Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 307/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 U 2227/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23. April 2004 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung einer Verletztenrente streitig.
Der 1969 geborene Kläger war seit August 1992 bei der Firma C GmbH als Dekontreiniger beschäftigt. Am 12.07.1994 war er im Rahmen seiner Tätigkeit im Labor des Kernkraftwerks O mit dem Abbauen und Reinigen von Schränken beschäftigt. Am Nachmittag fiel das Oberteil eines Schrankes nach vorne bzw. auf die Seite und traf den Kläger am Kopf, der nach der Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 20.07.1994 bis zum Ende der vorgegeben Arbeitszeit weiter arbeitete, jedoch am Abend desselben Tages wegen starker Schmerzen ins Krankenhaus eingeliefert wurde (stationärer Aufenthalt vom 12. - 14.07.94; 15.07. - 02.08.94).
Die Beklagte zog daraufhin die Berichte vom 14.07.1994, 20.07.1994 und 03.08.1994 des behandelnden Arztes im Kreiskrankenhaus M, Chefarzt Dr. S, bei, der einen Verdacht auf Commotio cerebri, eine Schädelprellung, HWS-Stauchung, Myogelosen der rechten Nackenmuskulatur sowie eine Cervikobrachialgie rechts diagnostizierte. Eine hals-nasen-ohren-ärztliche Untersuchung ergab keinen wesentlichen pathologischen Befund. Am 02.08.1994 sei der Kläger "nahezu beschwerdefrei" entlassen worden. Der Neurologe Dr. W berichtete unter dem 04.08.1994, dass die aktuellen Beschwerden des Klägers vor allem durch die HWS-Distorsion verursacht seien, gravierende Traumafolgen auf neurologischem Fachgebiet seien auszuschließen. In der Stellungnahme des Unfallchirurgen Dr. Y vom 04.08.1994 berichtete dieser über einen "Simulationsversuch" des Klägers. Im Schreiben vom 05.08.1994 äußerte sich Dr. S erneut u. a. über die nochmalige Vorstellung des Klägers am 14.08.1994, indem er insgesamt festhielt, dass das Beschwerdebild des apathischen Verhaltens und der verzögerten Bewegungsabläufe nicht "auf einen Nenner zu bringen" seien.
Am 11.05.1998 beantragte der Kläger die Feststellung der unfallbedingten Gesundheitsstörungen und die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Beklagte befragte daraufhin den behandelnden Hausarzt des Klägers Dr. U, zog das Vorerkrankungsverzeichnis der IKK R-P bei und veranlasste die Untersuchung und Begutachtung durch den Chirurgen Prof. Dr. D. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. U teilte in seiner Auskunft vom 29.06.1998 u. a. mit, dass organische Folgen des Unfalles nicht gegeben seien, es bestehe jedoch eine deutliche depressive Verstimmung. Die psychische Traumatisierung des Unfallereignisses habe sicher eine wesentliche Rolle bei der Ausprägung des psychosomatischen Beschwerdebildes gespielt. Hierzu legte Dr. U weitere Arztberichte sowie Unterlagen des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) sowie den Entlassungsbericht über das vom Rentenversicherungsträger bewilligte Heilverfahren vom 15.12.1998 bis 12.01.1999 der Fachkliniken psychosomatische Erkrankungen (Weissenstein-Klinik St. B) vor. Prof. Dr. D führte in seinem Gutachten vom 10.03.1999 aus, auf unfallchirurgischem Fachgebiet lägen keine Verletzungsfolgen vor. Mit Bescheid am 13.04.1999 anerkannte die Beklagte eine folgenlos abgeheilte Schädelprellung und eine Stauchung der Halswirbelsäule als Folge des Arbeitsunfalls, lehnte aber die Anerkennung eines HWS-Syndroms, Migräne sowie eines depressiven Syndroms als Unfallfolgen ab; eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigendem Grade bestehe nicht. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Priv. Doz. Dr. R ein und veranlasste die Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch den Oberarzt Dr. H (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, psychosomatische Medizin). In seiner Stellungnahme vom 26.05.1999 vertrat Priv. Doz. Dr. R die Auffassung, dass auch auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet keine Unfallfolgen vorlägen. Die depressive Verstimmung und die somatoforme Schmerzstörung seien Ausdruck einer psychoreaktiven Störung und beruhten auf einer persönlichkeitsbedingten Fehlbearbeitung des Unfalls und seiner Folgen. Dr. H diagnostizierte in seinem Gutachten vom 17.08.1999 eine Somatisierungsstörung (ICD-10 F45.0); der Unfall vom 12.07.1994 sei jedoch nicht als wesentliche Ursache, sondern nur als Gelegenheitsursache anzusehen; maßgeblich für die Entwicklung der Störung dürften persönlichkeitsabhängige Faktoren sein. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.1999 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Am 14.01.2000 hat der Kläger zum Sozialgericht Heilbronn Klage erhoben. Dieses hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 11.02.2000 an das sachlich und örtlich zuständige Sozialgericht Mannheim (SG) verwiesen. Das SG hat den Arbeitskollegen des Klägers H L in dem Termin zur Beweisaufnahme vom 15.11.2002 als Zeugen vernommen, die medizinischen Unterlagen des Rentenversicherungsträgers bezüglich des Antrags auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente, die Prozessakten des Sozialgerichts Mannheim zum Rentenverfahren wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (S 9 RJ 2040/01) sowie des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (L 8 RJ 4796/02) beigezogen und von der AOK R-N Vorerkrankungsverzeichnisse angefordert. Weiter hat es sachverständige Zeugenauskünfte von Dr. W und Dr. V, die Krankenakten des Kreiskrankenhauses M über den dortigen stationären Aufenthalt beigezogen und den Neurologen und Psychiater Dr. S mit der Untersuchung und Begutachtung des Klägers beauftragt. Der Zeuge L hat in seiner Aussage vom 15.11.2002 u. a. erklärt, er sei zum Zeitpunkt des Unfalls entgegen der Darstellung des Klägers nicht in dem Raum gewesen, indem sich der Unfall ereignet habe, somit könne er sich auch nicht selbst, wie vom Kläger behauptet, verletzt haben. Das Gewicht des Schrankes schätzte er auf ca. 10 kg. Nach dem Unfall habe der Kläger mit ihm zusammen weitergearbeitet, bis sie dann um 15:00 Uhr die Pause eingetreten hätten. Bezüglich der weiteren Aussage des Zeugen wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift verwiesen. Der behandelnde Neurologe und Psychiater Dr. W hat sich in seiner Auskunft vom 03.09.2001 der Auffassung von Dr. H angeschlossen, wonach die Somatisierungsstörung nicht auf den Unfall zurückgeführt werden könne. Dr. V (Chefarzt der W.klinik) hat ergänzend zu dem Heilverfahrenentlassungsbericht u. a. dargelegt, dass seiner Auffassung nach familiäre und Kultur spezifische Faktoren an der Aufrechterhaltung und Chronifizierung der Schmerzsymptomatik nicht unerheblich beteiligt gewesen seien, weshalb der Kausalzusammenhang zwischen den Unfallereignis und der dem folgenden Unfallereignis folgenden Symptomatik zu "relativieren" sei. Der Sachverständige Dr. S hat in seinem Gutachten vom 07.11.2003 eine Somatisierungsstörung und eine leichte depressive Störung diagnostiziert, wobei er die Somatisierungsstörung als Folge des Unfalls bewertet hat. Der Unfall habe zwar zu keinen ins Gewicht fallenden körperlichen Beeinträchtigungen geführt, es bestehe auch eine deutliche Diskrepanz zwischen dem relativ banalen Unfall und den vom Kläger erlebten erheblichen und komplexen gesundheitlichen Störungen und funktionellen Beeinträchtigungen; außerdem komme dem Verhalten der Ehefrau eine mitursächliche Bedeutung zu. Trotzdem stelle das Schädigungsereignis "kein beliebig austauschbares Alltagsereignis" dar; das Schädigungsereignis sei den übrigen einwirkenden Faktoren zumindest gleichwertig. Die Folgen der Somatisierungsstörung sei mit einer MdE von 20 v. H. zu bewerten.
Hierzu hat die Beklagte die beratungsärztliche Stellungnahme des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Priv. Doz. Dr. R vom 30.01.2004 vorgelegt, der die Schlussfolgerungen des Dr. S verneinte und die Auffassung vertreten hat, dass die Somatisierungsstörung durch überwiegend persönlichkeitsbedingte und unfallunabhängige Faktoren entstanden sei; das Unfallereignis stelle keine wesentliche Teilursache der Somatisierungsstörung dar.
Mit Urteil vom 23.04.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat es u. a. ausgeführt, nach Beendigung der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit ab 09.08.1994 seien keine Folgen des Arbeitsunfalls festzustellen. Die Somatisierungsstörung sei nicht wesentlich auf das Unfallereignis, sondern auf andere Faktoren (persönliche und familiäre) zurückzuführen.
Gegen das am 24.05.2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 08.06.2004 eingelegte Berufung des Klägers. Hierzu trägt er u. a. vor, entgegen der Auffassung des SG sei die von Dr. S festgestellte Somatisierungsstörung auf den Unfall zurückzuführen, wie Dr. S in seinem Gutachten bestätigt habe. Schließlich hätten auch die Ermittlungen des Senats die Auffassung des Dr. S bestätigt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23. April 2004 und den Bescheid vom 13. April 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine Somatisierungsstörung als Folge des Arbeitsunfalls vom 12. Juli 1994 anzuerkennen sowie ihm Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 70 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Somatisierungsstörung könne nicht als Folge des Unfalls anerkannt werden.
Der Senat hat weiter Beweis erhoben durch Einholung von Sachverständigengutachten von Prof. Dr. F und Prof. Dr. Dr. W sowie auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG von Dr. H. Prof. Dr. F hat in seinem Gutachten vom 23.08.2005 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 07.11.2005 eine unfallunabhängige Somatisierungsstörung sowie eine ebenfalls unfallunabhängige leichte depressive Störung diagnostiziert. Der Sachverständige Dr. H hat in seinem Gutachten vom 18.04.2006 sowie in seinen ergänzenden Auskünften vom 16.10.2006 und 20.06.2007 die Auffassung vertreten, dass die auch von ihm festgestellte Somatisierungsstörung sowie die rezidivierende depressive Störung, die aktuell leicht ausgeprägt sei, wesentlich auf den Unfall zurückzuführen sei. Die Kriterien für das Vorliegen eines adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfallereignis der eingetretenen Somatisierungsstörung seien erfüllt. Die MdE sei mit 70 v. H. einzuschätzen. Prof. Dr. Dr. W hat in seinem Gutachten vom 09.03.2007 sowie in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 22.05.2007 dargelegt, dass aus seiner Sicht die diagnostizierte Somatisierungsstörung nicht wesentlich auf das Unfallereignis zurückzuführen sei. Nach dem Unfall habe der Kläger eine vorübergehende ängstliche Anpassungsstörung entwickelt, das Entstehen der Somatisierungsstörung sei jedoch darauf nicht zurückzuführen.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie auf die Prozessakten des Sozialgerichts Mannheim S 9 RJ/2040/01 des Landessozialgerichts Baden-Württemberg L 8 RJ 4796/02 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die statthafte (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn dem Kläger steht ein Anspruch auf Verletztenrente nicht zu, weil seine Erwerbsfähigkeit in Folge des Arbeitsunfalls vom 12.07.1994 nicht um wenigstens 20 v. H. gemindert ist. Eine Somatisierungsstörung kann nicht als Folge des Arbeitsunfalls anerkannt werden.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 13.04.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.1999, mit dem die Beklagte die Gewährung von Verletztenrente abgelehnt hat. Auf diesen, im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) geltend gemachten Anspruch finden, worauf das SG zutreffend abgestellt hat, gem. §§ 212, 214 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) die bis zum 31.12.1996 geltenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) Anwendung, da sich der Unfall vor dem am 01.01.1997 in Kraft getretenen SGB VII ereignet hat.
Nach der Vorschrift des § 547 RVO gewährt der Träger der Unfallversicherung nach Eintritt des Arbeitsunfalls nach Maßgabe der ihr folgenden Bestimmungen Leistungen, insbesondere bei Vorliegen einer MdE um wenigstens ein Fünftel (20 v. H) Verletztenrente in der dem Grad der Erwerbsminderung entsprechenden Höhe (§ 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO). Nach § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten erleidet. Die MdE richtet sich nach dem Umfang, der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (vgl. jetzt ausdrücklich § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII) ergibt. Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Unfallereignis) und die Erkrankung erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 129); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSGE 45, 285, 286 = SozR 2200 § 548 Nr. 38; BSG SozR 3-2200 § 551 Nr. 16 S. 81 f.). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91). Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben, was nach der Auffassung des praktischen Lebens abzuleiten ist (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R und Urteil des BSG vom 30.01.2007 B 2 U 8/ 06 R). "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere Ursache keine überragende Bedeutung hat. Eine naturwissenschaftliche Ursache, die nicht als wesentlich anzusehen und damit keine Ursache i. S. der Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als Gelegenheitsursache bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Gesichtspunkte für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursache sind insbesondere die versicherte Ursache bzw. das Ereignis als solches, also Art und Ausmaß der Einwirkung, konkurrierende Ursachen unter Berücksichtigung ihrer Art und ihrer Krankengeschichte. Diese Grundlagen der Theorie der wesentlichen Bedingung gelten auch für psychische Störungen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, B 2 U 26/04 R). Voraussetzung für die Anerkennung von psychischen Gesundheitsstörungen als Unfallfolge und die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund von ihnen ist zunächst die Feststellung der konkreten Gesundheitsstörungen, die bei dem Verletzten vorliegen und seine Erwerbsfähigkeit mindern. Angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden Erkrankungen und möglicher Schulenstreite sollte diese Feststellung nicht nur begründet sein, sondern aufgrund eines der üblichen Diagnosesysteme und unter Verwendung der dortigen Schlüssel und Bezeichnungen erfolgen, damit die Feststellung nachvollziehbar ist (z.B. ICD-10). Denn je genauer und klarer die bei dem Versicherten bestehenden Gesundheitsstörungen bestimmt sind, um so einfacher sind ihre Ursachen zu erkennen und zu beurteilen sowie letztlich die MdE zu bewerten (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 26/04 R). Bestehen Zweifel an der Geeignetheit des als Krankheitsursache angeschuldigten Ereignisses, muss das Gericht die im ärztlichen Gutachten vorgenommene Zusammenhangsbeurteilung anhand des anerkannten Standes der wissenschaftlichen Erkenntnis prüfen (BSG, Urteil vom 9.05.2006, B 2 U 40/05 R).
Das Unfallereignis erfüllt die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls (von außen auf den Körper einwirkendes schädigendes Ereignis, versicherte Tätigkeit, innerer Zusammenhang); dies hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid anerkannt. Als Unfallfolge bestehen, wie die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat, eine folgenlos abgeheilte Schädelprellungen und eine Stauchung der Halswirbelsäule, die ebenso folgenlos abgeheilt ist.
Über die in dem angefochtenen Bescheid anerkannten Unfallfolgen hinaus liegen keine Gesundheitsstörungen vor, die auf den Unfall zurückzuführen wären. Alle Sachverständigen sind sich zwar darin einig, dass bei dem Kläger eine Somatisierungsstörung (ICD-10 F45.0) vorliegt. Entgegen der Auffassung des Klägers kann diese Gesundheitsstörung jedoch nicht auf den Unfall zurückgeführt werden. Eine organische Schädigung des Gehirns hat nach übereinstimmender Auffassung aller Sachverständigen nicht stattgefunden. In keinem der Gutachten sind hierzu irgendwelche Anhaltspunkte aufgezeigt worden. Unterschiedlich wird jedoch der Zusammenhang der Somatisierungsstörung, einschließlich der damit verbundenen Funktionsstörungen und dem Unfallereignis bewertet. Der Senat folgt hier dem Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W, der im Ergebnis die Auffassungen von Prof. Dr. F und von Dr. H bestätigt und im Gegensatz zu den Sachverständigen Dr. H und Dr. S in seinem Gutachten für den Senat schlüssig dargestellt hat, dass die Somatisierungsstörung im Sinne der oben genannten Kriterien nicht wesentlich auf den Unfall zurückgeführt werden kann. Aus dem Verlauf der ersten Tage nach dem Unfallereignis hat Prof. Dr. Dr. W für den Senat nachvollziehbar den Schluss gezogen, dass der Kläger eine Anpassungsstörung (ICD-10 F43.2) mit Angst und Depression sowie der Ausbildung von körperlichen Symptomen entwickelt hat. Er hat in seinem Gutachten auch darauf hingewiesen, dass Anpassungsstörungen im Regelfall selbst limitierend sind (nach ICD 10-von sechs Monaten bis längstens 2 Jahren) und ein längeres Bestehen derartiger Symptome nur dann denkbar ist, wenn entweder eine weiter anhaltende Traumatisierung vorliegt, z. B. im Rahmen weiterbestehender schwerer körperlicher Beschwerden oder aber dadurch gegeben ist, dass andere, dann nicht mehr dem Trauma zurechenbare Faktoren, die Symptomatik aufrecht erhalten. Da nachweislich keine dauerhafte körperliche Schädigung vorgelegen hat und dies dem Kläger, worauf der Sachverständige hinweist, durch zahlreiche Ärzte vermittelt worden ist, dieser trotzdem daran festhält, können anhaltende reaktive Folgen des Unfallereignisses nicht mit Wahrscheinlichkeit angenommen werden; diese müssen vielmehr auf konkurrierende Ursachen zurückgeführt werden. Zu beachten ist hier, dass die Beschwerden des Klägers mit zunehmendem zeitlichen Abstand vom Unfallgeschehen zugenommen haben, was erheblich gegen die unfallbedingte Entwicklung spricht. Selbst bei einer posttraumatischen Belastungsstörung, die ein wesentlich schwereres Trauma voraussetzt, kommt es selten zu einem chronischen, anhaltenden Verlauf (ICD - 10 F 43.1). Zu Recht weist in diesem Zusammenhang der Sachverständige Prof. Dr. Dr. W darauf hin, dass demgegenüber im Falle des Klägers ein minderschweres Trauma vorgelegen hat und zusätzlich nur in untergeordnetem Umfang in der Anfangszeit nach dem Trauma Zeichen einer akuten Belastungsstörung dokumentiert sind, sodass es nach allgemeiner psychiatrischer Lehrmeinung kaum vorstellbar sei, dass ein solches Ereignis andauernde psychische Folgen habe. Dr. H hat anhand der in den Leitlinien "ärztliche Begutachtung in der Psychosomatik und psychotherapeutischen Medizin" genannten vier Kriterien u. a. zum "objektiven Schweregrad" dargestellt, dass es sich um einen "mittelschweren Unfall" aber nur ein "leichtes Trauma" gehandelt habe. Bereits diese Aussage hält der Senat für widersprüchlich und nicht überzeugend. Nachgewiesen ist ein Unfallereignis dahingehend, dass dem Kläger Teile des Oberschrankes auf den Kopf gefallen sind, wobei das Gewicht vom Zeugen L mit 10 kg angegeben wird. Die anderen Einlassungen des Klägers (der Zeuge Lehnert sei zumindest zum Teil mit auf ihn gefallen und habe sich selbst verletzt) sind nicht belegt und von dem Zeugen L ausdrücklich verneint worden. Zum "objektiver Schweregrad" des Unfallereignisses ist festzuhalten, dass der Unfall als leicht zu bezeichnen ist. Alle Sachverständigen bis auf Dr. H, der von einem mittelgradigen Unfallereignis mit leichtem Trauma ausgeht, haben das Unfallereignis als leichtgradig bezeichnet. Auch Kläger selbst beschreibt es als "harmlos" (Gutachten Dr. H). Aber auch die Darstellung des Dr. H zum zweiten Kriterium ("überindividueller Schweregrad des subjektiven Erlebens") ist für den Senat nicht überzeugend. Ein "extremes Ohnmachtserleben", das Dr. H unterstellt, ist nicht belegt. Hierbei ist unerheblich, ob der Kläger den Unfall nach 15:00 Uhr oder um 14:25 Uhr, wie ursprünglich in der Unfallanzeige angegeben, erlitten hat. Dem Zeugen war eine Ohnmacht des Klägers nicht bekannt. Auch die Darstellung zu dem weiteren Kriterium ("individuell bedingter Schweregrad des subjektiven Erlebens"), wonach der Kläger frühere belastende Lebensereignisse bewältigt habe, und die Darstellung zu den sekundären Motiven, wonach die gezeigte Aggravation Teil der Somatisierungsstörung sei, ist für den Senat nicht überzeugend. Prof. Dr. Dr. W hat demgegenüber zutreffend darauf hingewiesen, dass es nach den Angaben des Klägers zunächst zu keinen wesentlichen Beschwerden gekommen war. Erst nach einer Latenzzeit, die nach Aktenlage und Angaben des Klägers zwischen 15 Minuten und 6 Stunden angedauert hat, hat der Kläger wegen Beschwerden zusammen mit seiner Ehefrau das Krankenhaus aufgesucht (laut Durchgangsarztbericht um 22:15 Uhr). Nach den vorliegenden Krankenunterlagen des Kreiskrankenhauses M und den Ausführungen des behandelnden Chefarztes Dr. S wurde der Kläger am zweiten Tag (14.07.1994) nahezu beschwerdefrei wieder entlassen und am 15.07.1994 wegen erneuten Auftretens von Beschwerden wieder aufgenommen. Der zunächst erhobene Verdacht einer Schädel- oder Kieferfraktur hatte sich nicht bestätigt. Der Kläger ist am 02.08.1994 nahezu beschwerdefrei wieder entlassen worden. Insbesondere das regressionsfördernde Verhalten der Ehefrau wird in dem Gutachten von Dr. S eingehend beschrieben. Auch Konflikte mit den behandelnden Ärzten und am Arbeitsplatz werden in dem Gutachten eingehend dargestellt. Hierzu hat Dr. S selbst ausgeführt, dass das "bemutternde Verhalten" der Ehefrau mit Wahrscheinlichkeit zur Chronifizierung beigetragen habe, indem sie den Kläger sach- und sinnwidrig in einen hyperregressiven "Schonraum" verbracht habe. Aus der von Dr. S erhobenen Anamnese ist zu entnehmen, dass interpersonelle Konflikte am Arbeitsplatz bestanden haben, so hätten - so Dr. S - die deutlich ausgeprägte Kritikempfindlichkeit und ein ausgeprägtes berufliches Leistungstreben des Klägers zu Spannungen mit Kollegen geführt. Den Kläger selbst beschreibt der Sachverständige Dr. S als "sensibles Wesen". Die von Dr. S allerdings dann vorgenommene Kausalitätsbeurteilung ist, worauf Prof. Dr. Dr. W zutreffend hinweist, nicht nachvollziehbar. Die von Dr. S herausgearbeiteten konkurrierenden Ursachen überwiegen das vom objektiven Schweregrad her geringfügige (so auch von Dr. S selbst gesehen) schädigende Ereignis bei Weitem ... Insgesamt ist somit festzuhalten, dass sich in den ersten Tagen nach dem Unfallereignis zwar eine Anpassungsstörung entwickelt hat, die jedoch für die später aufgetretene Somatisierungsstörung nicht wesentlich ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung einer Verletztenrente streitig.
Der 1969 geborene Kläger war seit August 1992 bei der Firma C GmbH als Dekontreiniger beschäftigt. Am 12.07.1994 war er im Rahmen seiner Tätigkeit im Labor des Kernkraftwerks O mit dem Abbauen und Reinigen von Schränken beschäftigt. Am Nachmittag fiel das Oberteil eines Schrankes nach vorne bzw. auf die Seite und traf den Kläger am Kopf, der nach der Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 20.07.1994 bis zum Ende der vorgegeben Arbeitszeit weiter arbeitete, jedoch am Abend desselben Tages wegen starker Schmerzen ins Krankenhaus eingeliefert wurde (stationärer Aufenthalt vom 12. - 14.07.94; 15.07. - 02.08.94).
Die Beklagte zog daraufhin die Berichte vom 14.07.1994, 20.07.1994 und 03.08.1994 des behandelnden Arztes im Kreiskrankenhaus M, Chefarzt Dr. S, bei, der einen Verdacht auf Commotio cerebri, eine Schädelprellung, HWS-Stauchung, Myogelosen der rechten Nackenmuskulatur sowie eine Cervikobrachialgie rechts diagnostizierte. Eine hals-nasen-ohren-ärztliche Untersuchung ergab keinen wesentlichen pathologischen Befund. Am 02.08.1994 sei der Kläger "nahezu beschwerdefrei" entlassen worden. Der Neurologe Dr. W berichtete unter dem 04.08.1994, dass die aktuellen Beschwerden des Klägers vor allem durch die HWS-Distorsion verursacht seien, gravierende Traumafolgen auf neurologischem Fachgebiet seien auszuschließen. In der Stellungnahme des Unfallchirurgen Dr. Y vom 04.08.1994 berichtete dieser über einen "Simulationsversuch" des Klägers. Im Schreiben vom 05.08.1994 äußerte sich Dr. S erneut u. a. über die nochmalige Vorstellung des Klägers am 14.08.1994, indem er insgesamt festhielt, dass das Beschwerdebild des apathischen Verhaltens und der verzögerten Bewegungsabläufe nicht "auf einen Nenner zu bringen" seien.
Am 11.05.1998 beantragte der Kläger die Feststellung der unfallbedingten Gesundheitsstörungen und die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Beklagte befragte daraufhin den behandelnden Hausarzt des Klägers Dr. U, zog das Vorerkrankungsverzeichnis der IKK R-P bei und veranlasste die Untersuchung und Begutachtung durch den Chirurgen Prof. Dr. D. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. U teilte in seiner Auskunft vom 29.06.1998 u. a. mit, dass organische Folgen des Unfalles nicht gegeben seien, es bestehe jedoch eine deutliche depressive Verstimmung. Die psychische Traumatisierung des Unfallereignisses habe sicher eine wesentliche Rolle bei der Ausprägung des psychosomatischen Beschwerdebildes gespielt. Hierzu legte Dr. U weitere Arztberichte sowie Unterlagen des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) sowie den Entlassungsbericht über das vom Rentenversicherungsträger bewilligte Heilverfahren vom 15.12.1998 bis 12.01.1999 der Fachkliniken psychosomatische Erkrankungen (Weissenstein-Klinik St. B) vor. Prof. Dr. D führte in seinem Gutachten vom 10.03.1999 aus, auf unfallchirurgischem Fachgebiet lägen keine Verletzungsfolgen vor. Mit Bescheid am 13.04.1999 anerkannte die Beklagte eine folgenlos abgeheilte Schädelprellung und eine Stauchung der Halswirbelsäule als Folge des Arbeitsunfalls, lehnte aber die Anerkennung eines HWS-Syndroms, Migräne sowie eines depressiven Syndroms als Unfallfolgen ab; eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigendem Grade bestehe nicht. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Priv. Doz. Dr. R ein und veranlasste die Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch den Oberarzt Dr. H (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, psychosomatische Medizin). In seiner Stellungnahme vom 26.05.1999 vertrat Priv. Doz. Dr. R die Auffassung, dass auch auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet keine Unfallfolgen vorlägen. Die depressive Verstimmung und die somatoforme Schmerzstörung seien Ausdruck einer psychoreaktiven Störung und beruhten auf einer persönlichkeitsbedingten Fehlbearbeitung des Unfalls und seiner Folgen. Dr. H diagnostizierte in seinem Gutachten vom 17.08.1999 eine Somatisierungsstörung (ICD-10 F45.0); der Unfall vom 12.07.1994 sei jedoch nicht als wesentliche Ursache, sondern nur als Gelegenheitsursache anzusehen; maßgeblich für die Entwicklung der Störung dürften persönlichkeitsabhängige Faktoren sein. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.1999 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Am 14.01.2000 hat der Kläger zum Sozialgericht Heilbronn Klage erhoben. Dieses hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 11.02.2000 an das sachlich und örtlich zuständige Sozialgericht Mannheim (SG) verwiesen. Das SG hat den Arbeitskollegen des Klägers H L in dem Termin zur Beweisaufnahme vom 15.11.2002 als Zeugen vernommen, die medizinischen Unterlagen des Rentenversicherungsträgers bezüglich des Antrags auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente, die Prozessakten des Sozialgerichts Mannheim zum Rentenverfahren wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (S 9 RJ 2040/01) sowie des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (L 8 RJ 4796/02) beigezogen und von der AOK R-N Vorerkrankungsverzeichnisse angefordert. Weiter hat es sachverständige Zeugenauskünfte von Dr. W und Dr. V, die Krankenakten des Kreiskrankenhauses M über den dortigen stationären Aufenthalt beigezogen und den Neurologen und Psychiater Dr. S mit der Untersuchung und Begutachtung des Klägers beauftragt. Der Zeuge L hat in seiner Aussage vom 15.11.2002 u. a. erklärt, er sei zum Zeitpunkt des Unfalls entgegen der Darstellung des Klägers nicht in dem Raum gewesen, indem sich der Unfall ereignet habe, somit könne er sich auch nicht selbst, wie vom Kläger behauptet, verletzt haben. Das Gewicht des Schrankes schätzte er auf ca. 10 kg. Nach dem Unfall habe der Kläger mit ihm zusammen weitergearbeitet, bis sie dann um 15:00 Uhr die Pause eingetreten hätten. Bezüglich der weiteren Aussage des Zeugen wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift verwiesen. Der behandelnde Neurologe und Psychiater Dr. W hat sich in seiner Auskunft vom 03.09.2001 der Auffassung von Dr. H angeschlossen, wonach die Somatisierungsstörung nicht auf den Unfall zurückgeführt werden könne. Dr. V (Chefarzt der W.klinik) hat ergänzend zu dem Heilverfahrenentlassungsbericht u. a. dargelegt, dass seiner Auffassung nach familiäre und Kultur spezifische Faktoren an der Aufrechterhaltung und Chronifizierung der Schmerzsymptomatik nicht unerheblich beteiligt gewesen seien, weshalb der Kausalzusammenhang zwischen den Unfallereignis und der dem folgenden Unfallereignis folgenden Symptomatik zu "relativieren" sei. Der Sachverständige Dr. S hat in seinem Gutachten vom 07.11.2003 eine Somatisierungsstörung und eine leichte depressive Störung diagnostiziert, wobei er die Somatisierungsstörung als Folge des Unfalls bewertet hat. Der Unfall habe zwar zu keinen ins Gewicht fallenden körperlichen Beeinträchtigungen geführt, es bestehe auch eine deutliche Diskrepanz zwischen dem relativ banalen Unfall und den vom Kläger erlebten erheblichen und komplexen gesundheitlichen Störungen und funktionellen Beeinträchtigungen; außerdem komme dem Verhalten der Ehefrau eine mitursächliche Bedeutung zu. Trotzdem stelle das Schädigungsereignis "kein beliebig austauschbares Alltagsereignis" dar; das Schädigungsereignis sei den übrigen einwirkenden Faktoren zumindest gleichwertig. Die Folgen der Somatisierungsstörung sei mit einer MdE von 20 v. H. zu bewerten.
Hierzu hat die Beklagte die beratungsärztliche Stellungnahme des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Priv. Doz. Dr. R vom 30.01.2004 vorgelegt, der die Schlussfolgerungen des Dr. S verneinte und die Auffassung vertreten hat, dass die Somatisierungsstörung durch überwiegend persönlichkeitsbedingte und unfallunabhängige Faktoren entstanden sei; das Unfallereignis stelle keine wesentliche Teilursache der Somatisierungsstörung dar.
Mit Urteil vom 23.04.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat es u. a. ausgeführt, nach Beendigung der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit ab 09.08.1994 seien keine Folgen des Arbeitsunfalls festzustellen. Die Somatisierungsstörung sei nicht wesentlich auf das Unfallereignis, sondern auf andere Faktoren (persönliche und familiäre) zurückzuführen.
Gegen das am 24.05.2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 08.06.2004 eingelegte Berufung des Klägers. Hierzu trägt er u. a. vor, entgegen der Auffassung des SG sei die von Dr. S festgestellte Somatisierungsstörung auf den Unfall zurückzuführen, wie Dr. S in seinem Gutachten bestätigt habe. Schließlich hätten auch die Ermittlungen des Senats die Auffassung des Dr. S bestätigt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23. April 2004 und den Bescheid vom 13. April 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine Somatisierungsstörung als Folge des Arbeitsunfalls vom 12. Juli 1994 anzuerkennen sowie ihm Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 70 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Somatisierungsstörung könne nicht als Folge des Unfalls anerkannt werden.
Der Senat hat weiter Beweis erhoben durch Einholung von Sachverständigengutachten von Prof. Dr. F und Prof. Dr. Dr. W sowie auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG von Dr. H. Prof. Dr. F hat in seinem Gutachten vom 23.08.2005 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 07.11.2005 eine unfallunabhängige Somatisierungsstörung sowie eine ebenfalls unfallunabhängige leichte depressive Störung diagnostiziert. Der Sachverständige Dr. H hat in seinem Gutachten vom 18.04.2006 sowie in seinen ergänzenden Auskünften vom 16.10.2006 und 20.06.2007 die Auffassung vertreten, dass die auch von ihm festgestellte Somatisierungsstörung sowie die rezidivierende depressive Störung, die aktuell leicht ausgeprägt sei, wesentlich auf den Unfall zurückzuführen sei. Die Kriterien für das Vorliegen eines adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfallereignis der eingetretenen Somatisierungsstörung seien erfüllt. Die MdE sei mit 70 v. H. einzuschätzen. Prof. Dr. Dr. W hat in seinem Gutachten vom 09.03.2007 sowie in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 22.05.2007 dargelegt, dass aus seiner Sicht die diagnostizierte Somatisierungsstörung nicht wesentlich auf das Unfallereignis zurückzuführen sei. Nach dem Unfall habe der Kläger eine vorübergehende ängstliche Anpassungsstörung entwickelt, das Entstehen der Somatisierungsstörung sei jedoch darauf nicht zurückzuführen.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie auf die Prozessakten des Sozialgerichts Mannheim S 9 RJ/2040/01 des Landessozialgerichts Baden-Württemberg L 8 RJ 4796/02 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die statthafte (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn dem Kläger steht ein Anspruch auf Verletztenrente nicht zu, weil seine Erwerbsfähigkeit in Folge des Arbeitsunfalls vom 12.07.1994 nicht um wenigstens 20 v. H. gemindert ist. Eine Somatisierungsstörung kann nicht als Folge des Arbeitsunfalls anerkannt werden.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 13.04.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.1999, mit dem die Beklagte die Gewährung von Verletztenrente abgelehnt hat. Auf diesen, im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) geltend gemachten Anspruch finden, worauf das SG zutreffend abgestellt hat, gem. §§ 212, 214 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) die bis zum 31.12.1996 geltenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) Anwendung, da sich der Unfall vor dem am 01.01.1997 in Kraft getretenen SGB VII ereignet hat.
Nach der Vorschrift des § 547 RVO gewährt der Träger der Unfallversicherung nach Eintritt des Arbeitsunfalls nach Maßgabe der ihr folgenden Bestimmungen Leistungen, insbesondere bei Vorliegen einer MdE um wenigstens ein Fünftel (20 v. H) Verletztenrente in der dem Grad der Erwerbsminderung entsprechenden Höhe (§ 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO). Nach § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten erleidet. Die MdE richtet sich nach dem Umfang, der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (vgl. jetzt ausdrücklich § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII) ergibt. Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Unfallereignis) und die Erkrankung erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 129); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSGE 45, 285, 286 = SozR 2200 § 548 Nr. 38; BSG SozR 3-2200 § 551 Nr. 16 S. 81 f.). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91). Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben, was nach der Auffassung des praktischen Lebens abzuleiten ist (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R und Urteil des BSG vom 30.01.2007 B 2 U 8/ 06 R). "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere Ursache keine überragende Bedeutung hat. Eine naturwissenschaftliche Ursache, die nicht als wesentlich anzusehen und damit keine Ursache i. S. der Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als Gelegenheitsursache bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Gesichtspunkte für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursache sind insbesondere die versicherte Ursache bzw. das Ereignis als solches, also Art und Ausmaß der Einwirkung, konkurrierende Ursachen unter Berücksichtigung ihrer Art und ihrer Krankengeschichte. Diese Grundlagen der Theorie der wesentlichen Bedingung gelten auch für psychische Störungen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, B 2 U 26/04 R). Voraussetzung für die Anerkennung von psychischen Gesundheitsstörungen als Unfallfolge und die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund von ihnen ist zunächst die Feststellung der konkreten Gesundheitsstörungen, die bei dem Verletzten vorliegen und seine Erwerbsfähigkeit mindern. Angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden Erkrankungen und möglicher Schulenstreite sollte diese Feststellung nicht nur begründet sein, sondern aufgrund eines der üblichen Diagnosesysteme und unter Verwendung der dortigen Schlüssel und Bezeichnungen erfolgen, damit die Feststellung nachvollziehbar ist (z.B. ICD-10). Denn je genauer und klarer die bei dem Versicherten bestehenden Gesundheitsstörungen bestimmt sind, um so einfacher sind ihre Ursachen zu erkennen und zu beurteilen sowie letztlich die MdE zu bewerten (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 26/04 R). Bestehen Zweifel an der Geeignetheit des als Krankheitsursache angeschuldigten Ereignisses, muss das Gericht die im ärztlichen Gutachten vorgenommene Zusammenhangsbeurteilung anhand des anerkannten Standes der wissenschaftlichen Erkenntnis prüfen (BSG, Urteil vom 9.05.2006, B 2 U 40/05 R).
Das Unfallereignis erfüllt die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls (von außen auf den Körper einwirkendes schädigendes Ereignis, versicherte Tätigkeit, innerer Zusammenhang); dies hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid anerkannt. Als Unfallfolge bestehen, wie die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat, eine folgenlos abgeheilte Schädelprellungen und eine Stauchung der Halswirbelsäule, die ebenso folgenlos abgeheilt ist.
Über die in dem angefochtenen Bescheid anerkannten Unfallfolgen hinaus liegen keine Gesundheitsstörungen vor, die auf den Unfall zurückzuführen wären. Alle Sachverständigen sind sich zwar darin einig, dass bei dem Kläger eine Somatisierungsstörung (ICD-10 F45.0) vorliegt. Entgegen der Auffassung des Klägers kann diese Gesundheitsstörung jedoch nicht auf den Unfall zurückgeführt werden. Eine organische Schädigung des Gehirns hat nach übereinstimmender Auffassung aller Sachverständigen nicht stattgefunden. In keinem der Gutachten sind hierzu irgendwelche Anhaltspunkte aufgezeigt worden. Unterschiedlich wird jedoch der Zusammenhang der Somatisierungsstörung, einschließlich der damit verbundenen Funktionsstörungen und dem Unfallereignis bewertet. Der Senat folgt hier dem Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W, der im Ergebnis die Auffassungen von Prof. Dr. F und von Dr. H bestätigt und im Gegensatz zu den Sachverständigen Dr. H und Dr. S in seinem Gutachten für den Senat schlüssig dargestellt hat, dass die Somatisierungsstörung im Sinne der oben genannten Kriterien nicht wesentlich auf den Unfall zurückgeführt werden kann. Aus dem Verlauf der ersten Tage nach dem Unfallereignis hat Prof. Dr. Dr. W für den Senat nachvollziehbar den Schluss gezogen, dass der Kläger eine Anpassungsstörung (ICD-10 F43.2) mit Angst und Depression sowie der Ausbildung von körperlichen Symptomen entwickelt hat. Er hat in seinem Gutachten auch darauf hingewiesen, dass Anpassungsstörungen im Regelfall selbst limitierend sind (nach ICD 10-von sechs Monaten bis längstens 2 Jahren) und ein längeres Bestehen derartiger Symptome nur dann denkbar ist, wenn entweder eine weiter anhaltende Traumatisierung vorliegt, z. B. im Rahmen weiterbestehender schwerer körperlicher Beschwerden oder aber dadurch gegeben ist, dass andere, dann nicht mehr dem Trauma zurechenbare Faktoren, die Symptomatik aufrecht erhalten. Da nachweislich keine dauerhafte körperliche Schädigung vorgelegen hat und dies dem Kläger, worauf der Sachverständige hinweist, durch zahlreiche Ärzte vermittelt worden ist, dieser trotzdem daran festhält, können anhaltende reaktive Folgen des Unfallereignisses nicht mit Wahrscheinlichkeit angenommen werden; diese müssen vielmehr auf konkurrierende Ursachen zurückgeführt werden. Zu beachten ist hier, dass die Beschwerden des Klägers mit zunehmendem zeitlichen Abstand vom Unfallgeschehen zugenommen haben, was erheblich gegen die unfallbedingte Entwicklung spricht. Selbst bei einer posttraumatischen Belastungsstörung, die ein wesentlich schwereres Trauma voraussetzt, kommt es selten zu einem chronischen, anhaltenden Verlauf (ICD - 10 F 43.1). Zu Recht weist in diesem Zusammenhang der Sachverständige Prof. Dr. Dr. W darauf hin, dass demgegenüber im Falle des Klägers ein minderschweres Trauma vorgelegen hat und zusätzlich nur in untergeordnetem Umfang in der Anfangszeit nach dem Trauma Zeichen einer akuten Belastungsstörung dokumentiert sind, sodass es nach allgemeiner psychiatrischer Lehrmeinung kaum vorstellbar sei, dass ein solches Ereignis andauernde psychische Folgen habe. Dr. H hat anhand der in den Leitlinien "ärztliche Begutachtung in der Psychosomatik und psychotherapeutischen Medizin" genannten vier Kriterien u. a. zum "objektiven Schweregrad" dargestellt, dass es sich um einen "mittelschweren Unfall" aber nur ein "leichtes Trauma" gehandelt habe. Bereits diese Aussage hält der Senat für widersprüchlich und nicht überzeugend. Nachgewiesen ist ein Unfallereignis dahingehend, dass dem Kläger Teile des Oberschrankes auf den Kopf gefallen sind, wobei das Gewicht vom Zeugen L mit 10 kg angegeben wird. Die anderen Einlassungen des Klägers (der Zeuge Lehnert sei zumindest zum Teil mit auf ihn gefallen und habe sich selbst verletzt) sind nicht belegt und von dem Zeugen L ausdrücklich verneint worden. Zum "objektiver Schweregrad" des Unfallereignisses ist festzuhalten, dass der Unfall als leicht zu bezeichnen ist. Alle Sachverständigen bis auf Dr. H, der von einem mittelgradigen Unfallereignis mit leichtem Trauma ausgeht, haben das Unfallereignis als leichtgradig bezeichnet. Auch Kläger selbst beschreibt es als "harmlos" (Gutachten Dr. H). Aber auch die Darstellung des Dr. H zum zweiten Kriterium ("überindividueller Schweregrad des subjektiven Erlebens") ist für den Senat nicht überzeugend. Ein "extremes Ohnmachtserleben", das Dr. H unterstellt, ist nicht belegt. Hierbei ist unerheblich, ob der Kläger den Unfall nach 15:00 Uhr oder um 14:25 Uhr, wie ursprünglich in der Unfallanzeige angegeben, erlitten hat. Dem Zeugen war eine Ohnmacht des Klägers nicht bekannt. Auch die Darstellung zu dem weiteren Kriterium ("individuell bedingter Schweregrad des subjektiven Erlebens"), wonach der Kläger frühere belastende Lebensereignisse bewältigt habe, und die Darstellung zu den sekundären Motiven, wonach die gezeigte Aggravation Teil der Somatisierungsstörung sei, ist für den Senat nicht überzeugend. Prof. Dr. Dr. W hat demgegenüber zutreffend darauf hingewiesen, dass es nach den Angaben des Klägers zunächst zu keinen wesentlichen Beschwerden gekommen war. Erst nach einer Latenzzeit, die nach Aktenlage und Angaben des Klägers zwischen 15 Minuten und 6 Stunden angedauert hat, hat der Kläger wegen Beschwerden zusammen mit seiner Ehefrau das Krankenhaus aufgesucht (laut Durchgangsarztbericht um 22:15 Uhr). Nach den vorliegenden Krankenunterlagen des Kreiskrankenhauses M und den Ausführungen des behandelnden Chefarztes Dr. S wurde der Kläger am zweiten Tag (14.07.1994) nahezu beschwerdefrei wieder entlassen und am 15.07.1994 wegen erneuten Auftretens von Beschwerden wieder aufgenommen. Der zunächst erhobene Verdacht einer Schädel- oder Kieferfraktur hatte sich nicht bestätigt. Der Kläger ist am 02.08.1994 nahezu beschwerdefrei wieder entlassen worden. Insbesondere das regressionsfördernde Verhalten der Ehefrau wird in dem Gutachten von Dr. S eingehend beschrieben. Auch Konflikte mit den behandelnden Ärzten und am Arbeitsplatz werden in dem Gutachten eingehend dargestellt. Hierzu hat Dr. S selbst ausgeführt, dass das "bemutternde Verhalten" der Ehefrau mit Wahrscheinlichkeit zur Chronifizierung beigetragen habe, indem sie den Kläger sach- und sinnwidrig in einen hyperregressiven "Schonraum" verbracht habe. Aus der von Dr. S erhobenen Anamnese ist zu entnehmen, dass interpersonelle Konflikte am Arbeitsplatz bestanden haben, so hätten - so Dr. S - die deutlich ausgeprägte Kritikempfindlichkeit und ein ausgeprägtes berufliches Leistungstreben des Klägers zu Spannungen mit Kollegen geführt. Den Kläger selbst beschreibt der Sachverständige Dr. S als "sensibles Wesen". Die von Dr. S allerdings dann vorgenommene Kausalitätsbeurteilung ist, worauf Prof. Dr. Dr. W zutreffend hinweist, nicht nachvollziehbar. Die von Dr. S herausgearbeiteten konkurrierenden Ursachen überwiegen das vom objektiven Schweregrad her geringfügige (so auch von Dr. S selbst gesehen) schädigende Ereignis bei Weitem ... Insgesamt ist somit festzuhalten, dass sich in den ersten Tagen nach dem Unfallereignis zwar eine Anpassungsstörung entwickelt hat, die jedoch für die später aufgetretene Somatisierungsstörung nicht wesentlich ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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