02 auf den Durchschnitt der Pro-Kopf-Beträge der übrigen Quartale des Jahres 2001 fest. Dagegen ist aus Rechtsgründen nichts einzuwenden. Die Regelung knüpft an den gesetzlichen Normalfall der während des gesamten Referenzjahres 2001 bestehenden Krankenkasse an. Für sie soll der bundeinheitliche Pro-Kopf-Betrag aus der Teilung der für 2001 geltenden Gesamtvergütung durch die Mitgliederzahl - als Fixum zum Stichtag 1.7.2001 ohne Berücksichtigung von Mitgliederschwankungen – resultieren. Im Hinblick auf diese Zielsetzung des Gesetzes ist es sachgerecht, den notwendigerweise fiktiven Pro-Kopf-Betrag als Ausgangsbetrag für das Quartal 1/02 aus den realen Pro-Kopf-Beträgen der Quartale 2/01 bis 4/01 – als Durchschnittsbetrag - zu entnehmen.

Auch die weiteren Regelungen des WOPG, außerhalb der Übergangsvorschrift in Art 2 § 1 Abs. 1, stützen das Begehren der Beklagten nicht. Das WOPG ersetzte lediglich das bisher geltende Kassensitzprinzip durch das Wohnortprinzip. Mit der Neufassung des § 83 Abs. 1 Satz 1 SGB V wurden nur die Zuständigkeiten für den Abschluss der Gesamtvergütungsvereinbarungen neu geregelt. Materielle Vorgaben zur Bestimmung der Gesamtvergütung enthält auch diese Vorschrift nicht (so auch LSG Sachsen, Urt. v. 26.7.2006, - L 1 KA 3/06 -). Sie sind auch nicht daraus abzuleiten, dass das WOPG insgesamt nur zu einer anderen (gerechteren) regionalen Verteilung der Gesamtvergütung führen und zusätzliche Leistungsausgaben für die gesetzliche Krankenversicherung nicht begründen sollte (BT-Drs. 14/5960 S. 2). Normative Vorgaben für die Berechnung oder Begrenzung des Ausgangsbetrags nach Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG sind diesen g Erwägungen des Gesetzgebers nicht zu entnehmen. Abgesehen davon, dass sie nicht auf die einzelne Krankenkasse, sondern auf die gesetzliche Krankenversicherung als Ganzes bezogen sind, bedürfte es dazu der Umsetzung in entsprechende Gesetzesbestimmungen, was nicht geschehen ist.

Der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71 SGB V), den die Gesamtvertragspartner bei Vereinbarungen über die Veränderung der Gesamtvergütung gem. § 85 Abs. 3 Satz 2 SGB V (vorrangig - BSG, Urt. v. 29.11.2006, - B 6 KA 4/06 R -) zu beachten haben, kann der Beklagten ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass sie gerade infolge der vom BKK-LV BW mit der Klägerin abgeschlossenen Vergütungsvereinbarungen 2002 und 2003 bzw. der in § 3 Abs. 3 Anlage 14 BMV-Ä getroffenen Umsetzungsregelungen zu Art. 2 § 1 Abs. 1 ÄrzteWohnortG ihren Beitragssatz anheben müsste. Mit dem pauschalen Rekurs auf Grundprinzipien der gesetzlichen Krankenversicherung, wie Beitragssatzstabilität oder Kostendämpfung im Gesundheitswesen, kann eine sich wirtschaftlich benachteiligt fühlende Krankenkasse ihre Interessen vor Gericht nicht gegen die bindenden Vereinbarungen der zuständigen Gesamtvertragspartner durchsetzen.

Die Beklagte beruft sich der Sache nach schließlich darauf, die genannten Bestimmungen der Anlage 14 BMV-Ä bzw. der hierzu niedergelegten Protokollnotizen führten zu unverhältnismäßigen Belastungen und verstießen gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), da für den Bereich der Innungskrankenkassen durch deren Bundesverband günstigere Regelungen (in Anlage 16 BMV-Ä) vereinbart worden seien. Damit kann sie aber schon deshalb nicht durchdringen, weil sie als Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 4 Abs. 1 SGB V) kein Grundrechtsträger i. S. d. Art. 19 Abs. 3 GG ist (BVerfG, Beschl. v. 9.6.2004, - 2 BvF 2/01 -) und deshalb weder eine unverhältnismäßige Grundrechtsbeeinträchtigung noch einen Gleichheitsverstoß rügen kann. Die Hauptaufgabe der gesetzlichen Krankenkassen als Teil der mittelbaren Staatsverwaltung besteht nämlich im Vollzug einer zwecks Erfüllung der staatlichen Grundaufgabe "Krankenversicherungsschutz" geschaffenen detaillierten Sozialgesetzgebung besteht. Der "Kassenwettbewerb" dient allein der Erfüllung dieser sozialstaatlichen Aufgabe. Sollte sich die Beklagte daher infolge der Umsetzungsregelungen in Anlage 14 BMV-Ä bzw. der zugehörigen Protokollnotizen in ihrer Wettbewerbsposition geschwächt sehen, wäre das von vornherein rechtlich unbeachtlich. Es gibt kein dem Gesetz vorgeordnetes, gleichsam überpositives Wettbewerbsprinzip, an dem oder an dessen Ausprägungen einzelne gesetzliche Regelungen gemessen werden könnten. Das vertragsärztliche Vergütungsrecht folgt aus den einzelnen gesetzlichen und untergesetzlichen Bestimmungen, und Wettbewerb findet im Rahmen und nach Anwendung dieser Bestimmungen statt (BSG, Urt. v. 28.9.2005, - B 6 KA 71/04 R -).

Aus den vorstehenden Darlegungen folgt zugleich, dass sich die die Beklagte nicht mit Erfolg gegen den für die maßgebliche Mitgliederzahl in Art. 2 § 1 Abs. 1 Satz 2 WOPG festgesetzten Stichtag (1.7.2001) wenden kann. Rechte der Beklagten sind dadurch nicht betroffen. Im Übrigen ist gegen die Stichtagsregelung auch nichts einzuwenden. Bei Regelungen der vorliegenden Art, die das bislang praktizierte Gesamtvergütungssystem durch den Übergang vom Kassensitz- zum Wohnortprinzip verändern darf und muss der Gesetzgeber pauschalieren und typisieren. Außerdem ist es den Gesamtvertragspartnern, wie bereits dargelegt wurde, unbenommen, durch Umsetzungsbestimmungen auf Bundesebene bzw. in den Gesamtvergütungsvereinbarungen im Rahmen des rechtlich Zulässigen Vorschriften für besondere Fallgestaltungen oder Sachprobleme zu vereinbaren. Das ist (auf Bundesebene) teilweise in Anlage 14 BMV-Ä bzw. den Protokollnotizen hierzu und in Anlage 16 BMV-Ä für den Bereich der Innungskrankenkassen auch geschehen. Daneben kommt eine der Beklagten offenbar vorschwebende gerichtliche Korrektur des Gesetzes und der Bundesmantelverträge in ihrem Sinne nicht in Betracht.

Damit sind sowohl die hier einschlägigen Bestimmungen der Anlage 14 BMV-Ä mit den zugehörigen Protokollnotizen sowie die BKK-Vergütungsvereinbarungen 2002 und 2003 gültig und von der Beklagten einzuhalten. Das gilt auch für die Regelungen über Abschlagszahlungen in Nr. 9 Abs. 4 des BKK-Gesamtvertrags und § 4 Abs. 4 Anlage 14 BMV-Ä bzw. Nr. 8 der Protokollnotizen; hierüber herrscht unter den Beteiligen kein Streit. Die Klägerin hat all diese Vorschriften sowie die Bestimmung des Art. 2 § 1 Abs. 1 WOPG rechtsfehlerfrei angewendet. Den darauf beruhenden Berechnungen kann die Beklagte den Schiedsspruch des Landesschiedsamts Niedersachsen vom 30.5.2004 nicht entgegenhalten. Er erging zwischen ihr und der KV Niedersachsen; die darin bestätigte, vor dem Landesschiedsamt Niedersachsen im Jahr 1999, vor Einführung des Wohnortprinzips vereinbarte Gesamtvergütung für die KV Niedersachsen ist vorliegend rechtlich ohne Belang. Maßgeblich sind die genannten Gesetzbestimmungen bzw. gesamtvertraglichen Regelungen.

Das Sozialgericht hat die Beklagte daher insgesamt zu Recht dazu verurteilt, die Gesamtvergütung für die streitigen Quartale an die Klägerin (ungekürzt) zu zahlen. Die Berufung muss daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. 155 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 3 GKG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG). Es handelt sich hier um einen in der Vergangenheit liegenden speziell gelagerten Einzelfall ohne grundsätzliche Bedeutung.
Rechtskraft
Aus
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